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Twitter-Alternative GNUSocial.de: Wie #RIPTwitter frischen Wind in die Microblogging-Szene bringt [Kolumne]

Das Ende der chronologischen Twitter-Timeline hat in der vergangenen Woche für Aufregung gesorgt. Vor allem Nischen-Netzwerke profitieren davon – und bekommen neue Aufmerksamkeit. Die Aufgeweckt-Kolumne zu GNUSocial.de.

3 Min. Lesezeit
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Es war mal wieder einer dieser Reflexe: Als Buzzfeed in der vergangenen Woche erste Gerüchte über das nahe Ende einer chronologischen Twitter-Timeline veröffentlicht hat, empörte sich die Nutzerschaft und fragte nach Alternativen. Ein recht schnell in Umlauf geratener Gegenvorschlag fand sich in GNUSocial.de, einer deutschen Microblogging-Community, deren Dienst auf der gleichnamigen „GNU-social“-Technologie basiert. Damit wurde nicht nur irgendeine Twitter-Alternative genannt, sondern sogar eine, die auf den Grundgedanken des freien und offenen Internets aufbaut.

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Von Internet-Konzernen gegängelte Nutzer wünschen sich seit Jahren solche dezentralen Plattformen. Dienste, die einen gemeinschaftlichen und keinen kommerziellen Plan verfolgen. Angebote, die Vernetzung zwar ermöglichen, den Anwender aber nicht zum Produkt degradieren. Über die Jahre sind viele dieser Alternativen gekommen und gegangen. Der bekannteste Service dürfte Diaspora sein – ein „Facebook-Killer“, wie es damals hieß.

Doch kaum eine Plattform schafft es tatsächlich, den Massenmarkt zu erobern. Nach einer anfänglichen Aufregung kam in der Regel die blanke Ernüchterung – der notwendige Netzwerk-Effekt blieb fast immer aus. Die Gemeinschaften blieben Nischen.

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Ethik und Solidarität GNUSocial.de ist „eine Community von Microbloggern“... (Screenshot: t3n.de)

Ethik und Solidarität: GNUSocial.de ist „eine Community von Microbloggern“, die sich über einen weltweiten Verbund unabhängiger GNU-Social-Server organisiert. (Screenshot: t3n.de)

GNUSocial.de profitiert von Gerüchten um das Ende der chronologischen Twitter-Timeline

Auch das deutschsprachige GNUSocial.de profitiert derzeit von einem dieser Momente. Die Nutzerzahlen sind nach der Buzzfeed-Meldung schlagartig angestiegen. Auch andere Microblogging-Communities wie Quitter.se, Quitter.es oder GnuSocial.no bekommen ähnlich starke Aufmerksamkeit. Erstere kommt angeblich sogar auf 1.200 Neuanmeldungen in zwei Tagen.

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Darüber können die kommerziellen Social-Media-Big-Player natürlich nur schmunzeln, harte Konkurrenz sieht anders aus. Dennoch sind es diese kleinen Nadelstiche, die hin und wieder auch ein Umdenken bei den Großen bewirken können – vor allem wenn es um die Neugestaltung von Datenschutz-Richtlinien geht.

GNUSocial.de kann auf gute Argumente verweisen, die den Umzug der Nutzer von Twitter beflügeln. Von dem Open-Source-Ansatz mal abgesehen, ist vor allem die Benutzeroberfläche eingängig, da sie im Grunde eine exakte Kopie des kalifornischen Dienstes darstellt. Anmelder erstellen sich ein Profil und bekommen ein @-Handle. Sie fügen eine Kurzbiografie, einen Link und den Wohnort ein.

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Und auch die Timeline verläuft gewohnt chronologisch, was eben auch für den Buzz sorgte. Sie bildet bei Bedarf nicht nur die Aktualisierungen der Freunde und Bekannte ab, sondern lässt sich auch mit Inhalten großer Medienmarken wie der Tagesschau, FAZ_NET und taz.de füllen. Einige Unterschiede: Tweets heißen hier Queets und Anwender twittern nicht, sie quittern. Bemerkenswert zudem: Ein Queet darf bis zu 1.024 Zeichen enthalten.

Einblicke in GNUSocial.de
GNUSocial.de – Profilseite. (Screenshot: t3n.de)

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Doch es ist nicht alles Gold was glänzt, denn Gegenargumente finden sich auch: Längere Ladezeiten sind ein nervenaufreibendes Übel. Ein Nutzer beschwert sich zudem darüber, dass er keine Queets verschicken kann. Es fehle eine Bestätigungs-E-Mail, die die Funktion freischaltet. Ein technischer Fehler, der sicher schnell behoben ist, jedoch im Zweifel darüber entscheidet, ob ein Anwender sich direkt wieder verabschiedet. Auf nimmer Wiedersehen quasi! Im Internet ist die nächste Alternative nur einen Klick entfernt, und der Nutzer hat oft sowieso nur die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches. (Anm. der Red.: Solange der Bug nicht behoben ist, können Nutzer sich auch selbst helfen: Einfach in den Einstellungen im Bereich E-Mail bei der Adresse den Remove-Button klicken und die gleiche Mail-Adresse noch mal angeben. Schon ist die Bestätigungs-Mail unterwegs.)

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„Nutzer haben häufig die Aufmerksamkeits-Spanne eines Goldfischs!“

Dennoch ist es erfreulich, dass das Internet sich noch bewegen kann. Dass eben auch derartige Communities ihre Momente feiern und immer mal wieder aufflackern. Das Netz zentralisiert sich seit Jahren und wird von Internet-Giganten unter sich aufgeteilt.

Ganz vorne dabei sind natürlich Google, Facebook und Amazon, die zu Beginn der Digitalisierung durch große Innovationsleistungen ein starkes Wachstum hingelegt haben. Alltägliche Aufgaben, angefangen bei der Kommunikation zwischen Menschen über das Einkaufen bis zur Suche von Informationen wickeln die Konzerne ab.

Die Buzzfeed-Meldung hat sich übrigens kurze Zeit später in Wohlgefallen aufgelöst. Twitter-CEO Jack Dorsey hat inzwischen dementiert, dass die chronologische Timeline einer algorithmisch sortierten Version weichen muss. Für die Köpfe hinter GNUSocial.de bedeutet das vor allem neugewonnene Zeit, um aktuelle Probleme zu beheben. Und zwar solange, bis die nächste Aufregung für Aufmerksamkeit sorgt und eine neue Nutzerwanderung losbricht.

Vielleicht erleben wir ja dann die häufig herbeigesehnte Netz-Revolution!

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Weitere Kolumnen-Artikel aus „Aufgeweckt“ findet ihr hier. Hier könnt ihr dem Autor zudem auf Facebook und Twitter folgen.

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8 Kommentare
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Dein t3n-Team

vinz

Hi,

ich bin der Admin/Betreiber von GNUsocial.de, daher freut es mich natürlich dass ihr über unser Projekt berichtet.

Zwei Anmerkungen hätte ich noch:
1. Der User der sich über fehlende Mailbestätigung beschwert hat, ist noch da – weil auf sein Problem eingegangen wurde. Natürlich ist das kein Idealzustand, aber es zeigt worauf es bei sozialen Netzwerken ankommt: auf Probleme, Wünsche und Meldungen der Nutzer eingehen. Genau hier ist das GNU Social Projekt im Vorteil gegenüber den großen Playern. Und sollte der Admin eines Nodes Dinge tun, die den Nutzern nicht passen, können Sie recht unkompliziert „umziehen“ – notfalls auf einen eigenen Node.

2. Ein paar Details zum Projekt an sich:
GNUSocial (früher: StatusNet) ist nicht so neu wie der Artikel vermuten lässt, unter dem Namen Laconica wurden die ersten Versionen bereits 2008 veröffentlicht. Gnusocial.de gibt es bereits fast 2 Jahre, Quitter.se hingegen schon deutlich länger (4 Jahre ca., genau weiß ich es nicht).
https://github.com/zh/statusnet/graphs/contributors
Damit ist das Projekt fast so alt wie der große blau-gefiederte Player.

Achja:
Später folgende Projekte wie Diaspora* und Friendica können übrigens mit GNU Social kommunizieren, eine plattformübergreifende Vernetzung ist möglich.

Gerne beantworte ich weitere Fragen, liebes T3N-Team. Aber – bitte, bitte! – versucht nicht mich anzutwittern. ;-)

Antworten
Andreas Weck

Hey Vinz, danke für deine weiteren Informationen! Momentan haben wir keine Fragen mehr. Nicht antwittern, ist notiert! ;)

viele Grüße, Andreas

Antworten
Heiko

Ich hätte da noch zwei kleine Anmerkungen zu dem Artikel:
1) Das mit den 1024 Zeichen ist eine Einstellung des Admins. Es gibt auch noch GNUSocial-/StatusNet-Instanzen, die ein anderes Zeichenlimit (z.B. 140 Zeichen) haben.
2) „Queet“ und „Quittern“ sind keine fixen Begriffe bei GNUSocial-/StatusNet-Nutzern. Viele, die seit identi.ca (vor der Umstellung auf pump.io die größte StatusNet-Instanz) dabei sind, verwenden z.B. „Dent“ und „Posten“, es kann also im Prinzip jeder die Begriffe nutzen, die ihm am besten „passen“.

Antworten
praetoriuss

Übrigens ist auch die Qvitter – Oberfläche (die „Twitter – Kopie“) keineswegs alternativlos. Die „Klassische Ansicht“ von GnuSocial kann über die Einstellungen in GnuSocial.de ebenfalls ausgewählt werden und bietet, neben einer anderen Optik, deutlich mehr Optionen und Möglichkeiten als die standardmäßig angezeigte Qvitter – Oberfläche.

Antworten
grep

Hallo …,

GNUsocial, Diaspora. etc., werden sich (noch) durchsetzen …; Datenschutz, Privatsphäre, usw., sind gerade im Begriff ein Primärthema zu werden !
Jeder Nutzer von Facebook, Twitter und Konsorten bezahlt betreffende Dienste mit seinen privaten Daten … denn diese Netzwerke sind weder sozial noch kostenfrei.

Aus unserer Naivität, Bequemlichkeit, Unwissenheit und Gleichgültigkeit wird Kapital geschlagen – so sieht die Realität aus.
Jetzt nachdenken, umdenken, handeln – Netzwerke wechseln … für ein wirklich soziales Miteinander.

Ciao, Sascha.

Antworten
maurice

Eine tolle Sache, ich habe mich auch direkt registriert.

Ich habe aber die Befürchtung, dass es alle Twitter-Alternativen sehr schwer haben werden, solange es keine guten Clients fürs Smartphone gibt. Ich glaube damit steht und fällt derzeit wirklich jede Alternative.

Ansonsten finde ich die Netzwerkidee hervorragend, genau das ist es, was wir eigentlich brauchen, ein möglichst dezentrales Konstrukt.

Antworten
benediktg

Das mit den Clients ist gar nicht mal so ein großes Problem: Mit Andstatus und Twidere stehen 2 ziemlich gute Programme zur Verfügung. Beide sind natürlich Freie Software, wobei Andstatus etwas funktionaler ausgelegt ist, bei Twidere hingegen wurde noch mehr auf ein schickes Äußeres wert gelegt. Dazu ist der Entwickler (von Twidere) jüngst sehr aktiv geworden, die GNU social-Unterstützung zu verbessern.

Antworten
GrmpyOldMan

Noch eine Anmerkung zum Interface von GNUsocial „vs.“ Quitter – das grafische Zusatzpäckchen „Qvitter“ wurde Mitte 2013 von @hannes2peer angeschoben – mittlerweile hat sich um dieses Paket aber auch eine fürsorgliche internationale Community gebildet [1,2].

Durch den optischen Effekt der Ähnlichkeit zu Twitter gab es immer wieder „Wellen“ von Leuten, die nach Quitter.se zusätzlich wechselten. Das wurden zwischenzeitlich so viele, dass nach einem Aufruf dann glücklicherweise die .es .no .is und noch weitere Instanzen entstanden.

[1] https://github.com/hannesmannerheim/qvitter/graphs/contributors
[2] https://git.gnu.io/h2p/Qvitter

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