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Entwicklung

Zukunftsszenarien für das Internet nach dem 2.0-Hype: Eins, Zwei, 3.0

Die Zukunft lässt sich nicht vorhersagen. Sicher ist aber, dass während über das Web 2.0 diskutiert wird, die technische Entwicklung ungebremst voranschreitet. Zudem entdecken immer mehr Unternehmen die kommerziellen Potenziale und rüsten sich für den Wettbewerb. Denn wo das „soziale Netz“ mehr Nutzer bindet, ist das Verlangen nach ihrem Geld nicht mehr weit. Und so sind alle Großen der Branche auf Einkaufstour durch die IT-Landschaft.

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Das Internet
wird im Zeitalter von Web 2.0 häufig als „soziales Netz“
bezeichnet. Solidere Techniken und einfachere Bedienbarkeit bewirken,
dass sich immer mehr Benutzer den Informations- und
Kommunikationstechniken zuwenden. Waren vor einigen Jahren noch
etliche Menschen ausgeschlossen, weil zum einen die Kosten zu hoch
und zum anderen die Einstiegshürden unüberwindbar waren,
wandelt sich dieser Zustand zusehends. Die Bedienung wird einfacher
und ermöglicht inzwischen durchaus spontane Interaktion,
wohingegen früher vieles sehr kryptisch anmutete. Das Web
verwandelt sich allmählich von einem virtuellen Raum für
Spezialisten zu einem vertrauten Ort für jedermann. Anwender und
Anbieter verschmelzen, der Nutzer ist zugleich Autor, Editor und
Konsument [1].

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Auch für Webentwickler haben sich
die Aufgaben verschoben. HTML dient heute häufig nur noch als
Grundlage für eine Reihe anderer Technologien, die ganz andere
und ansprechendere Ausgabeformen in einem Browser ermöglichen.
Sie sind zum Betätigungsfeld für Applikations- und
Webentwickler geworden, die sich nicht selten schon in eine Richtung
spezialisiert haben. Der Nutzer bekommt von all dem immer weniger
mit. Ihn interessiert kaum, ob eine Anwendung auf Java oder PHP
basiert, wenn sie doch einfach nur funktioniert. Und da die Techniken
zunehmend so funktionieren wie versprochen, ist die logische Folge
der Entwicklung, dass sich immer mehr Menschen ins Netz wagen. Sie
verfassen Blogs, kreieren Podcasts, kaufen und verkaufen online oder
vertreiben sich schlicht ihre Zeit mit ziellosem Surfen, ähnlich
dem Zappen vor dem Fernseher.

An dieser Stelle wird allerdings ein
wichtiger Schwachpunkt des gegenwärtigen Webs deutlich, denn ein
nicht unwesentlicher Teil des Aufenthalts im Web wird nach wie vor
mit der Suche nach den gewünschten Inhalten verbracht. Viel zu
oft artet das Surfen im Internet in eine nicht enden wollende Suche
aus, denn eine einzelne Suche reicht in der Regel nicht aus. Mehrere
Suchabfragen in verschiedenen Suchmasken sind nötig, um die
zunächst sehr unterschiedlichen Angaben zusammenzutragen. Damit
ist die Suche keineswegs abgeschlossen, es beginnt eine weitere, bei
der es die Spreu vom Weizen zu trennen gilt. Hatte der unbedarfte
Neunutzer gerade Mut gefasst, stellt sich ihm die nächste Hürde
in den Weg.

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Das semantische Web

Der
beschriebene Missstand ist keineswegs neu und wird schon lange als
Problem wahrgenommen. Zwar hat es Google inzwischen quasi geschafft,
das Suchmonopol an sich zu ziehen –
über 90 Prozent aller Suchanfragen in Deutschland werden dort
gestellt und bearbeitet. Allerdings ändert das nichts an dem
Problem, dass ein Großteil der Ergebnisse unbrauchbarer Ballast
ist. Und die Dringlichkeit einer Lösung nimmt weiterhin zu, denn
das sowieso schon große Angebot im Web wächst
exponentiell.

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Derzeit
nehmen sich renommierte Forschungseinrichtungen der Aufgabe an und
versuchen, aus dem Informationswirrwarr logische und semantische
Zusammenhänge zu extrahieren. So sollen die Inhalte nicht nur
maschinenlesbar, sondern auch maschinenverstehbar sein. Das Ziel ist
ein semantisches Web, das irgendwann in der Lage ist, eine konkrete
Frage mit einer konkreten Aussage zu beantworten. Die Frage nach der
Höhe eines bestimmten Berges würde also beispielsweise mit
einer genauen Angabe in Metern erwidert. Was zunächst leicht
klingen mag, ist durchaus schwierig, denn es geht um nichts anderes
als die unendliche Variationsvielfalt der menschlichen Sprache, mit
der das Wissen transportiert wird. Bisher hat man es den Maschinen
leidlich beigebracht, die Syntax eines geschriebenen Satzes zu
verarbeiten. Der Sinn und die Bedeutung bleiben ihnen sicherlich noch
eine ganze Weile fremd, weshalb Maschinen für die intuitive
Benutzung durch den Menschen weiterhin ungeeignet bleiben.

Das semantische Web ist eine
Mammutaufgabe, die allerdings derart wichtig erscheint, dass sie Teil
der Hightech-Strategie der Bundesregierung ist. Unter dem
Projektnamen Quaero (lateinisch für „ich suche“, „ich
frage“, „ich forsche“) wird gemeinsam mit französischen
Experten an multimodalen Internetdiensten gearbeitet, die statt der
schlüsselwortbasierten Suchmaschinen dialogische
Frage-Antwort-Systeme bereitstellen [2]. Konkrete Antworten auf
konkrete Fragen – eine
schöne Vorstellung für den Internetalltag. Doch vermutlich
wird es noch eine Weile dauern, bis es so weit ist.

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Web 3.0

Zusammen mit
dem „sozialen Netz“ könnte das semantische Web das Web 3.0
bilden. Es würde die Vorzüge der einfachen Benutzung und
der niedrigeren Einstiegshürden mit den Vorteilen aus der Arbeit
mit semantischen Zusammenhängen zusammenführen. Neben der
konkreten Suchabfrage wären zum Beispiel auch Anfragen nach dem
Wetter denkbar, wobei der Dienst automatisch den Ort der Abfrage
erkennt und die passende Vorhersage liefert. So würde das
mühselige Navigieren durch globale Wetterdienste entfallen. Die
Technik würde den Sinn hinter einer unbedarften Anfrage
erkennen, weil sie in der Lage ist, die Informationen eigenständig
mit anderen Informationen zu einem sinnvollen Ganzen zu kombinieren.

Würde das Ziel erreicht, bräuchte
ein Nutzer im idealen Fall keine Gedanken mehr an die Maschinenlogik
zu verschwenden. Er würde sich nicht mit dem Problem einer
klaren Anweisung für einen Rechenapparat herumschlagen, wie es
Programmierer tagtäglich tun. Das Web 3.0 wäre klar
getrennt in Dienstentwickler auf der einen Seite und Dienstnutzer auf
der anderen Seite. Zwar wird in Zusammenhang mit dem Web 2.0 gerne
davon gesprochen, dass sich die
Grenzen zwischen Anwender und Anbieter verwischen, allerdings
wäre ein intuitiv zu bedienendes Web die ideale Spielwiese für
den Benutzer und bloßen Internetkonsumenten. Dementsprechend
stellen die sich abzeichnenden kommerziellen Interessen die These von
der „sozialen“ Entwicklung des Webs wenigstens in Frage. Gerade
in Anbetracht der jüngsten Vergangenheit, in der zum Beispiel
Google das Unternehmen YouTube für über 1,6 Milliarden
US-Dollar erworben hat, drängt sich der Verdacht auf, dass sich
das Web in Version 3 allmählich anschicken könnte, das
Fernsehen zu beerben. Schließlich ist derzeit das Fernsehen das
Medium, das am meisten Konsumenten regelmäßig an sich
bindet.

Business Web

Wo Konsum
ist, da ist das Business nicht weit, denn das eine kann ohne das
andere nicht leben und das Geschäft mit dem Internet boomt.
Tatsächlich wird derzeit sehr viel Geld bewegt, mit dem sich die
Großen der Branche für den Wettbewerb neu positionieren.
Google ist auf Einkaufstour, genauso wie Yahoo, das sich ebenfalls
einen Videoblog gegönnt hat. Ebay hat schon vor etwa einem Jahr
Skype gekauft und zusammen mit dem ebenfalls erworbenen Bezahlsystem
PayPal zeichnen sich auch hier die Umrisse eines künftigen
Multimediariesen ab.

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Aber Web 3.0 ist mehr als bloßer
Kommerz. Die sinnvolle Verknüpfung unterschiedlicher Dienste
wird ganz neue Geschäftsmodelle eröffnen, von denen auch
kleinere Unternehmen profitieren können. Die Geschäftsmodelle
werden sich dabei nicht immer in so großem Maßstab
abspielen wie etwa bei Amazon: Das Unternehmen prüft, ob es sein
ausgedehntes Vertriebsnetz anderen Anbietern zur Verfügung
stellen kann. So würde der Versand über Amazon abgewickelt,
selbst wenn ein Internetkunde bei einem anderen Anbieter bestellen
würde. Schon jetzt stellt Amazon ungenutzte Serverkapazitäten
sowie Rechenleistung gegen Bezahlung zur Verfügung.

Mit Verlässlichkeit und
Einfachheit bietet sich das Web 3.0 den Unternehmen für den
weltweiten Einsatz an, wobei die weltweite Vernetzung nicht mehr nur
ein Privileg der großen Unternehmen sein wird. Auch
mittelständische Unternehmen werden sich mit globalen Partnern
vernetzen und dafür wird es wichtig sein, die Benutzung der
Dienste einfacher zu gestalten. Nicht jedes Unternehmen ist bereit
oder in der Lage, eine Vielzahl eigener IT-Spezialisten zu
unterhalten.

Bedeutung für die IT-Branche

Für
künftige Webanwendungen, ob kommerziell oder für das
individuelle Entertainment, wird es wichtig sein, einfache Lösungen
bereitzustellen, die darüber hinaus flexibel zu kombinieren
sind. Das Stichwort lautet „serviceorientierte Architekturen“,
kurz SOA, was zunächst einmal für nichts anderes als ein
Umdenken in der IT-Branche steht [3]. Semantische Technologien und
die sinnvolle und einfache Verknüpfbarkeit von unterschiedlichen
Diensten soll zum Beispiel gewährleisten, dass sich
Geschäftsleute in der ihnen gewohnten Terminologie bewegen
können. Ihre Energien wären nicht an Gedanken gebunden, wie
ein bestimmter Zusammenhang einer Maschine verständlich zu
machen ist. So wäre Web 3.0 für die allermeisten Nutzer ein
bloßes Werkzeug, die Weiterentwicklung würde den
Spezialisten überlassen.

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Dem Wunsch nach Einfachheit stehen
Applikationsentwickler gegenüber, die das Service-Element viel
stärker in ihre Arbeit integrieren müssen. Zwar bleibt
sicherlich weiterhin genügend Platz, die Grenzen des technisch
Machbaren auszuloten, aber gegenüber den technischen Vorzügen
einer Applikation werden zunehmend betriebswirtschaftliche Ziele in
die Überlegungen einbezogen. Da es für große und
kleine Unternehmen zunehmend wichtig ist, extrem anpassungsfähig
zu sein, werden auch die webbasierten Unternehmensapplikationen immer
flexibler sein müssen. Spezielle Anforderungen bedürfen
demnach einer speziellen Lösung, die allerdings keineswegs
abgeschottet sein sollte. Sogar Microsoft, das für seine
geschlossenen Lösungen bekannt ist, scheint die veränderten
Anforderungen zu realisieren. So wird die Vielzahl von individuellen
Lösungen vermutlich von einer Vielzahl unterschiedlicher
Anbieter geliefert werden, die dem Kunden die Anpassungsarbeit als
Dienstleistung verkaufen –
so wie es im Bereich Open Source schon üblich ist.

Als ein Nachteil von SOA wird
angesehen, dass die entstehenden Informationssysteme stets sehr
komplex sein werden. Einer Studie von Gartner zufolge verwenden
Unternehmen etwa 40 Prozent der IT-Kosten für die Integration
verschiedener Applikationen. Aber was auf der einen Seite Kosten
verursacht, kann auf Seiten der Anbieter von Systemintegration volle
Auftragsbücher bedeuten.

Fazit

Egal, ob das
zukünftige Netz unter Web 2.0, Web 3.0, unter Smartweb oder
sonst irgendeiner Bezeichnung firmiert: Es wird sich an der
Benutzeroberfläche mehr und mehr in Richtung
Massenkompatibilität entwickeln, mit weitreichenden Konsequenzen
für IT-Profis, die sich den veränderten Anforderungen
stellen müssen. Sie werden die Aufgabe haben, leicht zu
bedienende und übersichtliche Applikationen zu entwickeln, die
möglichst frei von unvorhergesehenen Ereignissen sind, aber
gleichzeitig die nachträgliche Integration unvorhergesehener
Anforderungen ermöglichen –
schließlich kann man die Zukunft nicht vorhersagen.

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