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Startups & Economy
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Schlank trotz Wachstum: Unternehmensorganisation für erfolgreiche Startups

Viele Startups entstehen aus spontanen Ideen: disruptiv, chaotisch, aber auch flexibel. Wird das Unternehmen dann erfolgreich und wächst, beginnen die strukturellen Probleme. Doch mit den richtigen Mitteln kann man Agilität und Wachstum unter ein Dach bringen.

8 Min. Lesezeit
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Unternehmensorganisation für erfolgreiche Startups. (Foto: chribier/Photocase)

Welches Startup träumt nicht davon, das nächste große Ding zu werden? Welcher Gründer sehnt sich nicht danach, dass die Zahlen plötzlich abheben, die Investoren anklopfen und der Platz im Büro eng wird? Doch mit dem Erfolg kommen auch die strukturellen Herausforderungen: Effizienz trotz höheren Auftragsvolumens und eines größeren Teams. Ein überzeugender Business-Plan trotz kaum vorhandener Erfahrungswerte und steigenden Wettbewerbsdrucks. Spätestens, wenn die gewachsene Aufgabenteilung und die Kommunikation per Flurfunk nicht mehr funktionieren, wird die Unternehmensorganisation zum Zeit- und Motivationsfresser. Und erweist sich nicht selten als echter Stolperstein auf dem Weg zum Erfolg.

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Laut Eric Ries, Gründer der Lean-Startup-Methode und Autor des gleichnamigen Bestsellers, scheitern Startups aus zwei Gründen: Erstens versuchen sie zu früh, möglichen Unwägbarkeiten mit hieb- und stichfesten Strategien zu begegnen, Business-Pläne aufzustellen und Marktforschung zu betreiben. Das kann seiner Erfahrung nach aber so nicht funktionieren: Startups wissen mangels Erfahrung mit ihrem Produkt und den Kunden schließlich gar nicht, wie die Zukunft aussieht. Solche Maßnahmen verhindern jedoch, dass sie flexibel auf Veränderungen reagieren.

Zweitens kapitulieren viele Startups vor Führungsaufgaben. Sie versuchen laut Ries erst gar nicht, ihr Unternehmen zu lenken – nach dem Motto: Es wird schon irgendwie laufen. Dabei sollten sich Startups frühzeitig mit Arbeits- und Führungsprozessen auseinandersetzen: „Entrepreneurship ist Management. Ein Startup ist nicht nur ein Produkt, sondern eine Organisation, und verlangt daher Führungskompetenzen, die auf den Kontext extremer Unsicherheit zugeschnitten sind.“ Wie das genau aussehen soll, definiert Ries auch gleich: „Die grundlegende Aktivität eines Startups besteht darin, Ideen in Produkte umzuwandeln, die Reaktion der Kunden zu messen und daraus zu lernen, ob der eingeschlagene Weg fortgesetzt werden sollte oder Anpassungen erfordert. Alle erfolgreichen Startup-Prozesse sollten darauf ausgerichtet sein, diese Feedbackschleife zu beschleunigen.“ In diesen validierten Lernprozessen liegt für Ries der wahre Daseinszweck eines Startups: Es muss lernen, wie es ein tragfähiges Geschäftsmodell aufbaut.

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Ein heterogenes Team bringt Erfolg, wie das Management von plista zeigt (v.l.n.r.): Verkäufer und Branchenkenner Dominik Matyka, Organisations- und Finanztalent Christian Laase, strategische Allrounderin Jana Kusick sowie Visionär und Techniker Andreas Richter. (Foto: plista)

Ein heterogenes Team bringt Erfolg, wie das Management von plista zeigt (v.l.n.r.): Verkäufer und Branchenkenner Dominik Matyka, Organisations- und Finanztalent Christian Laase, strategische Allrounderin Jana Kusick sowie Visionär und Techniker Andreas Richter. (Foto: plista)

Das optimale Unternehmensziel: Realistisch und messbar

Dazu gehört auch, schnell auf Krisen zu reagieren und vermeintliche Rückschritte in Kauf zu nehmen – wie zum Beispiel bei der Berliner Online-Jobbörse Absolventa. Christoph Jost, Henning Peters und Pascal Tilgner waren bei der Gründung Ende 2007 teilweise selbst noch Studenten. Dank Venture Capital und einer Kooperation mit studiVZ hatten die drei schon nach wenigen Monaten 50.000 registrierte Nutzer und 300 Firmenkunden. Sie erhielten sogar die Auszeichnung als Startup des Jahres.

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Doch in der Wirtschaftskrise mussten sie Mitarbeiter entlassen, das Erlösmodell dem Markt anpassen und neu mit Investoren verhandeln. „2009 war kein Zuckerschlecken, aber für uns das lehrreichste Jahr überhaupt“, resümiert Geschäftsführer Jost. In der Folge holte Absolventa bisherige Abteilungsleiter ins Management, das nun aus einem fünfköpfigen Team besteht: „Wir sind immer noch euphorisch, innovativ und beweglich, aber gehen neue Projekte strukturierter und weniger chaotisch an“, fasst Jost den Lerneffekt zusammen. Das wirkte sich auch auf das gemeinsame Ziel aus: „Heute haben wir mit über 4.000 Firmenkunden eine gesunde Basis. Unser Team will kein Wachstum um jeden Preis, sondern in einer Nische profitabel sein.“

Erstaunlich viele Startups tun sich allerdings schwer damit, realistische und messbare Ziele zu definieren. Dabei müssen diese am Anfang einer Gründung stehen und nicht nur den Gründern klar sein, sondern auch Mitarbeitern und Investoren. Wie soll ein Unternehmen ohne klare Werte und Ziele überhaupt Mitstreiter finden, die sich mit seiner Vision identifizieren? Stattdessen suchen viele Startups „besonders flexible Mitarbeiter, die sich schnell in neue, noch nicht fix definierte Themen und Prozesse einarbeiten“, wie Journalist Jan Thomas Otte berichtet.

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Innovation entsteht durch Reibung

Nur durch die richtige Zusammensetzung von Teams entsteht Reibung – und damit Innovation. Doch Reibung kann sich auch fatal auswirken. Charles Margerison und Dick McCann vom Institute of Team Management Studies in Brisbane haben gezeigt, dass die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens vor allem auf der Energie motivierter Mitarbeiter beruht. Sie werteten die Aussagen von 151.000 Führungskräften und Teams in Australien, Europa, USA und Südostasien aus und kristallisierten acht Charaktere heraus: Zu ihnen gehören beispielsweise der Promoter, der andere für Ideen begeistert, der Organisator, der Rahmenbedingungen schafft, oder der Innovator als klassischer kreativer Querdenker.

Ein Team erbringt dann optimale Leistung, wenn alle acht Funktionen vertreten sind und gemeinsam auf ein Ziel hinarbeiten. „Viele Manager stellen Mitarbeiter ein, die ihnen ähnlich sind. Das ist menschlich. Gerade Startups mit ihren knappen Ressourcen sollten aber komplementäre Charaktere finden, die ihre Rolle mit Begeisterung ausfüllen, um optimale Ergebnisse zu erreichen“, sagt Kommunikationsberaterin Katharina Daniels, die das Buch „Anders wirtschaften. Was Erfolgreiche besser machen“ herausgegeben hat.

Die richtigen Menschen begeistern

Auch der Erfolg des 2008 gestarteten Online-Marketers plista aus Berlin beruht ganz wesentlich auf den unterschiedlichen Charakteren seiner drei Gründer: Andreas Richter ist Visionär und Techniker mit Weitsicht und Liebe zum Produkt. Dominik Matyka ist Verkäufer, Netzwerker und Branchenkenner. Christian Laase kümmert sich um Organisation und Finanzen, aber auch um die emotionalen Belange des Teams.

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Seit Herbst 2013 hält außerdem Jana Kusick als strategische Allrounderin im Management die Fäden zusammen. Für plista ist es wichtig, „absolut passende Mitarbeiter zu gewinnen, die die Entwicklung mittragen“, so Laase. Das Unternehmen, das mittlerweile 106 Angestellte hat und zur Mediaagentur Group M gehört, setzt auf Anreize wie Team-Reisen und gemeinsame sportliche Aktivitäten, um „einen bestimmten Schlag Mensch zu begeistern“, wie Laase es formuliert.

Die Chef-Rolle verstehen

Motivation – so zeigt eine aktuelle Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft – hängt allerdings nicht nur von der Harmonie im Team, sondern auch von den Führungsqualitäten der Vorgesetzten ab. Die Erwartungen der Mitarbeiter lassen sich in den Kernbegriffen Anerkennung, Berechenbarkeit und Klarheit zusammenfassen. „Chefs, die sagen: ‚Ich würde vorschlagen, wir starten das Projekt vielleicht im Herbst‘, lassen Mitarbeiter verzweifeln“, führt Markus Hornung, Chef des Trainings- und Beratungsunternehmens EQ Dynamics als ein Beispiel an. „Mit der Aussage: ‚Das Projekt startet im September unter der Voraussetzung, dass…‘, sind hingegen eindeutige Vorgehensweisen verbunden.“

Auch Scheinbeteiligungen frustriert Mitarbeiter – und die kommen gar nicht selten vor: Eine Umfrage des Beratungsunternehmens Comteam unter 250 Fach- und Führungskräften belegt, dass Entscheider in 70 Prozent der Fälle von Anfang an eine bestimmte Lösung durchsetzen wollen und ein Problem oft sogar nur zum Schein diskutieren. „Kommunikation ist für viele Führungskräfte nervig: Man muss anderen etwas erklären, was man selbst schon durchdrungen hat. Gedanklich ist man schon in der Zukunft, während sich die Mitarbeiter noch in tiefer Gegenwart oder gar Vergangenheit befinden“, beschreibt Christian Brauner, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Detego, das Problem.

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Er empfiehlt Führungskräften, sich stets zu fragen: „Wem will ich welchen Inhalt zu welchem Zeitpunkt in welcher Form kommunizieren?“ Nicht wenige Führungskräfte wollen jedoch gar keine Informationen oder gar Verantwortung abgeben. Gerade in Startups begegnen die Jung-Chefs der unsicheren Situation oft mit Kontrollwut. Wächst das Unternehmen, stauen sich alle Entscheidungen beim überlasteten Chef. Das hemmt dann die gesamte Firma.

Mitbestimmung bringt echte Innovation, findet Jon Oringer, Gründer der New Yorker Stockfoto-Plattform Shutterstock. (Foto: Daniella Zalcman)

Mitbestimmung bringt echte Innovation, findet Jon Oringer, Gründer der New Yorker Stockfoto-Plattform Shutterstock. (Foto: Daniella Zalcman)

Flache Hierarchie oder Autokratie? Beides geht nicht

Autokratische, also autoritäre Entscheidungsstrukturen sind nach wie vor eher die Regel als die Ausnahme. Auch in Startups, selbst wenn diese gerne flache Hierarchien propagieren. Denn die Meinung des Teams zu berücksichtigen oder gar Mitsprache zu gewährleisten, macht – so die Furcht – das Unternehmen träge. Die Frage ist also: Wie lässt sich die viel beschworene kollektive Intelligenz nutzen, ohne auf Flexibilität zu verzichten?

Eine agile und pragmatische Organisationsform aus den USA verspricht die Lösung: Die „Social Technology“ Holacracy sucht keine universell-perfekten Lösungen, sondern die zum jeweiligen Zeitpunkt und Anlass passende Handlungsalternative. Diese soll es jederzeit möglich machen, mit einer neuen Idee weiterzuarbeiten, wenn sich das Team bei einem Projekt in einer Sackgasse befindet.

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Dabei kann das Team jede Entscheidung jederzeit durch eine bessere ersetzen. Der Amerikaner Brian Robertson hat Holacracy als einer der Ersten mit seinem Unternehmen Ternary Software in die Praxis umgesetzt. Er hat ein einfaches Bild für die Herangehensweise: eine Radtour. Auch hier wäre es reine Energieverschwendung, zur Planung ein Meeting einzuberufen, um jede Windung des Weges, jede Lenkerdrehung und jedes Hindernis exakt vorauszuberechnen. Viel eher korrigiert man unterwegs immer wieder den Kurs, weil man Feedback über die Strecke, die Geschwindigkeit oder den eigenen Zustand erhält.

Obwohl das Team ein Ziel im Kopf hat, finden sich unterwegs Abkürzungen oder Umwege, sodass immer wieder Kurskorrekturen notwendig sind. Genau dieses Prinzip überträgt Holacracy auf die Organisation von Unternehmen und ermöglicht so schnelle Reaktionen, verringert den Druck und die Angst vor Fehlern. Mitarbeiter und Kunden sind dabei die Frühwarnsysteme für Probleme. Und weil sie jederzeit Ideen einbringen können, fühlen sie sich mitverantwortlich.

Involvement bringt neue Ideen

Wie wichtig Mitbestimmung für die Innovationsfähigkeit ist, hat Jon Oringer, Gründer der New Yorker Online-Foto-Agentur Shutterstock, erkannt. Er erklärt, wie das in seinem Unternehmen funktioniert: „Das Management gibt nur ein allgemeines Thema wie ‚Neue Content-Typen‘ oder ‚Globalisierung‘ vor“. Daraus entwickelten die Teams eigenständige Ideen – etwa zur Bildsuche, für mobile Anwendungen oder um Angebote zu lokalisieren. Nur wenn die Ergebnisse zu sehr von der Unternehmensstrategie abweichen, greift das Management ein.

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„Zusätzlich testen wir die Website ständig und stellen die Daten allen im Unternehmen zur Verfügung. So kann jeder stets neue Ideen entwickeln,“ so Oringer. Der Inspiration dient auch der 24-Stunden-Hackathon, an dem das gesamte Shutterstock-Team einmal pro Jahr teilnimmt. Eine Jury von Mitarbeitern und Fotografen entscheidet über die Gewinner-Idee, die Shutterstock dann auch umsetzt. „So sind im Laufe der Jahre viele Produktinnovationen entstanden – zuletzt ein Such-Tool, mit dem man nach Bildfarbe filtern kann“, resümiert Oringer.

Effizienz ist Oringers Hauptaugenmerk. „Wir arbeiten weltweit und in verschiedenen Zeitzonen gemeinsam an Projekten“, erklärt er. Die Teams sind meist klein, um Wege kurz zu halten. Die Kommunikation läuft über E-Mails, Skype, Google Hangouts und cloud-basierte Collaboration-Tools wie Google Drive. Das klappt selbst in kommunikationsintensiven Abteilungen: „Viele unserer Produktentwickler sitzen an unterschiedlichen Standorten, reden aber ständig via iPad miteinander“, so Oringer. Sein Erfolgsrezept: eine gute Organisation, der Mut für ungewöhnliche Ideen und die Disziplin, um flexible Strukturen aufrecht zu erhalten.

Fazit

Die Erfolgsbeispiele zeigen: Wachstum und Agilität müssen sich bei der Organisation von Unternehmen nicht ausschließen. Wichtig ist, dass Unternehmen klare Ziele definieren, die richtigen Mitarbeiter finden und diese richtig führen. Dazu gehören vor allem kurze Kommunikations- und Entscheidungswege – aber auch der Mut, das Team in den Innovationsprozess zu involvieren.

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Dein t3n-Team

Paul

Lange Artikel, in der Fachsprache wohl „Stücke“ genannt, tun t3n.de sehr gut.

Bitte auch in Zukunft lange Artikel/Postings veröffentlichen, danke! :-)

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