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Chief Digital Officer – digitale Heilsbringer oder nur Kosmetik?

Ist die Position des CDO die Antwort auf die Herausforderungen der digitalen Transformation? Oft sind es organisatorische Geburtsfehler, die ihn daran hindern, sein Potenzial voll auszuschöpfen.

5 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock)

Die digitale Revolution hat eine neue Position in den Führungsetagen geschaffen: Immer häufiger berufen Konzerne einen eigenen Chief Digital Officer, kurz CDO, der sich dem Mega-Trend Digitalisierung annehmen soll. In Deutschland beschäftigt heute schon jedes fünfte DAX- Unternehmen einen Chief Digital Officer, weitere 20 Prozent haben zumindest eine vergleichbare Rolle. In Summe haben also 40 Prozent dieser Unternehmen eine zentrale Stelle geschaffen, die sich federführend um Digitalthemen kümmern sollen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin.

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Ist der CDO damit die positionsgewordene Antwort auf die Frage, wie Unternehmen den Herausforderungen der digitalen Transformation begegnen sollen?

Viele stehen einem Chief Digital Officer eher skeptisch gegenüber, und in der Unternehmensrealität ist die Schaffung der Position heute mitunter auch ein Ausdruck einer gewissen Hilflosigkeit. Das liegt aber weniger daran, dass die Idee hinter dem Konzept CDO nicht grundsätzlich sinnvoll ist: Eine Person auf höchster Managementebene, ausgestattet mit großem Handlungsspielraum, verantwortet die Gesamtsteuerung der digitalen Transformation im Unternehmen. In der Realität wird den Digitalmanagern allerdings oft nicht der nötige Freiraum und die entsprechende Vollmacht eingeräumt. Damit fehlt ihnen das Standing im Unternehmen und der CDO bleibt ein Halbmächtiger im Unternehmensgefüge.

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Hauptfehler Nummer 1: Der CDO als Feigenblatt

Für so manchen Vorstand scheint die Berufung eines Chief Digital Officer mehr eine Maßnahme zur Imagepflege denn Ausdruck von echtem Veränderungswillen zu sein: „Seht her, wir werden jetzt digital, innovativ, agil“. Die digitale Transformation ist allerdings nicht damit getan, dass man ein paar neue Tools im Unternehmen einführt. Vielmehr geht es darum, komplette Geschäftsmodelle und -abläufe infrage zu stellen und neue Herangehensweisen einzuführen. Doch der Wirkungsgrad ist in den meisten Unternehmen begrenzt. Einen Chief Digital Officer auf Vorstandsebene leistet sich laut einer Studie der Universität Duisburg-Essen aktuell kein DAX-Konzern. Statt auf Augenhöhe mit dem CEO finden sich die meisten Digitalmanager auf Bereichs- und Abteilungsleiterebene.

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Hauptfehler Nummer 2: Der CDO – die eierlegende Wollmilchsau

Tech-Experte, digitaler Stratege, Change-Manager, Marketing-Experte und kultureller Evangelist: Die Erwartungen, die an die Rolle des Chief Digital Officer gestellt werden, sind oft unrealistisch. Das liegt daran, dass gar nicht so richtig klar ist, was der CDO eigentlich machen soll – und vor allem, was nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt. Er muss die digitale Gesamtstrategie steuern, Prozesse optimieren, digitales Neugeschäft entwickeln und nebenbei sämtliche Mitarbeiter befähigen und motivieren. Und dies alles unternehmensübergreifend – im Kampf gegen die Matrixorganisation. In der Fülle der Anforderungen und Rollen kann sich der CDO schnell verlieren. Wer alles machen soll, macht letztlich nichts richtig.

Die wichtigsten Hebel, um den digitalen Wandel mit dem CDO zu gestalten

Trotzdem kann ein CDO sehr viel bewirken, wenn man die nachfolgend beschriebenen Top-3- Hebel richtig und eindeutig einstellt:

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1. Klare Zieldefinition

Der Hype-Begriff „Digitalisierung“ umfasst inzwischen Ziele von der klassischen Prozessdigitalisierung bis hin zur Identifikation und Umsetzung wirklich disruptiver Geschäftsmodelle. Beide Extreme können – auch zeitgleich – im jeweiligen unternehmensindividuellen Kontext sinnvoll sein. Eine klare und adäquate Zieldefinition ist bei der Umsetzung der digitalen Transformation in jedem Fall unumgänglich. Digitale KPIs wie beispielsweise Innovationskraft, Agilität, Reichweite oder Ökosystem-Dichte und nicht zuletzt Umsatz durch Neugeschäft eignen sich etwa, um den Erfolg des CDOs zu messen. Während digitale KPIs und eine entsprechende Incentivierung bei den Tech-Riesen im Silicon Valley bereits eine zentrale Rolle spielen, herrscht in deutschen Vorstandsetagen noch Nachholbedarf.

2. Positionierung auf Vorstandsebene & Abgrenzung zu CIO und CTO

Die digitale Transformation greift tief in sämtliche Prozesse und nicht zuletzt in die Unternehmenskultur ein und erfordert teilweise radikale Entscheidungen. Entscheidungen, wie sie letztlich nur der CEO treffen kann. Ein Digitalchef muss sich zwischen diversen Abteilungen im etablierten Machtgefüge durchsetzen können. Dafür braucht der CDO die Rückendeckung des CEOs und entsprechende Handlungsfreiheit sowie die notwendigen finanziellen Ressourcen.

Die Frage „In welchem Bereich arbeitet der CDO bei Ihnen im Unternehmen?“ beantworten viele CEOs ganz selbstverständlich mit: „Natürlich im Bereich IT“. Ein Blick auf die Aufgabenfelder zeigt aber: Unterschiedlicher können die Anforderungen kaum sein. Der CIO ist klassischer- und richtigerweise für die Einhaltung von Sicherheits- und Compliancerichtlinien, technischen Standards und definierten Prozessabläufen zuständig; der CTO ist als „Technischer Leiter“ verantwortlich für die technische Forschung und Entwicklung sowie die Leitung der technischen Bereiche des Unternehmens im Hinblick auf äußere Einflüsse und Entwicklungen. Der Auftrag des CDO ist in aller Regel, neues Geschäft zu entwickeln oder auch das Geschäftsmodell anzugreifen. Dafür muss er die Vorgehensweisen der Startups und Digitalplayer kennen. Deren Geschäftsmodell zielt darauf ab, die Schnittstelle zwischen Kunden und dem klassischen Unternehmen zu besetzen, indem sie intuitive digitale Geschäftslösungen entwickeln, die dem Kunden einen realen Mehrwert verschaffen. Daher muss ein erfolgreicher CDO direkt an den CEO berichten: Digitalisierung und potenzielle Angriffe auf etablierte Umsatzbringer sind klarerweise Chefsache.

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3. Digitalisierung im geschützten Raum

Ein CDO benötigt Freiraum für die Umsetzung. Neue Geschäftsideen und -modelle lassen sich idealerweise im „geschützten Raum“ entwickeln und testen. Ein wesentlicher Hebel ist es daher, den CDO und sein Team von der klassischen Unternehmenskultur und ihren Vorgaben zu ‚befreien‘ und sie in einer Digitaleinheit außerhalb der Kernorganisation anzusiedeln. Hier können Ideen und Produkte mit großer Geschwindigkeit und 100-prozentiger Nutzerzentrierung entwickelt, getestet und als Prototypen entwickelt werden. Diese agile Form des Entwickelns und Testens, kombiniert mit einer radikal unternehmerischen Herangehensweise und weitreichendem Digital-Know-how, steht im krassen Kontrast zur klassischen Vorgehensweise mit Marktforschung, Vorstudien, Vorabbefragung und perfekter Entwicklung nach Pflichten- Lastenheft.

Es reicht aber nicht aus, Digitalexperte zu sein. Der CDO muss wissen, wie das Kerngeschäft des Unternehmens funktioniert, und ist auch so etwas wie ein Brückengänger zwischen Digitaleinheit und Kernorganisation. Er sorgt letztlich dafür, dass die im geschützten Raum entstandenen Erfolge zurück ins Unternehmen übertragen werden können.

Wer also die Berufung eines Chief Digital Officers als „Unart“ bezeichnet, denkt zu kurzsichtig. Sicherlich macht es keinen Sinn, die Position nur um ihrer selbst willen zu schaffen. Eine reine CDO-Position ohne weitere Vernetzung ins Unternehmen wird wenig bewegen können. Denn bei all der Diskussion um Maschinen, Roboter und Algorithmen darf eines nicht vergessen werden: Der digitale Wandel wird von Menschen angetrieben – nicht von Technologien. Deshalb sind Digitalisierungsprojekte keine Technologieprojekte, sondern Business- Transformationsprojekte, die das gesamte Unternehmen und seine Kultur betreffen. Daher brauchen Unternehmen zwingend jemanden, der sich bereichsübergreifend um die Digitalisierung kümmert. Das kann ein CDO oder ein Digitalteam sein, es muss aber vor allem jemand sein, der den Rückhalt der Führungsebene und damit den notwendigen Handlungsspielraum hat. In diesem Zuge kann er sich dann um die strategischen Digitalthemen kümmern, digitales Know-how ins Unternehmen bringen und schließlich als Change Manager den Kulturwandel und damit einhergehend die Transformation vorantreiben.

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Auf diese Weise können Unternehmen die Chancen des digitalen Wandels erfolgreich für sich nutzen.

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