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Was einer der Geschäftsführer von Rewe über Amazon Fresh denkt

Johannes Steegmann, Geschäftsführer bei Rewe Digital, erläutert seine Sicht über die Zukunft des deutschen Lebensmittelhandels. Er glaubt: Der Supermarkt um die Ecke wird nicht aussterben.

Von Yvonne Göpfert
4 Min. Lesezeit
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Dr. Johannes Steegmann von Rewe. (Foto: dpa)

t3n: Wird Amazon Fresh wirklich den großen Boom Richtung Onlinehandel mit Lebensmitteln bringen?

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Johannes Steegmann: Damit der Online-Lebensmittelhandel in Fahrt kommt, braucht es gute Angebote in mehreren Städten sowie eine Auswahl unter mehreren Anbietern. In Berlin ist das heute schon der Fall – hier liefern neben Rewe auch Bringmeister und Kaufland und nun auch Amazon Fresh. Die Frage lautet eher: Wann baut Amazon seinen Service in anderen Städten aus und wie schnell rollt Kaufland aus? Wenn die Mitbewerber ihr Angebot ebenfalls ausweiten, wird der gesamte Markt davon profitieren. Das zeigt ein Blick nach Großbritannien: Tesco hat sehr früh Lebensmittel geliefert und bald sind noch andere Anbieter aufgesprungen wie Ocado, Asda und andere. Das hat gezeigt: Wenn ein attraktives Angebot in den Markt kommt, wird es auch genutzt. Ich glaube allerdings nicht, dass sich der Lebensmittelhandel ähnlich entwickelt wie der Handel mit Büchern und CDs. Diese Waren werden heutzutage ja zu 60 bis 70 Prozent online gekauft.

t3n.de: Welches Potenzial sehen Sie für Deutschland?

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Marktforscher und Berater sagen, dass der Umsatz der Online-Bestellungen im Lebensmittelhandel sich auf drei bis zehn Prozent erhöhen wird. Derzeit ist der Lebensmittelhandel rund 160 Milliarden Euro groß. Aber keiner der Marktforscher sagt heute, dass in Zukunft zu 90 Prozent online bestellt werden wird. Und für Rewe sind auch drei bis zehn Prozent mehr Umsatz durch den Online-Handel ein großer Umsatz, auf den wir nicht verzichten wollen.

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t3n.de: Trennen Sie noch zwischen Online- und Offline-Kunden?

Uns ist es egal, ob der Kunde online oder offline kauft. Denn der Kunde denkt nicht nur online oder nur offline. Mal braucht er Beratung an der Fleischtheke oder genießt die Probiermöglichkeiten im Rewe-Markt vor Ort. Das kostet Zeit, hat aber Erlebnischarakter. Ein anderes Mal hat er online bereits bestellt, fährt auf dem Heimweg noch schnell bei Rewe vorbei, parkt auf dem eigens dafür reservierten Parkplatz und holt seine Bestellung beim Abholservice ab. Denn diesmal hat er keine Zeit. Wieder ein anderes Mal hat er ein Bein gebrochen und lässt sich sämtliche Ware vom Rewe-Lieferservice liefern. Die Rentnerin wiederum besucht den Rewe-Markt vor Ort auch wegen der sozialen Kontakte und geht mit ihrer kleinen Einkaufstüte wieder nach Hause. Die schweren Sachen wie Konserven oder Getränke lässt sie sich vom Lieferservice bequem nach Hause liefern. Wir sehen also unterschiedliche Kundenbedürfnisse, die wir bedienen.

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t3n.de: Welche Marketingkanäle nutzen Sie als E-Commerce-Händler, um Ihre Kunden zu erreichen?

Manche Kunden bekommen einen Gutschein für einen Online-Einkauf auf ihrem Rewe-Bon im Markt. Wir sprechen Kunden per E-Mail an oder manchmal auch noch ganz klassisch per Post. Und wir nutzen die Payback-Kommunikationskanäle. Zudem arbeiten wir sehr eng mit unseren Lieferanten zusammen und kooperieren hier auf unterschiedlichen Ebenen: Ob durch die Verlängerung einer klassischen Branding-Kampagne oder einer zielgerichteten Aktion, um den Verkauf zu unterstützen. Mit unserem eigenen Vermarktungs-Team können wir alle relevanten Touchpoints unserer Kunden mit den Zielen unserer Lieferanten vereinen. Denn auch die Lieferanten wollen Erfahrungen sammeln und helfen uns, spezielle Online-Aktionen zu stemmen. Und wir betreiben fleißig Retargeting.

t3n.de: Was zieht noch beim Kunden?

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Ein weiterer Ansatzpunkt, um Lebensmittel online zu verkaufen, sind Rezepte. Apfelkuchen beispielsweise ist das am häufigsten gesuchte Rezept. Auf kochbar.de gibt es unter jedem Rezept einen Button „Bei Rewe kaufen.“ Mit einem Klick kommt der Nutzer von dem Rezept auf die dazu passende Zutatenliste auf rewe.de. Hier kann er zwischen verschiedenen Sorten oder Marken wählen, die Artikel direkt beim Lieferservice bestellen oder sie auf die Einkaufsliste für den nächsten Besuch im Markt legen.

t3n.de: Amazon Fresh ist genau wie der große Bruder Amazon ein Marktplatz. Wollen Sie ebenfalls einen Marktplatz etablieren?

Wo fängt ein Marktplatz an, wo hört er auf? Erinnern Sie sich noch an das Marktplatzkonzept Bonativo von Rocket Internet? Wie bekannt ist, war das ja nicht sehr erfolgreich. Denn es ist gar nicht so leicht, lokale Händler zuverlässig anzubinden. Viele Probleme hängen mit den Prozessen zusammen, die eine Marktplatzaktivität mit sich bringt. Die kleinen, regionalen Händler sind oft vor allem mit der Produktion beschäftigt und können die logistischen Anforderungen nur schwer meistern. Sie müssen Bilder der Produkte anbieten, die Waren ins Lager oder an den Kunden liefern, sie müssen Rechnungen schreiben. Das alles ist sehr komplex. Und ein Marktplatz braucht zuverlässige Lieferanten.

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t3n.de: Wie sieht es bei Rewe mit regionalen Produkten aus?

Uns liegt die Zusammenarbeit mit Landwirten und Betrieben aus dem Umland unserer Märkte seit jeher sehr am Herzen. Davon profitieren wir im Rewe-Lieferservice. Denn jede Stadt hat ihr eigenes Lager und kann somit auch die regionalen bzw. lokalen Lebensmittel anbieten, wie der Kunde sie von seinem Rewe vor Ort kennt.

t3n.de: Ist die regionale Aufstellung auch wichtig wegen der Lieferkette?

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Natürlich ist die Lieferkette eines der zentralen Themen im Online-Handel von Lebensmitteln. Die Lebensmittel müssen frisch und gekühlt beim Kunden ankommen. Wir haben unsere Lieferprozesse und hier vor allem die Einhaltung der Kühlkette in den vergangenen Jahren fortwährend optimiert und sind aktuell in 75 Städten mit über 100.000 Einwohnern aktiv, womit wir rund 40 Prozent der deutschen Haushalte erreichen. Amazon hat keine eigenen Lieferautos mit Tiefkühlfunktion, sondern setzt auf DHL. Andere Wettbewerber versenden flächendeckend per Paket. Ich persönlich finde diese Versandform für gekühlte oder frische Lebensmittel nicht sehr überzeugend. Eine Lösung für flächendeckende Versorgung könnte der Abholservice sein, der vor allem in Frankreich sehr erfolgreich ist. Ob Rewe jemals zum Beispiel in Garmisch ausliefert, muss man sehen. Das hängt davon ab, wie sich die Technik und die Nachfrage der Kunden entwickelt.

t3n.de: Danke für das Gespräch.

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