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Such dir tätowierte Studenten – wie Unternehmen fit für die Digitalisierung werden

Bestehendes auf Links drehen und Neues ausprobieren liegt nicht gerade in der DNA tradierter Unternehmen. Doch genau diese Offenheit braucht es, um die digitale Herausforderung zu meistern. Wo gewachsene Kulturen bremsen, helfen externe Exoten.

Von Alexandra Vollmer
4 Min. Lesezeit
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Ein mutiger Blick von außen: Gerade bei disruptiven Prozessen helfen externe Inpulse. (Foto: Pressmaster/Shutterstock)

Wenn Unternehmen vor einer echten digitalen Herausforderung stehen. Wenn sie sich bewusst machen, dass es nicht nur darum geht, eine Website zu bauen und Produktbestellungen via PDF anzubieten. Wenn ihnen klar ist, dass es um nichts weniger als um die Veränderung des Geschäftsmodells geht. Dann ist der Begriff „Disruption“ – die Störung – nicht mehr weit weg. Doch was heißt das konkret? Wen oder was sollen Unternehmen „stören“? „Wir mussten dieses abstrakte Gerede um Digitalisierung und Disruption erst einmal auf uns zuschneiden. Wir wollten verstehen, was dahinter steckt und was es für uns selbst bedeutet“, erinnert sich Frank Haberstock, Mitglied der Geschäftsleitung der Firma Perschmann. Die Firmengruppe aus Braunschweig, hat erkannt, dass die tradierten Geschäftsmodelle an ihre Grenzen stoßen werden und sich auf den Weg gemacht. „Die hauptsächliche Schwierigkeit bestand darin, konkrete Disruptions-Ansätze zu finden. Wie fängt man an? Womit? Und mit wem?“, beschreibt Haberstock die Situation vor vier Jahren.

Der Mannschaft Zeit geben

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In tradierten Unternehmen sind die notwendigen Kompetenzen für eine Digitalisierung des Geschäftsmodells oft nicht vorhanden. „Na klar läufst du erst mal in die IT und fragst: ‚Hey – wo sind denn hier die innovativen Ansätze für unser Geschäftsmodell? Und wo geht’s denn bitte in die Abteilung für Digitalisierung‘, erzählt Haberstock. „Vermutlich ist die Resonanz in den meisten Fällen ähnlich: ‚Sorry, wir verwandeln uns gerade von der klassischen IT in Business Technology. Bitte warten, bitte warten, bitte warten…“ Der Aufbau von Kompetenzen im Unternehmen braucht einen langen Atem. „Die richtigen Leute lassen sich in der Regel nicht so einfach akquirieren. Je nach Einzugsgebiet ist es verdammt schwer, passende Talente aufzuspüren“, weiß Haberstock aus eigener Erfahrung. „Und wenn es welche gibt, haben diese oft ‚Höheres‘ im Sinn als einen E-Shop zu betreuen. Bevor wir hier wertvolle Zeit verschwenden und uns dann doch nur die Beine brechen, haben wir uns lieber jemanden gesucht, der uns von außen unterstützt.“

Neu statt Update

Externe bringen noch einen weiteren Pluspunkt mit. Sie können spielend, wozu Interne schlicht nicht in der Lage sind: das Unternehmen aus den bekannten Sphären herauskatapultieren. Was es bei großen Veränderungen vor allem braucht, sind echte Impulse. Diese seien aus eigener Kraft kaum zu generieren. „Sich als Experte für sein Geschäftsmodell mit dem Thema Zukunftsfähigkeit auseinander zu setzen, liegt zwar erst einmal nahe. Allerdings führen die Ideen und Ansätze meist nicht weit genug“, so Haberstock. „Anfangs haben wir ‚nur‘ Themen gefunden, die eher den Charakter eines „digital update“ hatten – allerdings keine, die wirklich ‚digital new‘ waren. Hierzu brauchte es vor allem Gespräche mit Unbeteiligten. Mit Menschen, die wirklich ‚von außen‘ auf uns und unser Geschäftsmodell schauten und so gegebenenfalls auch liebgewordene Themen in Frage stellten.“

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Bärte mit Bulldozern

Vertrautes in Frage zu stellen, ist hart. Noch dazu, wenn das Unternehmen seit Jahrzehnten erfolgreich am Markt tätig ist. Dann hat sich das Verständnis von der Art und Weise, wie das Geschäft funktioniert, nahezu zementiert. „Man weiß, wie’s geht“, bestätigt Haberstock dieses Selbstverständnis. Doch dann kämen Begriffe wie Big Data, Data Mining, Personas, Onlinemarketing; Internet of things, Machine Condition Monitoring – und plötzlich verändere sich um einen herum alles. „Tief im Inneren weiß man zwar, dass sich das Geschäftsmodell überlebt hat. Doch es aktiv zu zerstören, das tut verdammt weh“, erinnert sich Haberstock. Jenseits der Unternehmensgrenzen sähe das ganz anders aus. Da seien die Befindlichkeiten naturgemäß kleiner. „Den Studenten mit den langen Bärten und den tätowierten Unterarmen beispielsweise gelingt das spielend, weil sie sich einen Dreck um das etablierte Wissen scheren“, beschreibt Haberstock die Herangehensweise der eher ungewöhnlichen Unternehmensberater. Die tätowierten Studenten stünden sinnbildlich für die „anderen“, die Andersdenkenden, die sich wenig aus Strukturen, Abläufen und Organigrammen machen.  „Wenn du ‚denen‘ erklärst, wie du dein Geschäft machst, dann merkst du bereits an den Rückfragen, das es jetzt ein wenig abstrakter wird“, erinnert sich Haberstock an seine Gespräche mit Studenten in Berlin.

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Business Blogger besuchen

Nun stehen die kreativen „Studentenbuden“ nicht im klassischen Beraterverzeichnis. Wo finden Unternehmen denn die für sie passenden „Geschäftsmodell-Zerstörer“? „Das kommt darauf an, aus welcher Branche das Unternehmen kommt und was es konkret für Ziele hat“, so Haberstock. Für einen Händler sei es beispielsweise wichtig, sich andere Händler anzuschauen- Händler, die nicht zwangsweise aus der gleichen Branche kommen müssen, sondern vor allem eine herausragende digitale Kompetenz mitbrächten. Daraus ließen sich gute Schlüsse für das eigene Geschäft ziehen. „Bei Perschmann haben wir beispielsweise die Amazon-Business-Blogs im Netz verfolgt und die Blogger besucht“, so Haberstock.

Berührungspunkte schaffen

Nun ist es mit einer Truppe bärtiger Studenten nicht getan. „Das Geschäftsmodell auf links zu drehen und fit für die digitale Herausforderung zu machen, ist eine Riesen-Veränderung“, kommentiert Haberstock die Herausforderung. „Wir gehen da einen  Weg, den wir eng begleiten müssen. Und der vor allem Veränderungsbereitschaft der Menschen braucht. Nicht Computer oder Daten.“ Was auf diesem Weg hilft, sind weniger Power-Point-Präsentationen und Appelle, sondern vielmehr echte Begegnungen. „Wir haben bei uns mal so einen ‚digital native‘ zur Belegschaft sprechen lassen – darüber, wie der so auf die Welt schaut. Das hat mit den Leuten wirklich etwas gemacht“, erinnert sich Haberstock. Berührungspunkte zu schaffen mit der Welt, wo man hinwolle, mache das Ziel für alle greifbarer. „Interessiert sein, die Themen ernst nehmen und auch mal anderen zuhören als den üblichen Verdächtigen“, empfiehlt Haberstock. Der Rest sei gesunder Menschenverstand.

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bastimmers

Die Geschichte ist sehr wiedererkennbar. Deswegen haben wir auch ein Workshopkonzept entwickelt um das eigene Geschäftsmodell zu zerstören: killyourownbusiness.de

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