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Porträt

Code: Die etwas andere Hochschule für Entwickler

Informatik bereitet nicht auf den Praxiseinsatz vor, sagt Unternehmer Thomas Bachem – und hat kurzerhand selbst eine Hochschule für Entwickler und Designer gegründet. Was will die Code anders machen?

Von Lisa Hegemann
5 Min.
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Die Code will Entwickler ausbilden – und zwar nah an der Praxis. (Foto: Code University for Applied Sciences)

Eigentlich will Thomas Bachem die Hochschule neu erfinden. Aber in einem Bereich, das weiß auch der Unternehmer, kann man besser von den klassischen Universitäten lernen. „Es wäre naiv zu denken, dass wir bessere Kurse anbieten können als Harvard oder Stanford“, sagt der Gründer der Berliner Hochschule Code. Statt ein riesiges Portfolio an Theorie zu entwickeln, will die Bildungsanstalt deshalb per E-Learning auf das Curriculum der großen Lehranstalten zurückgreifen.

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Das ist aber der einzige Aspekt, in dem sich die Code an anderen Universitäten orientiert. Denn Thomas Bachem und seine Mitstreiter Manuel Dolderer und Jonathan Rüth halten nicht viel vom klassischen Informatikstudium. Dort gehe es vorwiegend um Mathematik und Computertheorie, kritisiert Bachem. Das sei weit weg von dem, was Unternehmen suchten und bräuchten. Ganz im Sinne von Peter Fox’ „Wenns dir nicht gefällt, mach neu“ haben die drei deshalb eine Hochschule aufgebaut, die alles anders machen soll: Die Code soll fächerübergreifend Praxis statt Theorie lehren. Am Montag hat die private Hochschule die staatliche Anerkennung des Landes Berlin erhalten.

Code offiziell als Hochschule anerkannt

Im Oktober beginnt das erste Semester an der Code, Interessierte können sich bereits bewerben. Als Studiengänge bietet die Code Software Engineering, Interaction Design und Product Management an. Schon beim Bewerbungsprozess zeigen sich klare Unterschiede zu anderen Universitäten. Die Studenten müssen bei der Berliner Hochschule nicht ihren Numerus Clausus, sondern eine Bewerbung inklusive Motivation, Vision und Voraussetzungen einreichen. Erfahrung im Entwickeln ist dabei nicht so wichtig: „Wir rechnen mit sehr verschiedenen Startniveaus“, sagt Bachem. Man verlange keine Vorerfahrung, auch damit man nicht nur den klassischen Nerd anspreche – sondern auch Frauen, die das Gebiet oft erst später entdeckten.

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Die Bewerbung ist aber nur der erste Schritt: Wenn das Anschreiben gefällt, muss der angehende Student in einem Videochat Fragen beantworten. Er bekommt zudem eine Projektaufgabe gestellt, die er innerhalb von vier Wochen lösen soll. Die Aufgabe bedeute aber keine vier Wochen Arbeit, verspricht Bachem. Sie soll lediglich die Kreativität und die Stärken der Bewerber herausstellen. Wer sich auch hier gut schlägt, kommt zum Assessment Day. 24 Stunden lang testet die Code den Bewerber auf Teamfähigkeit, in einer Gruppe sind 15 Leute, gemeinsam müssen sie Aufgaben lösen, auch ein Interview gehört dazu.

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 „Wir wollen eine Community rund um die Code aufbauen.“

Der Teamgedanke ist Thomas Bachem besonders wichtig, wenn er über seine Hochschule redet. „Wir wollen eine Community rund um die Code aufbauen“, sagt Bachem. Entwickeln könne jeder lernen, mit Weltoffenheit sei das schon schwieriger. Zu einem seiner erklärten Ziele gehört es, dass sich die Studenten untereinander aushelfen und sich gegenseitig unterstützen. „Wenn ich im Stoff oder an einem Projekt irgendwo hänge, dann kann ich zu einem Kommilitonen gehen, der mir weiterhilft“, so die Vision Bachems. Das Assessment Center soll einen ersten Einblick geben, ob die Studiumsanwärter dafür bereit sind.

Günstig ist das Studium an der Code nicht: Die gesamte Ausbildung kostet 27.000 Euro. Allerdings müssen die Studenten diesen Betrag nicht sofort zahlen, wenn sie nicht wollen oder können. Die Hochschule bietet einen sogenannten Generationenvertrag an: In Zusammenarbeit mit der Chancen e.G. werden die Kosten für das Studium so vorab beglichen. Dafür verpflichten sich die Studenten, nach Abschluss mit 6,5 Prozent ihres Einkommens in den ersten zehn Berufsjahren den Betrag zurückzuzahlen. Bisher haben sich stolze 90 Prozent der Studiumsanwärter für diesen Weg entschieden.

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Damit der Druck nach dem Abschluss nicht zu hoch ist, müssen die Code-Absolventen aber nur dann mit der Rückzahlung beginnen, wenn sie mehr als ein Mindesteinkommen verdienen. „Wenn du gerade in der Gründungsphase bist und weniger als 21.000 Euro im Jahr verdienst, dann musst du nicht zahlen“, erklärt Bachem. Auch für Studiumabbrecher haben sich die Gründer eine Lösung überlegt: Wer die Code nicht beendet, muss nur die Monate zahlen, die er auch tatsächlich studiert hat. „Das ist unser Versprechen, dass wir an die Studenten glauben“, so Bachem.

Code: Praxisbezug dank Kooperation mit Unternehmen

Den Praxisbezug im Studium wollen die drei Gründer über konkrete Projekte herstellen. Dafür haben sie sich Unternehmen wie Zalando, Trivago oder auch Xing sowie gemeinnützige Organisationen an Bord geholt. Die Professoren erarbeiten die Projekte mit den Firmen federführend und leiten sie später auch. Die Länge der Projekte reicht von zwei bis hin zu sechs Monate, die Projekte selbst sind fachübergreifend. „Wir wollen Designer ausbilden, die auch ein Interface entwickeln können, und Entwickler, die auch designen können“, sagt Bachem.

 „Unsere Professoren sind keine reinen Wissensvermittler.“ 

Der Gründer beschreibt drei Wege, mit denen sich die Studenten Wissen für die Projekte aneignen können: Der erste Punkt sind Einsteigerkurse, die ganz konkret auf die Aufgabe abgestimmt sind. Zweitens kommt E-Learning und Selbststudium hinzu. In diese Kategorie fallen auch die eingangs beschriebenen Onlinekurse anderer Universitäten. Die Code spricht zudem mit Lernplattformen wie Udacity und Udemy. Damit nicht jeder lernt, was ihm gerade passt, sollen die sieben Professoren eine Vorauswahl treffen und Empfehlungen aussprechen. „Unsere Professoren sind keine reinen Wissensvermittler“, sagt Bachem, „sie sollen eine Mentorenrolle einnehmen.“ Der dritte Aspekt ist das „P2P-Learning“, wie Thomas Bachem den Austausch unter Studenten bezeichnet. „Es ist bei uns eine Pflicht, seine Erfahrungen zu teilen.“

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Um die unterschiedlichen Wissensstände abzubilden, gibt es Einsteiger- sowie Expertenprojekte „und alles dazwischen“, wie es Bachem formuliert. Statt einer klassischen Benotung setzt die Code auf Kompetenzraster, die sie gemeinsam mit einem Forschungsinstitut entwickelt hat. In Bereichen wie Datenbankentwicklung oder Produktmanagement bekommen die Studenten verschiedene Level zugeordnet. Das soll die Fähigkeiten deutlicher machen. Es ist dabei definiert, welches Level ein Student mindestens erreichen muss, damit er zur Abschlussprüfung zugelassen wird. Damit diese Bewertung auch den Unternehmen etwas bringt, werden sie in die Entwicklung der Kompetenzraster mit eingebunden.

Manuel Dolderer, Jonathan Rüth und Thomas Bachem haben sich das Konzept der Code ausgedacht. (Foto: Code)

Für die Zusammenarbeit mit der Code zahlen die Unternehmen eine Pauschale. Als verlängerte Werkbank will Thomas Bachem die Code aber nicht verstanden wissen: Es gehe um die Lernerfahrung, betont er. Das Geld fließe zwar in die Taschen der Hochschule, subventioniere aber die Studiengebühren. Denn: Noch ist die Code defizitär. Für den Start haben Bachem und seine Mitstreiter deshalb fünf Millionen Euro an Finanzierung eingesammelt, zu den Investoren zählen 30 Internetunternehmer, darunter Trivago-Gründer Rolf Schrömgens, Benjamin Otto von der Otto-Familie, Florian Heinemann von Project A und Verena Pausder von Fox and Sheep.

Ein Teil des Geldes fließt auch in den Campus der Hochschule. Den Ort haben Thomas Bachem und seine Mitstreiter bewusst gewählt: In der Nähe des – noch geheimen – Geländes in Berlin soll auch ein neuer Standort der Factory entstehen, ein Bürokomplex mit lauter Digitalunternehmen als Mieter. Im besten Fall sollen die Studenten auch dort lernen können – und damit ganz nah am Puls der Praxis arbeiten. Genauso, wie es sich die Gründer wünschen.

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lola

Der Wert einer Hochschule ermittelt sich an dem was hinten rauskommt !

Wer an einer „neuen Hochschule“ studiert ist selber schuld. Wenn diese ala Trump-Hochschuie nach ein paar Jahren wieder zumacht. hat er einen Abschuß den keiner wertschätz. Das selbe gilt für „neue Studiengänge“ an alten Hochschulen wie ich aus eigener Erfahrung berichten kann.
Nur das bei einer „alten ehrenwerten Hochschule“ die Personaler begeistert sind.

Gelehrt bekommt man in beiden Fällen oft weniger als man denkt. Nur ist im zweiten Fall der Titel wenigstens anerkannt

Antworten
kos

…das habe ich auch gedacht. Bei diesem Finanzierungsmodell wird es die Schule nicht lange geben. Dazu echt happiger Preis, wenn man ähnliche Hochschule in Berlin vergleicht. (BTK, MDH, design akademie berlin usw.). Zumal diese Studiengänge auch überall staatlich (also for free) angeboten werden.

In der Regel zahlt man an privaten Hochschulen nur die Monate, wo man auch da ist (habs selber erlebt).
kos

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Chris

Wenn man sich die aktuellen Profs und deren offene Stellenangebote anschaut, fragt man sich wirklich, was genau die anders machen wollen als die andere Unis in Berlin, egal ob staatlich oder privat.
@T3N staatlich akkreditiert sind die ebenfalls noch nicht oder?

Antworten
Chris

Hier alle staatlichen anerkannten, privaten Hochschulen in Berlin:
https://www.berlin.de/sen/wissenschaft/hochschulen/private-hochschulen/

Antworten
moefmoef

Diese Hochschule ist insofern interessant, als dass sie den StudentInnen die Möglichkeit gibt, die Studiengebühren nach (sic!) dem Studium zu bezahlen und sie den Rückzahlzeitpunkt darüber hinaus von der späteren Einkommenshöhe abhängig macht.

Leider bietet sie kein Fernstudium an. Interessant ist sie daher nur für die Menschen „vor Ort“.

Ein praxisorientieres Online-Studium im Bereich Informatik das auf Hochschulniveau lehrt und mit einem Bachelor abschliesst wäre (für mich) interessant gewesen.

Antworten
LeaBmann

Wer sich generell für Weiterbildungen im IT Bereich interessiert, dem kann ich http://www.firebrandtraining.de/ empfehlen. Die haben auch ein spezielles Konzept für die IT Kurse entwickelt, durch das man schneller und effizienter lernen kann.

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