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Web 2.0: Do it yourself – Erfolgreich Marke Eigenbau

Der Trend zum Selbermachen und Kaufen von handgemachten, individuellen Produkten ist keine kurzlebige Modeerscheinung. Die neue Selbermachenwelle ist gut 14 Jahre nach Entstehung der ersten Indie-Craft-Communitys in den USA nun auch im europäischen Mainstream angekommen und erfreut sich großer Beliebtheit. So abwechslungsreich wie das Produktangebot sind auch die Bezeichnungen der Akteure: Hobbyist, Do-it-yourself-ler, Designer oder Indiepreneur – Hauptsache „handmade“. Das Internet, besonders das Web 2.0, spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle.

6 Min. Lesezeit
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„The New Handmade“

Der neue Trend zum Selbermachen wird in den USA „The New Handmade“ genannt und repräsentiert einen Crossover von bewährt Gutem und der Moderne: traditionelle Handarbeits- und Handwerktechnik trifft auf moderne, oft unkonventionelle Formensprache.

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Die gegenwärtige Welle erinnert entsprechend an den Schwung eines Pendels zurück zur Mitte: Die 60er und 70er erlebten einen Selbermachentrend, geprägt von der Hippiebewegung, die mehr auf politische Statements denn auf Qualität Wert legte. Die Gegenreaktion kam in den 80ern und 90ern, in denen „Handwerk“ zu „Kunsthandwerk“ wurde und sich in exklusivere Nischen zurückzog – mit dem gemeinen Basteln und Handwerkeln wollte man nichts zu tun haben. In den späten 90ern kam der Wandel:
Weder schlechte Qualität noch elitäres Abschotten wollten die Indie-Designer der ersten Stunde, sie wollten lediglich eigene Ideen umsetzen und eine Alternative zum Einheitsbrei der Massenproduktion schaffen. Aspekte wie etwas in die eigenen Hände zu nehmen und selber zu machen oder die selbstgemachten Produkte Gleichgesinnter zu kaufen und zu wissen, wo das Produkt herkommt und wer es gefertigt hat, wurden zu den obersten Maximen erklärt. Die Sehnsucht nach mehr Individualität und vielleicht auch nach ein bisschen heilerer Welt schwang bei diesen Anliegen deutlich mit.

Notizbücher auf paperama.de, Wikinger auf herzensart.com, Stofftaschen auf fraeuleinherz.de und Ohrringe auf lilarubyking.eu (von oben links nach unten rechts)

Die Community als Herzstück

Das Herzstück der neuen Selbermachwelle ist die Community, in der man sich austauscht und gegenseitig inspiriert – in der aber auch mal die Fetzen fliegen. Die ersten kreativen Knotenpunkte im Web waren amerikanische Online-Communitys wie Get Crafty, die bereits 1998 starteten – also noch vor der Zeit des Web 2.0. In den USA hat man sich das neue Medium Internet sehr früh zu Nutze gemacht, um sich überregional zu vernetzen, Ideen auszutauschen und die eigenen Kreationen einem Publikum zu präsentieren, das zahlenmäßig über die bis dahin üblichen kleinen kreativen Clubs weit hinaus reichte. Erst das Web 2.0 brachte jedoch die Dynamik, die dem Trend zu einem wahren Boom verhalf. Es gründeten sich nicht nur zahlreiche neue Communitys, sondern die noch junge Blogszene bekam ebenfalls Zuwachs von kreativen Bloggern. Letztlich sind es auch die für das Social Web so typischen Applikationen wie Widgets oder Dienste wie Facebook und Twitter, die der Vernetzung und der Selbstvermarktung der Kreativen den nötigen Auftrieb geben.

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Bei ravelry dreht sich alles um Stricken, Häkeln und Wollespinnen.

Bei ravelry dreht sich alles um Stricken, Häkeln und Wollespinnen.

Kreativ-Communitys der neuen Generation finden sich auch in Deutschland. Beispiele hierfür sind wanaba [1] (2008) oder Burdas Portal BurdaFashion [2], das diesen Herbst wieder mit der hauseigenen, ursprünglich für den US-Markt gelaunchten „Open-Source-Sewing-Community“ BurdaStyle [3] (2008) verschmolzen werden soll. Ravelry [4] (2008) ist mit rund 270.000 Mitgliedern eine geschlossene Community, die sich einzig ums Stricken, Häkeln und Wollespinnen dreht. Wolle- und Projektlisten sowie Muster und Literatur sind nur einige Beispiele aus der reichen Feature-Liste.

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Instructables [5] ist seit 2005 eine der wichtigsten Communitys zum Thema Do-it-yourself (DIY) im englischsprachigen Netz und ähnlich erfolgreich wie Ravelry. Hier können Nutzer Bauanleitungen für fast alles präsentieren, was sich selbermachen lässt. Die Anleitungen werden in der Community diskutiert, bewertet und können per Mausklick in guter Social-Web-Manier an anderen Orten im Netz gezeigt werden. In Deutschland stehen Expli [6] und WaWerko [7] ganz im Zeichen von DIY 2.0.

Für Christian Bücherl von Expli ist das Internet ein perfektes Tool für DIY-Begeisterte: „Internet und Do-it-yourself gehen inzwischen Hand in Hand. Haben sich Selbermacher zuvor nur im eigenen Hobbyraum oder kleinen Vereinen getroffen, so ermöglicht das Internet eine fast grenzenlose Vernetzung von Gleichgesinnten.“

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Produzent und Konsument auf Augenhöhe

Das Web 2.0 ist ein perfekter Partner der neuen Handmade-Bewegung, denn es versetzt seine Nutzer in die Lage, ihr Anliegen einem viel größeren Publikum nahe zu bringen, als es offline möglich wäre. Dank der für das Web 2.0 charakteristischen Dynamik finden der Austausch und die Interaktion mit Gleichgesinnten und Kunden aus der ganzen Welt nahezu in Echtzeit statt. Für die deutsche Buchkünstlerin Astrid Haas zum Beispiel ist das Internet mehr als nur ein geeigneter Ort, ihr Mikrolabel tulibri [8] zu vermarkten: „Die Buchbindekunst ist heute ein seltenes Handwerk, doch via Internet finde ich Know-how und Inspiration und knüpfe Kontakte – das motiviert mich in meinem Schaffen. Und als budgetfreundliches „Schaufenster“ für meine Arbeiten ermöglicht mir das Netz natürlich, viel mehr interessierte Menschen anzusprechen als nur offline.“

Etsy [9] (USA) war 2005 der erste Marktplatz, der sich speziell der neuen Welle des Indie-Crafting verschrieben hatte: Unabhängige Kreative sollten einen Marktplatz bekommen, auf dem sie ihre handgefertigten Produkte verkaufen konnten. Ähnliche Geschäftsmodelle hatte es davor im Netz zwar gegeben, aber diese richteten sich alle an das Kunsthandwerk sowie High-End-Designer und nahmen daher nicht jeden auf. Nur kurze Zeit später startete 2006 in Berlin sozeug, das noch im selben Jahr in DaWanda [10] integriert wurde. Ein ganz frischer Neuzugang auf dem europäischen Markt ist das Schweizer guzuu [11] (2009), das derzeit rasant wächst.

Die Qual der Wahl

Zwischen 2005 und 2009 sind weltweit über 50 offene Marktplätze zum Kaufen und Verkaufen handgemachter Produkte entstanden [12], die Mehrzahl davon in den USA.

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Darüber hinaus gibt es weltweit seit 2002 so genannte Indie Distros, Onlineshops, die Produkte anderer Indie-Designer verkaufen, und kuratierte Marktplätze für handgemachte Unikate und Kleinstserien. Aus Österreich kommt zum Beispiel Hokohoko [13], das bereits seit 2006 im Geschäft ist. Der neue Trend zur handgemachten Kleinstserie geht für Chefin Sabine Schally hin zum Long Tail in die richtige Richtung: „Anbieter haben durch das Internet erstmals die Möglichkeit, relevante Umsätze zu erwirtschaften: Günstige Präsentation, geringes Risiko, weil keine Kommissionsware produziert werden muss und enorme Reichweite stehen dem zunehmenden Kundenwunsch nach kreativen, individuellen, authentischen und nachvollziehbaren Artikeln gegenüber.“

Insgesamt führen englischsprachige Länder wie die USA, Australien und Großbritannien die Liste der Marktplätze für Selbstgemachtes an, gleich dahinter kommen allerdings bereits deutschsprachige Länder wie Deutschland, Österreich und die Schweiz, gefolgt von immerhin drei Marktplätzen aus Russland. Südeuropa ist lediglich mit ein paar französischen Projekten aktiv, und auch in Skandinavien ist die Lage ähnlich. In Japan gab es ungefähr zeitgleich eine Selbermachenwelle, die allerdings keinen vergleichbaren Marktplatz hervorgebracht hat.

Daily dose of Individualität

Mit Mass-Customization-Services bietet sich Kreativen eine interessante Option, selbstgemachten Produkten noch mehr Individualität zu verpassen. Spoonflower [14] (USA) zum Beispiel war der erste Anbieter, der digitale Textildrucktechnologie mit dem Web 2.0 verknüpfte. Heraus kam dabei eine (geschlossene) Community, die es Nutzern ermöglicht, ihre eigenen Designs auf Spoonflowers Server hochzuladen und auf Kleinstmengen Stoff drucken zu lassen. Bislang gab es diese Lösungen nur im Profibereich und nur für Großabnehmer. Nach nicht ganz einem Jahr hat Spoonflower über 250.000 registrierte Nutzer, drei Konkurrenten auf dem US-amerikanischen Markt und wird demnächst auch auf dem deutschen Markt starten.

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Mehr Individualität dank Mass Customization.

Mehr Individualität dank Mass Customization.

Aber auch der Normalverbraucher wird dank Mass Customization zum kreativen Mixer und Macher ganz individueller Produkte. Der deutsche Markt der individuell zusammengestellten Nahrungs- und Genussmittel zum Beispiel boomt im Moment: MyMuesli [15] (Müsli) und Sonntagmorgen [16] (Kaffee) waren Anbieter der ersten Stunde, aber mittlerweile kann der kreative Konsument durch Anbieter wie Panemeo [17] (Brot) oder MeMarmelade [18] (Marmelade) schon fast den gesamten Kühlschrankinhalt individualisieren.

Fazit

Das Internet und besonders das Web 2.0 bieten Dank ihrer Nischenfreundlichkeit eine Umgebung, die dem aktuellen Trend zum Selbermachen, dem Konsumieren von Selbstgemachtem und dem Wunsch nach mehr Individualisierung sehr entgegenkommt. Hochdynamische Umgebungen wie Blogs und Communitys bringen Gleichgesinnte zusammen, die ohne das Internet vielleicht nie zusammengefunden hätten. So ermöglichen sie einen Ideenaustausch und eine Vernetzung, die in der Offlinewelt schwerlich zu erzielen wären. E-Commerce-Lösungen und Marktplätze der neuen Generation bringen Produzenten und Konsumenten zusammen und leisten einen wertvollen Beitrag zum Konsumverhalten, indem die Person hinter dem Produkt ein Gesicht bekommt und der Konsument etwas über den Entstehungsprozess des Produkts und den Hersteller erfährt. Am Thema Interessierte finden weiterführende Informationen nicht nur im Internet. Zu empfehlen sind beispielsweise auch die Bücher „The handmade Nation“ [19] – ein begleitendes Buch zum gleichnamigen Dokumentationsfilm über die DIY-Indie-Crafting-Szene der USA – und „Marke Eigenbau“ [20], in dem es um den Aufstand der Massen gegen die Massenproduktion geht.

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