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Die Autobahn-App sollte ein Meilenstein sein – nach einem Jahr kaum brauchbar

Die Autobahn-App wurde vor einem Jahr als «Meilenstein der Digitalisierung des Verkehrswesens» präsentiert. Doch auch zwölf Monate später stellen Autofahrer und Experten die Sinnhaftigkeit der Anwendung der staatlichen Autobahngesellschaft in Frage.

Quelle: dpa
4 Min. Lesezeit
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Eine App, die auf der Autobahn helfen soll. (Foto: nitpicker / Shutterstock)

Das Konzept der Autobahn-App klang schlüssig: Die Autobahn GmbH des Bundes soll ihren Datenschatz über die aktuelle Verkehrslage auf den Bundesautobahnen nicht für sich allein behalten, sondern über eine Smartphone-App mit den Fahrerinnen und Fahrern teilen. Schließlich kennt die staatliche Gesellschaft jede Baustelle und weiß auch, wann diese wieder aufgelöst werden. Auch über größere Staus oder gefährliche Unfallstellen kann die Autobahngesellschaft zuverlässig informieren.

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Bei einer grundlegenden Funktion, die andere Karten-Apps beherrschen, musste die Autobahn-App allerdings von Anfang an passen, nämlich der eigentlichen Navigation. Das ist auch ein Jahr nach der Vorstellung der ersten App-Version am 20. Juli 2021 und nach 750 000 Downloads noch so. Wer beispielsweise nach der Strecke von Berlin nach Bremen sucht, bekommt zwar die Wegbeschreibung für die übliche Strecke über Magdeburg und Hannover angezeigt, inklusive aller Störungen entlang des Weges. Die Informationen sind aber nur vor dem Antritt der Reise relevant. Die App ist nämlich nicht in der Lage, während der Fahrt dynamisch Abbiege-Hinweise („Turn-by-turn“-Befehle) zu geben.

Die App kann auch keine Ersatzrouten in Echtzeit vorschlagen, um beispielsweise auf eine Vollsperrung der A2 bei Magdeburg wie kürzlich zu reagieren. Statt die Route neu zu berechnen und die Alternative über die A24 via Hamburg anzuzeigen, wies die App im konkreten Fall nur darauf hin, dass die Strecke über die A2 eine Verzögerung von über drei Stunden bedeutet. Bei den Karten von Google, Apple, TomTom und anderen Anbietern wurden die Nutzer dagegen richtig auf die Alternativstrecke gelotst.

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Kaum bedienbar während der Fahrt

Die Anwenderinnen und Anwender vermissen aber nicht nur die Navigationsfunktion. Die App wurde auch so gebaut, dass man sie während der Fahrt quasi nicht bedienen kann. Dafür fehlt eine Sprachsteuerung. Auch eine Integration in die Systeme CarPlay von Apple oder Android Auto von Google, die Smartphone-Apps sicher auf die Infotainment-Bildschirme moderner Autos bringen, ist nicht vorgesehen. Wenn man die Autobahn-App beim Fahren bedienen möchte, benötigt man einen Beifahrer oder muss auf einem Parkplatz anhalten, um in der App sicher stöbern zu können.

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Die Vorbehalte der Nutzerinnen und Nutzer kann man auch an den Bewertungen ablesen. Im App-Store erhält die Anwendung 2,4 von 5 Sternen, im Play-Store von Google immerhin 2,9 von 5 Sternen.

Bei den jüngsten Bewertungen wird aber oft nur noch ein Stern vergeben, weil die Autobahn GmbH eine populäre Funktion abgeschaltet hat. Nutzer konnten sich zu Beginn noch über Hunderte Webcams entlang der Autobahnen selbst ein Bild über die Verkehrslage machen. Nun erscheint nur noch eine Fehlermeldung: „Aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Europa haben wir uns dazu entschlossen, die WebCam-Bilder bis auf weiteres zu deaktivieren.“ Damit sei die App „unnütz geworden“, heißt es in einer Rezension. Viele User beklagen, dass hier Steuergeld verschwendet worden sei. Die Entwicklung der App hat nach Angaben der Autobahn GmbH 1,2 Millionen Euro gekostet.

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Die Kritik in den Stores an der Autobahn-Anwendung ist auch beim Digitalverband Bitkom angekommen. „Die Autobahn-App des Bundes hat die Erwartungen nicht erfüllt“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder der Deutschen Presse-Agentur. „Sie bietet gegenüber vorhandenen Angeboten etwa zur Vermeidung von Staus oder der Anzeige der nächsten Tankstelle keinen erkennbaren Mehrwert. Das zeigen auch die Bewertungen der Nutzerinnen und Nutzer in den App-Stores.“

Konzept soll nicht aufgegeben werden

Dabei sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die öffentliche Hand Digitalangebote entwickle, sagte Rohleder. „Diese sollten sich aber an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und vor allem dort ansetzen, wo es keine entsprechenden privaten Angebote gibt.“ Anstatt ein Endkunden-Produkt wie eine App von Anfang bis Ende zu entwickeln, wäre es vielversprechenderer, die zugrundlegenden Daten wie Baustellen, Lademöglichkeiten für E-Autos oder den aktuellen Verkehrsfluss so für Dritte bereitzustellen, dass diese Informationen leicht in bestehende Angebote integriert werden könnten. „Davon würden mehr Bürgerinnen und Bürger direkt profitieren.“

Die Autobahn GmbH will aber das Konzept einer App nicht aufgeben und hat sich eine neue Zielgruppe ausgesucht: „Für alle Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer bietet die App viele Möglichkeiten für eine schnelle und effiziente Navigation“, sagt Immo von Fallois, Leiter Kommunikation. Für die „Brummis“ wurde zum Start der Sommerferien ein schneller Überblick in die App integriert. Die Anwendung gibt Hinweise darauf, welche Strecken von Ferienfahrverboten an Samstagen im Juli und August betroffen sind und welche Alternativrouten es gibt.

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Die Autobahn GmbH kündigte weiter eine neue App-Funktion an, die den Lkw-Fahrerinnen und Fahrern die Stellplatzsuche auf Basis einer neuen digitalen Stellplatzerfassung erleichtert. Die Freischaltung der Funktion sei für Ende August 2022 geplant.

Ob das stark kritisierte Konzept der App noch einmal grundsätzlich verändert wird, bleibt aber offen: „Nachdem die App seit mehr als einem Jahr verfügbar ist, überprüfen wir sie derzeit auf die zukünftige Aufstellung des Angebotes“, erklärte die Autobahn GmbH. „Die Neuauflage der Autobahn-App erfolgt bis Ende des Jahres.“

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