Anzeige
Anzeige
Ratgeber
Artikel merken

Atomisierung: Design muss sich in seine Bestandteile auflösen

Die Zukunft des Designs liegt weniger im Visuellen als im Individuellen. Wir müssen unsere Designs atomisieren, damit sie überall funktionieren.

5 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

Die Welt der digitalen Endgeräte wird immer vielfältiger. Euer Design muss sich anpassen. (Bild: Shutterstock)

Als Design noch opulent, wenn auch nicht zwangsläufig schön war

Was waren das doch paradiesische Zeiten. Designer gestalteten für ein rechteckiges Seitenformat und stritten allenfalls darüber, ob sie nun für 800 x 600 oder 1.024 x 768 Pixel optimieren sollten. Fähigkeiten, die die Browser nicht hatten, wurden per Plugin (Flash, Java und Dutzende weitere) nachgerüstet. So war das Web schon vor über zwanzig Jahren dynamisch, bewegt und unterhaltsam.

Schon vor fünfzehn Jahren waren Hero-Bereiche in. Mit Flash war eigentlich alles in Hero-Optik. Dieses Beispiel war sogar parallax. (Screenshot: Smashing Magazine)

Anzeige
Anzeige

Dann kam die erste Welle digitaler Handgeräte.  WAP, das Wireless Application Protocol, sollte sich als Technologie für den mobilen Internetzugriff etablieren. Es kam mit einer eigenen Auszeichnungssprache und sollte die Datenmenge, die über die mobilen Leitungen ging, drastisch reduzieren. Viel mehr als ein Datex-J auf Steroiden kam dabei nicht heraus. Dennoch, wer etwas auf sich hielt, der hatte eine eigene WAP-Seite im Angebot. So richtig viele waren es nicht.

Aber dann kam das iPhone, kurze Zeit später Android und alles änderte sich. Das schöne Design-Rechteck wurde gesprengt. Plötzlich waren die Screens höher als breit und die denkbaren Auflösungen vermehrfachten sich schneller, als Designs darauf angepasst werden konnten.

Anzeige
Anzeige

Mit dem responsiven Design glaubten wir, eine Antwort gefunden zu haben auf das Auflösungschaos unserer digitalen Endgeräte. Da traten die Smartwatches auf den Plan und wieder musste neu gedacht werden.

Anzeige
Anzeige

Aktuell verbreiten sich Sprachassistenten in Hardware rasant. Vor allem Amazon sorgt mit den sehr niedrigen Preisen seiner Echo-Hardware für eine schnelle Durchdringung. Googles Produkte orientieren sich preislich in der Nähe. Hardware mit Sprachassistenz ist zum Spontankauf geworden.

Der Amazon Echo der dritten Generation. (Foto: Amazon)

In  Autos finden sich ebenfalls mehr und mehr intelligente Lösungen. Hinzu kommen Smart-TVs, intelligente Sound-Systeme wie das Sonos sowie haufenweise Geräte, die dem Internet of Things ansonsten zugeordnet werden können.

Anzeige
Anzeige

Du musst dein digitales Angebot omniverfügbar machen

Wer ein digitales Produkt verkauft oder über das Digitale Produkte verkauft oder Dienste anbietet, der wird ein Interesse daran haben, auf möglichst vielen dieser Endgeräte mit seinem Angebot präsent zu sein. Selbst wenn ihr das anders seht – eure Kunden werden erwarten, dass sie euer Angebot auf all ihren Geräten gleichermaßen bequem nutzen können. Und wenn ihr diesem Wunsch eventuell nicht entsprechen wollt, könnt ihr sicher sein, dass es einer eurer Wettbewerber auf jeden Fall tun wird. Insofern habt ihr nicht wirklich eine Wahl. Google übt zusätzlichen Druck aus und stellt seine Indexierung auf Mobile-first um.

Ihr steht also vor dem Problem, euer digitales Angebot über eine breite Vielfalt an Endgeräten unterschiedlichster Spezifikation, mit Screen und ohne, nahtlos vorhalten zu müssen. Der Designansatz, der das ermöglicht, wird Atomisation, also Atomisierung, genannt.

Zerleg deinen Dienst in atomare Teilchen

Das Konzept der Atomisierung geht davon aus, dass ein Design in kleinste Einheiten zerlegt werden muss, um es über eine breite Zahl möglicher Endpunkte konsistent ausliefern zu können. Atomisierung kann dabei sogar bedeuten, dass der Service als solcher sich ganz in seine Bestandteile auflöst und in wechselndem Kontext, eventuell sogar als Teil eines Drittangebots wieder auftaucht.

Anzeige
Anzeige

Benachrichtigungssysteme

Den letztgenannten Fall markieren etwa die immer stärker werdenden Notifikationssysteme auf Smartphones, Windows oder macOS. Hier werden kleine Informationshäppchen oder Steuerungselemente typischerweise im kartenbasierten Design außerhalb des eigentlichen Markenkontext angezeigt. Ohne dass ihr eine Wetter-App oder den Terminkalender starten müsst, zeigt euch euer Benachrichtigungs-Stream an, ob es regnet und wann ihr zum Zahnarzt müsst. Die App-Logik ist zwar installiert, aber nicht für die Anzeige erforderlich.

Nutzer konsumieren heutzutage, wo und wann sie wollen. (Foto: Shutterstock)

Inzwischen entwickeln sich die Benachrichtigungssysteme weiter und bieten für verschiedene Apps bereits jetzt die Möglichkeit, die nächste logische Folgeinteraktion, beispielsweise das Beantworten eines Tweets, direkt aus der Benachrichtigung heraus zu erledigen. Die eigentliche App muss dafür nicht gestartet werden.

Kein oder nur ein minimales Userinterface

Noch interessanter wird es, wenn ihr euren Dienst auch in Geräten vorhalten wollt, die über kein oder nur ein minimales visuelles Interface verfügen. Das Paradebeispiel für diese Form der Design-Atomisierung ist Spotify. Spotify läuft nahtlos über den Desktop, Smartphones, Tablets, Smart-TVs, die Playstation, in Autos von Ford, BMW, Volvo und anderen und sogar auf Soundsystemen von Sonos, Pioneer, Sony und weiteren; nicht zu vergessen die Dosenintelligenz des Google Home oder der Echos.

Anzeige
Anzeige

Viel Platz für eine visuelle UI bleibt da nicht. (Foto: Shutterstock)

Um diese Omnipräsenz zu erreichen, musste Spotify seinen Dienst designtechnisch in atomare Teilchen zerlegen. Als monolithische Desktop-Anwendung lässt sich der Dienst nicht auf die Apple Watch bringen, geschweige denn aufs Sonos.

Probleme, die du vorher nicht hattest

Die Atomisierung des Dienstes ist für selbstbewusste Markeninhaber kein Zuckerschlecken, denn sie erfordert stets, Kontrolle abzugeben. Ihr könnt eure Marke nicht mehr in der gleichen Weise kontrollieren, wie ihr es könntet, wenn ihr die Umgebung vollständig beeinflussen könntet. Gerade ältere Marken werden daran zu knacken haben. Ich kann mich noch gut an Corporate-Design-Richtlinien früherer Kunden erinnern. Die hatten teils Telefonbuchstärke.

Gleichzeitig ist es natürlich erforderlich, Kontur zu bewahren und als Marke erkennbar zu bleiben. Sonst wird man von der technischen Plattform, auf der man präsent sein will, quasi absorbiert und findet im Kundenbewusstsein nicht mehr eigenständig statt. So lässt sich keine Kundenbindung schaffen.

Anzeige
Anzeige

Spotify löste die Aufgabe, indem es sich auf das Logo und das Farbschema konzentrierte und keine weiteren Branding-Elemente schuf. So ist der Dienst jetzt über alle Devices am grünen Logo eindeutig zu erkennen.

Auf der Gear Fit ist nun wirklich kaum Platz. Spotify bleibt trotzdem erkennbar. (Foto: Spotify)

Wichtig im Zuge der Atomisierung ist es zudem, auf Konsistenz zu achten. Soweit das jeweilige Gerät es zulässt, sollten wesentliche Bedienelemente stets an der gleichen Stelle zu finden und/oder stets auf die gleiche Weise zu bedienen sein. Hier hat es Spotify mit seiner Kernfunktionalität leicht. Immerhin ist diese direkt den gängigen Player-Controls entlehnt.

Unterschiedliche Endgeräte haben unterschiedliche Fähigkeiten

Zur Atomisierung als Designprinzip gehört es ebenso, die Fähigkeiten der jeweiligen Endgeräte gezielt zu nutzen. So kann Spotify auf dem Smartphone etwa auf die Laufgeschwindigkeit reagieren. In Google Notizen können Nutzer sich ortsbasiert zum Beispiel daran erinnern lassen, neuen Rasierschaum zu kaufen, wenn sie gerade in der Nähe der Drogerie sind. Fitness-Apps nutzen GPS oder Pulsmesser-Features und synchronisieren diese über den Dienst insgesamt. Für den Anwender muss sich die Bedienung des Dienstes homogen anfühlen. Egal, mit welchem Gerät er ihn nutzt.

Anzeige
Anzeige

Fazit: Atomisierung vergrößert eure Reichweite

Wer seine Services fachgerecht filetiert und bedarfsgerecht neu zusammensetzt, hat es verhältnismäßig leicht, geräteübergreifend präsent zu sein. Er muss allerdings bereit sein, ein Stück weit Kontrolle abzugeben.

Der Beitrag wurde am 1. November 2020 umfassend überarbeitet.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
2 Kommentare
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Sven Petersen

„Als monolithische Desktop-Anwendung lässt sich der Dienst nicht auf die Apple Watch bringen, geschweige denn aufs Sonos.“

Das schnalle ich nicht. Inwiefern ist Spotify für die Apple Watch oder Sonos angepasst?

Es gibt bis dato doch gar keine Spotify-App für die Apple Watch. Spotify lässt sich lediglich über die generische „Now Playing“-App von Apple steuern.

Weiterhin haben Sonos-Geräte kein eigenes grafisches Interface. Man bedient sie entweder über die Sonos-App für Smartphones/Desktops oder streamt Musik direkt aus der Spotify-App darauf.

Antworten
Marcel

Genau das wird in diesem Artikel doch berichtet. Sie geben Kontrolle ab, um den Service aufs Device zu bringen, nicht die App.

Antworten

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige