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Bitcoins für’s Volk: So will das Startup PEY die virtuelle Währung unter die Leute bringen

Das Startup PEY will Bitcoins auf die Straße bringen. In einer Promotionaktion verschenken sie deshalb Geld in der digitalen Währung. Im Rahmen unserer Themenwoche Zukunft des Geldes haben wir sie dabei begleitet und geschaut, was Ottonormalverbraucher über Bitcoin weiß und wissen will.

Von Melanie Petersen
6 Min. Lesezeit
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PEY verschenkt Bitcoins (Screenshot: peyapp.com)

Marius Beyer und Ricardo Ferrer Rivero verziehen ihre Gesichter, als sie den 60 Kilogramm schweren Lamassu-Automaten auf ein Holzkonstrukt in der Hannoverschen Kneipe Härtekrug hieven. Die beiden sind heute hier, um Geld zu verschenken, genauer gesagt: um Bitcoins zu verschenken. Und genau dafür brauchen sie den Lamassu – einen Bitcoin-Geldautomaten.

Mit Bitcoin im Laden zahlen

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Ricardo ist der Gründer des Startups PEY. Er hat mit Collin Raddatz, der CTO ist, und Marius Beyer, Assistent der Geschäftsführung, ein Zahlungssystem entwickelt, das zum einen Ladenbesitzern ermöglicht, Zahlungen in Bitcoin entgegenzunehmen, und Kunden die Möglichkeit gibt, unkompliziert auch im Alltag mit Bitcoins im Laden zu bezahlen. Mit dem Lamassu gibt es in Hannover nämlich schon eine Weile einen Automaten, an dem man Euro in Bitcoins tauschen kann, aber es gab keine physischen Läden, in denen man sie auch ausgeben konnte.

Das wollten Ric und sein Team ändern. Denn um ein neues System zu etablieren, braucht dieses System einen hohen Nutzwert, einen entscheidenden Vorteil. Mit Bitcoin gestaltet sich dies hierzulande etwas schwierig. Er bringt hier nicht den Nutzen, den er in Ländern mit enormer Inflation hat. Dennoch haben auch in Deutschland einige Menschen Interesse an einer Währung, die weder vom Staat ausgegeben wurde, noch in die Obhut einer Bank muss, um Geld zu transferieren.

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Die neue Ausgabe des t3n Magazin erscheint am 26. August im Handel.

Mit einer neuen Währung ist allerdings auch viel Unsicherheit verbunden. Händler fürchten sich vor starken Kursschwankungen. Deswegen arbeitet PEY mit dem Dienstleister Bitpay zusammen. Für den Händler bedeutet das, dass der in Rechnung gestellte Betrag direkt umgerechnet wird und bei ihm in Euro auf seinem ganz normalen Konto ankommt. Auch die Kosten für die Hardware übernimmt PEY in der Einführungsphase für die Händler. Über 50 Läden und Dienstleister hat PEY schon im Boot. Jetzt arbeiten sie daran, den Geldfluss anzuregen.

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Noch ist es kompliziert, online an Bitcoins zu kommen. Und kaum ein Hannoveraner weiß von dem Automaten im Lindener Coworkingspace Edelstall. Langfristig arbeitet PEY auch an einer Lösung, Bitcoin über den Arbeitgeber zu erhalten, sei es als einen Teil des Gehalts oder als geldwerten Vorteil. Bis dahin will PEY der Sache schon mal einen kleinen Schubs geben. Der Termin im Härtekrug ist der sechste von insgesamt zehn Terminen im Stadtteil Linden, wo ein hoher Kreativen- und Studentenanteil Innovation eher begünstigt. Zehn Euro gibt es pro Person, und mit dem Wirt wurde ein Deal ausgehandelt: Schnitzel + Getränk kosten heute 9,50 Euro. Beim benachbarten Frisör gab es vorherige Woche sogar 25 Euro. Der Sinn dahinter ist, sich in dem jeweiligen Laden auch direkt etwas leisten zu können und so den kompletten Vorgang, vom Einlösen der Euroscheine am Automaten bis hin zum Bezahlen, einmal durchgespielt zu haben.

Marius Beyer ist Assistent der Geschäftsführung bei PEY. Hier erklärt er einem Bitcoin-Interessierten, wie er mit dem Bitcoin-Automaten Euro in Bitcoin tauscht. Grundlegendes Interesse ist bei den Einsteigern vorhanden, allerdings ist der Nutzen vielen noch nicht klar. (Foto: Melanie Petersen)

Marius Beyer ist Assistent der Geschäftsführung bei PEY. Hier erklärt er einem Bitcoin-Interessierten, wie er mit dem Bitcoin-Automaten Euro in Bitcoin tauscht. Grundlegendes Interesse ist bei den Einsteigern vorhanden, allerdings ist der Nutzen vielen noch nicht klar. (Foto: Melanie Petersen)

„Wir müssen uns das noch überlegen“

Eine Gruppe Informatikstudenten betritt um Punkt 18 Uhr den Laden. Aktionsbeginn. Marius begrüßt die Truppe wie alte Bekannte. Man kennt sich bereits von den anderen Terminen. Die Teilnahme ist nicht auf einen Termin begrenzt und die Informatiker wissen bereits um den Wert der digitalen Währung. Das lassen sie sich nicht entgehen.

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Schon etwas scheuer sind die zwei Männer Mitte vierzig. Sie wollen wissen, was hier passiert. Marius erklärt ihnen alles was man wissen muss und in der Kürze der Zeit verstehen kann. Am Ende bietet er an, ihnen bei der Installation der App behilflich zu sein. „Müssen wir?“, fragt einer der Männer. „Nein, natürlich nicht. Aber wenn ihr hier jetzt ein Bier trinken wollt, könntet ihr das damit bezahlen“, antwortet er. „Wir müssen uns das erstmal überlegen“, sagen die Männer und ziehen zum Tresen. Sie entscheiden sich schlussendlich dagegen. Nur wenigen geht es so. Die meisten Bedenken fallen schnell, wenn Marius erklärt, worum es geht.
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Im Lauf des Abends kommen wir mit fast 30 Menschen ins Gespräch. Das Interesse ist groß. Nicht nur, weil hier Geld verschenkt wird, sondern weil hier sagenumwobenes Geld verschenkt wird. Der Stand macht neugierig und Marius wird mit Fragen überhäuft: Wo kommt das her, wie wird das gemacht, wer verwaltet das, was kann ich damit tun und warum brauche ich das überhaupt?

Neben den rudimentären Fragen gibt es aber auch kritische. Einige haben sich in das Thema eingelesen und wollen jetzt wissen: Woher kommen die starken Kursschwankungen? Ist mein Geld nicht morgen vielleicht schon nichts mehr wert? Was ist der Unterschied zu Fiatgeld? Die meisten, die diese Fragen stellen, waren schon bei anderen Terminen von PEY oder bei der von Ricardo initiierten Veranstaltung vor ein paar Monaten, bei der sich alles um Bitcoin drehte.

„Wir fangen gerade erst an, das Potenzial zu verstehen“

Und einen gibt es immer, der die Kuriositäten der Währung kennt. „Mit Bitcoin kann man doch Kalaschnikovs und Drogen im Darknet kaufen“, erzählt ein Kneipenbesucher sichtlich amüsiert. „Ich hab mal einen kennengelernt, der hat ne Serverfarm bei sich inner Scheune stehen und betreibt damit schon ne ganze Weile Bitcoin-Mining. Die Technik hat er damals per Crowdfunding finanziert. Heute ist der reich.“

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Wo Bitcoin im Alltag nützlich ist, ist den Meisten noch nicht klar. Das ein höherer Gedanke dahintersteckt und es nicht allein um bargeldlose Zahlung geht, verstehen viele noch nicht. Ricardo versucht es zu erklären: „Bitcoin und die Blockchain-Technologie sind ein sehr wichtiger technologischer Fortschritt. Vergleichbar mit der Erfindung der Gutenberg-Druckpresse oder dem Internet selbst. Man sollte sich damit beschäftigen, um die Technologie zu verstehen und anderen Voraus zu sein. So kann man sich schon heute auf die Zukunft vorbereiten.“ erzählt der PEY-CEO. „Es gab meiner Meinung nach noch nie etwas Digitales, was so mächtig war, und wir fangen gerade erst an, das Potenzial zu verstehen.“

PEY-CEO Ricardo Ferrer Rivero vor dem Bitcoin-Automaten. Er sagt: „Die Erfindung von Bitcoin und der Blockchain sind vergleichbar mit der Gutenberg-Druckpresse oder dem Internet.“ (Foto: Melanie Petersen)

PEY-CEO Ricardo Ferrer Rivero vor dem Bitcoin-Automaten. Er sagt: „Die Erfindung von Bitcoin und der Blockchain sind vergleichbar mit der Gutenberg-Druckpresse oder dem Internet.“ (Foto: Melanie Petersen)

Die Aktion ist nach vier Stunden vorbei und die ersten Gäste zahlen. Auf dem Bezahlterminal neben der Kasse läuft die Point-of-Sale-App der Partner-Firma Bitpay, über die die Bitcoin-Transaktion abgewickelt wird. Kunden, die im Laden per Bitcoin bezahlen möchten, brauchen ihrerseits die von PEY entwickelte App (aktuell nur für iOS verfügbar, Android soll zeitnah folgen): Sie fungiert als Launcher für die Wallet-App, die digitale Geldbörse, die Bitcoin-Besitzer in der Regel ohnehin auf ihrem Smartphone haben. Durch einen iBeacon bekommt die PEY-App ein Signal und öffnet direkt den Scanner für den Bezahlvorgang, damit der Kunde nicht erst umständlich durch seine Apps forsten muss. Android-Nutzer zahlen derweil noch direkt über die Wallet.

Neben dem Bezahlterminal steht ein Holländer. Kopfschüttelnd betrachtet er das Bezahlspektakel. PEY kämpft mit technischen Schwierigkeiten, die für einen Stapellauf ganz normal sind. Der Kneipenbesitzer hat vergessen, eine notwendige Einstellung vorzunehmen. „Weißt du, womit das richtig gut funktioniert? Scheine und Münzen – Probiers doch mal“, lacht sich der junge Mann schlapp und vergisst dabei, dass es schon viele Länder wie etwa Dänemark, Schweden und die USA gibt, in denen der Handel gar nicht mehr so gern Bargeld annimmt.

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