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Ultimate Guitar: Die Millionen-Community, die kaum jemand kennt

Die simple Idee hinter Ultimate Guitar: Gründer Eugeny Naidenov will Nutzern auf seiner Website Tabs fürs Gitarrespielen zur Verfügung stellen. Was heute eine mittelständische Firma ist, hat in der Schule angefangen – und einige Hürden genommen.

Von Benjamin Rodgers
4 Min. Lesezeit
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(Foto: Shutterstock)

Schule fertig und den Sommer über frei – wo andere die Zeit vermplempern, will Eugeny Naidenov genau das nicht tun. Er schließt sich mit einem Schulfreund zusammen, der ihm die Grundlagen von HTML und Co. beibringt. Naidenov ist außerdem großer Rockmusik-Fan und hat eine große Sammlung an Tabs fürs Gitarrespielen – weil er auch darin relativ neu ist. Die besonders einfache Notationsweise dieser erlaubt es auch Anfängern, relativ einfach bekannte Songs ihrer Idole spielen zu können. Er kombiniert beide Hobbies und beginnt, seine Sammlung online zu veröffentlichen.

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Einen großen Erfolg verspricht er sich vorerst nicht. Aber er merkt, dass seine Idee Potenzial hat, denn schon bis zum ersten Abend waren 30 Besucher auf seiner Seite. Für den damals 16-Jährigen eine ordentliche Zahl. Das Projekt wächst und wächst, Naidenov stellt immer mehr Tabs online und öffnet sein Modell für die Community – vor 15 Jahren ein noch nicht unbedingt übliches Modell. Er hat allerdings das E-Mail-Postfach voll mit Veröffentlichungsanfragen für von Nutzern erstellte Tabs und will sich die Arbeit erleichtern.

Das zeigt Erfolg. Das Projekt wird größer, schon nach wenigen Monaten hat die Seite 10.000 Nutzer. Über sein Hosting hatte sich der junge Gründer aber keine Gedanken gemacht und so lief das Projekt noch auf dem kleinsten Webhosting-Paket seines Anbieters. Der kontaktiert ihn, er würde mit seiner Seite den Traffic eines ganzen Rechenzentrums verursachen. Daraufhin wechselt er den Hoster und stößt auf ein neues Problem: Er muss ein professionelles Hosting bezahlen, verdient mit der Seite aber kein Geld.

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Ultimate Guitar: Die erste Monetarisierung

Tabs ermöglichen es Anfängern, das Gitarrespielen einfach zu lernen. Ultimate Guitar sammelt diese zu Tausenden. (Screenshot: Ultimate Guitar)

Naidenov schlägt den klassischen Weg ein, um die Seite zu finanzieren: Er tritt einem Werbenetzwerk bei. Damit lassen sich immerhin die Serverkosten decken. Kurze Zeit später flattert auch der erste Exklusiv-Werbedeal rein und ist mit 1.500 Euro im Monat in Russland ein guter Verdienst für Naidenov.

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Trotz großen Wachstums läuft Ultimate Guitar im ersten Jahr auf nur einem dedizierten Server. Im nächsten kommt ein zweiter hinzu, um Frontend und Datenbank zu trennen. Inzwischen ist die Seite so groß, dass auch die ersten Mitarbeiter mit einsteigen und das erste eigene Büro angemietet wird. Erst dann beginnt das Unternehmen damit, auch SEO-Aspekte zu berücksichtigen. Die technische Grundlage sorgte dafür, dass die Sichtbarkeit von ultimateguitar.com nicht gut war. Mit einer Umstellung gelingt es dann aber, bei Google und Co. weiter nach oben zu kommen.

Die Konkurrenz bekommt Lizenzprobleme

Auch andere haben den Trend der Gitarren-Tabs aufgegriffen und veröffentlichen ähnlich wie Naidenov und sein Team Leadsheets im Netz. Viele der kleineren Konkurrenten bekommen aber Post der großen Labels und stellen daraufhin ihren Betrieb ein. Diese geben dann jedoch ihre Tab-Sammlungen an Ultimate Guitar weiter.

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In seinem Vortrag auf den World Hosting Days schildert Naidenov die Zeit vor etwa 15 Jahren. Damals war es noch üblich, sich von Labels verlegte Noten-Bücher zu kaufen. Eine kostenintensive Angelegenheit, wenn das gesamte Album gekauft werden muss, obwohl eigentlich nur ein Song gewünscht ist.

Natürlich kommt auch Ultimate Guitar in Kontakt mit den großen Labels. In Lizenzierungsverhandlungen müssen dann allerdings neue Branchen-Standards geschaffen werden. Vergleichbare Modelle gab es weder im Noten-Bereich (die Bücher haben die Labels selbst verlegt) noch mit der Notationsweise der Tabs. Diese hatte das Netz erst bekannt gemacht.

Aus den Verhandlungen wird ein langes Prozedere, nach sieben Jahren gibt es allerdings einen Standard für die Lizenzierung und alle großen Labels sind mit an Bord. Dadurch gewinnt Ultimate Guitar auch immer mehr kleinere Labels.

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Den Smartphone-Trend verpasst – und trotzdem erfolgreich

Im Jahr 2007 kommt dann das iPhone und mit ihm das Smartphone-Zeitalter – das Ultimate Guitar aber erst verpasst. Das iPhone kommt in Russland erst später auf den Markt. Nachdem die iOS-App aber releast ist, klettert sie nach sieben Tagen auf den achten Platz der beliebtesten Apps im App-Store. Ein Jahr danach erscheint auch die Android-App.

35 Mitarbeiter hat Ultimate Guitar da schon, und für ein solides Geschäftsmodell wird ein Premium-Modell eingeführt. Die klassischen Tabs sind weiterhin kostenlos, das Pro-Modell gibt es ab 20 US-Dollar. Damit starten auch viele Analytics-Maßnahmen, um Nutzer besser zu verstehen und das Angebot zu verbessern. 10 Prozent der User sind inzwischen Pro-Mitglieder. Und im Gegensatz zu vielen anderen Websites überwiegt der Mobile-Traffic bei Ultimate Guitar noch nicht, das Verhältnis zum Desktop liegt noch bei 50/50.

Ultimate Guitar heute

Knapp 15 Jahre nach seiner Gründung ist Ultimate Guitar heute ein mittelständisches Unternehmen mit Millionen Nutzern und mehr als eine Million Tabs. Für die Auslieferung der Website sorgen inzwischen 20 Server an zwei Europäischen Standorten.

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Ein Ende der Weiterentwicklung ist nicht in Sicht. Naidenov sieht neue Technologie-Chancen für Ultimate Guitar in der virtuellen Realität, um Nutzern das Gitarrespielen noch einfacher beibringen zu können. Auch sollen sie bald zu einer Begleitung mit anderen Instrumenten spielen können. Immer mehr Nutzer will er erreichen und neue Features zur Verfügung stellen. Zeit, selbst Gitarre zu spielen, bleibt da wohl nicht mehr viel.

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5 Kommentare
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lola

ALLE erfolgreiche Unternehmen erzählen am Ende die selbe traurige Geschichte ihres mühevollen und aufreibenden Weges zum Erfolg. Die linksten und kriminellsten erzählen die besten.

Wenn ich hier lese das die Mitbewerber Linzenzprobleme bekommen haben und nur der Russe nicht. Dann würde ich die Geschichte anders erzählen:

„Russische Raubkopierer macht Millionen“
Erst Jahre später, als alle Mitbewerber platt, waren legalisierte er sein Geschäft.
Die Rechteinhaber waren froh irgendwas zu bekommen.

Antworten
Eugeny - founder of UG

^^^ That’s not true. As soon as music publishers started to taking care of user generated content, instead of shutting down or keep silent we went to their offices to create the model for licensing user generated tablatures. We worked on this for 7 years from start to finish and essentially helped music industry to transform so other sites can get licensed using that model too.

I wonder if there is something as useful you created in the last 18 years, Lola?

Antworten
g.ralf

„Diese hatte das Netz erst bekannt gemacht.“ Die Notationsweise?
Die Verlage haben auch schon vorher ihre Bücher mit Gitarrennotation verkauft.

Antworten
Gitarrist

Es gibt wohl kaum eine anstrengendere Seite als die Reklame verseuchte „Ultimate Guitar“ Seite.
Leider kommt man als Gitarrist auf der Suche nach Tabs kaum an dieser Seite vorbei.
Aggressiv wird man mit Popups, Reklame und upgrade Aufforderungen bombardiert so das man kaum Zeit findet um sich den Tabs und der Gitarre zu widmen.
Und da es sich nicht um original Tabs handelt, sondern um user-Interpretationen ist der Grossteil nicht brauchbar.
Schade eigentlich…

PS Bin nur durch Zufall hier gelandet, „t3n“ hab ich noch nie gehört…auch so ne
„Community“ die keiner kennt?

Antworten
Tobias

Wie wäre denn die rechtliche Lage, wenn man so etwas auch für Chord-Pro-Dateien machen möchte? Ich weiß doch nicht, wer von den zig Songs die Lizenz-Inhaber sind.

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