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Marketing-Experte Neil Patel: Der Mann mit der Eigenmarke

Schon zu Schulzeiten gründet Neil Patel sein erstes Unternehmen. Heute, mit gerade einmal 31 Jahren, zählt er zu den einflussreichsten Online-Marketers weltweit. Wie hat er das geschafft?

Von Lars Budde
7 Min. Lesezeit
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(Foto: Neil Patel)

Einen Beraterauftrag von der Allianz, für eine achtstellige Summe? Braucht Neil Patel nicht. „Das ist mir egal“, sagt der Marketing-Experte, als t3n ihn auf der Bits and Pretzels trifft. Er werde den Auftrag ablehnen. Dass er sich eine solche Aussage leisten kann, liegt an seinen Auftraggebern. Er habe zwar „nur zwei Kunden“, sagt der Marken-Profi. Aber das sind zwei ganz große: Amazon und Google. Das reicht ihm. Denn er hat sich ein anderes Ziel gesetzt.

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Neil Patel will nicht (nur) Marken von Unternehmen vorantreiben, er will sich selbst als Marke etablieren. Sie werde ihm später helfen, das nötige Geld aufzunehmen, um große Deals zu machen, sagt er. Sein Ziel: „Irgendwann will ich mein Geld in große Unternehmen investieren, die nicht vorankommen. Ich kurbele deren Wachstum an und verkaufe meine Anteile wieder.“ Als Beispiel für eine solche Firma fällt ihm Surveymonkey ein. „Ich glaube, ich könnte ihnen helfen, schneller zu wachsen. Noch habe ich aber nicht genug Geld, das ist ein Milliarden-Unternehmen.“

Aber Patel ist auf dem Weg dorthin. Er hat sich als Berater einen Namen gemacht, Unternehmen gegründet, er zählt mehr als 222.000 Twitter-Follower und rund 340.000 Facebook-Likes (Stand Oktober). Seine Websites Quicksprout.com und Neilpatel.com, auf denen er Tipps zu Content-Marketing, Social Media und Linkaufbau gibt, erreichen laut Similarweb mehr als zwei Millionen Besucher pro Monat. Mit seinen Webinaren auf Neilpatel.com verdient er nach eigener Aussage derzeit vollautomatisiert 10.000 Euro pro Tag. Das Wall Street Journal bezeichnet ihn als „Top-Influencer“, Forbes wählte ihn unter die besten Online-Marketers und das Entrepreneur Magazine bescheinigte ihm, eine der brillantesten Firmen der Welt gegründet zu haben. Wie hat er das geschafft?

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Der Aufstieg von Neil Patel beginnt im zarten Alter von zwei Jahren. Seine Familie zieht aus England nach Orange County, Kalifornien. Heute sagt er: „Wenn du nichts hast und nichts verlieren kannst, tust du, was auch immer nötig ist. Das ist der Vorteil eines Immigranten.“ Kein Wunder also, dass Neil Patel durch familiäre Vorbilder geprägt selbst Unternehmer wird und auf dem Schulhof seiner Highschool selbstgebrannte Audio-CDs verkauft.

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Als ihm weder CDs noch gebrauchte Autoteile ein konsistentes Einkommen bescheren, wechselt Patel vorübergehend die Seiten: Er wird Angestellter der „Knott’s Berry Farm“, einem Freizeitpark in Buena Park, Kalifornien. Der heutige Multimillionär sammelt Müll und putzt Toiletten, den Traum vom großen Geld vor Augen. „Wenn du das machst, realisierst du, dass du nichts zu verlieren hast“, erinnert er sich rückblickend. Er ist damals 15 Jahre alt.

Eine Reihe kurioser Zufälle, geprägt von jugendlichem Wahnsinn und viel Ehrgeiz, führen Patel ins Internet. Inspiriert von den hohen Stundenlöhnen, die der Chef seiner Schwester als Berater für Oracle-Produkte in Rechnung stellt, sucht Patel als Teenager nach Jobangeboten, unter anderem auf Monster. Ohne Qualifizierung eine Sackgasse, aber der finanzielle Erfolg von Monster motiviert Patel zur Entwicklung einer eigenen Jobbörse namens Advice Monkey. Der damals 16-Jährige steckt 5.000 US-Dollar Erspartes in die Firma. „Ich dachte, wenn man eine Website startet, kommen die Besucher automatisch“, erzählt er heute kopfschüttelnd. „Als sie fertig war, kam aber niemand.“

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Um die Besucherzahlen seiner Jobbörse zu steigern, beauftragt er mehrere Marketing-Agenturen – ohne Erfolg. „Ich war frustriert und hatte kein Geld mehr, also musste ich selbst lernen, wie man Besucher gewinnt“, erinnert er sich. Autodidaktisch lernt Patel, was es über digitales Marketing zu lernen gibt. In dieser Zeit in den früheren 2000ern, in der Suchmaschinen meist nur Verzeichnisse sind und soziale Netzwerke wenig Reichweite haben, ist das machbar. Seine Jobbörse wird populärer, aber nie erfolgreich. „Ich hatte Besucher, habe aber nicht verstanden, wie man damit Geld verdient“, so Patel. Advice Monkey scheitert.

Trotzdem gibt er nicht auf. Der Ehrgeiz ist geweckt. Neuer Fixstern seines unternehmerischen Antriebs: der finanzielle Erfolg seiner Schwester. Sie erzählt ihm immer wieder, wie viel Geld sie mit Oracle-Beratung verdient. Aber Neil Patel hat keinen Schulabschluss – und ihm fehlen zwei Jahre zur Volljährigkeit. Zwei kurzfristig unüberwindbare Hürden. Patel entscheidet sich deshalb, vorzuarbeiten. Obwohl er noch immer Schüler ist, besucht er Kurse der ortsansässigen Volkshochschule. Das Ziel, die Uni später in zwei Jahren abzuschließen, ist geboren. Mit einem Kurzvortrag über die Funktionsweise von Suchmaschinen an der Volkshochschule weckt Patel, damals gerade 17 Jahre alt, die Aufmerksamkeit eines anwesenden Unternehmers und verkauft ihm den ersten Beratungsvertrag. Elpac Power Supplies wird Kunde seiner Agentur und zahlt 3.500 US-Dollar pro Monat. Eine unfassbare Summe für den Jugendlichen. Patel sorgt im Gegenzug dafür, dass das Energieunternehmen in Suchmaschinen ganz oben rankt – mit Erfolg. Nach Angaben des Marketers machte die Firma 25 Millionen Dollar mehr Umsatz durch das Online-Marketing.

Über den Kontakt zu Elpac werden immer mehr Unternehmen auf Patel aufmerksam. Mit dem späteren Mann seiner Schwester gründet er ein Beratungsunternehmen, Advantage Consulting Services. Das Geheimrezept der beiden sind virale Inhalte. Auf Plattformen wie Digg platzieren sie Beiträge von Unternehmen – und erzielen damit eine enorme Reichweite. Denn durch Nachforschungen, viele Testläufe und Datenanalyse knackt der Online-Marketing-Experte ihr Geheimnis. „Ein Beitrag auf der Homepage brachte mindestens 20.000 Besucher“, sagt Patel. „Und ich hatte eine mehr als siebzigprozentige Chance, meine Artikel auf der Startseite von Digg zu platzieren.“ Diese Dienstleistung an Unternehmen zu verkaufen, ist das Potenzial seiner Firma.

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„Ich dachte, dass ich in Geld schwimme“

Durch ihr ungewöhnliches Angebot und den Erfolg mit bestehenden Kunden wächst die Agentur. „Ich dachte, dass ich in Geld schwimme“, erinnert sich Patel. Doch auf die ersten Gewinne folgt der erste heftige Rückschlag. Patel will das Geld irgendwo investieren. Er steckt es in ein paar Unternehmen, insgesamt eine Million US-Dollar. Doch die gehen pleite, der Betrag ist weg. Patel muss erkennen, dass Investments risikoreich sind. Statt weiter in Unternehmen zu investieren, gründet er 2006 erneut. Die Firma heißt Crazyegg – und wird seinen Durchbruch markieren. Gemeinsam mit einem Geschäftspartner entwickelt er eine Heatmap- und Click-Tracking-Software. Die frühen Verluste seiner neuen Unternehmung fängt Patel mit Einnahmen aus dem Agenturgeschäft ab, parallel studiert er in Vollzeit und spricht auf mehr als 50 Konferenzen pro Jahr. Entlastung folgt erst, als Crazyegg profitabel wird und als Erfolgsbeweis des Software-as-a-Service-Modells herhalten kann. Crazyegg wird das erste seiner drei erfolgreichen SaaS-Unternehmen, es folgen Hellobar und Kissmetrics.

Zeitgleich beginnt Neil Patel ein neues Projekt: das Thema Eigenmarke. Er will selbst das Produkt werden. Er fängt an zu bloggen, zunächst auf Pronetadvertising.com, später auf Quicksprout.com und Neilpatel.com. Die Idee: sich selbst zu positionieren und ein bedeutender Influencer im Web zu werden. Die Archive dieser Seiten offenbaren, wie viel Zeit Patel über die Jahre in neue Beiträge steckt. Mehrfach täglich gehen Artikel online, obwohl Patel neben den Blogs auch seine Agentur und Crazyegg betreibt. „Es ist egal, welchen Kanal du wählst“, sagt er heute, „es ist wichtig, dass du dranbleibst.“

Die hohe Frequenz ist aber nur ein Erfolgsgeheimnis. Auch seine ungewöhnlichen Methoden verschaffen ihm Aufmerksamkeit. „Ich habe viele Sachen ausprobiert, die man ‚extrem‘ nennen könnte“, erklärt er schmunzelnd. Auf einen Blogpost des Gründers Jason Calacanis, in dem dieser Suchmaschinenoptimierung als Quacksalbertum verschreit, reagiert Patel im Februar 2007 mit einem ungewöhnlichen Angebot: Er fordert Calacanis zu einer öffentlichen Wette heraus. Patel will die über Suchmaschinen gewonnenen Besucher von Calacanis Blog in 30 Tagen um mindestens zehn Prozent steigern. Calacanis akzeptiert – und verliert medienwirksam. Patel, die Eigenmarke, verbucht den ersten Erfolg.

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„Andere Leute geben ihr Geld für Autos oder Häuser aus. Ich für mein Blog.“

Solche Aktionen bleiben sein Markenzeichen. Ein ähnliches Projekt startet Patel 2015 auf Quicksprout.com. In nur einem Jahr will er das brandneue Blog zu einem monatlichen Umsatz von 100.000 US-Dollar führen. Einmal im Monat teilt er den Zwischenstand, informiert über aktuelle Maßnahmen und die weitere Planung. „Die Leute dachten, das wäre verrückt“, sagt Patel, „aber es hat geklappt.“ Jeder der zwölf Beiträge erreicht Tausende von Lesern, viele erhalten Hunderte Kommentare. Ein weiteres Projekt, mit dem sich Patel die Aufmerksamkeit der Marketing-Branche sichert.

Doch dabei belässt er es nicht. Patel investiert heute Millionen in seinen Markenaufbau. Mit rund 50 Leuten treibt er das Wachstum seiner persönlichen Websites voran, darunter vor allem Neilpatel.com. „Andere Leute geben ihr Geld für Autos oder Häuser aus, ich für mein Blog“, sagt Patel.

Die Website ist mittlerweile mehrsprachig. Beiträge gibt es auf Englisch, Deutsch, Spanisch, Portugiesisch und Italienisch. Die Frage des Warum beantwortet der Marketer mit einer Gegenfrage: „Ich habe viel Erfolg im amerikanischen Markt, obwohl er sehr umkämpft ist. Warum also nicht in weniger umkämpfte Märkte einsteigen?“ Dass sich das derzeit nicht rechnet, ist ihm egal. „Neil Patel“ ist nicht mehr nur sein Name, sondern seine größte Marke.

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Aber nicht jede Aktion glückt. So schön sich die Erfolge lesen, so bitter sind seine Fehlgriffe. „Manches, was ich gemacht habe, bereue ich heute“, sagt der Experte. So bucht Patel über eine Agentur Dutzende Influencer, die auf Instagram ein Schild hochhalten. Der Text: „Who is Neil Patel?“ Doch der Versuch, gezieltes Interesse für seinen Namen zu erzeugen, geht in die Hose. Einige Fotos seiner Kampagne zeigen halbnackte Fitnessmodels. Ein Shitstorm bricht über ihn ein. „Dafür habe ich viel Kritik bekommen“, sagt er. Trotzdem resümiert er trocken: „Letztlich ist das halb so wild. Meine Reichweite ist nicht gesunken, sie ist weiter gestiegen.“

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Dein t3n-Team

Rodja Krukow

Schon seit längerem ist Neil Patel auch für mich persönlich zu einer der schillerndsten und inspirierendsten Figuren der Marketing Szene geworden. Mal davon abgesehen, dass er sehr sympathisch rüberkommt, er besitzt die Fähigkeit sehr komplexe Zusammenhänge so wiedergeben zu können, dass die breite Masse auch nach dem lesen seiner Erläuterungen noch der Meinung ist es nachvollziehber verstanden zu haben.

Ich ziehe meinen virtuellen Hut vor jemandem mit soviel durchhaltevermögen, Risikobereitschaft und Fachkompetenz. Hoffe ihn mal auf einer Messe zum Fachsimpeln anregen zu können, daß wäre wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen…….

MfG, R. Krukow (Berlin)

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