Anzeige
Anzeige
News

Darum sehen Kreative die Welt mit anderen Augen

Dass kreative Menschen einen anderen Blick auf die Welt haben, dürfte nicht überraschen. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass Kreativität auch das physische Sehvermögen beeinflusst.

Von Lea Weitekamp
3 Min.
Artikel merken
Anzeige
Anzeige

(Foto: Shutterstock / TunedIn by Westend61)

Wer kreativ ist, kann leichter verschiedene Perspektiven einnehmen und gelangt auch auf unkonventionellen Wegen zur Lösung eines Problems. So weit, so klar. Doch offensichtlich beeinflusst der Persönlichkeitsfaktor Offenheit, der in enger Verbindung zur Kreativität steht, nicht nur unsere Wahrnehmung im übertragenen Sinn: Auch in Bezug auf das reale Sehvermögen lassen sich Unterschiede zwischen normalen und besonders offenen Menschen feststellen.

Die „Big Five“: Diese Faktoren liegen unserer Persönlichkeit zugrunde

Die Persönlichkeitspsychologie kennt das Modell der „Big Five“, also der fünf Hauptdimensionen einer Persönlichkeit, schon seit mehreren Jahrzehnten. Wissenschaftler vermuten, dass sie sich schon seit den Anfängen der Menschheitsgeschichte als nützlich erwiesen haben und daher auch heute noch unserer Persönlichkeit zugrundeliegen.

Anzeige
Anzeige

Zu den „Big Five“ gehören:

  • Verträglichkeit (engl. „agreeableness“: Rücksichtnahme, Kooperationsbereitschaft, Empathie)
  • Offenheit für Erfahrungen (enl. „openness to new experiences“: Aufgeschlossenheit)
  • Extraversion (engl. „extroversion“: Geselligkeit)
  • Neurotizismus (engl. „neuroticism“: emotionale Labilität und Verletzlichkeit)
  • Gewissenhaftigkeit (engl. „concientiousness“: Perfektionismus)

Je stärker das Merkmal Offenheit in einer Persönlichkeit ausgeprägt ist, desto besser passen Zuschreibungen wie „einfallsreich“, „originell“, „fantasievoll“, „neugierig“ oder „interessiert“ zur jeweiligen Person. Menschen mit niedrigen Offenheitswerten dagegen lassen sich als konservativ oder konventionell beschreiben – sie brauchen Routinen und halten lieber an Altbewährtem fest, statt das Neue zu suchen.

Anzeige
Anzeige

Anzeige
Anzeige

„Je offener wir sind, desto kreativer lösen wir Probleme.“

Kein Wunder also, dass dem Persönlichkeitsaspekt der Offenheit ein hoher Einfluss auf unsere Kreativität und unsere Problemlösungskompetenz zugesprochen wird. Denn offene Menschen betrachten die Dinge aus mehreren verschiedenen Perspektiven. Ihre Fähigkeit zu divergentem Denken, also der spielerischen, unsystematischen Auseinandersetzung mit Problemen, ist besonders stark ausgeprägt und hilft dabei, Denkblockaden zu überwinden.

Das Prinzip der binokularen Rivalität

Die Forscher Anna Antinori und Luke Smillie haben herausgefunden, dass kreative Menschen dem Prinzip der binokularen Rivalität öfter ein Schnippchen schlagen können als andere. (Grafik: Luke Smillie, Anna Antinori)

Jetzt hat eine Forschergruppe an der Universität Melbourne herausgefunden, dass Menschen mit hohen Offenheitswerten nicht nur im übertragenen, sondern auch im wörtlichen Sinn „mehr sehen“. Dazu haben sie Experimente mit dem Konzept des binokularen Wettstreits durchgeführt, bei dem jedem Auge ein anderes Bild gezeigt wird. Die meisten Menschen nehmen die beiden Bilder einzeln im schnellen Wechsel hintereinander wahr, aber niemals beide gleichzeitig. Die beiden Bilder stehen also in Rivalität zueinander.

Nur selten sehen Probanden wirklich beide Bilder zum selben Zeitpunkt, zumeist als Kombination oder Überlappung. In diesen Momenten gelingt es, die Rivalität der beiden Reize zu unterdrücken. Besonders offene Menschen allerdings sehen laut der Studie der Wissenschaftler häufiger solche Kombinationen – und vor allem auch für eine längere Dauer. Die Forscher haben 123 Studenten zwei Minuten lang je ein rotes Bild auf dem einen und ein grünes Bild auf dem anderen Auge gezeigt – je höher die Offenheitswerte der Teilnehmer waren, desto eher erlebten sie diese kombinierte Wahrnehmung beider Bilder.

Anzeige
Anzeige

In den Augen von Anna Antinori und Luke Smillie von der Universität Melbourne lässt dies grundsätzliche Rückschlüsse auf das Sehverhalten von offenen Menschen zu: „Offene Menschen könnten fundamental andere visuelle Erfahrungen haben als durchschnittliche Personen“, schreiben sie in der Zusammenfassung ihrer Studie auf theconversation.com.

Bessere Performance beim „Gorilla-Experiment“

„Kreative Menschen sehen Dinge, die andere herausfiltern.“

Zusätzlich, so die Forscher, gelänge es Menschen mit besonders offenem Wesen oftmals besser, Dinge zu sehen, die sich an der Peripherie des Wahrnehmungsumfelds befinden oder die andere Menschen schlichtweg übersähen, weil sie sich auf etwas anderes fokussierten. Zur Illustration führen sie das berühmte „Gorilla-Experiment“ von Daniel Simons und Christopher Chabris an, bei dem die Betrachter eines Sportvideos die Anzahl an Basketball-Pässen zählen sollten – fast 50 Prozent der Probanden bemerkte dabei nicht, dass im Laufe des Videos ein Mann in Gorillakostüm durch das Bild lief.

Offene Menschen haben den Gorilla dagegen wahrscheinlich entdeckt: „Auch hier scheint mehr visuelle Information in die bewusste Wahrnehmung durchzudringen“, schlussfolgern Antinori und Smillie. „Sie sehen die Dinge, die andere herausfiltern.“

Anzeige
Anzeige

Wer bisher nicht zum besonders offenen, kreativen Teil der Bevölkerung gehört hat, muss nicht verzagen, so die Forscher: Es gebe Hinweise, dass sich das Persönlichkeitsmerkmal „Offenheit für Erfahrungen“ trainieren beziehungsweise positiv beeinflussen lasse. Allerdings bestehe auch der Verdacht, dass extrem hohe Offenheitswerte im Zusammenhang mit psychischen Krankheiten, etwa Halluzinationen, stünden: „Vom ‚mehr sehen‘ bis zum ‚Sehen von Dingen, die gar nicht da sind‘ könnte es ein kurzer Weg sein.“

Mehr zu diesem Thema
Fast fertig!

Bitte klicke auf den Link in der Bestätigungsmail, um deine Anmeldung abzuschließen.

Du willst noch weitere Infos zum Newsletter? Jetzt mehr erfahren

Anzeige
Anzeige
Schreib den ersten Kommentar!
Bitte beachte unsere Community-Richtlinien

Wir freuen uns über kontroverse Diskussionen, die gerne auch mal hitzig geführt werden dürfen. Beleidigende, grob anstößige, rassistische und strafrechtlich relevante Äußerungen und Beiträge tolerieren wir nicht. Bitte achte darauf, dass du keine Texte veröffentlichst, für die du keine ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers hast. Ebenfalls nicht erlaubt ist der Missbrauch der Webangebote unter t3n.de als Werbeplattform. Die Nennung von Produktnamen, Herstellern, Dienstleistern und Websites ist nur dann zulässig, wenn damit nicht vorrangig der Zweck der Werbung verfolgt wird. Wir behalten uns vor, Beiträge, die diese Regeln verletzen, zu löschen und Accounts zeitweilig oder auf Dauer zu sperren.

Trotz all dieser notwendigen Regeln: Diskutiere kontrovers, sage anderen deine Meinung, trage mit weiterführenden Informationen zum Wissensaustausch bei, aber bleibe dabei fair und respektiere die Meinung anderer. Wir wünschen Dir viel Spaß mit den Webangeboten von t3n und freuen uns auf spannende Beiträge.

Dein t3n-Team

Melde dich mit deinem t3n Account an oder fülle die unteren Felder aus.

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus!
Hallo und herzlich willkommen bei t3n!

Bitte schalte deinen Adblocker für t3n.de aus, um diesen Artikel zu lesen.

Wir sind ein unabhängiger Publisher mit einem Team von mehr als 75 fantastischen Menschen, aber ohne riesigen Konzern im Rücken. Banner und ähnliche Werbemittel sind für unsere Finanzierung sehr wichtig.

Schon jetzt und im Namen der gesamten t3n-Crew: vielen Dank für deine Unterstützung! 🙌

Deine t3n-Crew

Anleitung zur Deaktivierung
Artikel merken

Bitte melde dich an, um diesen Artikel in deiner persönlichen Merkliste auf t3n zu speichern.

Jetzt registrieren und merken

Du hast schon einen t3n-Account? Hier anmelden

oder
Auf Mastodon teilen

Gib die URL deiner Mastodon-Instanz ein, um den Artikel zu teilen.

Anzeige
Anzeige