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Interview

„Hier arbeitet niemand für ein deutsches Gehalt“: Über das Gründen in San Francisco

Ist San Francisco und das angrenzende Silicon Valley ein guter Standort für die Gründung eines Startups? Für unsere t3n-Themenwoche hat unser Korrespondet Andreas Weck den deutschen Unternehmer Roman Weishäupl getroffen und mit ihm über die Vor- und Nachteile gesprochen.

7 Min.
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San Francisco – das Mekka der IT-Szene. (Bild: Flickr-David McSpadden / CC-BY-2.0)

San Francisco und das Silicon Valley haben eine magische Anziehungskraft auf Internet-Unternehmer. Und das kommt nicht von ungefähr. Hier hat die digitale Revolution begonnen: Google, Apple und Co. haben von dem kalifornischen Tech-Mekka aus die Welt erobert, und noch heute profitiert die Gegend von der Anwesenheit dieser IT-Riesen. Der Pool an Talenten ist riesig und Investoren haben sich niedergelassen, um nach dem nächsten großen Ding zu suchen, das sie finanziell unterstützen können. Neue Startups wollen von diesen strukturellen Vorteilen natürlich profitieren. Und so hat sich ein eigenes Tech-Ökosystem entwickelt, das seinesgleichen sucht.

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Unter den zahlreichen Gründungen befinden sich auch einige, die von Deutschen ins Leben gerufen wurden. Sie haben sich gegen einen Standort im eigenen Land und für den Versuch an der US-amerikanischen Westküste entschieden. Wir haben uns mit Roman Weishäupl, dem Mitgründer von Twyxt, über die positiven und negativen Seiten einer Gründung in San Francisco und dem Silicon Valley unterhalten. Twyxt ist eine App, die hilft, gemeinsame Termin und die Kommunikation unter Paaren digital zu managen. Seit zwei Jahren arbeitet er zusammen mit seiner Schwester und einem zweiköpfigen Team an der Idee.

Der deutsche Gründer Roman Weishäupl über die Vor- und Nachteile einer Gründung in San Francisco

Roman und Bianca Weishäupl über die Vorteile einer Startup-Gründung in San Francisco: „Wer rüberkommen will und Hilfe braucht, dem wird auch geholfen.“. (Foto: Andreas Weck)

Roman und Bianca Weishäupl über die Vorteile einer Startup-Gründung in San Francisco: „Wer rüberkommen will und Hilfe braucht, dem wird auch geholfen.“ (Foto: Andreas Weck)

t3n.de: Roman, du hast mit zwei Partnern zusammen ein Startup gegründet und dich bewusst bei der Auswahl des Standortes für San Francisco entschieden. Warum?

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Roman Weishäupl: Da gab es einige ausschlaggebende Gründe. Wir Gründer waren in der Welt verstreut – Bianca in Mexico, unser damaliger Mitgründer Tyson in Miami und ich in Berlin. Keine der Städte schien für uns eine perfekte Option für eine Gründung zu sein. Zudem hatten wir damals überhaupt keine Erfahrung mit Tech-Produkten, nur die Idee in unseren Köpfen. Wir mussten also an einen Ort, an dem es genug Wissen gab, das zudem gerne geteilt wird, damit auch unsere Firma davon profitiert. Zudem hatten wir zwar alle gute Jobs und eine Karriere, aber kaum Gründererfahrung. Insofern war der Austausch mit erfahrenen Entrepreneuren von Anfang an ein Kriterium.

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Ebenso wichtig war der Zugang zu Kapital. Wir brauchten Geld und das nicht nur zum Gründungszeitpunkt, sondern auch für künftige Finanzierungsrunden. Als wir noch in der Ideenphase waren, sind wir zu dritt in die Bay-Area geflogen, um unseren Dienst auf einen möglichen Erfolg zu validieren. Was denkt beispielsweise das Silicon Valley über eine App für Paare? Nach zwei Wochen, ein paar Meetings und diversen Pitches waren der erste Investor gefunden, ein spezialisierter Anwalt klargemacht und die Firma gegründet. Für uns war klar, dass San Francisco die Stadt wird. Alles schien und scheint noch immer perfekt.

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t3n.de: In Deutschland steht man in der Regel vor einem Wust an bürokratischen Hürden, die Zeit und Nerven kosten. Wie lange hat die Firmengründung bei euch gedauert?

Weishäupl: Das ging ziemlich schnell und dauerte nur ein oder zwei Wochen. Uns wurde ein Anwalt empfohlen, der quasi alles für uns gemacht hat und eine Art Starterpaket anbot: Er stand uns mit der Firmengründung, Registrierung, der Auswahl einer geeigneten Bank, der Beschaffung von Kreditkarten sowie mit Dokumenten und Beratungstätigkeiten bezüglich der ersten Finanzierungsrunde zur Seite. Ich glaube wir haben dafür in etwa 2.000 US-Dollar hingelegt. Das passierte alles im Schnelldurchlauf und war für uns extrem unkompliziert.

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„Neue Unternehmen entstehen in San Francisco wie am Fließband.“

Alles wurde von Anfang an so geplant, dass zukünftige Investoren angesichts juristischer Kriterien nichts zu bemängeln haben und eben auch später gar keine Hürden entstehen würden. So gründet man zum Beispiel nicht irgendwo in den USA, sondern in der Regel im Bundesstaat Delaware – wo auch die Steuern günstig sind. Der Erfahrungsschatz war so hoch, dass die Gründung vollautomatisiert ablief. Neue Unternehmen entstehen hier eben wie am Fließband. Auch hinsichtlich der Verteilung der Anteile und der Absicherung durch das sogenannte „Vesting” waren wir unerfahren. Für unseren Berater war das aber so normal wie der Kaffee bei Starbucks. Wir konnten direkt loslegen und am Produkt arbeiten, die Firmengründung verlief komplett parallel.

t3n.de: Welche Rolle spielt die Auswahl des Firmenstandortes gegenüber nicht-amerikanischen Investoren? Wirkt die Tatsache, dass ihr Nahe dem Silicon Valley in San Francisco sitzt, in irgendeiner Weise positiv auf Geldgeber?

Weishäupl: Jein. Der Nachteil war, dass die ganzen europäischen und deutschen Fördertöpfe für uns versperrt waren. Wir konnten uns auch nicht für den German Silicon Valley Accelerator bewerben, was wir gerne getan hätten. Auf der anderen Seite ist es förderlich, wenn Investoren wissen, dass wir uns in einer sehr guten Infrastruktur befinden, einen Zugang zu Erfahrung, Wissen und einem großen Pool an talentierten Mitarbeitern haben. Am Ende ist für Investoren aber nur eins wichtig: die Aussicht auf Gewinn. Dass wir hier bessere Rahmenbedingungen vorfinden, um Anteile zu verkaufen beziehungsweise einen großen Exit zu landen, ist für Investoren nicht ohne Bedeutung. Hier zirkuliert einfach mehr Geld und das vermindert auch das Risiko für nicht-amerikanische Investoren.

t3n.de: Wo liegen deiner Meinung nach die größten Nachteile am Standort San Francisco für Jungunternehmer wie ihr es seid?

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Weishäupl: San Francisco ist auf jeden Fall eine finanzielle Herausforderung. Zum einen sind die Mieten schwindelerregend hoch. Zum anderen lassen Mitarbeiter sich auch gut bezahlen – sie müssen ja selbst die horrenden Mieten oder Hypotheken sowie den hiesigen Lebensstil bezahlen. Bei Google und Facebook nebenan gibt es tolle Gehälter und natürlich auch die ganze Spaßkultur inklusive. Klar kann man durch Anteile und Erfolgsaussichten auch Talente von den Großen abwerben, aber für ein deutsches Gehalt arbeitet hier keiner. Ein iOS-Entwickler will da schon mal 10.000 Dollar im Monat und ein paar Anteile haben. Da hast du schnell eine monatliche Burn-Rate von 30.000 bis 50.000 Dollar zusammen, die man bedienen muss, wenn man weiter entwickeln will. Talente wandern auch schnell ab, nach dem Motto: Auf der anderen Straßenseite zahlen sie gerade besser, also geh ich da hin! „Hire and fire“ ist eben auch „Start and Quit“ – das kann man keinem übel nehmen, aber man muss es natürlich wissen und versuchen einzukalkulieren. Für viele ist dann Outsourcing eine Notwendigkeit.

Ein weiterer Nachteil ist natürlich die Masse an Startups, die hier vor Ort sind. Die Konkurrenz ist sehr groß. Hier bist Du einer von so vielen, da kann man schnell mal untergehen. Vor allem, wenn man am Anfang keine Kontakte zur Tech-Szene hat. Klar lässt sich das aufbauen, aber auch hier ist man erst mal ein kleiner Fisch im großen Teich. Und so lange man noch keinen Erfolg vorweisen kann oder irgendwie anders überzeugt, hört man einem vielleicht zu, aber mehr auch nicht. Das dürfte in Frankfurt sicher anders laufen. Und ja, dann gibt es noch für viele Deutsche das gute alte Visumsproblem.

Roman Weishäupl: „Wer schlussendlich aber an US Kapital kommen will, muss den Weg in die USA finden.“ (Foto: Andreas Weck)

Roman Weishäupl: „Wer schlussendlich aber an US Kapital kommen will, muss den Weg in die USA finden.“ (Foto: Andreas Weck)

t3n.de: Hattet ihr denn Visa-Probleme?

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Weishäupl: Ach, das war alles so kompliziert, teuer und zeitaufreibend. Du kannst zwar als Nicht-Amerikaner eine Firma gründen, sie besitzen oder Anteile haben, darfst aber nicht dafür ohne Arbeitserlaubnis im Land arbeiten. In der Regel gibt es da zwei Möglichkeiten: Das H-1B- oder das E2-Visum.

Beim H-1B-Visum bist du Angestellter deiner Firma und musst nachweisen, dass nur du die Position ausfüllen kannst. Argumente sind beispielsweise, dass deine akademische Qualifikation absolut erforderlich ist und du keinen Amerikaner findest, der den Job machen könnte. Etwas dämlich, aber so läuft das. Du musst Anzeigen schalten, ähnliche Beispiele finden und das Unternehmen validieren lassen. Für uns war das aber noch mal komplizierter, da meine Schwester und Mitgründerin Bianca verheiratet war und somit auch eine Arbeitserlaubnis für ihren Mann brauchte, was beim H-1B nicht der Fall ist.

Wir haben uns dann gemeinsam für die zweite Variante entschieden, nämlich für das Investorenvisum E2. In kurz: Die Firma ist X wert, wir haben Y Anteile durch unser geistiges Eigentum in Form von Summe Z eingebracht und galten somit als Investor. Gleichzeitig konnten wir aber auch Eigentümer bleiben und uns einen Gehaltscheck aushändigen. Nachdem die Umstände durch Gutachten und Prüfberichte nachgewiesen wurden, hatten wir ein Dreivierteljahr später das Visum.

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t3n.de: Welche wichtige Erfahrung oder welchen Tipp würdest du deutschen Gründern noch mit auf den Weg geben?

Weishäupl: Jeder Unternehmer hat überall seine Herausforderungen und muss sie meistern. Wer allerdings überlegt, in San Francisco zu gründen beziehungsweise ein Büro zu eröffnen, sollte den richtigen Zeitpunkt abwarten. Hier mit einem Pitchdeck aufzuschlagen, kann funktionieren, ist aber auch kompliziert und gelingt nur ganz wenigen Personen. Es ist überhaupt nicht verkehrt, erst mal in Deutschland zu gründen, sein MVP (Minimum Viable Product, Anm. d. Red.) aufzubauen und nur zum Schnuppern in die USA zu kommen. Wer schlussendlich aber an US-Kapital kommen will, muss den Weg in die USA finden. Kurze Wege sind für die hiesigen Investoren enorm wichtig. Mein Tipp wäre also: Kommt her und schaut euch das Treiben an. Wer rüberkommen will und Hilfe braucht, dem wird auch geholfen. Ich biete mich da auch gerne zum Austausch an.

t3n im Silicon Valley

Andreas WeckAndreas Weck hat 2014 für t3n aus San Francisco und dem Silicon Valley über neue Trends, spannende Tools und interessante Orte des Tech-Epizentrums berichtet. Sein Eindruck: Im Valley gibt es viele schlaue Köpfe und genauso viele bekloppte Geschäftsideen. / Twitter, Facebook.

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Dein t3n-Team

Berolino

Ich hoffe die Gehälter gelten nur für absolute Cracks. Ich bekomme als Webentwickler gerade mal 1100 netto in Berlin.

Antworten
Danny

In Berlin werden auch keine guten Gehälter gezahlt. Zurecht überhyped einfach. Für 1100€ würde ich net als Entwickler arbeiten.

Antworten
SamuelS

@Berlino: wahnsinn, dass ist ja echt ein Hungerlohn. Wieviel arbeitest du pro Woche? bist du Festangestellt?

Sehr interessanter Bericht/interview. Vielen dank

Antworten
Vivian

Wohne und arbeite im Silicon Valley als WebDev. Die Gehälter sind hier wirklich sehr hoch. Von 80.000 USD aufwärts … Allerdings geht davon ein guter Batzen fürs Wohnen drauf, weswegen man das ganze anders betrachten muss. Häuser gehen hier generell ab 500.000 USD los, wenn du keinen Schuppen ausserhalb der Stadt haben willst. Zwei-Zimmer Wohnung geht ab 1.600 USD los … in Berlin bekomme ich dafür sicher mehr Zimmer in zentraler Lage.

Die Dichte an talentierten Leuten ist hier aber auch unheimlich hoch, sodass die grossen Unternehmen relativ stark aussieben können. Wenn du kein Spezialgebiet hast oder Super-Allrounder bist wird es schwer.

Die Löhne in Deutschland sind zwar nur ein Bruchteil – dafür gibt es aber ein Nahverkehrssystem und günstigere Mieten.

Antworten
tiptronic

Das ist im Grunde *exakt* wie in München… außer dem Visa-Problem ;)

Antworten
VZ Media

80000 $ ist natürlich ein gutes Einstiegsgehalt und Mietpreise finde ich jetzt nicht hoch, wenn man 2 Zimmer ab 1600 $ bekommt. In Zürich ist es teurer, Gehälter sind aber ähnlich hoch.
Die Frage ist, wieviel in den USA vom brutto letztendlich in den Taschen landet?

Antworten
Vivian

Generell bezahlt man in den USA wesentlich weniger Steuern. Es sei denn, man wohnt in Kalifornien. Dort gibt es die höchste State-Tax, sodass man am Ende bei rund 35% landet. Evtl. auch weniger bei 80k.

Allerdings ist es mit der Krankenversicherung ein wenig anders, sodass diese im Zweifel mehr Kosten kann als in Deutschland.

Ebenso ist der Einkauf in Supermärkten gut doppelt so teuer wie in Deutschland.

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