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Internetrecht: Es ist nicht alles Schwachsinn, aber doch fast – 21 Fakten über Disclaimer

© bilderbox - Fotolia.com „Nutzloser Schwachsinn“, ist eine häufige Antwort auf die Frage nach dem Sinn von Disclaimern. Das steht jedoch im kompletten Gegensatz zu deren Präsenz im Internet. Fast jede Website hat einen Disclaimer und auch vor E-Mails machen sie nicht halt. Kann das alles Unsinn sein? Die Antwort lautet: Jein! Und um diese eindeutige Aussage zu begründen, wird der Beitrag auf die häufigsten Disclaimer und die mit ihnen verbundenen Irrtümer eingehen.

Von Thomas Schwenke
12 Min. Lesezeit
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1. Was ist ein Disclaimer?

Bevor über Disclaimer diskutiert wird, sollte geklärt werden, was ein Disclaimer ist. Der Begriff „Disclaimer“ kommt aus dem Englischen und bedeutet soviel wie „etwas abstreiten“ oder salopp gesagt: „Dafür bin ich nicht verantwortlich“. An sich hält auch die deutsche Sprache einen entsprechenden Begriff parat, aber „Freizeichnungsklausel“ klingt ungleich komplizierter.

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Zudem wird der Begriff heute weit über seine ursprüngliche Bedeutung verwendet und lässt sich daher besser mit „Kleingedrucktes“ beschreiben. So werden auch „Vertraulichkeitsklauseln“ in E-Mails oder Hinweise zum Urheberrecht als Disclaimer bezeichnet. Und daher kann die Frage, ob Disclaimer sinnvoll sind, nicht pauschal beantwortet werden. Stattdessen muss jeder Disclaimer einzeln betrachtet werden.

2. Disclaimer sind ein schlecht sitzender US-Import

Ein Grund, warum Disclaimer einen so schlechten Ruf in Deutschland haben, liegt in deren Ursprung. Sie sind ein Import aus dem angloamerikanischen Recht, der zum deutschen Recht nicht richtig passt. Das angloamerikanische Recht setzt traditionell weniger auf geschriebenes Gesetz als auf private Regelungen zwischen einzelnen Personen.

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Dagegen ist bei uns die Haftung, also die rechtliche Verantwortung, hauptsächlich durch strenge Gesetze geregelt. Und deren Bestimmungen, wer wann haftet oder nicht, lassen sich nur in Ausnahmefällen per Disclaimer ändern. Dazu ist schon ein Vertrag notwendig, mit dem beide Vertragsparteien einverstanden sind. Dazu mehr bei Punkt Nummer 3 und 13.

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3. Bei Rechtsverletzungen hilft kein Disclaimer

Eine tatsächlich begangene Rechtsverletzung kann durch einen Disclaimer nicht nach dem Motto „Ich will sie nicht beleidigen, Sie Idiot“ ausgeschlossen werden. Man kann daher noch soviel schreiben, dass man für die Links zu anderen Seiten nicht haftet oder sich die Meinungen der Blogkommentatoren nicht zu eigen machen. Wenn man trotzdem wissentlich auf eine Bombenbauanleitung verlinkt oder im Blog dem Kommentator zu einer pointierten Beleidigung gratuliert, dann haftet man hierfür trotz Disclaimer.

4. Disclaimer sind oft lächerlich und schaden der Internetkultur

Doch auch wenn sie manchmal angebracht sind, sind die meisten Disclaimer schlichtweg falsch oder verbreiten ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Einige dieser Exemplare sind so krude und paranoid, dass sich der Vergleich mit Hüten aus Aluminiumfolie zum Schutz gegen kosmische Strahlung aufdrängt (hinter dem Link www.angstklauseln.de eröffnet sich ein Sammelsurium von Klauseln mit hohem Unterhaltungswert).

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Doch auch eine lächerliche Mode kann zu einem Zwang werden, wenn sie von allen als gegeben akzeptiert wird. Und tatsächlich: Wer sich im Internet umschaut, der könnte meinen, umfangreiche Disclaimer seien eine Pflicht. Und daher greifen die vielen zusammenkopierten, oft falschen Disclaimer um sich und täuschen eine Rechtslage vor, die gar nicht existiert. Mit dem Musterbeispiel eines solchen irreführenden Disclaimers geht es hier weiter.

5. „Mit dem Urteil vom 12. September 1998 – 312 O 58/98 – ‚Haftung für Links’ hat das Landgericht Hamburg entschieden, …“

„… dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seiten ggf. mit zu verantworten hat. Dieses kann – so das Landgericht – nur dadurch verhindert werden, indem man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert.
Hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von allen Inhalten der von mir verlinkten Seiten.“

Das mit der ausdrücklichen Distanzierung hat das Gericht tatsächlich gesagt. Doch der Disclaimer (fett markiert) ist eben keine „ausdrückliche“ Distanzierung. Es ist eine pauschale Distanzierung.

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Mit ausdrücklicher Distanzierung ist die Art gemeint, wie man den Link setzt. Wird ein Link bewusst auf einen rechtswidrigen Inhalt so gesetzt, dass er die Gefahr der Rechtsverletzung verstärkt, dann hilft kein Disclaimer. Zum Beispiel, „klick hier, um von warezz.to die gecrackte Version von Windows7 herunter zu laden. Hiermit distanziere ich mich von diesem Link.“ Ein Link, der eine ausdrückliche Distanzierung enthält, würde dagegen so klingen: „Ich warne davor, Software von warezz.to herunter zu laden, weil sie virenverseucht ist.“

Doch Vorsicht, je nach Grad der Verletzung ist eine Distanzierung nicht möglich (zum Beispiel bei kinderpornografischen Inhalten). Und auch die absichtliche Verlinkung zu rechtswidrigen Inhalten unter dem „Deckmäntelchen“ einer Distanzierung kann zu einer Linkhaftung führen. Mehr zu diesem Disclaimermythos nebst weiterer Links steht unter „Das Märchen vom ‚Link-Urteil“.

6. „Der Dienstanbieter übernimmt keine Haftung für Inhalte Dritter, auf die er verweist.“

… „Es ist möglich, dass die Betreiber der verlinkten Seiten die Inhalte nachträglich ändern. Eine spätere Überprüfung der externen Webseiten findet nicht statt. Sollten Sie sich durch Inhalte der verlinkten Webseiten verletzt fühlen, teilen Sie uns dies bitte mit, damit wir die Links ggf. entfernen können.“

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Dieser Disclaimer ist ein reiner Hinweis. Da man für illegale Links nur bei Kenntnis deren Inhalts haftet, bleibt jedem selbst überlassen, ob er ihn verwenden möchte. Eine regelmäßige Überprüfung der Links ist eine viel bessere Strategie um Missverständnisse zu vermeiden.

7. „Dieses Angebot darf ohne Erlaubnis nicht verlinkt werden“

Kurz und schmerzlos: wirkungslos. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sogar das mechanische Auslesen einer Seite (Scrapping) als zulässig angesehen, wenn es den Betrieb der Seite nicht behindert (Urteil vom 05.03.2009 – Az. 6 U 221/08). Also ist die bloße Verlinkung ohne Rückfrage erst Recht erlaubt.

8. „Wir kontrollieren alle Inhalte auf deren Rechtmäßigkeit, …“

„… doch sollten Sie trotzdem eine Rechtsverletzung entdecken, bitten wir um Benachrichtigung, damit wir sie entfernen können.“

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Diesen Hinweis, der oft auf Seiten mit User Generated Content zu finden ist, sollte man so schnell wie möglich löschen. Das Gesetz besagt, dass man für Nutzerinhalte (Forenbeiträge, Blogkommentare, etc.) nur dann haftet, wenn man sie sich zueigen macht oder sie trotz Kenntnis nicht löscht (§§ 7 und 10 TMG).

Lädt zum Beispiel ein Nutzer ein Bild hoch, das gegen Urheberrechte verstößt und man hat dies verkannt, wird man sich als Betreiber den folgenden Vorwurf anhören müssen: „Wenn Sie alle Inhalte kontrollieren, dann hatten Sie auch Kenntnis von dem rechtswidrige Bild und haften dafür.“

Daher sollten jegliche Hinweise, dass man von Nutzern erstellte Inhalte liest, prüft oder sonst zu Gesicht bekommt, unterlassen werden. Und ja, dieser Fall ist ein rechtliches Paradoxon, bei dem gute Absichten geahndet werden.

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9. „Wir sind nicht verpflichtet, Inhalte vor der Veröffentlichung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen, …“

„… oder unsere Internetseiten regelmäßig auf mögliche rechtswidrige Inhalte zu kontrollieren.“

Das ist zutreffend, gilt allerdings nur für die Inhalte, die von Nutzern also nicht selbst erstellt wurden (Blogkommentare, Bilderuploads). Allerdings steht das schon so im Gesetz (§§ 7 und 10 TMG) und daher ist dieser Disclaimer lediglich ein Hinweis, der eingesetzt werden kann aber nicht muss.

10. „Ich distanziere mich von allen Blog-Kommentaren …“

„ … Gästebuchbeiträgen, Forenbeiträgen, etc.“

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Mit diesem Disclaimer stellt der Anbieter klar, dass er sich die darin vertretenen Meinungen und Ansichten nicht zueigen macht und damit für sie nicht haftet. Angesichts des aktuellen Chefkoch-Urteils des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 12. November 2009 – Az.: I ZR 166/07), das die Haftung auf das Zueigenmachen von Inhalten stützt, erscheint eine solche Klarstellung zumindest nicht als unsinnig.

Daher kann im Zweifel zu diesem Disclaimer geraten werden. Nur sollte er aus Rücksicht auf die eigenen Nutzer höflicher formuliert werden. Zum Beispiel: „Ich mache mir die in den Blogkommentaren vertretenen Meinungen und Behauptungen nicht zueigen.“

Ferner wird er alleine selten entscheidend sein. Denn für die Zueigenmachung werden vor allem Umstände wie das Einbinden des Anbieterlogos auf hochgeladenen Bilder oder Einräumung von Rechten an den Inhalten der Nutzer maßgeblich sein. Und wer dies tut, dem hilft kein Disclaimer.

11. „Der Dienstanbieter übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen“

Dieser Disclaimer ist der einzige, den man wirklich als sinnvoll bezeichnen kann. Zu empfehlen ist er insbesondere auf allen Webseiten die Ratschläge aller Art liefern und jemand einen Schaden erleiden könnte, wenn er ihnen folgt. Es kann sich unter anderen um Rechtstipps, medizinische Hilfen oder Börseninformationen handeln. Weiter ausgeführt kann der Hinweis zum Beispiel lauten: „Diese Informationen stellen keine medizinische Beratung dar und können einen ärztlichen Rat nicht ersetzen.“ Und je gefährlicher die Folgen eines Ratschlags sein könnten, desto näher am Ratschlag sollte dieser Hinweis stehen.

12. „Juristen ist der Zutritt untersagt“

Eine hübsche Idee, mit der ein Websitebetreiber laut diesem Bericht einer Abmahnungen entgehen wollte. Nur geholfen hat sie ihm nicht. Er wurde wohl trotzdem wegen einer Urheberrechtsverletzung verurteilt. Erstens ist das Verbot mit „Juristen“ zu ungenau, er hätte schon genauer „Rechtsanwälte“ schreiben müssen. Zweitens ist es zu spät, ein Hausverbot auszusprechen, wenn jemand schon auf der Seite ist. D.h. der Hinweis müsste schon auf einer Einstiegsseite deutlich erkennbar stehen. Und drittens: Wie will man nachweisen, dass das Beweismaterial vom Rechtsanwalt und nicht zum Beispiel von dessen Auftraggeber beschafft worden ist? Also fällt diese Klausel eher in den Bereich „netter Versuch“.

13. „Die Haftung ist ausgeschlossen“

Der bloßen Hinweis „Die Haftung ist ausgeschlossen“ kann man sich sparen, weil er rechtswidrig ist und rechtswidrige Klauseln unwirksam sind. Dieser Hinweis suggeriert, dass die Haftung komplett ausgeschlossen ist und man damit auch für absichtliche Schäden nicht haftet. Und weil es Menschen gibt, die daran glauben und sich im Haftungsfall deswegen nicht wehren würden, ist die Verwendung dieser Klausel gegenüber Kunden, z.B. in E-Shops sogar abmahnungswürdig.

Möchte man seine Haftung begrenzen, dann ist das nur in einem ganz engen Rahmen möglich und kann je nach Fall zum Beispiel so lauten (Achtung, das ist nur ein Auszug): „Die Haftung für leicht fahrlässige Pflichtverletzungen ist ausgeschlossen, sofern diese keine vertragswesentlichen Pflichten, Leben, Gesundheit oder Körper betreffen oder Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz berührt sind.“

Aber auch mit der richtigen Formulierung kann solch ein einseitiger Haftungsausschluss nur dann gelten, wenn er deutlich erkennbar war. Um das zu gewährleisten, tauchen Haftungsausschlüsse zusammen mit einer Checkbox auf, die man bestätigen muss, bevor ein Service genutzt werden kann: „Mit der Nutzung der Applikation, erkläre ich mich mit dem Haftungsausschluss einverstanden“. Dagegen wird man sich auf einen Haftungsausschluss, der versteckt im Impressum steht, kaum berufen können.

14. „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt. …“

„… Ohne vorherige Kontaktaufnahme ausgelöste Kosten werden vollumfänglich zurückgewiesen und lösen gegebenenfalls eine Gegenklage wegen Verletzung vorgenannter Bestimmungen aus.“

Diese Klausel ist nicht nur wirkungslos, sie ist sogar gefährlich. Der Sinn einer Abmahnung liegt darin, dem Rechtsverletzer eine kostengünstige Möglichkeit zur Abhilfe zu geben, bevor der teurere Gerichtsweg beschritten wird. Daher ist sie in vielen Fällen sogar erforderlich, bevor man vors Gericht zieht. Wenn jetzt dieser Text auf der Website steht, dann könnte jemand sich berechtigt fühlen gleich vor Gericht zu ziehen. Denn ihm wurde gerade klar gemacht, dass eine Abmahnung sinnlos ist.

Wer den Goodwill zeigen möchte, der möge es bei einer höflichen (aber rechtlich unverbindlichen) Bitte belassen, die in etwa so klingen kann: „Ich bitte Sie, bei Rechtsverstößen sich ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts an mich zu wenden und ich werde die Rechtsverletzung unverzüglich beseitigen.“

15. „Dieses Angebot richtet sich nur an Kunden in Deutschland“

Nationale Gesetze und das Internet haben ein Problem: Das Internet ist überall, aber die Gesetze gelten nur in einem Land. Und so fragen sich viele, ob sie überall eine Rechtsverletzung begehen, wenn ihre Seite überall erreichbar ist. Angenommen jemand wirbt mit der in Deutschland registrierten Marke „MegaClean“ im Internet. Gleichzeitig ist „MegaClean“ für ein ähnliches Produkt von jemand anders in Österreich registriert. Begeht der deutsche Anbieter eine Markenverletzung in Österreich, weil seine Website in Österreich abrufbar ist?

Um solche Fälle gerecht zu entscheiden gucken Richter zunehmend auf den „bestimmungsgemäßen Zugriff“ oder einfach gesagt, sie schauen, an Besucher welchen Landes sich die Seite richtet. Wenn sich die deutsche Seite im obigen Beispiel im Zweifel auch an österreichische Kunden richtet, dann liegt eine Markenverletzung in Österreich vor.

Um den Zweifel auszuräumen, empfiehlt sich daher der obige Disclaimer. Aber Achtung: Das gilt nur im Zweifel. Kein Zweifel liegt vor, wenn z.B. Versandkosten nach Österreich aufgeführt werden oder Werbung auf österreichischen Seiten geschaltet wird. Zur Vertiefung wird das BGH-Urteil „Arzneimittelwerbung im Internet“ vom 30.3.2006 – Az.: I ZR 24/03 empfohlen.

16. „Diese E-Mail kann Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder sonstige vertrauliche Informationen enthalten.“

Diese so genannten „Abschreckungsklauseln“ erkennt man daran, dass sie in geschäftlichen E-Mails meistens länger als die eigentliche Nachricht sind, Vertraulichkeit auf Staatsschutzniveau fordern und möglichst in drei Sprachen übersetzt sind.

Soweit sie darauf hinweisen, dass sie geheime Informationen enthalten, sind sie nur ein Verweis auf die Gesetzeslage und daher nicht notwendig. So verbieten die Gesetze zum Beispiel private Informationen über eine dritte Person zu veröffentlichen. Wenn man nicht darauf vertraut, dass andere das beachten, dann sollte man konsequenterweise einen solchen Hinweis auf jedem Brief anbringen und jeder SMS anhängen. Auch können brisante Dokumente vertraglichen, unternehmerischen oder staatlichen Geheimhaltungspflichten unterliegen. Doch solche Extremfälle sind wohl erkennbar und wer dermaßen geheime Unterlagen verschickt, sollte die E-Mails verschlüsseln.

Zusammengefasst wirkt der Hinweis auf Vertraulichkeit der Informationen etwas paranoid, ist aber unschädlich und kann eingesetzt werden.

17. „Sollten Sie diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, benachrichtigen Sie uns in diesem Fall sofort …“

„… durch Antwort-Mail und löschen Sie diese E-Mail nebst etwaigen Anlagen von Ihrem System. Ebenso dürfen Sie diese E-Mail oder ihre Anlagen nicht kopieren oder an Dritte weitergeben.“

Ein solcher E-Mail-Disclaimer ist allenfalls dazu geeignet, ein Lächeln ins Gesicht des Lesers zu zaubern. Solche einseitige Pflichten, die sich nicht aus dem Gesetz ergeben, sind nur dann wirksam, wenn die andere Partei einverstanden ist.

Also müsste die Klausel so klingen, um wirksam zu sein: „Wenn Sie damit einverstanden sind, dass Sie uns benachrichtigen und unsere E-Mail löschen müssen, dann sind Sie auch dazu verpflichtet“. Na dann, wer wird hier schon nein sagen.

18. „Sollte durch Zusendung einer E-Mail von uns trotzdem ein Virus in Ihr System gelangen, …“

„… haften wir nicht für Ihnen eventuell entstehende Schäden.“

Ob diese Klausel zulässig ist, lässt sich mit einer Offlineanalogie gut erklären. Man stelle sich vor, der eigene Wagen wurde angefahren und unterm Scheibenwischer steckt ein solcher Hinweis: „Es tut mir leid, dass ich Ihren Wagen angefahren habe, aber es war bloß fahrlässig und bei Fahrlässigkeit hafte ich nicht.“

Genau: Es wäre praktisch, wenn man einseitig die Haftung einfach so von sich weisen könnte. Aber es geht nicht, so dass auf die Klausel verzichtet werden kann.

19. „Aus Rechts- und Sicherheitsgründen sind die in dieser E-Mail gegebenen Erklärungen nicht rechtsverbindlich.“

Diese Klausel heißt nichts anderes als: „Was ich sage, gilt rechtlich nicht.“ Und wer das möchte, der kann es in seine E-Mails schreiben. Doch Vorsicht: Wird zum Beispiel per E-Mail ein Widerruf für eine gekaufte Ware erklärt, dann ist auch er unwirksam. Dass dieser Disclaimer noch schlimmere Folgen haben kann, ist im lawblog.de beschrieben.

20. „Als Privatverkäufer gebe ich nach dem neuem EU-Recht keine Garantie“

Dieser eBay-Klassiker ist zwei- oder sogar dreifach falsch. Dass hier das deutsche Gesetz einschlägig ist und nicht ein EU-Recht, ist halb so wild. Aber wenn der Verkäufer keine Haftung übernehmen will, muss er die Gewährleistung und nicht die Garantie ausschließen. Denn die Gewährleistung, also die Pflicht, für mangelhafte Verkaufssachen einzustehen, ist der gesetzliche Standard. Dagegen ist eine Garantie eine freiwillige Leistung des Verkäufers (z.B. eine Zufriedenheitsgarantie). Das heißt, solange er keine Garantie vorher gegeben hat, muss der Verkäufer keine ausschließen. Der Text sollte daher lauten „Ich schließe die Gewährleistung für diesen Artikel aus“.

Ferner ist ein solcher Ausschluss nur möglich, wenn der Verkäufer tatsächlich privat handelt und kein gewerblicher Verkäufer ist. Wann das der Fall ist, regelt jedoch das Gesetz und kein Disclaimer (z.B. denn wer viele Waren über einen längeren Zeitraum verkauft, kann gewerblich handeln.). Mehr zu der eBay-Klausel bei Hoaxbusters.de.

21. „Diese Website ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden“

Dieser Hinweis ist empfehlenswert, um einem anderen Internetmythos zu begegnen. Viele Nutzer denken immer noch, dass alles kopiert werden darf, was keinen „Copyright“-Hinweis enthält. Doch ist es nur ein Hinweis. Was geschützt ist, bestimmt das Gesetz. So werden in meisten Fällen zwar die Inhalte (Fotos, kreative Texte) aber nicht das Webdesign geschützt sein. Wie ein solcher Hinweis aussehen kann, ist hier nachzulesen.

Fazit

Disclaimer sind in 99 Prozent aller Fälle rechtlich wirkungslos und können in manchen Fällen sogar schaden (Nr. 8, 13 oder 14). Es sei denn, sie dienen dazu, die Fehlvorstellungen von Nutzern oder Wettbewerbern zu zerstreuen (Nr. 12 und 15). Ansonsten haben sie die gleiche Wirkung wie Hinweisschilder und verweisen lediglich auf die Gesetzeslage (wie z.B. „Eltern haften für ihre Kinder“). Solche Disclaimer sind unschädlich und können sogar eine Abschreckungswirkung haben. Doch sie sollten nicht blind kopiert, sondern nur mit Bedacht bei wirklichem Bedarf eingesetzt werden. Ansonsten kann man schnell wie jemand wirken, der beim guten Wetter mit aufgespanntem Regenschirm herumläuft.

Über die Autoren

Rechtsanwalt Thomas Schwenke, LL.M. (University of Auckland), Dipl.FinWirt (FH) berät Unternehmen in Fragen des Onlinerechts, Marketingrechts sowie Datenschutzes und erklärt in regelmäßigen Publikationen sowie in seinem Blog auf Advisign.de einfach und verständlich schwierige Rechtsfragen.

Rechtsanwalt Sebastian Dramburg ,LL.M. (University of Auckland) ist als Rechtsanwalt in Berlin tätig mit einem Schwerpunkt im Internet- und Urheberrecht.

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52 Kommentare
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Dein t3n-Team

Alex Stengelin

Vielen Dank!

Von den einigen Sachen hatte ich schon gehört, aber nicht, wie man sie richtig macht! Klasse! Sehr informativ!

Antworten
Jens

Auf welche Gesetzeslage verweist denn „Eltern haften für ihre Kinder“?

Antworten
disclaimer

gab es schon alles vor >7 Jahren:
http://www.dominik-boecker.de/email/disclaimer/ueberlegungen.html

nichts neues in den Intertubes …

Antworten
Stefan

Kann ich diesen Artikel also als Rechtsberatung auffassen? ;-)

Ernsthaft: Danke für die schöne Übersicht. Als Webdesigner weiß komme ich oft in die Situation einem Kunden das Für und Gegen von Disclaimern zu erklären. Mit Ihrem Artikel habe ich jetzt eine hübsche Checkliste dafür.

Antworten
disclaimer

@Jens: auf volkstümliche Rechtsirrtümer. Siehe http://www.jurawiki.de/VRI/Haftung

Kurz: solche Schilder sind generell vorwiegend Schwachfug. Die Kinder haften nur >7Jahren und nur nach Einsichtsfähigkeit. Eltern haften maximal für Verletzung der Aufsichtspflicht – die aber selten nachzuweisen sein dürfte, da 24/7-Überwachung nicht erwartet wird.

Antworten
indi

eure „x fakten über …“-serie ist toll! diese folge auch wieder! lob!

Antworten
mds

Gibt’s auch eine Version im Volltext ohne Klickstrecke?

Antworten
Thomas Scholz

Schließe mich mds an. Gibt es eine Internetversion auf einer Seite, die man verlinken kann?

Antworten
luDa

Schöne Zusammenfassung und Information, nur leider ganz am Ende

„… verweisen lediglich auf die Gesetzeslage (wie z.B. „Eltern haften für ihre Kinder“)“

ein Fehlgriff in die Gerüchteküche die mit dem ganzen Beitrag ja eigentlich bekämpft werden soll.

Antworten
gerd

jaja, mit Disclaimern kann man sich schon ziemlich lächerlich machen: http://www.flickr.com/photos/guukaa/3384784179/

Antworten
Felix Nagel

Danke, perfekt um sich das tausendfach Mund fusselig reden zu ersparen. Obendrein waren da ein paar Sachen dabei die mir nicht _so_ klar waren.

Antworten
Michael Vieten

Vielen Dank für diesen Beitrag. Disclaimer habe ich schon immer skeptisch betrachtet und bisher keinen verwendet. Ich denke, es wird grundsätzlich auch immer dann schwierig, wenn etwas einseitig vereinbart werden soll.

Antworten
Wolf-Dieter

Zu 12. „Juristen ist der Zutritt untersagt“ — die Einschränkung ist doppelt daneben. Eine Seite im Netz ist eine Veröffentlichung und bietet keinerlei Handhabe, um bestimmten Menschen die Lektüre zu verbieten.

Antworten
Markus Möller

Sehr hilfreicher Beitrag. Vielen Dank dafür.

Antworten
Kai

und verweisen lediglich auf die Gesetzeslage (wie z.B. „Eltern haften für ihre Kinder“).

Das war der beste Witz und führt den Text quasi ad adsurdum.

Laut Gesetz haftet niemand für andere, nur für eigenes Fehlverhalten. In diesem Falle höchstens für die Missachtung der Aufsichtspflicht.

Antworten
Sauna

Ich frage mich, welcher völlig ahnungslose Richter einen Webseitenbetreiber wegen Links verurteilt, welche zu illegalem Content führen.Schliesslich ist das ganze Internet, und somit jede einzelne Seite irgendwie miteinander verlinkt.

Antworten
pseudo disclaimed

Nicht alles ist Sinnlos da es danach aussehend ist,disclaimer sind Fehlleitungslinks od.ähnlich den Quarantäneordnern für Viren,Trojaner,nur halt für juristisch Unklare Behauptungen od Tatsachen auslegungen die werden darin geparkt

Antworten
Wegwerfer

„Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“
Das hab ich vor kurzem erst auf einer Seite gelesen. Wenn das mal so einfach wäre …

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