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Fab Europe: Chronik eines E-Commerce-Desasters [Update]

Wer ein Faible für erschwingliches Alltagsdesign hat, muss sich auf eine herbe Enttäuschung gefasst machen: Fab.com ist in Europa zu einem Shop für maßgeschneiderte Möbel zusammengestaucht worden. Wie konnte es so weit kommen?

Von Lea Weitekamp
4 Min. Lesezeit
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In Zukunft wird es bei Fab Europe nur noch Möbel geben. (Bild: Jason Goldberg, via Slideshare)

Update vom 23. Mai 2014: Die Talfahrt von Fab setzt sich jetzt auch international fort. Wie das E-Commerce-Startup in einer internen E-Mail mitteilt, verlieren weitere 80 bis 90 Mitarbeiter am Standort New York ihren Job beim Händler für maßgeschneiderte Möbel. Damit schrumpft die Belegschaft auf nunmehr 30 Beschäftigte in New York und 200 insgesamt über alle Standorte gerechnet. Zum Vergleich: In Spitzenzeiten waren rund 700 Menschen bei Fab angestellt. Während die Investoren beteuern, das Startup könne es noch zurück auf die Erfolgsspur schaffen, häufen sich stattdessen die Anzeichen für das Gegenteil.

Fab Europe: Regalsysteme statt „Everyday Design“

Die Fab-Vision ist geplatzt.

Wo sich bis vor kurzem noch individuelle Mode, Haushaltsprodukte und Accessoires getummelt haben, präsentiert sich dem Besucher von eu.fab.com jetzt eine Auswahl von Regalen, Tischen, Sofas und Betten. Was ist aus Fabs Idee geworden, die Welt ein bisschen bunter zu machen? Großartiges Design in alle Haushalte zu bringen und jedem ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern? Nun, diese Vision bleibt vorerst den Amerikanern vorbehalten. Im US-Shop gibt es die bisherigen Kategorien weiterhin, für die Öffnung des Versands nach Europa hat das Unternehmen aber nach eigenen Angaben noch keinen Zeitraum festgelegt.
In Zukunft wird es bei Fab Europe nur noch Möbel geben. (Bild: Jason Goldberg, via Slideshare)

In Zukunft wird es bei Fab Europe nur noch Möbel geben. (Bild: Jason Goldberg, via Slideshare)

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Hinter der Neuausrichtung, die die Europa-Kunden von Fab sicher überraschen dürfte, steht eine Kette an Ereignissen, die sich rückblickend wie eine Chronik des Scheiterns liest. Bemerkenswert dabei: Anfang 2013 ging es für Fab genauso steil bergauf, wie die Talfahrt in der zweiten Jahreshälfte ihren Lauf genommen hat.

Fab.com-Chronik: Auf- und Abstieg eines E-Commerce-Wunderkinds

  • Anfang 2013 wird das Unternehmen mit über einer Milliarde Dollar bewertet.
  • Im Februar wird Fab von FastCompany zur Nummer 5 der innovativsten Firmen in 2013 gewählt.
  • Im Juni 2013 sammelt Fab im Rahmen einer Series-D-Finanzierungsrunde 150 Millionen US-Dollar ein. Damit belaufen sich die Gesamt-Investments in das Unternehmen auf über 300 Millionen Dollar.

Und dann wendet sich auf einmal das Blatt:

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  • Wenige Wochen später entscheidet sich CEO Jason Goldberg, Fab zunächst stabil und rentabel zu machen, statt auf Basis von Risikokapital weiter zu wachsen.
  • Im Juli 2013 werden mehr als 100 Mitarbeiter des Berliner Fab-Büros entlassen, circa 15 Prozent der Gesamtbelegschaft. Chief-European-Officer Maria Molland kündigt ihren Ausstieg aus dem Unternehmen an.
  • Im Oktober kostet eine erneute, diesmal weltweite Entlassungswelle weitere 101 Angestellte ihren Job. CEO Jason Goldberg kündigt an, 2014 auf sein Gehalt zu verzichten.
  • Im November setzt sich der Brain-Drain bei Fab fort: Neben Co-Founder Bradford Shellhammer verlässt auch COO Beth Ferreira das Unternehmen. Im selben Monat werden Pläne bekannt, weitere 50 Stellen abzubauen.
  • Am 7. Januar erfolgt die überraschende Ankündigung, dass Fab sich in Europa künftig ausschließlich auf Customized Furniture, also maßgeschneiderte Inneneinrichtung, konzentrieren wird (zuerst bei Tech.eu).

Die Gründe für das Scheitern von Fab.com in Europa

Wenig zu Lachen: Fab-CEO Jason Goldberg muss seine Firma gesund schrumpfen.

Wenig zu Lachen: Fab-CEO Jason Goldberg muss seine Firma gesund schrumpfen.

Der Absturz von Fab Europe hat sich weder schleichend noch leise vollzogen. Auch über die Gründe wird öffentlich diskutiert. So sieht Jason del Rey von AllThingsD Fabs Wurzeln im Bereich der Flash-Sales, dem Abverkauf limitierter Produktmengen in einem begrenzten Zeitfenster, als Hauptproblem an. Zwar ist Fab.com mit diesem Konzept groß geworden, sowohl in den USA als auch in Europa – wie del Rey ausführt, allerdings mit viel zu hohen Personalressourcen. Im April 2013 hat Goldberg erstmals die Abkehr von diesem Geschäftsmodell angekündigt, die damit verbundene Neustrukturierung war auch der Grund für die starke Dezimierung der Berliner Belegschaft.

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Goldberg selbst hat diese Woche in einem eigenen Blogpost seine Einsichten aus den vergangenen Monaten zusammengetragen. Hier äußert er sich durchaus selbstkritisch zu unternehmerischen Fehlentscheidungen, wie etwa der willkürlichen Ausdehnung des Produktportfolios im Verlauf von 2013:

Ich gebe offen zu: Wenn du dein Einkommen jedes Jahr um 500 Prozent steigerst und über Nacht zum Medienliebling wirst, ist es hart, die Perspektive zu wahren. Bei Fab hatten wir die Perspektive ohne Zweifel verloren. Wir hatten begonnen, in Milliarden zu träumen – stattdessen hätten wir uns darauf konzentrieren müssen, jeden Tag ein bisschen besser zu machen als den Tag davor.

Goldberg gibt sich geläutert und will seine Arbeitskraft jetzt stärker als bisher in den Dienst der Kunden stellen.

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Ist das das Ende von Fab Europe?

Wohl noch nicht ganz. Fab hat im Verlauf der letzten zwölf Monate eine unternehmerische Achterbahnfahrt hingelegt, aber es wäre nicht das erste Unternehmen, dem es gelingt, sich gesund zu schrumpfen.

Brand Awareness bleibt ein Fab-Asset.

Jeff Jordan, Board-Member bei Fab und Partner bei dessen Investor Andreessen Horowitz, sieht durchaus Vorteile, die aus der Zeit der Flash-Sales geblieben sind, etwa den großen Kundenstamm und eine starke Brand-Awareness. Das dürfte auch für Europa gelten – bleibt abzuwarten, ob es Fab gelingt, sich diese Assets richtig zunutze zu machen.

Anmerkung: Noch ist unklar, ob Fab.com sein Portfolio in Europa zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausbauen will. Bisher gab es dazu keinen Kommentar.

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15 Kommentare
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Dein t3n-Team

sdvsdv

Nie vorher von gehört.

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Horst

@sdvsdv: Vielen Dank für diese Information!
Wenn man sich eher wenig für die E-Commerce Landschaft interessiert, kann das durchaus sein…

Antworten
sdvsdv

Lieber Horst, das war eher ein Hinweis darauf, dass Beiträge zu Firmen die kein Schwein kennt, recht überflüssig sind.

Antworten
Horst

@sdvsdv: DU kennst die nicht, also sind solch egoistischen Kommentare überflüssig.

Antworten
Ajs

@sdvsdv
Gegenvorschlag: scheinbar scheint fab so relevant zu sein, dass du es dir mal ansehen solltest, falls du im ecommerce Bereich unterwegs bist. Deine Aussage klingt eher nach:“was ICH nicht kenne hat keine Relevanz“. :)
Fab ist durchaus interessant, da hier verschiedene Punkte zusammen kommen. Einerseits eine interessante Mechanik, andererseits eine schnelle Entwicklung eines Geschäftsmodells ohne hohes Werbebudget durch sehr gutes Empfehlungsmarketing und ein besonderes (und für mich relevantes) Produktportfolio.

Antworten
Schwarzes_Einhorn

Tja, ich war jedenfalls Kunde von Anfang an – der Spruch, daß man lächelt, wenn die Ware kommt, stimmte durchaus. Nach anfänglichen Problemen klappte auch Versand und Zahlung sehr gut.

Und nun hat das ganze nicht mal mehr andeutungsweise damit zu tun, weswegen ich mich seinerzeit angemeldet habe. Ich habe um Löschung meiner Daten gebeten.

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guncoon

Bashing auf BILD Niveau is doch albern Leute! ;)

Ich finde den Artikel übrigens ganz spannend – vor allem zu sehen, dass nach dem grossen Hype im letzten Jahr wieder mal ein hochgelobter E-Com Schuppen nach Strategiewechsel den Bach runtergeht und zum IKEA der Internetnutzer wird..

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Michael

Bei so einer rasanten Fahrt verliert man leider leicht mal den Blick fürs wesentliche. Und das ist bei FAB in meinen Augen passiert. Und gerade im Ecommerce muss man sich treu bleiben und gleichzeitig darauf acht geben, dass man bereit ist zu testen um das beste aus dem jeweiligen Projekt rauszuholen.

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WerbeCheck

@sdvsdv: Wer fab nicht kennt, noch nie etwas davon gehört hat und diese Firma und Berichte darüber für uninteressant hält, der war wohl über einen sehr langen Zeitraum auf einer einsamen Insel.

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DjProfi

Der rasante Aufstieg von Fab war schon beeindruckend. Dennoch musste es früher oder später so kommen. Die Hohe Mitarbeiterzahl bzw. Personalkosten konnten vom Umsatz langfristig nicht gehalten werden.

Antworten
aristokrat

@Ajs:

Dann bist du gay :-D

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Martinez

Hier habe ich eine über „E-Commerce in Europa: Trends bis 2017“ geschrieben
http://www.emart-digital.com/e-commerce-europa-starksten-wachtumsmarkten-2012-2017/

Antworten
Riccabona.eSolutions

Lies mal Korrektur, pls … ;)

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