Anzeige
Anzeige
Analyse
Artikel merken

Hausverbot im Onlineshop: Was der Händler darf und was nicht

Im letzten Jahr erteilte Amazon einigen unliebsamen Kunden Hausverbot, und auch bei kleineren Shops kommt es vor, dass man Kunden nicht mehr beliefern will. Doch wann darf der Händler das überhaupt?

6 Min. Lesezeit
Anzeige
Anzeige

Hausverbot online: Auch ein Online-Händler hat unter bestimmten Bedingungen ein Recht darauf, Bestellungen zu verweigern. (Foto: Imilian / Shutterstock)

Die meisten Online-Händler dürften so etwas kennen: Unliebsame Kunden, die sich den Großbildfernseher für die Fußball-WM oder das teure Kleid für eine Veranstaltung bestellen, dann alles zurückschicken und sich auch noch beschweren. Gerade bei den verlängerten Umtauschfristen rund um die Weihnachtszeit kommt es vor, dass Kunden diese über Gebühr ausnutzen. Da wird die Spielekonsole Ende November bestellt und Mitte Januar zurückgeschickt.

Gerne würde man solchen KunAden gar nicht mehr erlauben, bei sich zu bestellen. Und auch Kunden, die ständig Dutzende von Waren bestellen, um dann das Meiste zurückzuschicken, sind Händlern ein Dorn im Auge. Andererseits muss man auch den Kunden verstehen: Der hat gerade bei Modeartikeln und Schuhen keine Ahnung, was von den bestellten Artikeln passen wird und gefällt, und so musst du als Händler akzeptieren, dass auch mal mehr Teile zur Ansicht bestellt werden, bevor sie dann nicht mehr lieferbar sind.

Der Onlinehändler hat per se kein Hausrecht

Anzeige
Anzeige

Doch unter welchen Bedingungen kannst du als Händler dem Kunden den Stuhl vor die Tür setzen und seine Bestellungen überhaupt ablehnen? Tanya Stariradeff, Rechtsanwältin und Beraterin bei Trusted Shops, erklärt, der Inhaber eines Ladengeschäfts könne frei darüber entscheiden, wem er Eintritt in seine Geschäftsräume gewährt. Einen vergleichbaren Fall im Internet gab es auch schon: Da wurde ein „virtuelles“ Hausrecht dem Betreiber eines Internetforums nur zugesprochen, wenn er das Eigentum an der Hardware hat, auf der die Beiträge der Nutzer gespeichert werden, da er unter Umständen für in das Forum eingestellte Beiträge von Nutzern haftet und sich durch Sperrung der Nutzer schützen kann. Doch das betrifft nicht den Online-Händler, höchstens Bestellungen des Kunden. Immerhin: Zwei aktuelle Entscheidungen machen erste Vorgaben, was erlaubt ist und was nicht.

Hausrecht vs. Vertragsfreiheit

Ein Online-Händler zog vor Gericht (LG Ulm, Beschluss vom 13.01.2015, 2 O 8/15), weil er einem Kunden wegen der Verletzung eines Verbots des kommerziellen Weiterverkaufs Hausverbot für seinen Online-Shop erteilt hatte. Der Kunde bestellte aber weiter und wollte keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben. Zu Recht, urteilte das Gericht, denn Online-Händlern stünde kein Hausrecht zu. Durch die weiteren Bestellungen werde der Händler – anders als beispielsweise ein Forenbetreiber – keiner Haftung ausgesetzt. Vielmehr könne er sich auf die Vertragsfreiheit berufen.

Anzeige
Anzeige

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit besagt unter anderem, dass jede Privatperson frei darüber entscheiden kann, ob und mit wem sie einen Vertrag abschließen will oder nicht. Die Vertragsfreiheit gilt zwar nicht ausnahmslos, die Ausnahmetatbestände dürfen im Regelfall jedoch nicht einschlägig sein. Solange kein Vertrag zustande gekommen ist, steht es dir danach als Händler frei, Bestellungen des Kunden nicht anzunehmen. Die Ablehnung muss auch nicht gegenüber dem Kunden begründet werden.

Anzeige
Anzeige

Problematisch sind hingegen die Fälle, in welchen sich der Kunde für eine sofortige Zahlungsart entscheidet. Da der Vertrag die Grundlage für die Pflichten der Parteien bildet, darfst du als Händler vom Kunden keine Zahlung verlangen, bevor der Vertrag zustande gekommen ist – genauso, wie der Händler ohne Vertrag nicht liefern muss. Mit anderen Worten: Verlangt der Händler Zahlung, so darf der Kunde dies als Annahme seiner Bestellung verstehen (AG Dieburg, Urteil v. 21.2.2005, 22 C 425/04). Dies wirkt sich insbesondere bei den Zahlungsmitteln aus, die eine sofortige Zahlung ermöglichen: Paypal, Sofortüberweisung, Paydirekt etc. Wird die Zahlungstransaktion eingeleitet, so bist (auch) du an dem Vertrag gebunden und zunächst zur Lieferung verpflichtet.

Ausnahme ist, wenn du durch die Lieferung der Ware Gefahr liefest, Rechte Dritter zu verletzen oder wenn der Besteller gegen die AGB verstößt und du ihn auf die Rechtsfolge der Nichtlieferung hingewiesen hast, so das Gericht.

Anzeige
Anzeige

Hausverbot durch Sperrung des Kundenkontos

Über die Frage, ob der Händler darüber hinaus das Kundenkonto des Bestellers löschen kann, hatte das OLG Köln (Urteil vom 26.2.2016, 6 U 90/15) zu entscheiden. Nach Auffassung des Gerichts ist die Löschung eines Kundenkontos dann unzulässig, wenn der Kunde nach der Sperrung auf Inhalte nicht mehr zugreifen kann, an welchen er ein Nutzungsrecht erworben hat. Die Entscheidung betraf allerdings die Online-Plattform Amazon und die dort erworbenen Produkte, für deren dauerhafte Nutzung es ein regelmäßiges Aktualisieren der Lizenz braucht.

Im herkömmlichen Online-Shop, wie wohl die meisten Händler ihn betreiben, dürfte die Konto-Sperrung hingegen möglich sein. Besteht die Möglichkeit einer Gast-Bestellung, kannst du dich auch hier auf die Vertragsfreiheit berufen und die Bestellung ablehnen. Ist der Vertrag jedoch bereits geschlossen,  dann dürftest du als Händler auch hier unter den obigen besonderen Voraussetzungen das Recht haben, die Erfüllung des Vertrags zu verweigern.

In anders laufenden Fällen hätte der Kunde aber gute Karten, wenn er eine Lieferung einfordert. Dass er das allerdings tun wird, ist unwahrscheinlich – es sei denn, der Preis ist so außergewöhnlich niedrig, dass es sich lohnt, hierfür einen Rechtsweg zu beschreiten (oder der Kunde ist ein solcher Streithansel, dass es ihm ums Prinzip geht).

Anzeige
Anzeige

Hausverbot online durchsetzen: Ist die Ware bereits bezahlt, gilt der Vertrag meist als angenommen. (Foto: SFIO CRACHO / Shutterstock)

 

Sind auch Haushalts- und Familienmitglieder betroffen?

Häufig benutzen Haushalts- und Familienmitglieder dasselbe Kundenkonto. Ob diese von einer Sperrung des Kundenkontos ebenfalls betroffen sind, richtet sich nach den konkreten Umständen. Lautet das Kundenkonto auf mehrere Inhaber, sind selbstverständlich alle betroffen. Erfolgt die gemeinsame Nutzung nur stillschweigend (also mit Kenntnis des Kontoinhabers, aber ohne Kenntnis des Händlers), so handeln die Mitnutzer als Vertreter des Kontoinhabers und somit in seinem Namen. Durch die Sperrung des Kundenkontos werden sie nicht gehindert, sich zu registrieren und ein eigenes Kundenkonto zu eröffnen. Dabei dürfte es keine Rolle spielen, ob es sich bei den Mitnutzern um Familienmitglieder oder Mitbewohner einer WG handelt.

Als Händler kannst du folglich keine Sippenhaft ausüben. Willst du darauf hinweisen, dass du den Kunden in Zukunft nicht mehr beliefern wird, gilt grundsätzlich das Gleiche. Denn Bestellungen auf Rechnung des Kunden wurden in seinem Namen getätigt. Aufgrund der Vertragsfreiheit kann der Händler jedoch auch im Voraus bestimmte Personen von seinem Kundenkreis ausschließen.

Anzeige
Anzeige

Wie du das Hausverbot online umsetzen kannst

Damit unliebsame Kunden nicht beliefert werden müssen, solltest du im Hinblick auf künftige Bestellungen Folgendes regeln: Wenn ein bestimmtes Kundenverhalten, etwa der Weiterverkauf, unerwünscht ist, solltest du das ausdrücklich in den AGB festhalten. Nur so kannst du Dich später auf eine Vertragsverletzung seitens des Kunden berufen. Wichtig ist, dass hierdurch die Rechte des Kunden nicht eingeschränkt werden.

So wäre es beispielsweise unzulässig, die Zahl der Widerrufe zu beschränken, denn der Kunde hat erst einmal bei jeder Bestellung, für die ein Widerrufsrecht besteht, auch das Recht, dieses auszuüben. Eine Klausel, die häufige Widerrufe entsprechend sanktionieren will, ist unzulässig. Wenn der Kunde nicht mehr als Vertragspartner für den Shop in Betracht kommt, weil sein Verhalten rechtswidrig ist, ist hierfür übrigens keine ausdrückliche Regelung in den AGB erforderlich.

Außerdem musst du dem Kunden mitteilen, dass künftig keine Verträge mehr mit ihm eingegangen werden. Denn nur in diesem Fall kann die Erfüllung eines bereits geschlossenen Vertrags abgelehnt werden. Der Kunde kann auch im Voraus in den AGB über die Rechtsfolgen eines vertragswidrigen Verhaltens informiert werden. Die Klausel sollte jedoch von einem spezialisierten Rechtsanwalt formuliert werden, damit sie im Ernstfall auch Bestand hat.

Anzeige
Anzeige

Kunde muss für Waren dauerhaftes Nutzungsrecht behalten

Vor der Löschung eines Kundenkontos solltest du prüfen, ob dort Inhalte gespeichert werden, an denen der Kunde ein dauerhaftes Nutzungsrecht hat und die er ansonsten nicht bestimmungsgemäß verwenden kann. Des Weiteren musst du darauf achten, dass keine Inhalte gelöscht werden, für die gesetzliche Aufbewahrungspflichten gelten. Trusted Shops empfiehlt, den Kunden vor der Kundensperrung rechtzeitig zu informieren, damit er für seine Rechtdurchsetzung gegebenenfalls relevante Informationen (zum Beispiel Vertragstext, Bestelldaten) herunterladen kann. Als Händler solltest du dann aber auch, soweit möglich, technische Vorkehrungen treffen, um künftige Bestellungen des gesperrten Kunden zu vermeiden.

Wenn erst nach Vertragsschluss festgestellt wird, dass ein Kunde unzulässigerweise bestellt hat, solltest du ihm unverzüglich mitteilen, dass und warum er nicht mehr beliefert wird. Aber Achtung: Jedes Verhandeln über den Vertrag kann dagegen als widersprüchliches Verhalten des Händlers gedeutet werden und zu einer Lieferpflicht führen.

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Ein Kommentar
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Mike

Anscheinend ist der „Rechtsanwältin und Beraterin bei Trusted Shops“ die einschlägige Rechtsprechung des BGH nicht bekannt. Nein, der Inhaber eines Ladengeschäfts kann *nicht* „frei darüber entscheiden, wem er Eintritt in seine Geschäftsräume gewährt“:

„Anders verhält es sich jedoch, wenn er z.B. ein Geschäft für den allgemeinen Publikumsverkehr eröffnet und damit zum Ausdruck bringt, dass er an jeden Kunden Leistungen erbringen will. Er erteilt in diesen Fällen generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall eine Zutrittsbefugnis, solange und soweit der Besucher, insbesondere durch Störungen des Betriebsablaufes, keinen Anlass gibt, ihn von dieser Befugnis wieder auszuschließen.“

https://www.ferner-alsdorf.de/rechtsanwalt/allgemeineszivilrecht/verbraucherrecht/hausverbot-im-supermarkt/3113/

Antworten

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige