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Podcasting wie die Profis: Alles zum Open-Source-Projekt Ultraschall

In ein Mikrofon sprechen und einen Podcast aufnehmen – das ist heute kein Hexenwerk mehr. Aber einen professionellen Podcast produzieren, der nach Radioniveau klingt, mit sauberen Metadaten versehen und professionell geschnitten ist? Das gelingt mit dem Open-Source-Projekt Ultraschall.

6 Min. Lesezeit
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(Bild: Ultraschall)

Podcasting erlebt eine neue Blütezeit. Journalistische Schwer­gewichte wie Spiegel Online, Zeit Online und Süddeutsche.de starten eigene ­Podcast-Formate. Neue Podcast-Label wie Viertausendhertz oder Hauseins gründen sich, Wissenschaftspodcasts – angeführt von „Methodisch inkorrekt“ – vernetzen sich. Selbst die Coaching-­Szene hat das Medium für sich entdeckt. Als Folge davon ­versuchen Publishing-Plattformen wie Spotify, Soundcloud oder ­Podigee, ein Stück vom Kuchen zu ergattern. Aber wie nimmt man einen professionellen Podcast eigentlich auf, der gewisse Qualitätsstandards erfüllt? Was für Software braucht es dafür?

Anforderungen an einen zeitgemäßen Podcast

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Es gilt und galt: Einen Podcast anzuhören ist einfach. Es ist auch einfach, in ein Mikrofon zu sprechen und dies aufzuzeichnen. Aber einen professionellen Cast produzieren, der in Sachen Audio­qualität, Metadaten und Postproduction überzeugt? Da liegt die Tücke im Detail. Audio aufnehmen, schneiden und als MP3 ausspielen – das können heute viele Programme. Was braucht es schon mehr für einen Podcast? Eine ganze Menge. Natürlich kann man einfach in sein Smartphone sprechen und das Audio-File ohne weitere Veredelung auf eine der bestehenden Plattformen hochladen – auch das ist unbestritten ein Podcast. Dabei bleibt jedoch immens viel Potenzial dieses besonderen Mediums liegen. Ein Podcast ist nicht irgendein Audioprodukt, sondern bringt etliche Eigenarten mit sich, an die bei der Bearbeitung gedacht werden sollte.

Ein Podcast kann – anders als Youtube-Videos oder Blogs – sehr gut in Bewegung und unterwegs gehört werden: bei der H ausarbeit, in der U-Bahn, auf dem Fahrrad oder in einem sonstigen Verkehrsmittel auf dem Weg zur Arbeit. Damit sich ein ­Pod­cast gegen Staubsauger und Bahnsteiglärm durchsetzen kann, muss er laut sein: Der empfohlene Standard sind -16LUFS. Das ist deutlich lauter, als es mit einer gewöhnlichen Einpegelung von Mikrofonen zu erzielen ist. Ein Podcast muss also nachträglich „lauter“ gerechnet werden, ohne dass Verzerrungen auftreten. Die Klangqualität sollte nicht hinter der von Sprechradio oder Hörbüchern zurückstehen – es entsteht also ein Bedarf nach Klangformung durch Equalizer, Absenkung von Rauschen und dergleichen mehr.

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Gut für SEO: Metadaten

Audio wird im Netz schlecht gefunden – Abhilfe schaffen ordentlich gepflegte Metadaten wie Titel, Sprecher und Beschreibung, die in das MP3 mit eingeschrieben werden. Das gilt auch für ein spannendes Coverbild, das in den großen Verzeichnissen wie ­iTunes oder den spezialisierten Abspielprogrammen wie Overcast oder Podcat auffällt. Inkludierte Kapitelmarken strukturieren wie ein Inhaltsverzeichnis die jeweilige Sendung und machen beliebige Stellen anspringbar. Hörer können direkt das Kapitel ansteuern, das sie interessiert. Gerade bei längeren Sendungen – manche Podcasts reißen gerne die vier Stunden – ist das hilfreich. Somit können Podcasts nicht nur zeitsouverän gehört werden (wann immer es zeitlich passt), sondern auch themensouverän. Als Nebeneffekt erweisen sich Kapitelmarken und umfangreiche Shownotes außerdem als pures SEO-Gold.

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Jingles, Einspieler oder O-Töne machen einen Podcast zu ­etwas Besonderem und schaffen Wiedererkennungswert. Eine Sendung profitiert immens davon, diese über ein Soundboard direkt bei der Aufnahme einzuspielen und nicht erst im Schnitt hinzuzufügen. Innere Haltung, Ansprache und Spannung der Sprecher sind hörbar höher, als wenn nur vor einem „Audio-­Bluescreen“ agiert wird.

Eine mehrspurige Aufnahme – jeder Sprecher wird auf einer separaten Spur aufgezeichnet – ist Voraussetzung dafür, um im Schnitt Sprechfehler oder störende Geräusche wie Husten effi­zient zu tilgen.

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Abbildung 1: Die Oberfläche von ­Reaper vor (oben) und nach der Installation von Ultraschall.

Gute Gene: von Winamp zu Reaper

Die Liste der Anforderungen an professionelle Podcasts ließe sich noch fortsetzen. Die dafür notwendigen Features will Ultraschall bereitstellen: Das Ziel ist die „perfekte“ Podcast-DAW (Digital Audio Workstations). Statt von Grund auf neu zu entwickeln, ist ­Ultraschall als Erweiterung für die bestehende DAW „Reaper“ konzipiert und baut auf dessen guter „Software-DNA“ auf.

Die Reaper-Macher haben gegen Ende der 90er Jahre die ­legendäre MP3-Abspielsoftware Winamp geschrieben. Ältere Leser werden sich wehmütig erinnern: Winamp war extrem schnell und performant, dabei stabil und mit Plugins und Themes beliebig erweiterbar. All diese Eigenschaften hat Reaper geerbt, bis hin zu einer umfangreichen API, gegen das sich mit eigenen LUA-Skripten fehlende Funktionen ergänzen oder bestehende an Podcast-Bedürfnisse anpassen lassen. Auch die Nutzeroberfläche kann optimiert werden: überflüssige Elemente wie die Anzeige des Taktes (Reaper kommt aus der Musikerwelt) werden aus-, dafür Podcast-eigene Informationen wie Kapitelmarken eingeblendet.

Die Kernfeatures von Ultraschall

Die Liste auf Podcasts optimierter Funktionen in Ultraschall ist lang. Beliebig viele Spuren können im verlustfrei komprimierten FLAC-Format aufgezeichnet werden. Ein Soundboard spielt Jingles oder Einspieler direkt in die Aufnahme ein. Sogenanntes „Ducking“ sorgt auf Wunsch dafür, dass Musik bei gleichzeitigem Sprechen automatisch leiser geregelt wird. Störgeräusche oder Husten lassen sich schon während der Aufnahme über „Räuspertasten“ herunterregeln – auch per MIDI-Interface oder Handy. Kapitelmarken können live gesetzt werden, was die Orientierung im späteren Schnitt vereinfacht. Der „Ripple-Cut“ gewähr­leistet, dass die zeitliche Zuordnung der Spuren zueinander niemals auseinanderläuft. Werden Aufnahmen von verschiedenen Geräten zusammengeführt, ermöglicht ein visuelles Time-­Stretching die Anpassung leicht abweichender Geschwindigkeiten. Ein ­Dynamics-Effekt sorgt mit Expander, Limiter, Noisegate und Kompressor für einen klaren, unverzerrten und durchsetzungsstarken Klang, der Radioniveau erreicht und mit -16 LUFS angemessen laut klingt. Mit einem Storyboard-Modus und der ­dazugehörigen Clip-Datenbank – inklusive Suche – werden gebaute Beiträge unterstützt: also Podcastformate, die nicht als durchgehendes Gespräch realisiert sind, sondern sich an Radio­-Features orientieren. Der Export-Assistent schreibt das fertige MP3 mit Kapitelmarken, Metadaten und Coverbild.

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Weil Ultraschall auf die DAW Reaper setzt, hat es zudem einen entscheidenden Vorteil gegenüber der anderen Open-­Source-Software „Audacity“: Den nicht-destruktiven Schnitt. Alle Schnitte, Fades oder Filter sind nur über das unangetastete ­Original-Audio gelegt. Sie können jederzeit unabhängig voneinander verändert werden. Das ermöglicht gerade Einsteigern unbeschwertes Ausprobieren und kreative Freiheit. DAWs sind extrem fehlertolerant – Audacity verzeiht keine Fehler, sondern erfordert hohe Disziplin und Konzentration. Jeder Schnitt, jeder eingesetzte Filter (etwa ein EQ oder Kompressor) wird direkt in die WAV-Datei eingeschrieben. Eine Undo-Funktion ist zwar verfügbar; Fehler, die vor einigen Schritten passiert sind, lassen sich aber nicht gezielt korrigieren.

Ferngespräche mit StudioLink statt SKYPE

Ferngespräche nehmen bei Podcastaufnahmen eine Sonderrolle ein. Oft sind nicht alle Mitglieder eines Podcasts für eine gemeinsame Aufnahme direkt vor Ort, sondern müssen zugeschaltet werden. Oder das Sendungskonzept sieht Interviews mit wechselnden Gästen vor, die nur für eine Sendung von ihrem Arbeitsplatz aus teilnehmen.

Mittel der Wahl war aufgrund der Verbreitung bislang Skype. Ultraschall bietet hierfür die Möglichkeit, rein softwarebasiert im Rechner – also ohne Mischpult oder das Ziehen von Kabeln – eine sogenannte „Skype-N-1-Schaltung“ zu realisieren. Die Anforderung eines solchen Aufbaus ist: Man selbst hört lokal alle Spuren – eigene Stimme, Gesprächspartner, Soundboard (N). Der entfernte Gesprächspartner bekommt ebenfalls alle Spuren geschickt, mit Ausnahme seiner eigenen Stimme (N-1). Würde man auch diese zum Gesprächspartner zurückschicken, hätte er durch den zeitlichen Versatz mit einem extrem störenden Echo-Effekt zu kämpfen. Abbildung 2 zeigt die sogenannte „Routingmatrix“ von Ultraschall, in der diese Audio-Schaltung modelliert wird. Nicht nur die Komplexität dieser Schaltung ist problematisch, sondern gerade die Verbindungs- und Tonqualität ist Skype-­bedingt durchwachsen.

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Abbildung 2: Eine Skype-N-1-Schaltung. Der Gesprächspartner bekommt die Signale von Sprecher 1 sowie des Soundboards, nicht jedoch seine eigene Stimme (gelb markiert) gesendet.

Die für Podcasting empfohlene und von Ultraschall gleich mitgelieferte Alternative ist Studiolink. Mit dem Session ­Initiation Protocol (SIP) und Opus als Audio-Codec ist die Infrastruktur im Vergleich zu Skype radikal anders. Höchste Priorität von Studiolink sind eine kompromisslose Audio-Qualität und garantierte Stabilität für Podcasts – statt mehr oder weniger stabile Verbindungen für Millionen Menschen und Anwendungsfelder. Um das N-1-Routing muss man sich nicht kümmern: Ultraschall und Studiolink erledigen dies „im Hintergrund“.

Abbildung 3: Eine Gesprächsrunde mit drei zugeschalteten Personen. Oben: Skype gibt nur eine Summe aus, die zudem stark komprimiert und verzerrt ist. Unten: Über Studiolink werden in Ultraschall drei saubere Einzelspuren aufgenommen.

In der Klangqualität unterscheidet sich eine Studiolink-­Aufnahme nicht hörbar von einer lokalen Aufnahme. Dank der ebenfalls sehr geringen Latenz führt dies zu sehr natürlichen Gesprächssituationen – eben so, als säßen die Partner direkt nebeneinander. Jedes Gefühl von „blechernem Telefonieren“ fehlt. Studiolink fügt keine Kompression hinzu, sondern leitet das Mikro­fonsignal der Gesprächspartner unbearbeitet durch. Anders als bei Skype wird zudem jede Spur separat in Ultraschall aufgezeichnet – und das bei derzeit bis zu sechs Gesprächspartnern. Abbildung 3 zeigt den Unterschied: ein und dieselbe Podcast-­Runde, einmal über Skype verbunden und einmal über Studiolink.

Studiolink wird während der Installation von Ultraschall ­(siehe How-to-Box) ebenfalls eingerichtet. Für externe Gäste ­stehen kostenlose Client-Programme für alle Plattformen zur Verfügung, sodass sie kein Reaper/Ultraschall installieren müssen, um teilzunehmen.

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Als besonderes Extra bietet Studiolink Live-Streaming. Auf Knopfdruck ist die gerade laufende Aufnahme als Broadcast auf einer öffentlichen Webseite zu hören. Dort steht auch ein Live-Chat als Rückkanal für die Hörer bereit. Mit der App Podlive entsteht gerade ein eigenes Ökosystem für Live-Podcasts, neue Live-Sendungen werden per Push-Notification angekündigt.

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