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Bitcoin XT vs. Bitcoin Core – Kampfabstimmung um die Zukunft der digitalen Währung

Ein Update soll Bitcoin technisch zukunftsfähig machen, bewirkt aber etwas ganz anderes. Die Community ist gespalten und der Kurs geht in den Keller.

Von Friedemann Brenneis
5 Min. Lesezeit
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Bitcoin steht unter Druck. Seit Monaten diskutiert die Community über die Zukunftsfähigkeit des digitalen Geldes, findet jedoch keinen Kompromiss. Mit Bitcoin XT haben zwei Kernentwickler nun einen Lösungsvorschlag vorgelegt, der die Community polarisiert, für Kursverluste sorgt und zeigt, wie schwer es sein kann, Entscheidungen in einem dezentralen System zu treffen. Aber es besteht Hoffnung.

Der Kampf zweier Fraktionen um die Zukunft von Bitcoin

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Nicht nur die traditionellen Börsen stehen massiv unter Druck, auch Bitcoin verzeichnet starke Kursverluste. Rund ein Drittel seines Wertes hat die digitale Währung innerhalb von sechs Wochen verloren. Im Gegensatz zu den Turbulenzen an den etablierten Börsen, lassen sich die Gründe bei Bitcoin klar beschreiben.

Zum einen tritt im Bundesstaat New York die BitLicence genannte Regulierung der Bitcoin-Geschäfte in Kraft, die viele Unternehmen nicht hinnehmen wollen und sich deshalb reihenweise aus einem der wichtigsten Finanzplätze der Welt zurückziehen. Ein klarer Rückschritt für Bitcoin auf dem Weg zur anerkannten und respektablen Finanzinstitution – immerhin hatte die New York Stock Exchange erst Mitte Mai dieses Jahres einen Bitcoin-Preisindex aufgelegt.

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(Screenshot: finanzen.net)

Der Bitcoin-Kurs leidet auch unter der laufenden Abstimmung (Screenshot: finanzen.net)

Einen viel größeren Einfluss auf den fallenden Kurs hat jedoch die seit gut anderthalb Wochen laufende Kampfabstimmung um die Zukunft von Bitcoin, in die sich die global agierende Community selbst hineinmanövriert hat und in der neben technischen, ökonomischen und individuellen Interessen auch Egos und persönliche Befindlichkeiten aufeinanderprallen. Das macht die Lage unübersichtlich und erzeugt eine enorme Unsicherheit, die den Preis der Währung drückt. Denn eine Frage lässt sich bisher nicht beantworten: Wird Bitcoin diese Krise überstehen und wenn ja, auch die Community?

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Der eigene Erfolg ist die größte Herausforderung

Konkret geht es um Folgendes: Die Blockchain wird, so wie sie derzeit konzipiert ist, auf absehbare Zeit zu klein. Denn mit steigenden Transaktionszahlen, die die wachsende Verbreitung der Bitcoins mit sich bringt, wird auch mehr Speicherplatz benötigt, die Transaktionsdaten in der Blockchain festzuhalten. Bisher können einzelne Blöcke nur maximal 1 Megabyte groß sein – eine künstliche Verknappung, um das Bitcoin-Netzwerk unter anderem vor Spam-Transaktionen zu schützen, die mittlerweile an ihre Grenzen stößt. Deshalb muss eine Lösung her. Doch hier endet der Konsens der Community.

Es herrscht Uneinigkeit darüber, wie die Blocksize, also die Größe der Blöcke, angepasst werden soll. Für diesen Schritt muss nämlich das Bitcoin-Protokoll selbst verändert werden. Eine Hardfork wäre notwendig, die die Bitcoin-Blockchain in zwei Versionen spalten würde: eine mit Blöcken, die weiterhin nur maximal 1 MB groß sein könnten und eine mit potentiell größeren Blöcken. 8 MB stehen als Vorschlag im Raum ebenso wie 20 MB. Auch die Frage wie künftig weitere Hardforks vermieden werden können, wenn die Blocksize eventuell erneut angepasst werden muss, wird diskutiert. Soll die Block-Größe in periodischen Abständen automatisch wachsen, sich je nach Bedarf dynamisch anpassen oder soll die Community zu festgelegten Zeitpunkten immer wieder aufs Neue entscheiden?

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Ein Problem, zu viele Lösungen

Das sind nur einige Möglichkeiten, die seit Monaten diskutiert werden und deren Vielzahl es schwer macht einen Konsens zu erreichen. Denn eine Hardfork ist nicht ohne Risiko. Immerhin gäbe es für einen kurzen Zeitraum zwei Varianten der Bitcoin-Blockchain und solange das Netzwerk sich nicht auf eine Version geeinigt hat und die andere verwirft, ist Bitcoin potentiell angreifbar. Deswegen gibt es auch Argumente, die gleich ganz gegen eine Erhöhung der Blockgröße sind und die Skalierbarkeit des Bitcoin-Netzwerkes über technische Ergänzungen wie das Lightning-Netzwerk oder Sidechains sicherstellen wollen, obwohl sich beide Konzepte noch in einem sehr frühen Stadium befinden und niemand sagen, kann, ob sie später überhaupt leisten können, was ihre Visionäre heute versprechen.

(Foto: Web Summit / Flickr)

Gavin Andresen hat mit Bitcoin XT einen Lösungsvorschlag gemacht. (Foto: Web Summit / Flickr)

Das macht es äußerst kompliziert. Denn es gibt zwar ein klares Problem, aber viele Interessen und noch mehr Lösungsvorschläge, als dass eine Lösung der Blocksize-Problematik greifbar erscheint. Vor allem, da es bei Bitcoin keine zentrale Institution gibt, die den Entscheidungsfindungsprozess zielführend moderieren könnte. Die Blocksize-Debatte tritt daher seit geraumer Zeit auf der Stelle und um diesem Stillstand entgegenzuwirken, haben Gavin Andresen und Mike Hearn, zwei der Kern-Entwickler von Bitcoin, die Initiative ergriffen und mit Bitcoin XT einen konkreten Lösungsvorschlag gemacht, wie das bisherige, Bitcoin Core genannte Protokoll, zukunftstauglich angepasst werden könnte.

Bitcoin XT vs. Bitcoin Core

Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu wissen, dass es sich dabei vorerst nur um einen Vorschlag handelt und nicht, wie vielfach berichtet, bereits um eine Hardfork der Bitcoin-Blockchain. Denn nur wenn 75 Prozent des Bitcoin-Netzwerks auf Bitcoin XT umsteigen, wird der Patch aktiviert werden und das auch frühestens am 11. Januar 2016. Bitcoin XT hat bislang also vor allem zwei Funktionen: als Abstimmungstool Mehrheiten in der global verstreuten Bitcoin-Community organisieren und als provozierender Vorstoß die zerfahrene Blocksize-Debatte wieder auf den Weg zu bringen, an dessen Ende eine mehrheitsfähige Entscheidung steht.

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Der konstruktive Stich ins Wespennest

Allerdings ist dieser Weg noch lang. Denn wie sich an den starken Reaktionen auf den Bitcoin XT-Vorstoß zeigt, ist auch das möglicherweise ein Vorschlag der niemals eine Mehrheit finden wird. Die Kritiker bemängeln lautstark, was an Bitcoin XT alles schlecht ist. Die Befürworter verteidigen hingegen engagiert den ersten konstruktiven Vorschlag, der immerhin eine bessere Option sei, als so lange nichts zu tun, bis die Blocksize-Problematik irgendwann unlösbar werde.

„Es ist noch lange nichts entschieden“


Es ist also noch lange nichts entschieden und es ist nicht unwahrscheinlich, dass Bitcoin XT am Ende nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, um in dieser Form umgesetzt zu werden. Nichtsdestotrotz kann es dennoch ein Erfolg sein. Denn was die provozierte Kampfabstimmung zwischen Bitcoin XT und Bitcoin Core in jedem Fall schon jetzt erreicht hat, ist, dass sie wie ein Siedesteinchen die gesamte Bitcoin-Community in Aufruhr versetzt und gezwungen hat, sich inhaltlich zu positioniert. Das ist schon viel. Denn es reduziert die bisher unüberschaubare Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten und spitzt die Blocksize-Debatte auf konkrete Vorschläge zu, die eine wirkliche Chance haben eine Mehrheit zu finden und verhilft anderen guten Vorschlägen wieder zu mehr Rampenlicht.

Live-Stresstests als demokratisches Prinzip

Sollte Bitcoin XT also scheitern, könnte sein Vermächtnis die Grundlage für einen tragbaren Kompromiss sein. Doch bis zu diesem Kompromiss bleibt der Bitcoin-Kurs unter Druck und es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob solcherlei Abstimmungs-Experimente, bei denen binnen sechs Wochen 30 Prozent des Bitcoin-Werts vernichtet werden, grundsätzlich ein praktikabler Weg sind? Bisher konnte Bitcoin immer einen Konsens finden. Das ist die große Stärke des Protokolls. Jetzt muss allerdings auch die Community zeigen, dass sie dazu auch in der Lage ist und zu welchem Preis.

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2 Kommentare
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Dein t3n-Team

Fehlerkorrektur

“ Für diesen Schritt muss nämlich das Bitcoin-Protokoll selbst werden. “
Was werden ? Größer kleiner schneller langsamer ?
Das Korrekturlesen klappt wirklich vorbildlich…….. Wenigstens wird korrigiert was man den Mainstream-Medien oft nicht zugutehalten kann.

Und „Hardfork“ wird auch nicht erklärt.
Forks wie OpenBSD(von NetBSD glaube ich) oder DragonFly(von FreeBSD glaube ich) sind ja schon bekannt.
Wie google ergibt ist es gar kein allgemeiner Fork-Begriff sondern wird nur im Zusammenhang mit Bitcoin benutzt. Womöglich das hier öfter kritisierte copy-pasten wo das Wort als unbekannt beim Lesen hätte auffallen sollen.

Divide&Conquer hat neulich bei neuen Parteien gut funktioniert. Oder damals HD-DVD(M$) vs. BluRay.
Eigentlich sind Informatiker oft clever im Tricksen und Umgehen solcher Probleme. Bootblocks mit JMP-Assembla-Befehl als Magic-Number oder FAT32 Long-File-Names oder viele andere Dinge womit man die Beschränkungen umgeht aber oft leider inkompatiblen Proprietär-Krams einführt.

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Mark

Lieber Autor, kennen Sie den Spruch „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!“?

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