Anzeige
Anzeige
Kolumne
Artikel merken

Die 4 Krisen des Silicon Valley

Die berühmten Mantras „Move fast and break things“ und „Ask for forgiveness, not for permission“ sind nicht mehr cool. Heute stehen sie für die mehrschichtige Krise des Silicon Valley, konstatiert Martin Weigert in seiner Kolumne Weigerts World.

Von Martin Weigert
3 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

(Foto: zimmytws / Shutterstock)

Das Silicon Valley befindet sich derzeit in seiner größten Krise seit dem Dotcom-Crash. Genau genommen sind es vier Krisen, die sich parallel abspielen. Es folgt ein Überblick:

Wegbrechender innenpolitischer Rückhalt

Anzeige
Anzeige

Führende Techfirmen des Silicon Valley wie Facebook, Google und Twitter werden systematisch zur politischen Manipulation genutzt. Daran gibt es mittlerweile keine Zweifel mehr. Nur das Ausmaß ist bislang unklar. Die Untersuchungen laufen. Parallel stehen die Anbieter aufgrund ihres je nach Sichtweise zu abwartenden oder zu restriktiven Umgangs mit Hetze und von der Norm abweichenden Äußerungen in der Kritik. Zudem rückt die Rolle des Technologiesektors bei der Verstärkung der Kluft zwischen arm und reich in der Region in den Fokus. Es gibt vielleicht keinen anderen Ort, zumindest in den wirtschaftlich entwickelten Ländern, an dem jeden Tag so viele Millionäre an so vielen Obdachlosen vorbeilaufen und -fahren, wie San Francisco. Die Folge von all dem: Der politische Rückhalt für das Silicon Valley bricht auf beiden Seiten des politischen Spektrums weg.

Polarisierender kultureller Wandel

Bislang war das Silicon Valley eine Männerdomäne mit hoher ethnischer Homogenität. Doch der kulturelle Wandel macht vor dem Valley nicht halt. Die Kritik an der einseitigen strukturellen Zusammensetzung des Techsektors wird lauter. Die von stereotypisch-männlichen Eigenschaften geprägte Monokultur des Silicon Valleys kollidiert mit einer für sie neuen Wirklichkeit, in der sexuelle Belästigung, Ungleichbehandlung und Entscheidungen auf Basis einer eindimensionalen Weltsicht angeprangert statt unter den Teppich gekehrt werden. Die Debatten dazu sind notwendig. Sie verlaufen aber häufig derartig hitzig, ideologisch aufgeladen und polarisierend, dass die Handlungsfähigkeit des Valleys für einige Zeit eingeschränkt werden dürfte. Denn man ist notgedrungen viel mit sich selbst beschäftigt.

Anzeige
Anzeige

Globale Regulierung

Die Steuervermeidungspraktiken der US-amerikanischen Techfirmen sind der EU schon lange ein Dorn im Auge. Zuletzt erhöhte sie den Druck deutlich. Die Debatten um Wahlmanipulationen, monopolistische Tendenzen und systematisches Regelbrechen von Google, Facebook oder Uber liefern zusätzliche Motive für Länder und Regionen, den kalifornischen Firmen Daumenschrauben anzulegen. Die berühmten Valley-Mantras wie „Move fast and break things“ oder „Ask for forgiveness, not for permission“ haben ihren positiv-rebellenhaften Ton verloren und stehen heute eher für die Arroganz und Ignoranz der Silicon-Valley-Ideologie.

Anzeige
Anzeige

Technologie-Backlash

Auf jede Euphorie folgt eine Periode der Ernüchterung und Enttäuschung. Es deutet einiges darauf hin, dass wir in Sachen digitaler Technologien gerade eine solche Phase erleben. Kritische Berichte zu den negativen Folgen der Omnipräsenz von Gadgets und Connectivity in unserem Alltag werden nicht mehr länger von technophoben Ewiggestrigen geschrieben und herumgereicht, sondern von den bisherigen Early Adoptern, die alles ausprobiert haben und mit ihrem Smartphone verwachsen sind. Sie beginnen, die Schattenseiten der neuen Technologie für ihr eigenes Wohlbefinden und für die Menschheit insgesamt zu erahnen. Dieser Prozess ist normal und wahrscheinlich notwendig. Das Pendel schwingt erst in die eine Richtung, dann in die andere, bis es sich einpegelt. Doch jede verblassende Begeisterung über das unermüdliche Streben nach digitaler Consumer-Innovation schadet zumindest kurzfristig gesehen dem Silicon Valley, wo man dieses Streben in den vergangenen Jahrzehnten perfektioniert und in sprudelnde Milliardengewinne umgemünzt hat.

Es ist unklar, wie es weitergeht. Wenig Zweifel bestehen aber daran, dass sich das Silicon Valley radikal verändern wird.

Anzeige
Anzeige

Weitere Kolumnen der Serie Weigerts World findet ihr hier. Ihr könnt die vom Autor täglich kuratierten News zur Netzwirtschaft abonnieren oder seinen wöchentlichen E-Mail-Newsletter mit englischsprachigen Leseempfehlungen beziehen.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige