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Active Sourcing: Das ist beim Ansprechen und Abwerben potenzieller Mitarbeiter erlaubt

In diesem Beitrag geht es nicht nur darum, wann Active Sourcing zulässig ist, sondern auch darum, wie man als Arbeitgeber potenzielle Mitarbeiter angsprechen und abwerben darf – sei es direkt von unternehmensinternen Recruitern oder Headhuntern. Am Ende des Beitrags gibt es eine Checkliste zum Thema.

Von Thomas Schwenke
7 Min. Lesezeit
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Potenzielle Bewerber sind keine Beschäftigten

Als Arbeitgeber darf man zu Monitoringzwecken auf allgemein zugängliche Daten gem. § 28 Abs.1 S.1 Nr.3 BDSG ohne Einwilligung der Nutzer zugreifen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen so genannten Freizeitnetzwerken und Berufsnetzwerken. Daten von Bewerbern & Beschäftigten dürfen grundsätzlich nicht in Freizeitnetzwerken wie Facebook, Twitter, Google Plus recherchiert werden, da diese zur Privatsphäre gezählt werden. Zulässig ist die Recherche dagegen bei Xing oder LinkedIn.

Beim Active Sourcing liegen die Probleme vor allem in der Ansprache der potentiellen Kandidaten. Wenn, wie in diesem Fall, eine konkrete und passende Stelle angeboten wird und es sich nicht um “Recruitment-Spam” handelt, sind praktisch keine Konsequenzen zu befürchten.

Beim Active Sourcing liegen die Probleme vor allem in der Ansprache der potentiellen Kandidaten. Wenn, wie in diesem Fall, eine konkrete und passende Stelle angeboten wird und es sich nicht um “Recruitment-Spam” handelt, sind praktisch keine Konsequenzen zu befürchten.

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Diese Einschränkung gilt jedoch nicht für potenzielle Kandidaten, da diese noch keine Beschäftigten gem. § 3 Abs.11 BDSG sind. Das heißt, nach potenziellen Mitarbeitern kann man auch bei Facebook und nicht nur bei Xing suchen.

Damit ist es zwar weitestgehend unproblematisch potentielle Mitarbeiter zu recherchieren, aber natürlich gibt es auch hier einen rechtlichen Knackpunkt. Es ist nämlich nicht immer erlaubt, sie direkt anzusprechen.

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Ansprache von potenziellen Bewerbern

In diesem Fall liegt eine Einwilligung zur Ansprache wegen eines Praktikums vor. Möchte jemand nur zu bestimmten Praktikumsarten angesprochen werden, müsste die Angabe z.B. “Ich suche: Praktikum im Marketingbereich” lauten.

In diesem Fall liegt eine Einwilligung zur Ansprache wegen eines Praktikums vor. Möchte jemand nur zu bestimmten Praktikumsarten angesprochen werden, müsste die Angabe z.B. “Ich suche: Praktikum im Marketingbereich” lauten.

Bei der Ansprache der Bewerber ist zu unterscheiden, auf welchem Wege sie erfolgt.

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  • Das Anschreiben per traditioneller Post ist grundsätzlich zulässig, wird jedoch schon alleine aufgrund des Zeit- und Kostenaufwands kaum praktiziert.
  • Ein Telefonanruf beim potentiellen Arbeitnehmer ist grundsätzlich nur mit dessen ausdrücklicher Einwilligung erlaubt.
  • Dasselbe gilt auch für Ansprache per E-Mail oder Privatnachricht. Eine Ausnahme gälte, wenn der potentielle Arbeitnehmer zum eigenem Kontaktkreis gehört, was jedoch selten der Fall ist (s. dazu meinen Beitrag “Direktmarketing und Nutzeransprache in Social Media – wann liegt abmahnbarer Spam vor?“).

Das heißt rein rechtlich dürfen Arbeitgeber potenzielle Arbeitnehmer nur dann ansprechen, wenn diese eingewilligt haben. Sprich, sie haben in ihrer Profilbeschreibung oder in Beiträgen geäußert, dass sie auf der Suche nach einer Arbeitsstelle sind.

Dabei höre ich oft den Hinweis, dass zumindest innerhalb beruflicher Netzwerke jedes Mitglied mutmaßlich in eine Anfrage von Recruitern einwilligt. Aber stimmt das?

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Lesetipp: Zu dem Thema Active Sourcing hat Kollegin Diercks ausführliche Blogbeiträge veröffentlicht, in denen sie die Thematik der Ansprache von Bewerbern noch vertiefter behandelt und deren Rechtsansichten ich teile: Active Sourcing & Talent Relationship Management rechtlich betrachtet – Part I und Part II.

Mutmaßliche Einwilligung potentieller Arbeitnehmer

Das Argument von Recruitern lautet: Wenn Arbeitnehmer sich bei potenziellen Arbeitgebern um deren Leistung (Arbeitsplatz & -entgelt) bewerben dürfen, dann müssten umgekehrt auch Arbeitgeber potenzielle Arbeitnehmer ansprechen dürfen.

Würde dieses Argument jedoch zutreffen, würde dies einer Freigabe von Spam gleichkommen. Dann würde sich jeder Werbeversender damit rechtfertigen, dass er bloß nach der Leistung der Empfänger, nämlich der Bezahlung seiner Produkte gefragt hat. Dementsprechend entschied der Bundesgerichtshof, dass Rückfragen nach Leistungen grundsätzlich nur bei einer “Ausrichtung auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb” des Empfängers ohne eine Einwilligung zulässig sind (BGH, 17.07.2008 – I ZR 197/05).

Das heißt für das Active Sourcing, dass der Bewerber zwar potenzielle Arbeitgeber kontaktieren darf, aber nicht umgekehrt. Zu Problemen wird es jedoch beim “echten” Active Sourcing nur äußerst selten kommen.

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Achtung Selbständige: Wenn ich sage, dass eigene Bewerbungen zulässig sind, meine ich damit Bewerbungen von nichtselbständigen Arbeitnehmern. Bewirbt man dagegen seine Leistungen z.B. als selbständiger SEO-Optimierer per E-Mail oder Telefon, benötigt man dazu eine ausdrückliche Einwilligung des Empfängers.

Keine Probleme beim „echten” Active Sourcing

Recruitment-Spam äußert sich dadurch, dass die Anfragen oft nicht auf die Bewerber passen. Der Angesprochene in diesem Fall hat BWL studiert, hat keine Ahnung vom Programmieren, und meinte zu mir „für mich ist E-Technik, wenn mein Touareg anspringt”.

Recruitment-Spam äußert sich dadurch, dass die Anfragen oft nicht auf die Bewerber passen. Der Angesprochene in diesem Fall hat BWL studiert, hat keine Ahnung vom Programmieren, und meinte zu mir „für mich ist E-Technik, wenn mein Touareg anspringt”.

Unter „echtem” Active Sourcing verstehe ich das ernsthafte Bemühen um wenige potenzielle Arbeitnehmer für eine konkrete Stelle (oft auch als “Talent Sourcing” bezeichnet.) Auf der anderen Seite steht eher das „Active Searching” also die Suche und das Anschreiben einer Vielzahl sehr grob passender Kandidaten, wie es von einigen Headhuntern durchgeführt wird und als „Recruitment-Spam” bezeichnet werden kann. Die Grenze zwischen den beiden Methoden sind jedoch fließend.

Der Unterschied macht sich auch in der Wahrnehmung der Zielpersonen bemerkbar. Persönliche Ansprache für einen konkreten Fall werden nur äußerst selten als Belästigung wahr genommen. Das gilt sowohl für eine E-Mail wie für einen Telefonanruf. Bei dem Telefonanruf ist zudem im Gesetz eine mutmaßliche Einwilligung vorgesehen (§ 7 Abs.2 Nr.2 UWG), auch wenn nur im B2B-Bereich.

Ich kann mir sogar vorstellen, dass auch ein Richter dies ähnlich sehen und zumindest die Kosten einer Abmahnung daher sehr niedrig ansetzen würde. Anders sieht es dagegen bei wiederholten Standardmails oder Xing-Anfragen aus, welche die Wahrscheinlichkeit negativer Konsequenzen erheblich steigern.

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Konsequenzen ungewollter Ansprache

Werden Nutzer mit unerwünschten Anfragen belästigt, stehen ihnen die folgenden Maßnahmen zur Verfügung:

  • Meldung an jeweilige Plattformbetreiber – Dies kann bei Wiederholungen in einer Accountsperrung der Absender resultieren.
  • Öffentliche Beschwerde – Dies kann insbesondere dem Image von Unternehmen schaden.
  • Abmahnung durch den Empfänger – Absender müssen die Kosten der Abmahnung (ca. 600 €) übernehmen und bei einer erneuten unerwünschten Anfrage bei dem Empfänger eine Vertragsstrafe von mind. 500 € an diesen zahlen.
  • Meldung an Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbände – Mahnen diese ab, so kostet dies zwar nur 200 €, aber dafür wird anschließend eine Vertragsstrafe bei jedem erneuten Versand unerwünschter E-Mails, also nicht nur an den Empfänger, der sich beschwert hat, fällig.
  • Meldung an Datenschutzbehörden – Zwar endet dies selten in einem Bußgeld, aber in einem unangenehmen Verwaltungsverfahren, in dem z.B. die eigenen Datenschutzbestimmungen, Verfahren, und die Bestellung eines Datenschutzbeauftragten hinterfragt werden.

Das heißt, auch wenn die Empfänger unerwünschter Nachrichten nicht immer diese Maßnahmen ergreifen, kann bereits ein Fall sehr viel Ärger und viele Kosten verursachen. Dasselbe kann auch passieren, wenn man versucht Arbeitnehmer der Konkurrenz abzuwerben.

Wettbewerbswidrige Abwerbung

Die obigen Konsequenzen betrafen die Fälle, in denen sich die angesprochenen Kandidaten belästigt fühlen und gegen die Recruiter vorgehen könnten. Befinden sich diese jedoch bereits in einem Arbeitsverhältnis, kann deren Ansprache auch eine wettbewerbswidrige Abwerbung darstellen (§ 4 Nr.10 UWG).

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In einem solchen Fall dürfte also auch der bisherige Arbeitgeber mit einer Abmahnung gegen die Recruiter vorgehen und unter Umständen sogar Schadensersatz fordern.

Aufgrund dieser Gefahr sollte man die folgenden Punkte unterlassen:

  • Arbeitszeit in Anspruch nehemen – Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle anzurufen sei zwar erlaubt, aber nur zur kurzen Vorstellung der angebotenen Stelle und Bitte um Rückruf nach der Arbeit. Weitere jobbezogene Gespräche, z.B. Gehaltsverhandlungen, sind unerlaubt (BGH, 22.11.2007 – I ZR 183/04).
  • Arbeits-E-Mailadresse nutzen – Wenn der Arbeitnehmer unter der betrieblichen E-Mailadresse angeschrieben wird, könnte der Arbeitgeber wegen unerwünschter Werbung vorgehen.
  • Arbeitgeber herabsetzen – Hinweise über den bisherigen Arbeitgeber, wie z.B. “Sie wissen ja hoffentlich, was Sie sich da angetan haben?” sind wettbewerbswidrig. Das gilt übrigens auch, wenn sie per Xing und von einem Privataccount verschickt werden (LG Heidelberg, Urteil vom 23.05.2012, Az. 1 S 58/11).
  • Falsche Identität – Es ist nicht erlaubt unter einem falschen Namen anzurufen, um zum Arbeitnehmer durchgestellt zu werden (LG Bonn, Urteil vom 03.01.2013 – Az.: 14 O 165/12).
  • Vertragsbruch – Ebenso verboten ist es Arbeitnehmer dazu zu verleiten gegen ihren Arbeitsvertrag zu verstoßen und z.B. eine Kündigung herauszufordern sowie vereinbarte Wettbewerbsverbote zu umgehen oder etwaige Vertragsstrafen deswegen zu übernehmen.
Vertiefend zur Abwerbung & Recht: Eine umfassende Übersicht weiterer verbotener Abwerbearten finden Sie bei den Online-Kommentar zum UWG omsels.info in dem Abschnitt „Abwerben von Mitarbeitern” oder der it-recht kanzlei.

Checkliste Active-Sourcing

  1. Jobkandidaten dürfen auch in Freizeitnetzwerken gesucht werden.
  2. Ansprache von Jobkandidaten:
    1. Traditionelle Post ist zulässig
    2. Telefonisch, per E-Mail oder Privatnachricht jedoch nur mit ausdrücklicher Einwilligung
    3. Gefahr von Abmahnungen ist gering bei konkreten und passenden Anfragen
    4. Gefahr von Abmahnungen ist größer bei unpassenden und unpersönlichen Anfragen
  3. Abwerben aus bestehenden Arbeitsverhältnissen:
    1. Nicht an die E-Mailadresse des Arbeitgebers schreiben
    2. Am Arbeitsplatz nur kurze Jobvorstellung und Bitte um Rückruf
    3. Keine Vortäuschung falscher Identitäten
    4. Keine Verleitung zum Vertragsbruch

Fazit

Anders als bei der  Bewerberrecherche und Beobachtung von Beschäftigten liegen die rechtlichen Probleme beim Active Sourcing weniger in der Suche, als in der Ansprache der potenziellen Kandidaten.

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Solange man diese jedoch mit konkreten, höflichen und auf die Kandidaten zugeschnittenen Anfragen kontaktiert, hält sich die Gefahr in Grenzen. Anders sieht es beim „Recruitment-Spam” oder bei wettbewerbswidrigen Abwerbeversuchen bei bisherigen Arbeitgebern aus. Wenn Arbeitgeber dabei falsch vorgehen und die bestehenden Arbeitgeber hiervon erfahren, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese sich mit einer Abmahnung wehren.

Die nächste Folge wird den arbeitsrechtlichen Teil des Social Media Monitorings abschließen und erklären, wie man den Betriebsrat sowie den Datenschutzbeauftragten involvieren muss.

P.S. Vielen Dank an alle, die mir Beispiele von Recruitmentanfragen zugesandt haben. Ich konnte leider nicht alle verwenden, ansonsten wäre das ein langer Beitrag über die Untiefen der Ansprache von Jobkandidaten geworden. :)

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Über den Autor

t3n ra thomas schwenkeRechtsanwalt Thomas Schwenke Dipl.FinWirt (FH), LL.M. (Auckland) ist Experte für Social Media Recht und auf Facebook , Twitter und G+ zu finden. Sie können Ihn unter rechtsanwalt-schwenke.de  erreichen und in seinem Law-Blog lesen oder sein Buch „Social Media Marketing und Recht “ bestellen, um so viele Rechtsfehler im Voraus zu vermeiden.

Bisherige Teile von „Social Media Monitoring, CRM, HR & Recht”

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Ursprünglich publiziert bei rechtsanwalt-schwenke.de.

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martin_e

“ Wenn der Arbeitnehmer unter der betrieblichen E-Mailadresse angeschrieben wird, könnte der Arbeitgeber wegen unerwünschter Werbung vorgehen.“

Entscheidend ist für die Personalberater natürlich, wo hoch das Risiko ist, dass der Arbeitgeber tatsächlich rechtliche Schritte einleitet. Anscheinend passiert das praktisch nicht, ich habe im Netz jedenfalls keine entsprechenden Urteile gefunden. Oder habe ich welche übersehen?

Danke,
Martin Ebert

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