Artikelserie zu strategischem Content-Marketing: Content mit Plan (Teil 1)
Das klassische Marketing steckt in der Sackgasse. Nur mit Werbebotschaften und Werbedruck nach vorne zu preschen, funktioniert immer weniger. Das gilt nicht nur für bezahlte Werbung, sondern ebenso für Suchmaschinen-Marketing (Stichwort „Google Panda“), E-Mail- und Social-Media-Marketing, für Corporate-Blogs und quasi jeden anderen Kanal.
Und nun soll es der „Content“ richten. Die Idee: Weil „Content“ anders als Werbung einen direkten Nutzen bietet, haben die Zielgruppen zumindest ein latentes, meistens sogar ein aktives Interesse an ihm. Sie schalten also nicht gleich ab oder weg, sondern – im Gegenteil – ein. So die Theorie.
Strategisches Content-Marketing
Die Praxis sieht oft anders aus. Denn einerseits müssen Unternehmen auch ihren Content bewerben, andererseits kostet guter Content Zeit, Geld und Kompetenz. Einfach irgendwie mal ab und zu etwas produzieren und posten birgt die Gefahr, eben genau diese Ressourcen zu verschwenden. Dennoch bietet Content-Marketing gerade für kleinere Unternehmen oftmals Chancengleichheit, da Köpfchen hier mehr zählt als Geld.
Für wirklich gutes strategisches Content-Marketing müssen viele Komponenten zusammenkommen. Gerade weil es in diesem uferlosen Feld so viele Möglichkeiten gibt, brauchen Unternehmen ein gutes Konzept. Und das haben selbst große Unternehmen nicht immer. Wer hier strategisch Klarheit schafft, hat einen echten Wettbewerbsvorteil.
Einen hervorragenden Ansatz für die Konzeption bieten die fünf großen „Ps”: Planen, produzieren, publizieren, promoten und prüfen. Sie leiten Startups und Unternehmen durch alle relevanten Fragen zum Thema Bloggen, Content-Marketing oder Social Media.
Themenrecherche und -auswahl
Der erste Schritt der Content-Marketing-Konzeption ist die Themenplanung. Unternehmen müssen sich hierbei die Fragen beantworten: Worüber wollen sie sprechen? Was interessiert ihre Zielgruppen? Welche Fragen können und möchten sie beantworten und welche Probleme lösen sie damit? Kurz gesagt: Was sind die relevanten Themen?
Die Haarkosmetikhersteller L’Oréal und Schwarzkopf zeigen, wie das aussehen kann: Auf ihrer Website gibt es dutzende Videos, die zeigen, wie Kunden ihre Frisuren kreativ stylen können. Auch der Baumarkt Hornbach setzt auf praktischen Nutzerwert: Auf seiner Website bietet das Unternehmen in einem eigenen Bereich Anleitungen für Heimwerker.
Der Küchen-Shop Springlane gibt in seinem Magazin Rezepte und Hintergrundwissen zu den Themen Küche und Kochen. Auch E-Plus und Saturn unterhalten mit „Curved“ und „turn-on“ jeweils ein eigenes Medium, in denen sie über die neuesten Handys, Tablets und Gadgets berichten. Sie alle liegen mit ihrem Content bei Google weit vorne, generieren hundertausende Besucher monatlich – und verkaufen so auch ihre Produkte.
Ziele und Stärken definieren
Ausschlaggebend für die Themenplanung sind die Ziele. Dennoch geht es nicht einfach darum, was das Unternehmen gerne hätte. Deshalb sind Ziele bei der Themenplanung der Bewertungsmaßstab für den Content. An ihnen muss sich jeder Content messen: Leistet er einen konkreten Beitrag zur Erfüllung der Ziele?
Gute Ziele zu den oben genannten Beispielen wären etwa: „Wir wollen als Kompetenzführer im Bereich Haarpflege wahrgenommen werden“ (Schwarzkopf und L’Oréal), „Wir bieten die besten Entscheidungshilfen zu Smartphones und Handys“ (E-Plus und Saturn) oder „Wir liefern die besten Inspirationen zum Bauen“ (Hornbach).
Ebenso gut wären die Ziele, zum Sympathie- oder Serviceführer einer bestimmten Branche zu werden. Das alles sind gute Gründe, warum Menschen bei einem Hersteller kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Dabei kann ein einzelner Blogger oder ein kleines Unternehmen durchaus besser sein als ein Konzern. Entscheidend ist, ob wirklich jeder Beitrag dazu führt, dass die Zielgruppen das Unternehmen als kompetenter, inspirierender, sympathischer oder servicestärker wahrnimmt als die Wettbewerber.
Ein gutes Content-Marketing-Konzept definiert daher zunächst, was ein Unternehmen für seine Zielgruppe sein möchte, aufgrund welchen Contents es als solches wahrgenommen wird – und wie diese Stärken im Vergleich zum Wettbewerb zu sehen sind.
Die Interessen der Bedürfnisgruppen
Die zentrale Frage des Content-Marketings ist: Was sind die Bedürfnisse der Zielgruppen? Bei der Erstellung von Content-Marketing-Konzepten sollten Unternehmen das Wort „Zielgruppe“ durch das Wort „Bedürfnisgruppe“ ersetzen – das unterstützt den notwendigen
Perspektivenwechsel. Denn wichtig ist nicht das Ziel des Unternehmens, sondern die Informationsbedürfnisse der Rezipienten.
Bedürfnisgruppen lassen sich einfacher definieren als komplexe Personas: Sie fassen alle Menschen zusammen, die das gleiche Bedürfnis haben. Das ist weniger aufwendig, als die hundert Fragen zu beantworten, die man für Personas so oft liest.
Die Bedürfnisgruppen dienen dann als Filter: Content, der nicht hundertprozentig ihre Bedürfnisse befriedigt, passt nicht in den Themenplan. Hilfreich kann es bei der Einschätzung der Themen sein, einen internen Paten zu ernennen, der der Redaktion gegenüber die Interessen einer Bedürfnisgruppe vertritt. Außerdem sollten Unternehmen folgende Quellen analysieren, um die Interessen ihrer Bedürfnisgruppen näher kennenzulernen:
- Welche Anfragen haben Kunden an Vertrieb und Support?
- Welche Contents bieten Mitbewerber auf ihren Websites, Medien und Blogs?
- Welche Auswertungen liefern vorhandene SEO- und Social-Media-Monitoring-Tools?
- Welche Contents liefen laut Google-Analytics besonders gut?
- Wie relevant ist ein Thema laut Buzzsumo (wie oft wurden Themen oder URLs in sozialen Netzwerken geteilt)?
Alle Fragen und Themen, die bei dieser Analyse auftauchen, lassen sich nun zu Themengruppen verdichten. Diese sollten neben den Themen auf der Planungsliste landen, die sich aus den Kommunikationszielen ergeben haben. Für die Content-Strategie eines Unternehmens sind dann nur die Themen relevant, die zu einer seiner Bedürfnisgruppen passen und für die das Unternehmen Kompetenz zu bieten hat.
Das klingt komplex – sollte aber nicht in einer Wissenschaft enden. Wichtig ist vor allem, ein Gefühl dafür zu bekommen, was interessant sein könnte. Dabei hilft es, Themencluster zu finden – also Begriffe, die mehrere Beiträge zusammenfassen und dennoch konkret sind. Diese Cluster können später eins zu eins als Navigationsstruktur dienen, wie dies etwa bei Schwarzkopf der Fall ist mit Themen wie „Trendlooks“, „Haarstyling“ oder „Haarfarbe“.
Content-Mission und Themenraster
Schritt zwei der strategischen Planung ist die Content-Mission – also die Schnittmenge von Kommunikationszielen, Unternehmenskompetenz und Informationsbedürfnis der Bedürfnisgruppen.
Eine Mission lässt sich etwa wie folgt formulieren: „Wir bieten Menschen mit Vermögen die besten Entscheidungshilfen in allen Finanzfragen“, „Wir sind der Ort, an dem junge Frauen die besten Frisurentrends sehen und selbst gleich umsetzen können“, oder „Wir bieten die schönsten Ideen für Handwerker und sagen ihnen, wie sie sie selbst bauen können“.
In ihre Planung sollten Unternehmen nur die Themen aufnehmen, bei denen ihre Kompetenz mit den Informationsbedürfnissen ihrer Bedürfnisgruppen zusammentrifft und kein Mitbewerber dieses Interesse besser bedient. Gnadenlose Ehrlichkeit ist dabei wichtig. Entscheidend ist nicht, möglichst viele Themen abzudecken, sondern genau die richtigen.
Wer sich nicht sicher ist, ob er führend in einem Themenbereich ist, braucht Commitment zur Mission: Der Vorsatz, der beste Informationsanbieter in genau diesem einen Bereich zu sein, ist dafür notwendig. Wer zweit- oder gar drittklassig bleibt, kriegt sein Content-Projekt nicht zum Fliegen.
Die Mission ist das Leitbild der Content-Strategen, die Marke das Versprechen. Daher sollten Unternehmen es so klar und eindeutig wie möglich definieren, das Commitment aller Kollegen haben – und dann dabei bleiben. Jeder Content muss künftig dieser Mission entsprechen. Das nimmt viel Spielraum. Aber genau darum geht es: Um den Fokus, die Klarheit und das Profil.
Ideen sammeln und bewerten
Steht die Mission, ist es Zeit Ideen zu sammeln. Dabei sollten Unternehmen weiterhin auf die täglichen Fragen ihrer Kunden achten. Sie sollten die RSS-Feeds ihrer Mitbewerber abonnieren, Branchenzeitschriften lesen und alle Trends ihrer Branche kennen. Auch Tools wie Storybeat sind hilfreich, die aktuelle Thementrends auf Basis von Social-Shares zu verfolgen.
Alle Themen sollten die Content-Redakteure dann strukturiert sammeln. Die einfachste, aber sicher nicht beste Lösung ist eine Excel- oder GoogleDocs-Tabelle. Immer mehr Leute verwenden auch Trello. Eigentlich für das Projekt-Management gedacht, eignet sich das Online-Tool auch für die Themen- und Redaktionsplanung. Empfehlenswert und für diesen Anwendungsfall gedacht ist auch Scompler, das es auch in einer kostenlosen Version gibt.
Bevor es an die eigentliche Content-Produktion geht, steht die Bewertung der Ideen an. Anhand der Content-Mission – also der Kommunikationsziele, Bedürfnisgruppen und Kompetenz – identifizieren die Content-Redakteure die besten Ideen. Dabei helfen Fragen wie:
- Lässt sich die Content-Idee einer Bedürfnisgruppe zuordnen?
- Hilft die Content-Idee eindeutig die Ziele zu erreichen?
- Hat die Content-Idee das Potenzial viral zu sein?
- Wie aufwändig ist die Produktion des Contents?
- Wie relevant finden die Mitarbeiter die Content-Idee?
Ein einfaches Punktesystem unterstützt die Entscheidung, bei dem jedes „Ja“ einen zusätzlichen Punkt bringt. Wichtig für die Auswahl ist hier, wie bei der Themenauswahl: Zwei richtig gute Contents pro Monat bringen in aller Regel mehr als zehn mittelmäßige.
Fazit
Was in der Theorie so einfach klingt, ist in der Praxis nicht nur komplex, sondern auch eine Frage von Erfahrung und Bauchgefühl: Ein richtig guter Themenplan mit Ideen, die die Zielgruppen eines Unternehmens begeistern und binden, entsteht erst nach und nach. Denn ob die erste Planung und Einschätzung richtig war, zeigt sich tatsächlich erst später, wenn es um das fünfte P – das Prüfen – geht.
Dann nämlich stellt sich die tatsächliche Performance des Themas heraus – und damit dessen wichtigstes Kriterium. Doch zunächst gehen die Beiträge in den Redaktions- oder auch Produktionsplan. Und um den geht es im nächsten Beitrag zum Thema „Produktion & Publikation“.
Content bleibt King! Spannender Beitrag, danke!