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Code-Gründer Thomas Bachem im Interview: „Wir wollen weg vom Frontalunterricht“

Viel Praxis statt graue Theorie: Mit „Code“ will Seriengründer Thomas Bachem eine Hochschule aufbauen, die Softwareentwickler ausbildet. Im Interview erklärt er, warum Informatik als Fach nicht ausreicht, wie er das Projekt finanziert und was er anders machen will als klassische Universitäten.

5 Min. Lesezeit
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Foto: Max Threlfall

t3n Magazin: Thomas, du willst gemeinsam mit Manuel Dolderer und Jonathan Rüth eine Fachhochschule für Programmierer gründen. Warum?

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Thomas Bachem: Weil es so eine Hochschule noch nicht gibt. An den Universitäten gibt es keine Angebote für Softwareentwickler. Bisher können Leute, die Programmieren wollen, nur Informatik studieren.

t3n Magazin: Reicht das nicht?

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Thomas Bachem: Nein. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Informatikern und Softwareentwicklern. Informatik beschreibt die theoretische Computerwissenschaft, Programmieren die praktische Umsetzung. Das wird oft missverstanden, deshalb haben viele Leute falsche Erwartungen an ein Informatik-Studium. Wir wollen die Informatik nicht ersetzen, sondern einen Studiengang anbieten, der die berufliche Praxis in das Studium integriert. Mir haben viele Informatik-Studenten erzählt, dass sie in den ersten zwei Jahren nur Mathematik und Elektromechanik machen und nicht ein einziges Mal programmieren. Das erscheint mir für Programmierer falsch.

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t3n Magazin: Wie wollt ihr einen stärkeren Praxisbezug herstellen?

Thomas Bachem: Für uns gibt es dafür drei wichtige Punkte: den Inhalt, die Didaktik und das Umfeld. Inhaltlich haben wir uns die drei Studiengänge Software Engineering, Interaction Design und Product Management überlegt. Wir nennen das „digitale Produktentwicklung“, sie geht deutlich über das Programmieren hinaus.

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t3n Magazin: Auch die Lehre wollt ihr anders gestalten. Was macht die Code anders als klassische Hochschulen?

Thomas Bachem: Die Frage ist: Wie wird etwas gelernt? Das ist der Punkt Didaktik. Wir wollen weg vom Frontalunterricht und stattdessen projektbasiertes Lernen anbieten. Dafür planen wir mit Praxispartnern und Unternehmen zusammenarbeiten, die Hilfe bei einem Problem brauchen. Die Fragestellungen müssen aus dem Leben kommen, unsere Studenten sollen sie nicht nur für eine Note lösen müssen.

t3n Magazin: Müssen Projekte nicht immer auch eine Note einbringen?

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Thomas Bachem: Ja, aber die Benotung soll bei uns nicht durch klassische Klausuren erfolgen. Wir wollen die Projektarbeiten bewerten. Wir wollen weg davon, dass du dich in einen Prüfungsraum setzt und Code auf Papier schreibst. Das ist einfach nicht zeitgemäß. Auch die Vorlesungen sollen sich daran orientieren und eine direkte Relevanz für das jeweilige Projekt mitbringen. Da müssen wir allerdings noch etwas Hirnschmalz reinstecken, das gut hinzubekommen, ist nicht so einfach, wie das jetzt klingt.

t3n Magazin: Du hast noch von einem dritten Punkt gesprochen: dem Umfeld. Was bedeutet das genau?

Thomas Bachem: Wir verstehen uns als Netzwerk für die Szene. Deshalb unterhalten wir uns schon jetzt mit den Unternehmen und fragen sie, was sie suchen, was sie brauchen und wie wir das in unsere Studiengänge einfließen lassen können. Gleichzeitig bauen wir ein Netzwerk aus Förderern und Unterstützern.

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t3n Magazin: Wofür?

Thomas Bachem: Unter anderem für die Finanzierung. Wir brauchen für die ersten Jahre mehrere Millionen Euro. Deswegen organisiere ich gerade eine Finanzierungsrunde mit privaten Business Angels. Vier wollen bereits fest investieren. Ich kann die Namen noch nicht nennen, aber es sind Größen aus der Internetszene. Wahrscheinlich wollen wir darüber hinaus noch mehr Investoren reinholen, die sich mit kleineren Beträgen beteiligen. Das Interesse in der Szene ist unglaublich hoch. So eine Hochschule ist ja auch ein Communityprojekt.

t3n Magazin: Das Geschäftsmodell der Code soll so aussehen, dass die Studenten Gebühren in Höhe von 25.000 Euro für das gesamte Studium zahlen. Das ist sehr viel Geld. Schließt ihr damit nicht Zielgruppen aus?

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Thomas Bachem: Nein, weil das Studium zunächst für jeden gratis sein soll. Das ist uns sehr wichtig, weil wir die besten Talente für die Code gewinnen wollen, nicht die mit den dicksten Portemonnaies. Wir bieten unseren Studenten dazu den sogenannten Umgekehrten Generationenvertrag (UGV) an. In den ersten zehn Jahren deines Berufslebens zahlst du das Geld mit deinem Gehalt zurück: Ungefähr sechs bis acht Prozent deines Lohns fließen pro Jahr zurück an deinen Finanzier. Es gibt auch eine Deckelung nach oben und nach unten, sodass die Stärkeren die Schwächeren mitfinanzieren.

t3n Magazin: Und das wollt ihr allen Studenten anbieten?

Thomas Bachem: Im besten Fall ja. Wir haben bereits Partner dafür gewonnen, die das UGV-Modell seit mehr als zwanzig Jahren umsetzen und viel Erfahrung mitbringen. Jetzt suchen wir noch Stiftungen, die mit einsteigen, damit wir das Modell wirklich jedem unserer Studenten anbieten können.

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t3n Magazin: Im Oktober 2017 wollt ihr mit der Code starten. Wie viele Studenten erwartet ihr für das erste Jahr?

Thomas Bachem: Das Ziel sind mindestens 50, mein Traum wären 150.

t3n Magazin: Reicht diese Zahl an Studenten für die dauerhafte Finanzierung?

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Thomas Bachem: Nein. Unseren Hochrechnungen zufolge müssten wir 500 bis 600 Studenten haben, um die Hochschule nachhaltig finanziern zu können. Das wären knapp 200 Studenten pro Jahrgang. Dann finanziert sich der Studienbetrieb selbst. Aber eine Hochschule aufzubauen, ist ohnehin nicht die finanziell attraktivste Sache, die mir einfallen würde.

t3n Magazin: Wie schwierig ist es für euch, Professoren für Code zu gewinnen?

Thomas Bachem: Laut Hochschulgesetz müssen mindestens 51 Prozent der Dozenten Professoren sein und hauptamtlich an der Hochschule arbeiten. Das ist für uns eine große Herausforderung, denn für die Professuren brauchen wir nach den Vorgaben der Länder promovierte Entwickler und Designer. Die sind abr ziemlich schwer zu finden. Wenn wir eine staatlich anerkannte Hochschule sein wollen, müssen wir wissenschaftlich arbeiten und auch forschen. Wenn man da nicht aufpasst, verliert man den Praxisbezug. Wir brauchen also einen guten Mix aus erfahrenen Professoren und Dozenten aus der Praxis.

Mehr Freiheiten, weniger Frontalunterricht: Die Code University of Applied Sciences will die nächsten digitalen Vordenker ausbilden. (Foto: Code University)

Mehr Freiheiten, weniger Frontalunterricht: Die Code University of Applied Sciences will die nächsten digitalen Vordenker ausbilden. (Foto: Code University)

t3n Magazin: Noch gibt es eine Diskussion, ob ihr euch in Köln oder Berlin niederlasst. Dass Gründer nach Berlin gehen, ist nichts Neues. Wie kommt es, dass bei euch auch Köln im Rennen ist?

Thomas Bachem: Nordrhein-Westfalen ist ein großes Land mit einem riesigen Einzugsgebiet. Das würde uns sowohl bei der Personalsuche als auch bei der Studentenakquise helfen. Meiner Ansicht nach tut sich in Berlin zwar mehr, aber in Köln könnten wir gerade deswegen mehr Impact haben. Andererseits ist die Startup-Szene in Berlin dominanter, dort gibt es mehr reifere Internetfirmen. Und Berlin ist sehr international, schließlich soll das Studium an der Code rein englischsprachig sein. Aber egal, wo wir am Ende starten: Wir wollen in beiden Städten Standorte aufbauen, es ist nur die Frage, in welcher wir anfangen.

t3n Magazin: Die Idee für die Code hattest du bereits vor zehn Jahren. Warum setzt du sie erst jetzt um?

Thomas Bachem: Das ist meinem Lebensweg geschuldet. Ich hätte auch vor zehn Jahren eine Hochschule aufbauen können. Aber wenn du gerade aus der Uni kommst, willst du nicht als erstes wieder eine Uni aufbauen. Und ich musste erst das richtige Team finden.

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