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Interview
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Mytaxi-Chef: In 10 bis 20 Jahren fahren die meisten Taxis autonom

Seit über einem Jahr steht der Brite Andrew Pinnington an der Spitze des Hamburger Taxi-App-Anbieters Mytaxi. Auf dem Web Summit hat der CEO t3n.de Rede und Antwort zu autonomem Fahren, Konkurrenten und der Beziehung zur Mutter Daimler gestanden.

Von Stephan Dörner
6 Min. Lesezeit
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Foto: Mytaxi.

t3n.de: Pooling – das Organisieren eines Taxis mit mehreren Personen – hilft der Umwelt und boomt in anderen Ländern. In Deutschland ist das immer noch verboten. Wird das so bleiben?

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Andrew Pinnington: Das hängt immer davon ab, mit welcher Behörde du sprichst. Wir werden sehr eng mit lokalen und nationalen Behörden zusammenarbeiten, damit – wenn wir die Technologie nach Deutschland bringen – das mit der Gesetzgebung übereinstimmt.

t3n.de: Also nicht der Uber-Weg?

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Mytaxi-CEO: Andrew Pinnington. (Foto: Mytaxi)

Zu Uber will ich nichts sagen. Überall wo wir aktiv sind, nutzen wir ausschließlich lizenzierte und regulierte Taxis. Wir wollen uns an die Gesetze halten, und auch unsere Shareholder sind sehr erpicht darauf, dass wir das tun. Aber die Technologie fürs Pooling ist da – wir haben das gerade im September in Warschau gestartet. Und jetzt würden wir das natürlich gerne in unserem Heimatmarkt starten – deshalb führen wir die Gespräche mit Behörden.

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t3n.de: Wann ist es soweit?

Ich will keine Versprechen abgeben. Aber auf jeden Fall lange nach unserem Start in Warschau.

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t3n.de: Aber es gibt ja neben den Behörden auch ein Bundesgesetz, das Pooling verhindert, oder?

Ja, wir werden auf lokaler und Bundes-Ebene arbeiten müssen. Aber unser erstes Ziel ist es, Unterstützung auf Ebene der Städte zu bekommen. Dann können wir diese Unterstützung auf der Bundesebene nutzen.

So arbeitet Mytaxi: Gläserne Büros am Hamburger Fischmarkt

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t3n.de: Werdet ihr immer nur auf lizenzierte Taxis setzen oder ist so etwas wie eine direkte Uber-Konkurrenz denkbar?

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Wer weiß schon, was die Zukunft bringt – aber aktuell ist für die Mytaxi-Marke absolut klar, dass sie nur innerhalb des europäischen Marktes mit lizenzierten Taxis arbeitet. Und es gibt keine Pläne, das zu ändern.

t3n.de: In welchem Markt gibt es das größte Wachstum?

Ich glaube Italien und Polen. Aber das ist natürlich ein unfairer Vergleich, weil wir in Deutschland bereits ein sehr großes Geschäft haben, das seit sechs bis sieben Jahren wächst.

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t3n.de: Ihr gewährt immer noch sehr viele Rabatte – auch in Deutschland gibt es oft noch Rabatt-Codes, noch stärker aber in solchen Wachstumsmärkten wie hier in Portugal. Wie stark tragen Rabatte zum Wachstum bei?

Es kommt auf die Reife des Geschäfts an, wie aggressiv wir bei Rabatten sind. In reiferen Märkten wie Deutschland und Großbritannien sind Rabatte sehr teuer. In jüngeren Märkten wie Polen ist die Nutzerbasis schmaler und wir nutzen die Rabatte, um neue Kunden zu gewinnen.

t3n.de: Macht ihr denn in den reiferen Märkten wie Deutschland Gewinn?

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Wenn ein Markt reifer wird, achten wir darauf, dass der lokale Markt auf operativer Ebene profitabel ist. Aber wir sind immer noch in einem Geschäft unterwegs, in dem um Marktanteile gekämpft wird und das Wachstum groß ist. Daher ordnen wir Profitabilität dem Wachstum unter.

t3n.de: Insgesamt ist Mytaxi also weder profitabel noch ist das für die kommenden Jahre der Plan?

Die Formulierung, die wir hier nutzen, lautet: Wir sind immer noch im Investment-Modus.

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t3n.de: Du kamst als CEO der britischen Konkurrenz Hailo zu Mytaxi. Mytaxi ist mit viel Kapital vom Eigner Daimler ausgestattet. Kannst du was dazu sagen, wie die Kultur sich unterscheidet?

Ja, die Kultur ist unterschiedlich. Hailo wurde mit Venture Capital finanziert und ist stark an Wachstum und der Wertsteigerung seines Investments interessiert. Versteh das nicht falsch: Daimler sieht es natürlich auch gerne, wenn der Wert seines Investments steigt. Aber in erster Linie hat das Unternehmen aus strategischen Gründen investiert. Es geht um Fragen wie autonomes Fahren, und unser Geschäft wird eine Rolle dabei spielen, den Konsumenten mit den Autos der Zukunft zu verbinden. Die Investition erfolgte also aus anderen Gründen – und das schafft ein anderes Umfeld. Aber Daimler gewährt uns sehr viel Autonomie.

t3n.de: Also verlangt Daimler weniger aggressives Wachstum als die Hailo-Investoren?

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Nein, Daimler will aggressives Wachstum – und ist sehr fordernd. Aber es geht dabei nicht um Wachstum um des Wachstums Willen, sondern zum Beispiel um Fragen wie: Willst du wirklich in Westafrika sein oder nicht lieber in New York, London oder Paris, wo die autonomen Autos früher fahren werden?

t3n.de: Gibt es denn konkrete Pläne, das Geschäft über Europas Grenzen auszuweiten?

Oh, ich hätte diese Orte nicht nennen sollen. Ja, wir wollen außerhalb von Europa wachsen. Wir sind schon in Südamerika aktiv – aber unter einer anderen Marke.

t3n.de: Also gibt es derzeit aktive Gespräche über Übernahmen außerhalb Europas?

Ich werde nichts zur Geografie sagen: Aber ja, es gibt Gespräche auf Märkten außerhalb Europas.

t3n.de: Wie wichtig ist euch die Beziehung zu Taxi-Fahrern und Taxi-Unternehmen, die ja beide wichtige Großkunden von Daimler sind?

Wir könnten da einen deutlich besseren Job machen. Wir sind in einer schnelllebigen Branche unterwegs und haben noch nicht genug für die Beziehungen getan. In Polen beispielsweise können Taxifahrer eine rabattierte A-Klasse bekommen. Aber solche Dinge sind noch selten.

t3n.de: Mytaxi und andere Taxi-Apps funktionieren in Städten – auf dem Land aber nicht. Wird sich das jemals ändern?

Ich glaube das wird sich ändern – aber das dauert noch sehr lange. Wenn Autos autonomer werden, wird sich der Markt verändern. Derzeit muss ich einen Fahrer überzeugen in ein Gebiet zu gehen, in dem die Dichte der Nachfrage geringer ist. Sobald die Fahrzeuge autonom fahren, wird sich das auch in den Vorstädten verbreiten.

t3n.de: Wann wird es soweit sein?

In komplexeren, reiferen und stärker regulierten Märkten wie Europa wird es länger dauern, in Singapur oder dem Nahen Osten schneller gehen.

t3n.de: Wann glaubst du, fahren die meisten Mytaxi-Autos autonom?

Meiner persönlichen Einschätzung nach – das ist keine Unternehmensmeinung – dürfte es in den kommenden zehn bis 20 Jahren soweit sein, dass die meisten Autos autonom fahren. Eher 20.

t3n.de: Viele eurer Fahrer sind deshalb vermutlich sehr verunsichert.

Ich glaube, es wird immer noch eine Menge Beschäftigung geben, wenn es soweit ist. Die Art des Jobs wird sich nur verändern. Zu Beginn werden die Autos vor allem automatisch gesteuert, aber die Regulierung wird verlangen, dass ein Mensch mit an Bord ist. Die Übergangsphase wird sicher fünf oder mehr Jahre dauern. Und wenn dann das voll autonome Fahren da ist, wird es unterschiedliche Angebote geben: Sehr einfache Angebote, in denen es nur um die Fortbewegung geht, und Angebote, die mehr Service versprechen, wenn du Hilfe mit deinen Koffern benötigst, Kinder hast, jemanden suchst, der dir die Stadt zeigt. Welchen Service du auch brauchst – für alle davon wird es Angebote geben. Nur die Rolle des Fahrers wird sich ändern.

t3n.de: Am Ende ist es aber einfach eine Kostenfrage: Das Taxifahren wird nur günstig angeboten werden können, wenn kein Fahrer mehr im Auto sitzt.

Ja, manche Kunden werden nach dem Preis entscheiden. Es gibt auch beim Fliegen Ryanair und es gibt andere Service-Level.

t3n.de: Was ist euer stärkster Konkurrent aktuell?

Das kommt auf den Markt an. In London ist die Antwort eine andere als in Deutschland zum Beispiel. Dennoch ist der größte Konkurrent immer noch die traditionelle Methode, ein Taxi zu rufen. Aber wenn die Antwort eine technologischer ausgerichtete Konkurrenz sein soll: In Großbritannien ist das Uber, in Spanien Cabify und in Italien gibt eigentlich keinen echten Konkurrenten.

t3n.de: So wie in Deutschland?

Da sind es tatsächlich die traditionellen Taxizentralen wie Hansa Taxi in Hamburg, die dort ein sehr starkes Geschäft haben und eine tollen Job machen.

t3n.de: Was hältst du von den Versuchen der klassischen Taxi-Unternehmen, eigene Taxi-Apps auf den Markt zu bringen?

Das ist herausfordernd. Die grundlegende Technologie scheint einfach zu sein: Du hast einen Kunden hier und einen Fahrer dort und du verbindest beide. Aber wenn du unter die Oberfläche schaust, ist das deutlich komplizierter. Die Technologie dahinter benötigt sehr viel Geld, um mithalten zu können. Und es ist nicht einfach, neue Technologien wie Pooling zu entwickeln.

Vielen Dank für das Interview!

Disclosure: Die Reise unseres Autors zum Web Summit wurde von Daimler Nutzfahrzeuge finanziert. Einfluss auf die Berichterstattung hat das nicht. Das Interview wurde nah am ins Deutsche übersetzten Wortlaut von t3n.de aufgeschrieben – es gab keine Autorisierung durch eine Pressestelle.

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