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E-Commerce
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Rechtstipps für internationale Onlineshops: Richtig handeln

Hat sich ein Onlineshop erst einmal auf dem deutschen Markt etabliert, zieht es viele Händler auch ins Ausland. Oft folgt dann eine englischsprachige Shopvariante, die häufig nicht nur für Großbritannien, sondern ganz Europa oder sogar den Rest der Welt taugen soll. Doch der internationale Handel birgt viele juristische Fallen für die Betreiber. Ein Überblick über die Regeln und Pflichten für Onlineshops.

6 Min. Lesezeit
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Wenn ein Händler seinen deutschen Shop auch auf Englisch ins Netz stellt, das Liefergebiet nicht beschränkt oder ausdrücklich Lieferkosten für die ganze Welt nennt, muss er auch damit rechnen, Bestellungen aus der ganzen Welt zu erhalten. Das ist erstmal auch wünschenswert. Doch viele bedenken dabei nicht, dass in anderen Ländern auch andere Verbraucherschutzrechte gelten, die der Händler beachten muss.

Grundlage hierfür ist Artikel 6 der Europäischen Rom-I-Verordnung, wonach bei einem grenzüberschreitenden Geschäft das Recht des Verbraucherstaates Anwendung findet, sofern der Unternehmer seine Tätigkeit auf diesen Staat ausgerichtet hat. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Dezember 2010 (Aktenzeichen C-585/08 und C-144/09) Kriterien aufgestellt, die für eine so genannte aktive Ausrichtung einer Website sprechen können. Dazu zählen unter anderem Angaben auf der Website wie belieferte Länder, Versandkosten, Länderflaggen, verwendete Sprache, verwendete Top-Level-Domain oder Werbung im Ausland.

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Bietet ein deutscher Shop seine Ware auch auf Französisch an mit den Lieferbedingungen ins Nachbarland, dann wird bei ihm auch mit hoher Wahrscheinlichkeit französisches Verbraucherschutzrecht angewandt. Benutzt der Händler dann auch eine französische Top-Level-Domain, kann er schwer argumentieren, dass er seine Waren auf dem französischen Markt nicht anbieten möchte. Anders liegt der Fall, wenn der Shopbetreiber einen Hinweis gibt, dass sich das Angebot nur an französischsprachige Kunden aus Deutschland oder etwa der Schweiz richtet. Hinweise wie „Es gilt deutsches Recht“ sind zwar möglich, diese dürfen allerdings nicht dazu führen, dass dem Verbraucher ein möglicher höherer Schutzstandard seines Heimatstaates entzogen wird.

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Uneinigkeit in der EU

Diese Regeln wären nicht weiter schlimm, wenn das Verbraucherrecht in Europa einheitlich geregelt wäre. Doch die EU legt nur Mindeststandards fest, erlaubt den Staaten, den Verbraucherschutz zu stärken. Davon hat vor allem Deutschland reichlich Gebrauch gemacht. So hat die Richtlinie zwar dazu geführt, dass allen Verbrauchern in der EU ein Widerrufsrecht zusteht, jedoch ist das Recht im Detail sehr unterschiedlich. So beträgt etwa die Länge der Widerrufsfrist

  • 7 Werktage in Bulgarien, Irland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, der Slowakei, Spanien und dem Vereinigten Königreich (wobei in Österreich der Samstag explizit ausgenommen ist)
  • 7 Kalendertage in Frankreich
  • 8 Werktage in Ungarn
  • 10 Werktage in Griechenland, Italien und Rumänien
  • 10 Kalendertage in Polen
  • 14 Kalendertage in Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Lettland, Portugal, Schweden, der Tschechischen Republik und Zypern
  • 15 Kalendertage in Malta und Slowenien

Dies könnte man in einem Belehrungstext noch transparent darstellen. Aber auch die Regelungen zur Ausübung des Widerrufs sind ähnlich unterschiedlich. Dazu kommen Unterschiede bei den Ausnahmen vom Widerrufsrecht, bei der Tragung der Rücksendekosten sowie den Regelungen zum Wertersatz. Als Folge dieser Rechtszersplitterung ist es praktisch unmöglich, eine für alle Mitgliedstaaten rechtssichere Widerrufsbelehrung zu verfassen. Auch eine europaweite Verwendung der deutschen Widerrufsbelehrung ist für viele Länder unzureichend, obwohl das deutsche Verbraucherschutzniveau schon sehr hoch ist. Es gibt nämlich auch Länder, in denen noch strengere Regelungen gelten.

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Belehrung auf höchstem Niveau

Eine europaweite Belehrung auf dem höchsten Niveau aller Mitgliedsstaaten wäre juristisch möglich und ist scheinbar ein Weg, die Rechtstexte zu vereinfachen. Für den Unternehmer ist dies jedoch wirtschaftlich nicht ratsam, weil dann zahlreiche – häufig unausgewogene – Verbraucherschutzstandards angehäuft würden, beispielsweise: eine fünfzehntägige Widerrufsfrist, keinerlei Wertersatz für Nutzungen der Ware, keine Ausnahmen vom Widerrufsrecht, ausnahmslose Übernahme der Rücksendekosten.

Aus juristischer Sicht ist die Verwendung einzelner regionaltypischer Belehrungen für die belieferten Länder sinnvoller. Mitunter müssen auch ganze Geschäftsprozesse auf die jeweiligen Länder angepasst werden. Die Umsetzung dieser Details stellt für viele Händler einen sehr hohen Aufwand dar und einige Shops stoßen hier auch an technische Grenzen.

Verbraucherrechte und Datenschutz

Das Problem der juristischen Zersplitterung hat auch das EU-Parlament erkannt und nach langjährigen Diskussionen mit Lobbyisten im Oktober 2011 die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) 2011/83/EU erlassen. Diese führt – anders als die Fernabsatzrichtlinie – zu einer so genannten Vollharmonisierung im Fernabsatzrecht. Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten keine abweichenden Vorschriften mehr erlassen oder aufrecht erhalten dürfen. Vereinheitlicht werden auch die Widerrufsfrist (europaweit 14 Tage), Hinsendekosten (im Widerrufsfall stets vom Unternehmer zu tragen), Rückerstattungsfristen (14 Tage) und ein Zurückbehaltungsrecht des Händlers, solange der Kunde die Ware noch nicht zurückgeschickt hat.

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Die VRRL gilt nicht direkt, sondern muss als Richtlinie noch in jeweils nationales Recht umgesetzt werden. Diese Umsetzungsfrist endet am 13. Dezember 2013. Bis dahin werden Shopbetreiber sich allerdings noch mit bis zu 27 Rechtsordnungen auseinander setzen müssen.
Ebenfalls uneinheitlich geregelt ist derzeit das immer bedeutsamer werdende Datenschutzrecht. Auch dies würde den internationalen Handel stark vereinfachen.

Versandkosten und AGB

Für jedes Land, das im Bestellprozess ausgewählt werden kann, müssen die genauen Versandkosten genannt werden. Hinweise wie „Auslandsversandkosten auf Anfrage“ sehen deutsche Gerichte regelmäßig als Wettbewerbsverstoß an. Bereits bei der Erstellung der deutschen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) muss ein Händler auf jedes Wort achten. Bei einem Verkauf ins Ausland ist es somit auch nicht mit einer bloßen Übersetzung der AGB getan.

Abmahnung und Bußgelder

Der EuGH hat im Oktober 2011 (Aktenzeichen C-509/09 und C-161/10) entschieden, dass auch im E-Commerce im Verhältnis der Wettbewerber untereinander das so genannte Marktortprinzip gilt. Liefern zwei deutsche Händler nach Spanien und hält sich nur einer an das dortige Verbraucherschutzrecht, müsste auch der Konkurrent vor spanischen Gerichten nach dortigem Wettbewerbsrecht vorgehen.

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Selten sind auch Fälle, in denen die deutsche Wettbewerbszentrale Verstöße deutscher Händler gegen innergemeinschaftliches Fernabsatz- oder AGB-Recht abmahnt. Möglich ist dies nach der EU-Verordnung über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden.

Aus Frankreich werden durchaus Fälle berichtet, in denen die Verbraucherschutzbehörde DGCCRF gegen Onlinehändler mit fehlerhaften AGB-Klauseln vorgegangen ist. Auf Verstöße gegen Impressumspflichten stehen dort Bußgelder von bis zu 75.000 Euro. In Polen führt das UOKIK als Verbraucherschutzbehörde ein Verzeichnis unzulässiger AGB-Klauseln, in das jüngst auch zahlreiche Regelungen aus Onlineshops nach Anzeige durch Konkurrenten eingetragen wurden. Anders als noch vor Kurzem nehmen also mit der Entwicklung der E-Commerce-Märkte auch im europäischen Ausland die rechtlichen Risiken bei Nichteinhaltung der Rechtsordnung zu. Das in Deutschland existierende Konzept der Abmahnung durch Mitbewerber ist allerdings nicht EU-weit bekannt.

Steuern und Zölle

Versendet der Händler Waren in ein Nicht-EU-Land, so ist dies als Ausfuhrlieferung steuerfrei. Der Betreiber des Shops hat hier eine entsprechende Ausfuhranmeldung vorzunehmen. Im Bestimmungsland fallen aber gegebenenfalls noch Einfuhrumsatzsteuer und Zölle an. Auf solche zusätzliche Kosten und Gebühren muss der Onlineshop den Verbraucher hinweisen.

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Auf Lieferungen innerhalb der EU sind zwar grundsätzlich kein Zoll zu zahlen, sie sind aber nicht von der Umsatzsteuer befreit. Prinzipiell liegt der Ort der Lieferung im Versandhandel am Ort der Absendung. Ist der Abnehmer aber Verbraucher, gilt die Lieferung als dort ausgeführt, wo die Versendung endet. Damit Shopbetreiber nun aber nicht jeden noch so kleinen Umsatz versteuern müssen, wurde eine Lieferschwelle eingeführt, bis zu der noch eine Versteuerung am Ort der Absendung zulässig ist.

Daraus folgt, dass ein deutscher Unternehmer, der innerhalb eines Jahres Waren im Wert von 6.000 Euro an belgische Abnehmer liefert, diese in Deutschland zu 19 Prozent zu versteuern hat, bei 60.000 Euro müsste eine Versteuerung in Belgien mit dem dortigen Satz von 21 Prozent erfolgen. Die Lieferung verbrauchssteuerpflichtiger Waren wie Alkohol, Kaffee oder Zigaretten führt immer zu einer Steuerpflicht im Abnehmerland.

Auch wenn die Lieferschwelle nicht überschritten ist, kann sich der Shopbetreiber freiwillig für eine Besteuerung im Abnehmerland entscheiden. Das empfiehlt sich, wenn der Umsatzsteuersatz des Abnehmerlandes unter dem deutschen liegt, wie zum Beispiel in Luxemburg mit 15 Prozent.

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Fazit

Die Verbraucherschutzregeln sind in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Derzeit müssen sich Händler, die ihren Shop internationalisieren wollen, noch mit vielen unterschiedlichen Rechtsordnungen auseinandersetzen. Erst die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie Ende 2013 und eine EU-Datenschutzverordnung versprechen eine Vereinfachung der derzeitigen Situation. Bis dahin sollte das Liefergebiet klar auf die Länder begrenzt werden, deren Regeln man kennt.

Dass allerdings ein Konkurrent oder eine ausländische Behörde solche Fehler angreifet, ist sehr viel unwahrscheinlicher als der Erhalt einer Abmahnung wegen eines innerdeutschen Sachverhalts. Dies mag auch daran liegen, dass der Konkurrent oft selbst nicht willens ist, sich mit 27 Verbraucher-Rechtsordnungen zu befassen und diese im Shop umzusetzen – frei nach dem Motto: „Wenn ich es selbst nicht richtig kann, greif ich auch keinen anderen an.“

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2 Kommentare
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Dimitri Zempilis

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe den Artikel gelesen und frage mich seitdem, wie ich in meinem e-shop Lieferkosten angeben kann, da sie auch von der Menge abhaengig sind. Soll ich in meinem Fall Lieferkosten fuer eine Fliese angeben? Muss ich auf jeden Fall belieferte Laender und Versandkosten angeben? In einigen Faellen haengen die Versandkosten sogar von der bestellten Artikelflaeche ab!
Danke im Voraus

Antworten
Peter

hallo, ja die Versandkosten müssen ausgewiesen werden. Weich diese ab zum Artikel
muss der Verbraucher darüber informiert werden.

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