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Interview
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„Ich bin ein alter Ruby-Hase“: CTO Peter Grosskopf von Solarisbank im Interview

Peter Grosskopf ist CTO bei der Solarisbank und stellt sich bei dem Fintech-Unternehmen ganz besonderen Herausforderungen. Im Rahmen unserer CTO-Interviewreihe gibt er spannende Einblicke in seinen Job.

Von Sébastien Bonset
9 Min. Lesezeit
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(Foto: Max Threlfall für Solarisbank)

Die Solarisbank ist eine Tech-Bank, die im März 2016 eine Vollbanklizenz von der EZB erhalten hat. Wir haben mit CTO Peter Grosskopf über seinen Arbeitsalltag und seine Position als Chief Technology Officer gesprochen.

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t3n.de: Stell dich bitte kurz vor und erzähl uns, was ihr eigentlich genau macht.

Peter Grosskopf: Ich habe Wirtschaftsinformatik in Münster studiert und parallel zum Studium als Freelance-Ruby-Entwickler gearbeitet, woraus dann auch meine erste Firma entstanden ist. 2014 bin ich dann nach Berlin gezogen, war bei den Company Buildern Hitfox / Finleap als CTO tätig und habe bei der Gründung mehrerer FinTech Firmen geholfen. Eine davon war die Solarisbank, wo ich seit Dezember 2015 CTO bin.

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CTO der Solarisbank: Peter Grosskopf (Foto: Max Threlfall für Solarisbank).

Wir stellen unseren Kunden Finanzdienstleistungen in Form von APIs in einem B2B2X-Business-Model zur Verfügung. Ich sage immer, wir sind ein „Twilio for Banking“. Services, die wir bereits digitalisiert haben, sind Arten von Legal Entities, Accounts, Transaktionen, Scoring, Kreditvergabe, Treuhandkonten und so weiter. Kunden von uns sind einerseits Fintech-Unternehmen, die keine Banklizenz haben oder den (finanziellen) Aufwand scheuen und gleichzeitig Zugang zur Finanzinfrastruktur brauchen.

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Wir arbeiten zudem mit einigen etablierten Online Unternehmen, die ihre Wertschöpfungskette mit Finanzdienstleistungen verlängern wollen. Als dritte Kundengruppe kommen andere Banken auf uns zu, die in uns eine Möglichkeit sehen, ihr Geschäft auf einem höheren Qualitätslevel zu geringeren Kosten zu betreiben. Wir haben unseren Hauptsitz in Berlin mit 82 Mitarbeitern plus vier Leuten, die rund um die Erde verteilt sind. Die Hälfte des Teams arbeitet in Tech.

t3n.de: Wie kam es dazu, dass Du heute CTO bist?

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Ich bin von Hause aus Entwickler, habe aber immer schon unternehmerisch gedacht. Außerdem macht es mir Spaß, anderen Leuten das Ökosystem zur Verfügung zu stellen, in dem sie optimale Arbeitsbedingungen haben. Ich glaube das ist der klassische Entwicklungspfad hin zum CTO.

t3n.de: Wie sieht ein typischer Tag als CTO bei dir aus?

Der Arbeitsalltag verändert sich auch stark mit der Zeit und hängt von der „Stage“ der Unternehmung ab, das heißt der Anfang in 2016 mit rund zehn Mitarbeitern vs. 82 im Februar 2017 macht schon einen gewaltigen Unterschied. Aktuell habe ich gar keinen festen Arbeitsplatz mehr, weil ich einen Großteil meiner Zeit in Gesprächen verbringe, um Architektur- und Plattform-Initiativen zu leiten und Mitarbeiter zu coachen, sodass sie sich den wichtigen Problemen in einer adäquaten Weise annehmen. Dazu kommen Gespräche mit weiteren internen Stakeholdern wie BI, HR, Marketing beziehungsweise mit externen Stakeholdern wie Presse und Investoren.

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Mein Ziel ist es, immer auf der einen Seite dem Team den Rücken freizuhalten und auf der anderen Seite zu Themen die richtigen Leute (auch außerhalb von Tech) in einen Raum zu bekommen, meine Vision zu dem Thema mitzugeben und die Mitarbeiter dann selbstständig daran arbeiten zu lassen. Ich habe in meinen Berufsjahren gelernt, dass ich als Einzelperson nicht skalieren kann. Man muss Dinge abgeben und gleichzeitig seine Leute empowern. Wenn du dann am Ende des Tages das Gefühl hast, dass du nix gemacht hast, dann machst du alles richtig.

t3n.de: Früher hast du viel mit Ruby on Rails gemacht? Nutzt ihr bei der Solarisbank heute noch Ruby und Rails?

Ich bin ein alter Ruby-Hase, so ganz wird man das dann nicht mehr los. Wir haben bei Solaris mit Ruby angefangen – wir bieten mit unserer Plattform APIs an. Das ist ein gutes Anwendungsgebiet für Ruby. Außerdem sollte man, wenn man ein neues Projekt anfängt, nicht zu viele Baustellen aufmachen. Ruby war uns bekannt und wir konnten schnell ein Kernteam aufbauen. Rails bringt viel Ballast mit, weil es ein Full-Stack-Framework ist. Wir setzen auf Plain Ruby plus Grape, um unsere APIs zu exposen.

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Ich persönlich bin der Meinung, dass man bei der Technologiewahl nicht zu fixiert sein sollte, sonst endet man, wie viele Banken vor uns, mit einem uralten Techstack und findet keine Leute mehr, die Lust haben, für einen zu arbeiten. Deswegen haben wir seit Stunde Zwei der Solarisbank einen polyglotten Sprachstack. Neben Ruby sind Elixir und Go unsere Hauptsprachen, aktuell in einem Verhältnis 80 : 15 : 5 Prozent. Das wird sich in den kommenden Jahren vermutlich stark angleichen. Ich sehe innerhalb des Teams ein wachsendes Interesse an Elixir und vor allem Go, was auch sehr gut zu unserem Container-basierten Deployment passt.

t3n.de: Du bist 2015 für deinen Jobwechsel zur Hitfox Group von Münster nach Berlin gezogen – vermisst du manchmal etwas?

Nun ja. Ich war über zehn Jahre in Münster. Ich bin für mein Wirtschaftsinformatikstudium dorthin gekommen, habe eine Firma gegründet und mit angesehen, wie über die Zeit einige Freunde nach Berlin gegangen sind. Das hat bei mir die magnetische Wirkung von Berlin erhöht. Münster hatte seine charmanten Seiten, aber nach so vielen Jahren kannte ich alles und sehnte mich nach Veränderung. Ich habe meine Firma übergeben (inzwischen verkauft), bin ein paar Monate in San Francisco gewesen, wollte eigentlich dann in Berlin neu gründen, bin dann aber doch bei Hitfox gelandet. Man muss auch mal flexibel sein.

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t3n.de: Wieso bist du eigentlich Fortuna Düsseldorf-Fan – passt nicht zu deinen bisherigen Wohnorten. Oder doch?

Ich bin gebürtiger Düsseldorfer und in der Gegend aufgewachsen. Trotz aller Höhen und vor allem Tiefen gab es nie einen anderen Verein. Man lernt auch mit Niederlagen umzugehen, haha.

t3n.de: Wenn man sich deinen Instagram-Account anschaut, bist du in letzter Zeit viel gereist – wo war’s am Schönsten und hast du eventuell einen Tipp für unsere Leser?

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Meine Freundin und ich reisen gerne – außerdem versuchen wir jedes Jahr, Berlin über Silvester zu verlassen, weil die Stadt zum Kriegsgebiet wird und der Winter hier einfach nur grau ist. Wir brauchen Sonne! Vietnam hat uns gut gefallen, alleine schon wegen der guten Küche. Unsere Reise nach Marokko war auch spitze, weil man dort so viel machen kann, wandern, klettern, surfen … alles kein Problem!

t3n.de: Habt ihr einen Chief-Innovation-Officer, beziehungsweise einen Chief-Digital-Officer, oder bleibt das Thema Digitalisierung an dir hängen?

Unser Produkt ist ja bereits Digitalisierung in Reinform, weil wir Bankdienstleistungen auf eine API legen. In der Zusammenarbeit mit unseren Partnern entstehen weitere Ideen, die wir in unsere Produkte einfließen lassen. Ich habe auch damit angefangen, ein Research-Team aufzubauen, damit wir noch aktiver die Zukunft des Bankings mitgestalten. Ich sage jetzt einfach mal Blockchain – da machen wir uns auch Gedanken, wo die Reise hingeht.

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t3n.de: Welche Abteilung ist bei euch aus technischer Sicht am aufwendigsten?

Abteilung? Was ist das? Wir arbeiten mit vertikalen, selbstorganisierten Teams und wollen dies auch auf unsere Non-tech-Teams ausweiten. Damit können wir gemeinsam erfolgreich sein und erreichen nicht nur auf „Abteilungsebene“ unsere Ziele. Wir bauen gerade an einer eigenen Core-Banking-Infrastruktur, die auf Eventsourcing basiert. Das ist definitiv ein spannendes Projekt.

t3n.de: Welche Technologien und Software-Lösungen sind für den Betrieb eures Unternehmens entscheidend?

Wir nutzen aktuell im Hintergrund ein Kernbankensystem, welches auch die Bilanz der Bank abbildet. Ohne das geht gar nichts. Darüber hinaus bauen wir nicht jede Dienstleitung selbst. Für KYC-Prozesse haben wir zum Beispiel IDnow und Postident angebunden. Unsere Vision ist hier, dass wir ein ganzes FinTech-Ökosystem über unsere API-Platform nutzbar machen. Im Dev-Bereich entscheidend sind für uns unter anderem Github Enterprise, GoCD (CI/CD Pipelines), Ansible, Docker, Consul (Service Discovery), Nomad (Scheduler), Kafka, Aha (Productmanagment) und Trello. Ich bin ein großer HashiCorp-Fanboy.

t3n.de: Gibt es spezielle Anforderungen an eure Infrastruktur?

Ja! Datenschutz ist ein großes Thema. Als wir angefangen haben, konnten wir noch nicht in der Cloud hosten. Inzwischen ist AWS so weit, dass man eine Bankeninfrastruktur dort betreiben könnte. Wir laufen in einer privaten Cloud, werden aber sicher über kurz oder lang wechseln. Zweites wichtiges Thema ist Security. Wir haben seit Anfang an einen Security-Experten dabei und bauen das Team laufend aus. Unsere Idee ist es, Security so automatisiert und damit unsichtbar wie möglich in unsere Prozesse zu integrieren. Dann kann die Technik dem Menschen helfen, Fehler zu finden und zu vermeiden.

t3n.de: Welche Hardware und welches Betriebssystem setzt ihr ein?

Unsere Teams verwenden Mac und PC gleichermaßen, mit Mac OS, Windows oder Linux drauf. Im Dev-Team nutzt niemand Windows.

t3n.de: Mac oder PC?

Ich nutze seit 2002 einen Mac. Ich hatte damals einen Kredit aufgenommen, um mir mein erstes iBook G3 zu leisten. Seither ist die Plattform ein treuer Begleiter.

t3n.de: In welchem Maße setzt ihr auf Open Source und gebt ihr der Community auch etwas zurück?

Open Source ist wichtig für uns. Wir setzen nur wenige Systeme ein, die Closed Source sind. Unsere Firma ist ja erst unwesentlich älter als ein Jahr. Wir haben schon kleinere Libs geshared, intern aber auch weitere Tools gebaut, die wir künftig teilen werden. Open Source heißt ja nicht nur, dass man Code auf Github veröffentlicht. Man geht auch eine Verantwortung ein, das Projekt und die Community zu managen. Da müssen wir noch etwas reifen. Aktuell beschränken sich unsere Tätigkeiten eher auf Contributions in fremden Projekten, Vorträge, Wissensaustausch und finanzielle Unterstützung von Projekten und Events.

t3n.de: Dein aktuell liebstes Tool?

Let’s Encrypt und HashiCorp Vault. Security ist im Zeitalter von IoT auch ein gesellschaftliches Thema. Es den Leuten möglichst einfach zu machen, sicheren Code zu schreiben und ihnen die Möglichkeit zu geben, den Giganten über die Schulter zu schauen, finde ich eine lobenswerte Entwicklung.

t3n.de: Was war technologisch gesehen bisher dein schlimmster Albtraum?

In der Uni musste ich ein Projektseminar mit Java, EJB, Model-Driven-Architecture und diversen anderen Tools machen. Wir haben gefühlt mehr Konfigurations-XML als Code geschrieben. Zu dem Zeitpunkt kannte ich schon Rails und Convention over Configuration. Das fühlte sich alles falsch an. Ich glaube, da hat in den Jahren danach auch die Community mit den Füßen abgestimmt.

t3n.de: Deine größte Baustelle im Moment?

Phew. Wir sind noch eine junge Firma, die in der kurzen Zeit schon sehr viel erreicht hat. Ich muss mich weiter von operativen Aufgaben lösen und auf Zukunftsthemen, die übergeordnete Vision und technische Innovationen konzentrieren. Das ist einfach total abgefahren, was noch alles kommt.

Peter Grosskopf schätzt die Arbeit in vertikalen, selbstorganisierten Teams. (Foto: Max Threlfall für Solarisbank)

t3n.de: Welches Feature würdest du gerne mal implementieren?

Ich habe mir mal einen Brain-Sensor von Muse gekauft und wollte einen Recommendation-Service schreiben, der mir Musik für verschiedene Gefühlslagen vorschlägt, also zum Beispiel Musik, die mich produktiv macht oder anderweitig emotional berührt (wenn man mal so richtig abheulen will ;-). Damit hatte ich zwar angefangen, bin aber nie fertig geworden.

Während des Studiums hatte ich auch die Idee, ein auf asymmetrischer Verschlüsselung basiertes Wahlsystem zu entwickeln, welches sich nicht manipulieren lässt. Blockchain-Technologie würde dies heutzutage sogar noch vereinfachen. Gerade letzteres Projekt wäre eins, in welchem Technologie einen gesellschaftlichen und nicht rein wirtschaftlichen Impact hätte. Ich hoffe, dass ich mein Wissen in der Zukunft auch stärker hier zur Anwendung bringen kann.

t3n.de: Das Schlimmste als CTO ist…?

Die Aufgaben eines CTOs in einer Zehn-plus-Leute-Organisation sind vor allem strategischer Natur. Manchmal vermisse ich es, operativ stärker mitzumachen. Auf der anderen Seite hat man die Möglichkeit, die Richtung einer Firma zu bestimmen – da ich auch für das Thema Research verantwortlich bin, sogar die Richtung einer ganzen Branche.

t3n.de: Was wird der nächste große Hype im Web?

Wir haben seit Anfang des Jahres ein Amazon Echo daheim. Das Ding funktioniert einfach erschreckend gut. Mir kommen täglich zig Ideen, die man damit machen könnte. Vielleicht könnte ich von Alexa Finnisch lernen? Hier kommen Machine Learning, Schnittstellen und Mashups ins Spiel. VR und Augmented Reality finde ich auch spannend. Nicht zuletzt Blockchain, aber da wird sicher noch eine Menge Wasser den Rhein runterfließen, bis wir hier im Mainstream ankommen. Da habe ich eine differenzierte Meinung, aber das würde hier den Rahmen sprengen.

t3n.de: Welches sind deine Lieblingswebsites zu den Themen Webentwicklung und Sicherheit?

Ich lese viel auf Medium, diverse Newsletter und Podcasts, eine Mischung von Company Blogs (zum Beispiel von HashiCorp, Airbnb Engineering), Coindesk, The New Stack und natürlich Geek & Poke, weil das Entwickler-Leben auch humorvolle Seiten hat.

t3n.de: Danke für das Interview, Peter! 

 

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