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E-Commerce
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Unternehmensstrategie bei Otto: Das Finale der Digitalisierung hat begonnen [Analyse]

Die Otto Group kann zwar nur geringe Umsatzsteigerungen ausweisen, die Entwicklungen der Gruppe verweisen aber auf eine deutlichere Umsatzsteigerung, als die Umsatzprognosen vermuten lassen – die Digitalisierung schreitet erfolgreich voran.

Von Jochen G. Fuchs
5 Min. Lesezeit
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Die Strategie der Otto Group trägt Früchte. (Foto: Otto Group)

Die Otto Group hat gestern in der jährlichen E-Commerce-Pressekonferenz die aktuellen Entwicklungen im Konzern vorgestellt. Seitdem steht in der Berichterstattung das geringe Umsatzwachstum im Fokus: Das Hamburger Abendblatt beispielsweise begründet die auf der Pressekonferenz vorgestellte Unternehmensstrategie mit den schwachen Umsatzsteigerungen. Besonders die Ausrichtung auf Digitalisierung und das Engagement in Startups wird vielfach in einen Zusammenhang gestellt. Tatsächlich ist der Zusammenhang aber genau anders herum: nicht die Strategie resultiert aus der geringen Umsatzsteigerung, sondern die geringe Umsatzsteigerung resultiert aus der Strategie. Bei etwas tieferem Graben kann der Betrachter sogar feststellen: das Umsatzwachstum ist gar nicht so gering wie gedacht, sondern wesentlich höher, als die Gruppe zahlentechnisch ausweisen kann.

Die Unternehmensstrategie der Otto Gruppe

Schauen wir kurz, was die Otto Gruppe eigentlich macht. Die untenstehende Grafik verdeutlicht die vier Säulen der Otto-Strategie:

Unternehmensstrategie-Otto-Group-Gruppe-Strategie

(Grafik: Otto Group)

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Die Unternehmensstrategie besteht also aus Maßnahmen, die sich unter vier großen Überbegriffen zusammenfassen lassen:

Transform, dazu kann die digitale Transformation gezählt werden, genauso die Intensivierung der E-Commerce-Strategie, der Shift vom Stationär- und klassischen Distanz-Handel zum digtalen (Online-) Handel aber auch die Konsolidierung der Gruppe durch das Abstoßen von strategisch unpassenden Unternehmensbereichen.

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Participate, darunter kann man grob alles verstehen was unter den vielgeliebten Manager-Begriff „Synergie-Effekte“ fällt. Otto unterhält Unternehmen wie den Business-Intelligence-Spezialisten Blue Yonder, und beispielsweise die Finanzdienstleistungsunternehmen Ratepay, Yapital und die EOS-Gruppe. Das sind Unternehmen, die am Umsatz und Know-How von Otto stark partizipieren. Die Unternehmen sind Teil eines Ökosystems, das Umsätze nicht nur in der Gruppe, sondern auch bei Partnern oder sogar Wettbewerbern der Otto Gruppe generieren kann: So werden Zahlungen bei Collins, einem neuen und innovativen E-Commerce-Startup von Otto über die hauseigenen Dienstleister abgewickelt, dadurch generieren Handelsumsätze, die fremde Händler auf der Open-Commerce-Plattform von Collins generieren, auch Erträge und Umsätze bei Otto. Hermes beispielsweise liefert auch Pakete von Wettbewerbern wie Amazon aus.

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Create, die Gründung von reinen Online-Unternehmen, den sogenannten Internet-Pureplayern: Neben dem bereits erwähnten Collins und dessen diversen weiteren Verticals sind es unter anderem auch vielen Namen wie MyToys.de, die direkt wachsende Umsätze zum Online-Anteil der Gruppe hinzusteuern.

Venture, die Beteiligung an Unternehmen der Digitalwirtschaft. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende ist nicht müde geworden, die Bedeutung der Startup-Förderung zu betonen. Für Otto ist die Beteiligung an der Digital Wirtschaft ein guter Weg zum Erwerb von Digitalkompetenz und für Deutschland unverzichtbar. Mit Project A Ventures und Eventures verfügt Otto hier über entsprechende Aktivitäten.

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Die Umsetzung der Otto-Strategie und deren Folgen

Zu Otto gehören neben vielen Versandhandelsmarken und reinen Onlineshops auch Einzelhandelsgeschäfte. Hier der Flagshipstore von Sportscheck in München. (Foto: Otto Group)

Die Umsetzung einer Strategie hat immer langfristige und kurzfristige Folgen. Ein radikaler Unternehmensumbau hat kurzfristig Einbußen zur Folge, kann bei einem Gelingen der Strategie aber auf langfristige Erfolge hoffen. Die Otto Gruppe ist hier auf einem guten Weg.

Otto wird umgebaut

Der Umbau eines multinationalen Konzerns geschieht nicht über Nacht. Eine der Herausforderungen, denen sich Otto hier gegenüber sieht, ist der Abbau von Unternehmensbereichen, der nicht zum Kerngeschäft passt. Das geschieht durch den Verkauf von Unternehmen. Jeder Verkauf zieht zwei Resultate nach sich: zuerst wird im Jahr des Verkaufs dem Unternehmensergebnis die Summe aus dem Verkauf hinzugefügt, im weiteren Verlauf bricht der Umsatz weg, den das ehemalige Otto-Unternehmen bisher generierte. In den letzten Jahren hat Otto einige Unternehmen verkauft: aus der 3SI-Gruppe in Frankreich ( 3SI verfügte vorher über rund 3 Milliarden Umsatz), Otto Freizeit und Touristik (hat zuletzt rund 550 Millionen Euro Umsatz generiert, vor vorangegangenen Verschlankungen zeitweise fast eine Milliarde Umsatz), die EOS Payment Solutions hat den Zahlungsverkehr der Gruppe komplett an die Fremdfirma Computop abgegeben, der Retargeting Anbieter Xplosion Interactive, die Großhandelsunternehmen Fegro/Selgros und Actebis – um einige Beispiele zu nennen. Beispiele, welche kurz- und mittelfristig Umsätze kosten.

Die Investitionen in die digitale Transformation

Die Einführung der E-Commerce-Strategie und die laufende Umsetzung der neu gewonnenen Erkenntnisse aus Beteiligungen und Neugründungen erfordern maßgebliche Investitionen: Innerhalb von drei Jahren investiert Otto 300 Millionen in die E-Commerce Strategie, weitere 300 Millionen in die Logistik bei Hermes, weitere 50 Millionen in die Logistik in Russland. Seit 1988 investiert Otto bis Heute einen mittlerer dreistelliger Millionenbetrag, also eventuell bis zu einer Größenordnung von 500 Millionen in Beteiligungen – betrachtet man die Entwicklungen der letzten Jahre, dürfte ein Großteil davon in jüngerer Zeit investiert worden sein. Berücksichtigt man die Tatsache, dass die Otto Group nicht am Kapital-Markt notiert ist, kann die Investitionshöhe eigentlich nicht kritisiert werden, wie auch der Branchenexperte Jochen Krisch von Exiting Commerce im Gespräch mit t3n bekräftigt.

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Die schleppende Steigerung des Onlineanteils

Schaut man sich die Marktzahlen des Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) an, fällt auf, dass ein Viertel des gesamten Distanzhandels immer noch auf klassischen Bestellwegen generiert wird. Das Problem geht auch an Otto nicht vorüber, dort sind 35 Prozent des Umsatzes nicht aus dem Onlinehandel, sondern aus klassischen Bestellwegen und dem Einzelhandel. Vielfach kritisiert worden ist der langsam wachsende Onlineanteil der Otto-Gruppe. Der Onlineanteil dürfte aus zwei Gründen langsam wachsen: Erstens verläuft die Transformation der Offlinekundschaft in Onlinekundschaft schleppend und ist auch nicht vollständig durchführbar: Wieso, lässt sich leicht begründen: Manche Umsätze werden immer im lokalen Handel getätigt werden und manche Kunden aus der „alten Katalog-Zeit“ kaufen nicht online und lassen sich nicht mehr bekehren. Viele Nutzer älterer Generationen werden nicht mehr online gehen. Diese Umsätze werden nicht mehr konvertiert, die sterben mit ihren Erzeugern. Zweitens ist Otto wahrscheinlich bei Vertretern der Generation Y eher mit jungen, modernen Marken wie Collins auf dem steigenden Ast – als mit der Kernmarke Otto. Auch wenn die Werbespots und Kampagnen für Otto.de immer kreativer werden und sicher zu einer Veränderung der Wahrnehmung beitragen (könnten).

AboutYou ist einer der Hoffnungsträger aus dem Hause Collins – der Blaupause für Ottos Zukunft. (Screenshot: AboutYou)

Der Onlineshop AboutYou.de ist einer der Hoffnungsträger aus dem Hause Collins – der Blaupause für Ottos Zukunft. (Screenshot: AboutYou)

Fazit: Rendite und Umsatz sind nicht alles

Wer meinen Aufzählungen oben gefolgt ist, weiß jetzt eines: Die Otto Gruppe hat durch Verkauf Jahr für Jahr ein Stück ihres Umsatzkuchens verkauft. Dass trotzdem geringe Steigerungen erreicht wurden, zeigt, dass die aufgeführten Investitionen in die kostspielige Transformations-Strategie in den verbleibenden Unternehmen aufgehen. Die Schlussfolgerung zum Thema Umsatz ist deshalb, wie Eingangs angekündigt: Eigentlich sind die Umsatzsteigerungen der Otto Group höher, als es die Zahlen ausweisen.

Rendite – hier möchte ich jetzt deutlich werden: Angesichts des Weges, der noch vor der Unternehmensgruppe liegt, darf nicht bedingungslos nach Rendite verlangt werden. Es muss berücksichtigt werden, dass eigentlich jeder Euro in die digitale Transformation gesteckt werden muss, um für die Zukunft gerüstet zu sein.

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Hier ist erstmal Investition gefragt, und nicht Rendite. Otto hat das verstanden.

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2 Kommentare
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Ben

Interessanter Artikel! Immer wieder überraschend, welche Unternehmen zu welchen Konzernen gehören, hier z.B. Project A zur Otto-Gruppe. Für mich als Laien bisher nicht bekannt. Aber auch der eigentliche Inhalt ist sehr interessant. Wobei ich mich natürlich frage, wieso so eine detaillierte Analyse bei t3n erscheint, so als müsste irgendwer sich über diesen Kanal rechtfertigen. :) Ändert aber nichts an meiner Aussage: Sehr interessant.

Antworten
Jochen G. Fuchs

Freut mich dass du den Artikel interessant findest, danke schön.

Ich greife als Verantwortlicher für das Ressort E-Commerce regelmäßig die Entwicklungen von relevanten Unternehmen in Analysen, Kommentaren und Kolumnen auf.

Anlass der Analyse sind die aktuellen Unternehmenszahlen, die Otto gerade vorgerstellt hat. Die passende Meldung dazu findest du im ersten Absatz verlinkt.

Ich bin mir nicht ganz sicher ob das deine Frage beantwortet? Falls nein, gerne nochmal nachfragen.

Viele Grüße aus der Redaktion,
Jochen

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