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Gekaufte Fans und Produktbewertungen: Wann Schleichwerbung im Social Web verboten ist

Je wichtiger den Usern Bewertungen und Empfehlungen im Social Web sind, desto größer auch das Interesse der Unternehmen, diese zu steuern. Manche kaufen Fans und Bewertungen einfach ein oder preisen ihre eigenen Produkte gar anonym selbst an. Doch Schleichwerbung ist auch im Social Web gesetzlich streng verboten.

7 Min. Lesezeit
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Soziale Medien geben den Nutzern die Macht, über das Schicksal von Produkten und Unternehmen zu entscheiden. Vielen Firmen ist dies unheimlich – denn Nutzer sind in ihren Augen unberechenbar. Viel lieber möchten sie die Meinungen selbst bestimmen. Und so ist es kein Wunder, dass immer neue Anbieter Abhilfe versprechen, indem sie zum Beispiel positive Bewertungen gegen kleines Entgelt anbieten. So gehen Branchenverbände heute davon aus, dass durchschnittlich bis zu einem Drittel aller Bewertungen gefälscht sind. Eine Marktverfälschung, die zu Lasten der Verbraucher und ehrlicher Unternehmen geht.

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Das Gesetz verbietet solche Schleichwerbung. Jeder Verbraucher muss immer erkennen können, ob Bewertungen und Empfehlungen aus freien Stücken erfolgten – oder unerlaubt durch wirtschaftliche Vorteile motiviert wurden (§ 4 Nr.3 UWG). Doch welche Risiken nehmen Unternehmen damit auf sich? Welche Folgen drohen bei Verstößen?

Zum einen können Konkurrenten und Wettbewerbszentralen eine Abmahnungen aussprechen, was 1.000 bis 2.000 Euro kosten kann. Zudem muss ein Unternehmen, das Schleichwerbung verbreitet, eine Unterlassungserklärung abgeben, aufgrund derer bei erneuten Verstößen eine noch viel höhere Vertragsstrafe fällig wird. Auch Nutzer empfinden Schleichwerbung als „Betrug“. Sollte sie auffliegen, können die Kosten für die Reparatur des Imageschadens schnell die einer Abmahnung übersteigen.

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Gekaufte Fans und Produktbewertungen: Rechtliche Grauzone

Wo die Grenze zwischen erlaubter und unerlaubter Motivation verläuft, zeigen die folgenden Beispiele. Unternehmen dürfen ihre Kunden zum Beispiel zu positiven Bewertungen auffordern. Sie dürfen diese Aufforderung sogar grafisch hervorheben oder den Nutzern über eine Anleitung zeigen, wie und wo sie ihre positiven Beurteilungen hinterlassen können. Die Grenze zum Unerlaubten ist jedoch dann überschritten, wenn wirtschaftliche Vorteile die Nutzer zu einer solchen Beurteilung motivieren. Dabei muss ein Unternehmen nicht einmal Geld bieten oder ausdrücklich eine positive Bewertung fordern. So verbot das Oberlandesgericht (OLG) Hamm zum Beispiel einem Händler, seinen Kunden zehn Prozent Rabatt zu versprechen, wenn diese einen Eintrag in irgendeinem Bewertungsportal hinterließen – egal ob dieser Kommentar nun positiv oder negativ war. Das Gericht war der Ansicht, die Kunden könnten aufgrund des wirtschaftlichen Vorteils nicht mehr frei und objektiv urteilen.

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Ein unerlaubter Einfluss liegt auch dann vor, wenn es ein Unternehmen den Verbrauchern schwer macht, negative Bewertungen abzugeben. So entschied das Landgericht (LG) Duisburg 2012, dass die Werbung mit Bewertungen unzulässig ist, wenn das Bewertungsportal Kundenmeinungen filtert und negative Bewertungen erst nach einem Schlichtungsverfahren veröffentlicht.

Hat ein Nutzer erst einmal negativ geurteilt, ist die Frage der unerlaubten Beeinflussung jedoch noch lange nicht beantwortet – vor allem, wenn ein Unternehmen eine negative Bewertung für ungerecht hält. Denn die meisten unzufriedenen Kunden lassen sich ohne Rabatte und Zugaben kaum dazu bewegen, ein Angebot ein zweites Mal zu testen, um ihre Meinung gegebenenfalls zu ändern. Solche Umstimmungsanreize sind auch durchaus zulässig. Zulässig ist es allerdings nicht, den Kunden darauf hinzuweisen, er möge im Gegenzug doch bitte seine Bewertung korrigieren.

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Bewertungskauf bei Yourrate: Wer die Leistungen in Anspruch nimmt, handelt wettbewerbswidrig.

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Kommentare, Likes und Votes

Für Kommentare, zum Beispiel in Blogs oder auf Facebook-Fanseiten, gelten dieselben Grundsätze: Motivieren wirtschaftliche Vorteile einen Nutzer dazu, einen Kommentar zu verfassen, handelt es sich um einen Wettbewerbsverstoß. Das kann übrigens auch schon eine Gewinnchance sein. Eine Verlosung unter denjenigen, die auf der Facebook-Fanseite Ihre Meinung zu einem Produkt hinterlassen, ist nicht zulässig. Denn man kann dann davon ausgehen, dass sie eher positive Meinungen äußern, um ihre Chancen auf den Gewinn zu erhöhen.

Eine viel diskutierte Frage ist, ob schon der Klick auf einer Empfehlungsschaltfläche einer positiven Bewertung gleich kommt. Ein Streitpunkt waren insbesondere Gewinnspiele auf Facebookseiten, bei denen Nutzer erst auf „Like“ klicken müssen, bevor sie an ihnen teilnehmen dürfen (so genanntes „Fangate“). Verbraucherschützer argumentierten, dass es sich hierbei um eine Verbrauchertäuschung handelt, da andere Nutzer diese Likes als postive Bewertungen des Unternehmens wahrnehmen und damit über deren wahren Ursprung getäuscht würden. Dem erteilte jedoch das Landgericht Hamburg (Urteil vom 10. Januar 2013, Az.: 327 O 438/11) eine Absage, indem es die Klage der Verbraucherschützer zurück wies. Es sagte, dass ein „Like” auch reines Interesse ausdrücken kann und nicht unbedingt eine Wertung beinhalten muss. Das gilt zumindest, solange es nicht von einem positiven Kommentar begleitet wird. Es ist zwar eine Einzelfallentscheidung, die jedoch vorerst als Orientierung dienen darf.

Fans und Follower kaufen

Ähnlich unklar ist die rechtliche Situation bei gekauften Fans und Followern – etwa bei Facebook, Twitter oder Youtube. Dass sich Unternehmen diese einfach etwas kosten lassen, gehört daher derzeit zu den umstrittensten Marketing-Methoden. Abgesehen davon, dass Marketingfachleute stark am Sinn einer solchen Maßnahme zweifeln, weil die gekauften Fans, Follower oder Abonnenten weder mehr Interaktion noch mehr Relevanz des jeweiligen Social-Media-Accounts mit sich bringen, sind auch rechtlich Zweifel angebracht. Viele Juristen sind der Ansicht, dass es sich beim Kauf von Fans und Followern um eine wettbewerbswidrige Verbrauchertäuschung handelt. Andere sehen dagegen kein unlauteres Verhalten. Sie verweisen zum einen darauf, dass ein Klick auf den Like- oder Follow-Button noch keine positive Bewertung sei. Zum anderen vergleichen sie die Situation mit einem typischen Facebook-Gewinnspiel: Auch dabei bekommen die Nutzer für den Klick auf die Like-Schaltfläche einen geringen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer Gewinnchance.

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Die Betreiber sozialer Netzwerke gehen jedenfalls nicht direkt gegen die Einkäufer von Fans und Followern vor. Facebook verwendet jedoch zum Beispiel Algorithmen, die gefälschte Fans aufspüren und entfernen sollen – egal, ob diese nun gekauft sind oder nicht. Auf diese Weise hat Lady Gaga im vergangenen September 34.000 Fans verloren, der Spieleanbieter Zynga sogar 45.000 Fans. Doch auch wenn die Rechtslage wenig riskant ist, so bergen gekaufte Fans doch immer das Risiko eines Imageschadens.

Auch Blogposts, Tweets und Status-Updates liefern immer mehr Nutzern Orientierung bei der Suche nach dem passenden Angebot. Hier gilt ebenfalls: Bezahlte Blogposts, Tweets oder Updates müssen für die User als solche zu erkennen sein. Dieses so genannte Trennungsgebot zwischen objektiven und bezahlten Beiträgen kann zum Beispiel per vorabgesteltten Hinweis „Werbung:“ oder „Gesponsert:„ umgesetzt werden. Dagegen werden Hashtags wie „#sponsored“ oder „#ad“ am Ende des Tweets nicht ausreichend sein (weitere Hinweise hierzu finden sich in dem Artikel „Pay with a Tweet – Gesetzliche Regeln für Anbieter und Twitterer“). Erhält ein Blogger Testprodukte, muss er das in seinem Blogpost ebenfalls erwähnen. Unternehmen sollten die Nutzer auf deren Aufklärungspflicht hinweisen. Sie haften sonst für deren Fehler.

Neben Fans und Followern stehen übrigens auch immer mehr angeblich „objektive“ und „authentische“ Bewertungen auf bekannten Bewertungsplattformen und in Blog-Kommentaren zum Verkauf. Die Anbieter solcher Dienstleistungen erklären oft, es handle sich um ein rechtmäßiges Verfahren. Doch das Gegenteil ist der Fall: Ob ein Unternehmen die Nutzer nun direkt für eine Bewertung bezahlt oder einen Bewertungsdienstleister dazwischen schaltet, ist dabei nicht entscheidend. Wer solche Angebote nutzt, verstößt darüber hinaus auch gegen die AGB der Bewertungsplattformen und riskiert, ganz von deren Plattform entfernt zu werden.

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Auch Newsletter und sonstige E-Mails sind eine verlockende Möglichkeit, um Kunden und Nutzer um positive Beurteilungen zu bitten. Dabei handelt es sich jedoch um Werbung. Und die ist per E-Mail nur mit der ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers erlaubt. Innerhalb einer Bestätigungs- oder Rechnungs-E-Mail können Unternehmen eine solche Aufforderung absenden, aber nicht nachträglich mit gesonderter E-Mail – es sei denn, der Kunde hat im Rahmen des Vertragsabschlusses eingewilligt, Werbe-E-Mails zu empfangen.

Wann werten Mitarbeiter?

Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass Unternehmen ihr eigenes Angebot nicht verdeckt bewerten dürfen. Doch was ist mit den Mitarbeitern? Denn alles das, was diese während ihrer Arbeitszeit über das Unternehmen im Internet äußern, wird dem Unternehmen zugerechnet. Schließlich lässt sich nur schwer nachweisen, dass es sich bei dem ein oder anderen Post um eine rein private Meinung eines Mitarbeiters handelt.

Fallstricke bei Online-Bewertungen

  • Man darf Nutzer zu Bewertungen auffordern, auch zu positiven.
  • Rabatte, Gewinnchancen oder sonstige Vorteile darf man nicht anbieten.
  • Schleichwerbung in Form von Blog-Kommentaren und Pinnwandeinträgen ist verboten.
  • Bewertungen zu kaufen, ist verboten.
  • Mit dem Kauf von Fans und Followern bewegt man sich in einer rechtlichen Grauzone.
  • Nur mit vorheriger Einwilligung darf man per E-Mail um Bewertungen bitten.
  • Werbende Einträge auf fremden Seiten sind ohne Einwilligung verboten.
  • Unternehmen haften für die Bewertungen ihrer Mitarbeiter.

Als Blogbetreiber beispielsweise herausfanden, dass der sehr positive Kommentar zu einem kritischen Beitrag über die ARAG* Versicherung unter der statischen IP-Adresse des Versicherers abgegeben worden war, entschied das LG Hamburg 2012 sehr eindeutig. Es widerspreche jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass ein Blog-Kommentar eines Mitarbeiters von seinem Arbeitsplatz aus und
zugunsten seines Arbeitgebers lediglich eine rein private Äußerung sein soll. Mitarbeiter eines Unternehmens müssen daher immer auf ihre Betriebszugehörigkeit hinweisen – und zwar auch, wenn sie ganz privat Aussagen über ihr Unternehmen treffen.

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Auch wenn Unternehmen auf den Pinnwänden anderer Fan-Seiten oder in den Kommentaren fremder Blogs für ihre Angebote werben, ist das verboten. Ein lokales Unternehmen kann seine Leistungen ebenso wenig auf der Fan-Seite oder im Blog einer Gemeinde oder gar eines Konkurrenten bewerben, wie es seine eigenen Werbebroschüren in fremden Geschäftsräumen auslegen kann.

Fazit

Noch nie war es so einfach und lohnend, den Verlockungen der Schleichwerbung zu erliegen. Dabei gibt es rechtliche Graubereiche wie zum Beispiel das Einkaufen von Fans und Followern. Aber es gibt auch eindeutige Rechtsverstöße, etwa den Kauf von (positiven) Bewertungen. Natürlich muss jeder Unternehmer selbst entscheiden, ob er die Risiken von Abmahnungen und Imageschäden eingehen möchte. Doch niemals sollte er die investigativen Fähigkeiten der Nutzer unterschätzen oder den Verrat unzufriedener Mitarbeiter außer Acht lassen.

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frauke

Und was ist wenn man diese geschenkt bekommt? Ich wollte bei facebook-likes-kaufen.eu was ausprobieren (da gibts die kostenlos), wäre das auch schon relevant?

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