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Warum ich in eine solche Welt keine Kinder setzen will [Kolumne]

Immer mehr Tech-Konzerne nehmen Kinder als Zielgruppe ins Visier, doch weder die Kinder, noch ihre Eltern oder Lehrer sind darauf vorbereitet. In seiner Doppelklick-Kolumne analysiert Florian Blaschke, warum das ein Problem ist.

Von Florian Blaschke
3 Min. Lesezeit
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Kinder? Nicht in diese Welt. (Foto: Shutterstock / Napatsan Puakpong)

Ein kleines Rädchen im großen Getriebe der Tech-Welt

In Sachen Technik haben die meisten Kinder ihre Eltern heute überholt. (Foto: Shutterstock / d13)

In Sachen Technik haben die meisten Kinder ihre Eltern heute überholt. (Foto: Shutterstock / d13)

„In eine solche Welt will ich keine Kinder setzen!“ Diesen Satz habe ich schon als Kind oft gehört. Von Atomkraftgegnern zum Beispiel. Später von „Baut-die-Mauer-wieder-auf“-Befürwortern. Von Fatalisten, Pessimisten und Schwarzmalern aller Art. Und vor kurzem, beim Lesern einer kleinen, eigentlich gar nicht so wichtigen Meldung, habe ich ihn selbst gedacht. In eine solche Welt will ich keine Kinder setzen.

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Dabei war der Wunsch, Kinder zu kriegen, bei mir in den letzten Jahren ohnehin nicht besonders groß. Und diese kleine, gar nicht so wichtige Meldung war eigentlich auch nur eine von vielen, kleinen, gar nicht so wichtigen Meldungen, ein kleines Rädchen im großen Getriebe der Tech-Welt: Google hat Launchpad gekauft, ein Startup, das Augmented-Reality-Apps für Kinder entwickelt.

Kinder als Zielgruppe? Schon lange bekannt

Das hier ist ein Stockfoto – nirgendwo in Deutschland sieht der Unterricht so aus. (Foto: Shutterstock / Goodluz)

Das hier ist ein Stockfoto – nirgendwo in Deutschland sieht der Unterricht so aus. (Foto: Shutterstock / Goodluz)

Für Google ist das ein logischer Schritt, warum sie so wichtig sind und noch wichtiger werden.

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Die zweite Meldung der letzten Wochen, die mich nachdenklich gemacht hat: ein Beitrag über die Streaming-Plattform YouNow bei Stern TV, der in kürzester Zeit die Runde durch die deutschen Medien gemacht hat und inzwischen auch Kreise in der Politik zieht. Dass tatsächlich so wenige Eltern wissen, welche technischen Möglichkeiten ihre Kinder heute haben und nutzen und welche Risiken und Gefahren damit verbunden sind, ist erschreckend. In Sachen Technik haben die meisten Kinder ihre Eltern heute überholt. In Sachen Medienkompetenz herrscht nach wie vor auf beiden Seiten Ahnungslosigkeit vor. Die vielleicht wirksamste Aufklärung der letzten Wochen: Ein Video von LeFloid, in dem er seine Fans davor warnte, die eigenen Daten in Chats rauszugeben: „Leute, ihr wisst doch: Machst du erst den Kopf an und dann das Internetz!“

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Wir müssen lernen, mit dem Tempo der Entwicklung Schritt zu halten

„Wir lassen nicht nur unsere Kinder alleine, sondern auch ihre Eltern, Lehrer und Erzieher.“

Und hier liegt dann auch der Hase im Pfeffer: Dass ich ganz kurze diesen Satz gedacht habe, dieses „In eine solche Welt will ich keine Kinder setzen“, liegt nicht daran, dass ich es für unmoralisch halte, Kinder als Zielgruppe zu betrachten. Es liegt daran, dass die Menschen, die für die Medienkompetenz von Kindern verantwortlich sind, seit Jahren die Gegenwart verschlafen. In einem lesenswerten Beitrag hat der Autor und Berater Mike Schnoor im Juni 2013 beschrieben, wie in Politik, Lehrerausbildung und Unterrichtsgestaltung systematisch Trends ignoriert werden. Dazu kommt: „Ein Viertel der Lehramtsstudenten sieht in seiner Wahl eine Verlegenheitslösung.“ Und: Sucht man nach Projekten, um gezielt die Medienkompetenz von Eltern zu stärken, finden sich an erster Stelle private Initiativen von Konzernen wie der Deutschen Telekom, AOL oder Vodafone.

Eine faire Beziehung zwischen Unternehmen und ihren Interessen auf der einen und ihren Zielgruppen auf der anderen kann nur bestehen, wenn die Zielgruppen mündig und informiert sind. Wir aber lassen nicht nur unsere Kinder mit dieser Herausforderung alleine, sondern auch ihre Eltern, Lehrer und Erzieher. Und genau deshalb wird aus einer Meldung wie „Google kauft Launchpad“ ein Problem, und zwar für die Politik und die Gesellschaft, für uns alle – nicht für Google. Wir müssen lernen, mit dem Tempo der Entwicklung Schritt zu halten, und dieses Wissen dann weitergeben. Damit ich vielleicht in einer paar Jahren doch noch Kinder in diese Welt setzen will.

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40 Kommentare
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Dein t3n-Team

Björn

Es lag noch nie an den bösen Firmen und Konzernen, wenn Menschen neuen Technologien „hilflos ausgeliefert“ werden. Es liegt IMMER an den Menschen! In diesem konkreten Fall liegt es an den Eltern, die schlicht und ergreifend keinen Bock haben, selbst technisch fit zu werden. Gleiches gilt für alle anderen, die sich wegen eigener Faulheit allem Neuen verschließen und es dann auf die bösen Konzerne schieben, wenn sie die Kontrolle über sich (oder andere) verschließen. Auch immer eine Frage der Selbstdisziplin. Aber sich mit neuen Dingen auseinandersetzen ist halt auch anstrengend – und wer strengt sich schon gern an, wenn ihn (oder sie) das Thema nicht interessiert??!?

Antworten
Jerome

Amen! Das kann ich so unterschreiben! Sehr viele Menschen weisen ein völliges Desinteresse für alles Neue auf und verschließen sich der Entwicklung. Das sind dann genau die Leute, die sich beschweren, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist…Es erwartet ja niemand, dass man sich in jedem Thema autodidaktisch Expertenwissen aneignet, aber die Basics sollte man sich schon aneignen, um die Thematik im Groben zu verstehen.

Antworten
Florian Blaschke

Ich glaube, grundsätzlich zu sagen, die Eltern haben keinen Bock, greift zu kurz. Das mag in vielen Fällen so sein, ich stelle aber sehr oft auch fest, dass es eine Überforderung gibt, und bei der sind Eltern auf Hilfe angewiesen, auf Wissenstransfer.

Antworten
Insomnia88

Schließe ich mich an. Am Beispiel Younow hatte doch t3n letztens selbst veröffentlicht, dass es auf die Eltern ankomme und hier wird die Schuld wieder auf die Konzerne dahinter geschoben …

Antworten
Florian Blaschke

Zwei Kurze Rückfragen: 1. Wir haben schon mal über YouNow berichtet? 2. Wer schiebt die „Schuld“ auf die Konzerne?

Antworten
André

Der Punkt ist doch, dass diejenigen, die sich technisch fit halten, auch nicht alles wissen. Dafür sind die heutigen Geräte/Systeme doch viel zu komplex.

Woher soll man als durchschnittlicher Erwachsener z.B. YouNow kennen? Ja, gut, jetzt, wo alle davon sprechen, kenn‘ ich’s natürlich auch. Aber warum sollte man gezielt nach solchen Diensten suchen, wenn man mit „Selfie-Livestreams“ aber sowas von gar nix am Hut hat? Wir haben nun auch nicht unendlich Zeit, um jedem Stöckchen hinterherzuspringen. Ich halte mich ja schon aus beruflichen Gründen in Sachen Internet und Security auf dem Laufenden, aber ich weiß deswegen auch nicht alles — oder genauer gesagt: ich weiß es erst dann, wenn darüber berichtet wird. Dann ist das Kind i.d.R. aber schon in den Brunnen gefallen, d.h., der Hype um YouNow ist dann schon längst in vollem Gange.

Und außerdem denke ich, dass die Jungen sich von uns Alten sowieso nichts sagen lassen. Für die sind wir doch bloß Angsthäschen, wenn wir unser Handy nicht rooten, die Kamera am Laptop abkleben oder Flash deaktivieren. Und manchmal frage ich mich, ob sie nicht sogar recht haben.

Antworten
Florian Blaschke

Ich bin ziemlich sicher, dass sie Recht haben. Und dass das vielleicht sogar Kern des Problems sein könnte.

André

Ich komme mit jedem Tag, den ich älter werde, mehr und mehr zu dem Schluss, dass wir die Welt den Jungen überlassen und uns selber rausziehen sollten. Im Grunde lief das ja schon immer so, auch wenn sich „die Alten“ zu allen Zeiten dagegen gesträubt haben (was auch schon immer falsch war und den Lauf der Welt nur unnütz aufgehalten hat).

Aber heutzutage kommt noch ein merkwürdiges Phänomen hinzu, welches es vor sagen wir 100 Jahren noch nicht gegeben hat: langjährige Erfahrung stellt keinen Vorsprung mehr dar, sie ist sogar eher hinderlich, steht einem im Weg. Erfahrung macht nämlich auch geistig unbeweglicher, das Gehirn ist voll mit veraltetem Ballast, der „Speicherplatz“ für neues blockiert. Es hat doch seinen Grund, warum alte Schlachtrösser wie Microsoft der Entwicklung hinterherhecheln, während die Milliarden-Dollar-Musik bei irgendwelchen „Jungschnösel“-Startups spielt.

Andererseits denke ich mir aber manchmal auch, dass sich die Welt so sehr gar nicht geändert hat, sondern der alte Wein nur in neuen Schläuchen wiederkehrt. Denn wozu dienen YouNow und das ganze andere Timeline- und Pinnwand-Gedöns denn eigentlich? Zum Lärm machen, zum gehört werden. Nuja, das haben wir früher auch, Musik laut, Mopeds laut, im Suff Mülltonnen umschmeißen, jedes zweite Wort (gern auch in der Öffentlichkeit, um zu schocken) war F…. usw.

Man könnte auch sagen: wir haben unsere Privatsphäre offengelegt. Ja, aber genau das wollten wir doch. Hätten wir damals schon YouNow gehabt, hätten wir’s genutzt. Wozu Verschlüsselung? Es SOLLTE doch jeder mithören, wenn wir Lärm machten! Deswegen machten wir ihn doch!

Florian Blaschke

Auch eine fatalistische Haltung, die mir aber irgendwie gefällt. Ich muss allerdings mal drüber nachdenken, was für Folgen das hätte, wenn wir das konsequent zu Ende denken. Aber danke für die Anregung!

Guinness Tetris

Dem stimme ich auch zu 100% zu. Auch so ein Thema, über das ich mich den ganzen Tag lang aufregen könnte :D http://warum-ich-menschen-hasse.com/2015/02/23/warum-ich-in-diese-welt-keine-kinder-setzen-werde-teil-1-technikphobie/

Antworten
Florian Blaschke

Danke für den Satz „Ok, in seinem Artikel geht es gar nicht wirklich um Gründe, die gegen das Produzieren von neuen Menschenleben sprechen.“ … ;-)

.....

„In seiner Doppelklick-Kolumne analysiert Florian Blaschke die Folgen.“

Ich kann nichts zu den Folgen in Ihrer Kolumne finden.

Antworten
Florian Blaschke

Gut aufgepasst. Ich hab das mal angepasst. Besser?

Antworten
Daniel

Sauber! Danke für den prägnanten Artikel! Auch die verlinkten Berichte sind sehr interessant.

Antworten
MS

Gerade Leute, die hier schreiben oder lesen dürften doch die besten Voraussetzungen dafür haben, Medienkompetenz an (ihre) Kinder zu vermitteln. Dass sie dann die Tatsache der MedienINkompetenz anderer Menschen zu einem Argument gegen eigene Kinder aufbauschen wirkt auf mich schon einigermaßen konstruiert.

Antworten
Florian Blaschke

Wenn die Eltern die einzigen Personen wären, die dafür verantwortlich sind, wie viel Medienkompetenz ihre Kinder mitbekommen, würde ich zustimmen. Da Mama und Papa aber nur zwei Rädchen im großen Getriebe sind, kann ich konstruiert nicht wirklich zustimmen. Aber, und auch das habe ich schon öfter kommentiert: Überspitzung gehört zu einer Kolumne. Und: Bitte den letzten Satz nicht übersehen. ^^

Antworten
Konstantin

Wer keine Kinder erziehen kann oder will, soll auch keine Kinder in eine solche Welt setzen. Gründe gab es, Gründe gibt es und Gründe wird es immer geben.

Antworten
Florian Blaschke

Stimmt!

Antworten
Stevo Gonzales

Das ist doch wieder ein Beweis dafür, dass das so verspottete Zitat „Internet ist für uns alle Neuland“ gar nicht so falsch ist. Ich bezweifle jedoch, dass die meisten Kinder ihre Eltern in Sachen Technik überholt haben. Ihre Lehrer schon eher, was aber kein neues Phänomen ist und kein Wunder. Viele Lehrer sind eben extrem realitätsfremd, haben sie doch auch (zumindest im Beruflichen) noch nichts anderes gesehen außer Schule-Schule(Uni)-Schule.
Und selbst wenn der Nachwuchs nun neue und andere Wege geht, andere Erfahrungen macht, andere „Spielzeuge“ nutzt – ist dies nun ein Grund, keine Kinder mehr in die Welt setzen zu wollen. Was ist denn nun neu daran, dass Medienkonzerne Kinder als Zielgruppe sehen? Was ist denn so neu daran, dass sich Kinder (und Jugendliche) hauptsächlich mit neuen Dingen beschäftigen – vor allem und gerade extra mit solchen, die die Erwachsenen nicht verstehen (wollen). Unde was ist neu daran, dass sich Kindern Gefahren aussetzen, mit denen sie zum Teil auch alleine umzugehen lernen müssen.
Natürlich, auch ich mache mir Sorgen. Doch Sorgen gemacht haben sich meine Eltern auch – in Zeiten als es noch kein Internet gab.
Die Verantwortung, bewusst auf seine Kinder und ihre Umwelt zu achten, ihnen resprektvoll zuzuhören, mit ihnen zu sprechen und bei Problemen für sie da zu sein, haben alle Eltern.
Wem das zu viel ist, der sollte dann eben tatsächlich keine Kinder in die Welt setzen.

Antworten
Florian Blaschke

Ich denke, da ist einiges neu. Die Komplexität der Themen beispielsweise, das technische Know-how, das nötig ist, um Zusammenhänge zu verstehen, das Tempo der Entwicklung, mit dem Politik und Bildungssystem nicht Schritt halten können. All diese Dinge entwickeln sich, was heißt, dass Anspruch und Realität auseinanderdriften. Und ja: Deinem letzten Satz stimme ich voll und ganz zu.

Antworten
Guido

Ein Herr Blaschke der keine Kinder hat, keine Kinder will und auch kein Lehrer ist, analysiert die Probleme von Eltern und Lehrern in Sachen Medienkompetenz – eine Konstellation bei der man Expertise erwarten kann…

Das Internet und fehlenden Medienkompetenz als Grund dafür anzuführen, dass man keine eigenen Kinder haben will, ist wirklich das Absurdeste, was ich seit langer Zeit gehört haben. Maximal irrational. Wenn Sie das Thema Medienkompetenz bei Kindern bewegt, dann haben Sie es doch zumindest bei ihren eigenen Kindern zu 100 Prozent selbst in der Hand, ihnen rechtzeitig Medienkompetenz zu vermitteln. Dann kann es möglicherweise anderen Kindern an Medienkompetenz fehlen, aber nicht Ihren eigenen. Wie kann das dann ein Grund sein, keine eigenen Kinder in die Welt zu setzen?

Immer wieder bringen Kinderlose (und Kinderhasser – was ich Herrn Blaschke ausdrücklich nicht unterstelle), alles mögliche an absurden Gründen vor, warum es angeblich besser ist, keine Kinder in diese Welt zu setzen: Die Umweltverschmutzung, die Überbevölkerung und nun anscheinend auch noch mangelnde Medienkompetenz. Der wahre Grund ist häufig, das man meint, sich mit Kindern zu sehr einschränken zu müssen und Dieses oder Jenes von bisher hoher Wichtigkeit nicht mehr machen zu können. Zur gesellschaftlichen Rechtfertigung kommt dann das Gefasel, dass die Welt aus diesen oder jenen Gründen zu schlecht ist, um als verantwortungsvolle Person Kinder in die Welt zu setzen.

Punkt 1: Deutschland ist ein extrem lebenswertes Land. Kaum irgendwo haben es Kinder in der Summe besser. Das merkt man erst, wenn man wirklich viele Ecken dieses Planeten kennen gelernt hat. Wenn man hier keine Kinder in die Welt setzen will, wo dann? Natürlich ist nicht alles perfekt. Gerade nicht in bezug auf Kinder, was u.a. daran liegt, dass Kinder im Gegensatz zu Rentnern keine Wahlstimme haben und für die Politik nicht attraktiv sind.

Punkt 2: Die Situation an Schulen ist weitaus besser, als in vielen Fällen dargestellt. Die rattern da nicht einen Lehrplan von vor 35 Jahren runter. Reflexartig wird dann auch gern „PISA“ und anderes angeführt. Dumm nur das wir bei PISA und anderen Metriken mittlerweile recht gut abschneiden.

Punkt 3: Die Elterngeneration, die jetzt 7-16jährige Kinder hat, ist im Mittel 35 bis 45 Jahre alt. Warum unterstellt man denen eigentlich, dass die in Sachen Internet und Medien nichts mehr auf die Reihe bekommen und schon abgehängt sind? Die sind nicht 85 und halb senil. Keine Elterngeneration hat sich so sehr um ihren Nachwuchs gekümmert, wie die aktuelle Elterngeneration.

Antworten
Florian Blaschke

Ich gestehe, dass ich mit Argument 1 fast gerechnet habe. Aber mit der gleichen Begründung könnten wir dann auch Sport-Journalisten, die weiß Gott nicht immer selbst Fußballer oder Tennisspieler oder Poker-Profis sind, ihre Expertise absprechen. Fachwissen kann nunmal auch durch Recherche, die eigenen Familie, Gespräche mit Beteiligten und vieles mehr erworben werden. Das gehört zu meinem Job.

Dazu kommt, dass es durchaus zu einer Kolumne gehört, Themen auf die Spitze und manchmal darüber hinaus zu treiben. Allerdings schreibe ich explizit „Dabei war der Wunsch, Kinder zu kriegen, bei mir in den letzten Jahren ohnehin nicht besonders groß“ und nicht „Eigentlich nämlich hätte ich wirklich riesig gerne Kinder, aber dieses Ding mit der Medienkompetenz verleidet mir das!“ …

Was all einige der anderen Punkte angeht: volle Zustimmung. Deutschland ist ein ziemlich prima Land, und ich glaube, es gäbe auch nicht viele andere Länder, wo ich meine Kinder lieber groß ziehen würde. Mal sehen, ob ich sie noch kriege.

Und noch ganz kurz zu Punkt 3: Ich bringe dich gerne mal mit einem Teil dieser Elterngeneration zusammen und du unterhältst dich ein paar Stunden mit 35- bis 45-Jährigen über Dinge wie Datenschutz, Tracking-Methoden, IT-Sicherheit, Online-Marketing und all den anderen Kram, der alleine zum Thema dieser Kolumne gehört. Zu wissen, wie man Facebook nutzt oder Mails verschickt oder bei Amazon einkauft, heißt leider noch nicht, von all dem ein wirkliches Verständnis zu haben.

Antworten
Guido

«Aber mit der gleichen Begründung könnten wir dann auch Sport-Journalisten, die weiß Gott nicht immer selbst Fußballer »
Der Vergleich hinkt. Der Sportjournalist ist typischerweise nahezu täglich da, wo Sport stattfindet, verfolgt Fussballspiele etc.. Der Schulunterricht wird aber nicht im Fernsehen übertragen und ich unterstelle, dass Sie nicht jede Woche 10 Stunden in Schulen zubringen und da den Unterricht verfolgen. Wenn dann noch eigene Kinder fehlen, wird es typischerweise eng mit Anknüpfungspunkten, was in Schulen wirklich stattfindet.

Medienkompetenz bedeutet zunächst mal Grundsätze zu vermitteln. So das Jugendliche wissen, das nichts von dem, was sie jemals im Internet veröffentlicht haben, jemals wieder gelöscht bekommen und das grundsätzlich alles getrackt werden kann. Das nichts von dem, was Bilder und Bewegtbilder so überzeugend zeigen, richtig sein muss. Das und vieles mehr können durchschnittliche Eltern durchaus vermitteln. Medienkompetenz bedeutet nicht, dass alle Jugendlichen verstehen, wie Tracking durch Canvas-Fingerprinting technisch funktioniert.

Antworten
Florian Blaschke

Dem zweiten Absatz stimme ich zu, bis auf die Tatsache, dass ich nicht glaube, dass viele Eltern diese Dinge vermitteln können. Dem ersten muss ich widersprechen. Denn der Unterricht muss nicht übertragen werden, damit ich mir eine Meinung bilden kann. Dafür genügt eine ausreichende Anzahl an Gesprächen, Diskussionsrunden, Fachbeiträgen, Dokumenten und anderen Recherchen. Und schließlich und endlich: Du widersprichst mir doch auch nur aufgrund deiner eigenen Erfahrung (Vielleicht als Lehrer? Vielleicht als Vater?). Wenn die ausreichend ist, um Meinungen und Einschätzungen (auch öffentlich) zu vertreten, warum ist es meine dann nicht?

Antworten
Guido

Gut, legen wir die Frage, wer nun hinreichend kompetent zu dem Thema ist, zu den Akten, weil wir letztlich beide nicht genug Einblick in das Leben des anderen haben.

Ansonsten: Wie viel sind „viele Eltern“? 10, 20, vielleicht 30 Prozent? Eine ähnliche Größenordnung ist auch nicht in der Lage, den eigenen Kindern die Bedeutung von Bildung, gesunder Ernährung, Bewegung usw. zu vermitteln, was noch weitaus bedeutendere Themen sind. Nur all das würde auf Ihre eigenen Kinder nicht zutreffen und kann deshalb nicht als Begründung herhalten „Warum ich in eine solche Welt keine Kinder setzen will“ (Ihre Überschrift). Das bleibt eine absurde Konstruktion. Das ist wie „Ich kaufe mir kein Smartphone , weil mein Nachbar mit so etwas nicht verantwortlich umgehen kann.“

Florian Blaschke

In Sachen Bildung, Ernährung und Bewegung hat sich in den letzten Jahrzehnten doch einiges getan, finde ich. Du selbst hast PISA angesprochen und dass Deutschland da inzwischen gar nicht mehr so schlecht dasteht. Und etliche Diskussionen um Schulessen und Freizeitgestaltung haben im Gesundheitssektor durchaus Folgen gehabt. Insofern sind all das keine Dinge, die mich vom Kinderkriegen abhalten würden. Aber um kurz zum Thema hinkende Beispiele zu kommen: Wäre mein Nachbar für das verantwortlich, was ich über mein Smartphone und die vernünftige Nutzung weiß, würde ich mir vermutlich wirklich keins zulegen. Wobei das voraussetzen würde, dass mir das Problem bewusst ist, was wiederum bedeuten würde, dass ich mehr wüsste, als ich der These nach wissen dürfte, was ein seltsamer Zirkelschluss wäre.

Alexander Knapp

Medienkompetenz im geforderten Maße kommt leider wirklich nicht von alleine. Selbst kann ich mich eigentlich glücklich schätzen, in all den notwendigen Feldern „großgeworden“ zu sein, da die Medien von Print bis Online seit Mitte der achziger zu meinem beruflichem und privatem Beschäftigungsbereich gehörten und gehören. Ich habe oft den Wunsch verspürt, eigentlich bereits zum Ende der Kita-Zeit meiner Twins, hier ein bischen mit Beizutragen, Licht in die Schatten zu bringen, denn bereits hier hatten sich verschiedene Themen angekündigt. In der Erziehung hat dies natürlich enorme Vorteile, man kann ob des Wissens tatsächlich wesentlich besser steuern, wie man seine Kinder an die moderne Medienwelt heranführt. Das ist aber nicht in jedem Fall gegeben, besonders „gefährlich“ wird es dann, wenn Mediengeräte und entsprechende Zugänge als unkontrollierte „Abstellmaßnahme“ für die Kinder dienen. War dies bisher eventuell das Fernsehgerät, entstehen jetzt ganz neue Felder – und für die hat man sich als Eltern schlicht zu interessieren. Da darf es keine Ausreden geben. Tracking etc. ist ja da fast noch das harmlose, mehr denn je sind es die sozialen Netzwerke, in denen sich die potentiellen Gefahren verstecken. Und damit meine ich nicht die Datensammlung an sich, sondern die Personen, die hinter den Accounts stehen. Hier gibt es eben keinen direkten Blick, hier kann die persönliche Erfahrung, um Menschenkenntnis aufzubauen, nicht mehr greifen oder gemacht werden. Aber gerade deswegen ist es heute viel, viel wichtiger, exakt die alternativen aufzuzeigen – das Erlebnis in der realen Welt zu steigern, zu zeigen, das z. B. die Natur so vieles zu bieten hat – einfach um deutlich zu machen, das die digitale Welt eigentlich nur eine Nebensache ist, die zwar vieles bequemer machen kann, aber keinesfalls so lebenswichtig ist, wie oft dargestellt. Die Aufgabe liegt darin, den Kindern die Wege zu einer Differenzierung zu bieten.

Antworten
Florian Blaschke

Seh ich ziemlich genauso. Vor allem deine Einleitung: Du kannst dich glücklich schätzen. ^^

Antworten
m_for_manu

eine etwas losgelöste bemerkung: wann war denn die genial gute zeit kinder auf die welt zu setzen? :)

ich kenne den spruch seit langem, aber auf die frage antworten alle irgendwie immer mit den selben zeitraum ihrer geburt oder als deren kindheit stattfand. und dann haben alle vergessen dass zu der zeit cuba-krise (kalter krieg generell), war oder öl-krise oder tschernobyl oder der erste irakkrieg (kann sich jemand noch an die vorräte erinnern die manche damals angelegt haben? und der karneval wurde abgesagt. in köln) oder was auch immer.

so läuft das mit der verklärung. ;) warum jemand kinder möchte oder nicht ist ja privatsache, aber die umstände so heran zu ziehen, macht nicht wirklich sinn. die welt ist (vor allem nicht in europa) nicht zwischenzeitlich untergegangen.

Antworten
Florian Blaschke

Auf gar keinen Fall, es gibt viele Dinge, die sich sehr positiv entwickeln, auch für den Kinderwunsch vieler Menschen. Aber die Komplexität einiger nicht ganz unwesentlicher Faktoren (und da sind die von mir beschriebenen glaube ich nur ein Bruchteil von) machen es dann doch etwas schwerer als noch vor 100, 50 oder sogar 30 Jahren, diese Welt (und das Gemeine ist: Ob Welt oder Europa oder Deutschland ist da egal, diese Phänomene sind global) zu erklären und zu vermitteln.

Antworten
m_for_manu

wie beschrieben, war meine anmerkung vom eigentlichen thema losgelöst. mir ging es eher um die (unterm strich wohl auch eher der dramarturgie geschuldeten ;) ) konsequenz DESWEGEN das kinderkriegen einzustellen. ich bin auch nicht sicher ob 1915, 1965 oder 1985 die besseren jahre waren. gerade zu diesen zeiten gab es globale konflike denen man sich niemals entziehen konnte. und hätten wir alle die wahl, würden wir ja wohl eher heute gegen die kommerzialisierung der daten kämpfen, als im ersten weltkrieg zu hungern, die wirren der 60er zu erleben oder 1985 immer noch im schatten des eisernen vorhangs zu leben.

die techwelt dagegen ist noch lange nicht so groß wie ein weltkrieg oder blockkonflikte. so, reicht nun, das war mein beitrag für sieh es positiver und sei deswegen eher motiviert einen beitrag für eine bessere welt zu leisten. ;)

Daniel

Evtl. interessant in diesem Zusammenhang: Podcast mit dem Schulleiter der ersten iPad-Klasse Bayerns. Diese Schule zeigt, dass Medienkompetenz auch anders geht: http://www.nuernberg-und-so.de/podcast/markus-boelling-sendung-no19

Antworten
Florian Blaschke

Danke für den Link, den kannte ich noch nicht.

Antworten
CARLUN

Jede Generation hat ihre Herausforderung
und
wer (bewusst) keine Kinder haben möchte, steigt aus der Evolution aus.

Soll kein Dogma oder erhobener Zeigefinger sein, eher Gedankenanstoß.

Antworten
Florian Blaschke

Wenn ich die Evolution für etwas per se Gutes halten würde, würde ich darin ein Problem sehen … ^^

Antworten
Stefan Grimm

Es gibt für mich kein größeres Glück, als in die lachenden Gesichter meiner Kinder zu sehen und zu wissen, dass wir gegenseitig unser Bestes geben und uns lieben.

Die Frage ist schon meiner Meinung nach bereits falsch gestellt, denn wenn man rational vorgeht, dann sollte das Ergebnis lauten:
Je schlechter die Zeit, desto wichtiger ist es das Menschen Kinder in die Welt setzen, die diese Welt dann in Zukunft besser machen können!
Jedes einzelne Licht vertreibt ein wenig Dunkelheit.

Kinder zu haben führt einen bestimmt regelmäßig an diverse Grenzen, ist stressig und Schlafentzug wirkt dauerhaft auch nicht positiv. Aber es schenkt einem auch unendlich viele Momente eines ganz besonderen Glücks, dass man ohne eigene Kinder nie erfahren wird.

Ich empfehle die Medienkompetenz etwas weniger Raum zu geben, damit die Liebe Platz hat, denn die sollte der ursächliche Grund fürs Kinder kriegen sein und das hat aber wirklich gar nichts mit dem richtigen Zeitpunkt zu tun.

Neben dem Kopf, gibt es auch noch ein Herz – bitte nicht vergessen :-)

Antworten
Florian Blaschke

Das hast Du sehr, sehr schön gesagt!

Antworten
caro

Naja, verstehe den Hype nicht. So ganz neu ist dieses Prinzip auch nicht. Auch bisher war es für junge Menschen schon möglich sich live ins Internet zu streamen.

Die Verbreitung von Smartphones hat das ganze schon verändert, zumal viele kleine Kinder eins haben. Kontrolle der Eltern?

Ich würde mein Kind auch nicht (Nachts) alleine durch eine große Innenstadt schicken, oder auf der Reeperbahn aussetzen.

Was natürlich schon krass ist – live streamen via iphone und man läuft durch die ganze Bude. Oder auch das betteln „Mir ist langweilig, fragt mich etwas“. Und dann werden Lebensgeschichten was Vater, Mutter, Geschwister machen erzählt. Und dann sieht man den 65 Jährigen Rentner Harry der schreibt „Ich wünschte du wärst meine Tochter“. Da kommts einem hoch. Ekelig und Gefährlich!

Man muss das Internet als Werkzeug sehen, und dieses will richtig bedient werden, sonst verletzt man sich.

Antworten
Florian Blaschke

Ich glaube, der Hype ist genau dadurch entstanden dass das Ausmaß vielen Eltern und selbst Journalisten nicht bewusst war. Und dass massentaugliche Medien ausgehend von Stern TV darauf aufgesprungen sind.

Antworten

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