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Kolumne

Knietief im Funkloch: Markus Beckedahl über den miserablen Breitbandausbau

Urlaub an deutschen Küsten bedeutet fast immer: schlechter Netzempfang. Das hat auch Markus Beckedahl festgestellt. Er erklärt, warum der miserable Breitbandausbau in Deutschland hausgemacht ist.

Von Markus Beckedahl
3 Min.
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Foto: Anton Watman / Shutterstock

Kürzlich habe ich eine Woche an der Ostsee verbracht. Unfreiwillig befand ich mich die ganze Zeit im Funkloch, obwohl ich mir einige Arbeit mitgenommen hatte und Netz brauchte. Aber es konnte ja niemand ahnen, dass an den beliebtesten Stränden an deutschen Küsten nicht einmal mobiles Telefonieren möglich ist. 2015! Ganz zu schweigen von mehr als einem Balken Edge, den es immerhin an bestimmten Punkten zu finden gab. Dabei werben alle großen Telekommunikationsanbieter mit strahlenden Menschen und ihren Smartphones an schönen Orten, von wo sie für ihre Freunde Fotos hochladen, statt ihnen Postkarten zu schicken. Das gilt dann wohl nur im Ausland.

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Ich hätte es aber besser wissen müssen. In Zeiten, in denen es selbst im Zentrum von Berlin teils immer noch kein Internet mit einer höheren Bandbreite als ISDN gibt, kann man doch nicht erwarten, dass es unseren Urlaubsregionen besser geht. Aber keine Panik, bis 2018 soll es laut Bundesregierung überall mindestens 50 MBit/s geben. Wahrscheinlich über LTE-Funkzellen, die man dann in der Realität mit hundert anderen Touristen teilen muss.

Die ständig erneuerten Durchhalteparolen der Bundesregierung lenken davon ab, dass wir es mit einem Jahrzehnte alten Versagen zu tun haben: Der mangelhafte Breitbandausbau in Deutschland ist hausgemacht. Anders ist es nicht zu erklären, dass wir als größte Wirtschaftsmacht in der EU bei Vergleichsstudien der EU-Kommission zum Breitbandausbau auf Platz 16 von 28 Staaten stehen.

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„Immerhin“, könnte man jetzt sagen. „Anderen geht es noch schlechter.“ Aber schaut man sich speziell den Vergleich bei Glasfaseranschlüssen an – nach Ansicht fast aller Experten die Infrastruktur der Zukunft – findet man Deutschland tatsächlich auf dem letzten Platz. Glasfaseranschlüsse machten im vergangenen Jahr nur 1,1 Prozent aller Breitbandanschlüsse in Deutschland aus. Zum Vergleich: In Schweden sind es 40,7 Prozent.

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Und hat man endlich irgendwo schnelles Funknetz, dann wird man ständig durch Warnungen daran erinnert, dass das als Flatrate verkaufte Datenvolumen gleich wieder aufgebraucht ist. In fast allen anderen EU-Staaten wird übrigens mehr Datenvolumen zu meist niedrigeren Preisen verkauft: Sind bei uns 1 GB/Monat üblich, findet man in Finnland gleich 25 GB. Im Durchschnitt! Kein Wunder, dass die Nordeuropäer als moderner in Sachen digitale Technologien gelten. Bei uns muss man sich das leisten können – es sei denn, man steht gerade im Funkloch, dann ist sowieso alles andere egal.

Dabei gibt es laut Breitbandatlas der Bundesregierung gar keine Funklöcher mehr. Liegt doch überall Breitband-Internet! Was natürlich eine Frage der Definition ist. Auch 2015 schämt sich die Bundesregierung nicht, alles über 1 MBit/s als Breitband zu definieren. Schließlich galt das in den 90er-Jahren als schnell. Andere Staaten sind da deutlich ehrlicher.

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So verwundert es nicht wirklich, dass alles so weiter geht wie bisher. Der Markt wird’s schon regeln. Dabei gibt es immer weniger Marktteilnehmer und der Wettbewerb nimmt ab. Die Netzneutralität wird aufgeweicht in der Hoffnung, dass die Telekommunikationskonzerne dann mehr in den Breitbandausbau investieren. Aber warum sollten die ihre Leitungen ins letzte Dorf verlegen? Lohnt sich doch gar nicht! Gefragt sind eher andere Lösungsansätze. Wo in Deutschland kommunale Dienstleister wie in Kiel und Köln auftreten, findet man auch schnelles Internet. Und ein Internetzugang ließe sich auch als Universaldienst definieren. So wie Wasser und Strom. Dann gäbe es auch mehr Motivation zum Verlegen der Kabel.

Müsste man mal! Bis dahin fahren wir eben ins Ausland in den Urlaub, um schnelles Internet zu genießen. Irgendwo gibt es diese tollen Urlaubsorte aus der Werbung bestimmt.

Hinweis: Diese Kolumne erschien zuerst im Sommer 2015 im gedruckten t3n Magazin.

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2 Kommentare
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Daniel

Warum wird denn ein Artikel aus dem Sommer 2015 (kommentarlos) gepostet? Ist das Problem immer noch identisch? Und zum Thema an sich, auch bei uns im Herzen Nürnbergs gibt es teilweise noch keinen Glasfaseranschluss :(

Antworten
Marko Schulze

Wenn ich mir alleine die Entwicklung in meinem Dorf so ansehe dann hat sich in letzter Zeit viel getan.

2012 – kein DSL, kaum Handyempfang (egal welches Netz)
2013 – kein DSL nur schlechtes UMTS auserhalb von Gebäuden (nur 1 Netz)
2015 – kein DSL aber gutes LTE und 3G (nur 1 Netz)
2017 – VDSL und gutes Mobilnetz (1 Netz)

Also durchaus wahrscheinleich das an dem besagten Strand jetzt 4G gibt

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