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Reportage
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Feierabend um 15 Uhr? Der Abschied vom Acht-Stunden-Tag

Nine-to-Three statt Nine-to-Five: Bei manchen Unternehmen arbeiten die Mitarbeiter nur sechs beziehungsweise fünf Stunden. Trotzdem wachsen die Startups weiter. Wie kann das funktionieren?

Von Lisa Hegemann
11 Min. Lesezeit
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(Bild: Shutterstock / Sharomka)

Wenn Anneli Bergqvist anderen von ihrem Job erzählt, dann reagieren viele mit „Oh, cool“ oder „Wie kann ich bei euch anfangen?“. Diese Art der Resonanz hängt nicht mit der Arbeit selbst zusammen. Die rotblonde Schwedin verdient ihr Geld als Expertin für Suchmaschinen-Marketing bei dem Startup Brath – nicht gerade die Tätigkeit, die bei anderen bewundernde Kommentare auslöst. Ihr Arbeitgeber lockt auch, anders als andere Startups, nicht mit Tischtennisplatte, Kicker und gemütlicher Sofa-Ecke. Brath punktet mit einem fast banal anmutenden Aspekt: der Arbeitszeit.

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Bei dem Stockholmer Unternehmen verbringen alle Mitarbeiter nur sechs Stunden am Tag im Büro. Statt nach den üblichen acht Stunden haben sie um 15 Uhr frei. Nine-to-Three statt Nine-to-Five. Die Idee dazu entstand schon vor der Gründung. Als Magnus Brath das Unternehmen aufbaute, fragte er sich, ob nicht auch sechs Stunden Arbeitszeit reichen würden. Gemeinsam mit seiner Mutter listete er das Für und Wider auf – am Ende habe es mehr Pro-Punkte gegeben, sagt seine Schwester Maria, die Brath heute leitet. Das Konzept hat sich bewährt: Mittlerweile arbeiten rund 20 Personen bei dem Startup, es zählt nach eigener Aussage zu den schnellstwachsenden SEO-Unternehmen in Schweden.

Ein Bruch mit einer jahrzehntealten Tradition: Seit Henry Ford hat sich an unserer Arbeitszeit wenig geändert. Der Autopionier führte 1914 die 40-Stunden-Woche in seinem Unternehmen ein. Auch wenn er den Acht-Stunden-Tag nicht erfand, so verkörperte er einen der einflussreichsten Fabrikanten, die die neue Arbeitszeitrechnung damals implementierten. Hundert Jahre später gehört das Modell in vielen Ländern zum Alltag: Acht Stunden Arbeit, acht Stunden Leben, acht Stunden Schlaf. Aber warum arbeiten wir überhaupt acht Stunden? Und nicht neun oder vier oder sechs?

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Dass Bücher wie „Die Vier-Stunden-Woche“ heute die Bestseller-Listen stürmen, weist darauf hin, dass das Thema die Arbeitswelt beschäftigt. Viele Arbeitnehmer sind unzufrieden mit ihrer Stundenzahl, je nach Untersuchung zehn bis 50 Prozent. Besonders lange Arbeitszeiten stellen sich als problematisch dar: Je länger jemand an seinem Schreibtisch sitzt oder am Fließband steht, desto stärker steigen der Stress und die Müdigkeit. Das reduziere die Produktivität und erhöhe das Risiko für Fehler, Unfälle und Krankheit, heißt es in einer Studie der Stanford University und des Instituts zur Zukunft der Arbeit. Für Beschäftigte ab 40 Jahren stellt sich gar die Frage, ob der Acht-Stunden-Tag überhaupt altersgerecht ist. Denn wer in diesem Alter mehr als 25 Stunden in der Woche arbeitet, dessen kognitive Fähigkeiten nehmen ab. Aber Teilzeit bedeutet bisher: weniger Arbeit, weniger Geld.

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Einige Startups versuchen sich nicht nur an neuen Geschäftsmodellen, sondern auch an alternativen Arbeitsmodellen. Sie brechen mit den alten Vorstellungen der Generation Ford – und führen neue Arbeitszeiten zu den gleichen Bedingungen ein. Weniger Arbeit, gleiches Gehalt. Was utopisch klingt, führt trotzdem zum Erfolg. Oder gerade deswegen.

Wer gut organisiert ist, schafft mehr

Noch seien Fünf- oder Sechs-Stunde-Tage eher selten, sagt Susanne Wanger. Sie arbeitet am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Arbeitszeitrechnung. „Es gibt Studien, denen zufolge der Wunsch nach mehr Freizeit zunimmt“, so die Forscherin. Ohnehin sei es heute schwierig, die Arbeitszeit zu messen, weil der Mitarbeiter auch abends mal eine Mail beantworte oder an einem Projekt weiterarbeite. Wanger geht davon aus, dass flexible Modelle und kürzere Arbeitszeiten in Zukunft häufiger werden.

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Nach fünf Stunden ab nach Hause? Bei Stephan Aarstol kein Problem! (Foto: Tower / usdentrepreneurship.com)

Dass sich viele das nicht vorstellen können, erlebt Stephan Aarstol regelmäßig. Der Gründer hat seinen Mitarbeitern noch eine Stunde weniger Arbeitszeit verordnet als das schwedische Unternehmen Brath: In seinem Startup Tower Paddle Boards, das Paddelboote herstellt und online verkauft, bleiben die zehn Angestellten nur fünf Stunden im Büro. Die Arbeitszeiten: 8 bis 13 Uhr. Wenn Aarstol davon erzählt, fragen ihn viele ungläubig, dass das ja nicht für ihn als Chef gelten könne. Der Gründer hat für die Zweifler nur eine Antwort: „Ich arbeite sogar noch weniger.“ Sein Credo: Wer gut organisiert ist, schafft in kürzerer Zeit mehr Arbeit.

Dass er ausgerechnet fünf Stunden als Arbeitszeit gewählt hat, liegt am Mittagessen. Er störte sich daran, dass einige nie Mittagessen gingen, andere jeden Tag eine Stunde, andere am Platz aßen. Das sei nicht fair, findet er. Auch die Zeit, die in die Planung fließt, erschien ihm unverhältnismäßig: Wann gehe ich essen, wohin, mit wem – all das muss schon vor der Pause entschieden werden, während der Arbeitszeit. Für Aarstol stand fest: Das Mittagessen muss weg. „Fünf Stunden kommt ein Menschen ohne Essen aus, danach wird es schwierig“, sagt er. So kam er darauf, einen Fünf-Stunden-Tag einzuführen. Der Gründer ist sich sogar sicher, dass der Arbeitstag noch kürzer sein könnte: „Wenn wir mal ehrlich sind, arbeiten wir nur zwei bis drei Stunden am Tag ernsthaft.“ Aber dafür müsse man „richtig gut organisiert“ sein.

Das mag sich plausibel anhören. Doch die neuen Modelle bergen auch Probleme – denn sie können ausgenutzt werden. So schön die kurze Arbeitszeit klingt: Die Mitarbeiter müssen sie auch einhalten dürfen. „Was nützt mir der Sechs-Stunden-Tag, wenn ich in meiner Freizeit trotzdem auf Anrufe oder Mails reagieren muss?“, fragt IAB-Expertin Wanger. Das verwässere die Konzepte. Und: Wenn weniger Stunden weniger Geld bedeuten, dann reden wir von nichts anderem als Teilzeit. „Worauf es nicht zuletzt ankommt, ist das Einkommen“, sagt Susanne Wanger. Es solle in der Regel „existenzsichernd“ sein und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sich um seine Altersvorsorge kümmern zu können.

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Das Besondere an den neuen Modellen: Die Gehaltskürzung bleibt aus. Bei Tower Paddle Boards hat sich der Lohn für die Mitarbeiter sogar erhöht. Verdiente jemand vor der Umstellung 40.000 Euro im Jahr, so erhielt er 2015 8.000 Euro mehr. Denn Stephan Aarstol hat nicht nur das Arbeitszeit geändert, sondern auch die Gehaltsstruktur. Seine Angestellten werden nun zusätzlich mit fünf Prozent am Gewinn beteiligt. Der Gründer erklärt das so: Man müsse die Mitarbeiter nach Leistung bezahlen, nicht nach
abgesessener Bürozeit. Den Erfolg seines Unternehmens haben die kürzeren Arbeitszeiten bislang nicht gestoppt. Im Gegenteil: 2015, als das Projekt des Fünf-Stunden-Tages startete, wuchsen die Umsätze um 40 Prozent. Für dieses Jahr erwartet das Startup Erlöse von neun Millionen US-Dollar.

„Viele meinen, dass wir nicht profitabel sein können“


Das Argument, dass weniger Arbeitszeit weniger Gewinn bedeutet, muss sich auch Brath oft anhören. „Viele meinen, dass wir nicht profitabel sein können“, schreibt Maria Brath in ihrem Blog. Sie hält mit der Aussage dagegen, dass sich der Umsatz jährlich verdoppelt hat. 2015 lag er bei 1,7 Millionen Euro. Seit 2014 schreibt Brath auch Gewinne. Auch das schwedische Unternehmen zahlt marktübliche Gehälter. Mit diesen Zahlen widersprechen beide Startups einer kapitalistischen Logik: Dass wir mehr Erfolg haben, wenn wir mehr arbeiten. Wie funktioniert das im Alltag?

Das Brath-Büro in der Stockholmer Innenstadt wirkt – im Vergleich zu Berliner Startup-Lofts – minimalistisch. Eine Küchenzeile, ein Zimmer mit sechs Schreibtischen, ein Meetingraum mit einem großen Tisch und einer kleinen Sitzecke. Ein Ikea-Katalog liegt ganz Klischee auf der Ablage. Was auffällt: die Ruhe. Nur einmal dringt eine Stimme durch den Raum, jemand telefoniert. Sonst stilles Vor-sich-hin-arbeiten. Kein Zufall, sondern Methode.

Anneli Bergqvist ist erst im April 2016 zu Brath gewechselt, vorher arbeitete sie bei der Konkurrenz. Es war der Sechs-Stunden-Tag, der sie zu der Veränderung animierte. „Damit kann niemand konkurrieren“, sagt sie. In ihrem alten Job quatschten sie und ihre Kollegen zwischen Tür und Angel, sprachen über das Wohlbefinden, über das Wetter, über den Job. Man könne sich eben nicht acht Stunden lang konzentrieren, sagt die SEM-Experthin heute. Bei Brath kommt das fast gar nicht vor. „Wir wissen, dass wir alle nur sechs Stunden arbeiten“, sagt Bergqvist, „ich kann meine Kollegen also nicht ständig unterbrechen.“ Das heißt nicht, dass sie nicht auch miteinander sprechen. Aber eben nicht während der Arbeitszeit. Das Startup hat deswegen auch die sogenannte Fika gestrichen, eine fünfzehnminütige Pause, die in schwedischen Unternehmen normalerweise alle zwei Stunden eingeschoben wird. Nur das Mittagessen ist als Auszeit geblieben.

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Brath verzichtet auch auf andere Zeitfresser. Die Mitarbeiter kommunizieren über den Chat von Skype – auch wenn sie fast direkt nebeneinander sitzen. So kann der Adressat die Nachricht lesen, wann es ihm passt. E-Mails nutzen die Beschäftigten kaum. Anrufe und Meetings versucht das Startup zu vermeiden, sowohl intern als auch extern. Statt eines täglichen Meetings treffen sich die Mitarbeiter nur einmal im Monat, um sich zu besprechen.

Beim Startup Brath arbeiten alle Mitarbeiter nur sechs Stunden. (Foto: Brath)

Das funktioniert auch, weil das Unternehmen die Arbeit anders strukturiert: Es gibt „Project Leaders“ und „Specialists“. Die Projektleiter übernehmen die Kommunikation mit dem Kunden. Gibt es eine Frage, leiten sie sie an die Spezialisten weiter. Die Spezialisten wiederum sind die Experten, die sich um die Strategie kümmern. Sie kommunizieren vor allem mit dem Projektleiter.

Bergqvist zählt zu den Spezialisten. Ein- bis zweimal pro Woche kann es zwar zu Meetings mit Kunden oder dem Projektleiter kommen. Grundsätzlich verzeichnet sie aber weniger Kommunikation als früher. In ihrem alten Job habe sie beide Rollen ausfüllen müssen, so Bergqvist. Nun könne sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren. „Ich weiß nicht, ob es das wirklich effizienter macht“, sagt sie. „Aber es fühlt sich so an, als hätte ich mehr Zeit für meinen Job.“

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Susanne Wanger nennt das „Teilzeit-Produktivität“. „Manche Teilzeit-Arbeitnehmer schaffen mehr in geringerer Zeit“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie Mütter, die ihre Kinder immer zu einer bestimmten Uhrzeit abholen müssen. Dadurch, dass sie wissen, dass ihnen nur eine gewisse Zeit bleibt, strukturieren sie ihre Arbeit anders. Genau dieses Phänomen scheint auch bei generell kürzeren Arbeitstagen aufzutreten: Bei Brath und Tower Paddle Boards arbeiten die Mitarbeiter zwar weniger, aber effizienter.

Stephan Aarstol liebt das Wort „Effizienz“. Wenn er über den Fünf-Stunden-Tag spricht, dann fällt es immer wieder. Er zitiert die 80-zu-20-Regel, auch Pareto-Prinzip genannt: 80 Prozent der Ergebnisse entstehen durch 20 Prozent der Leistung. Ein Unternehmen müsse diese 20 Prozent identifizieren, dann ließe sich die restliche Arbeitszeit streichen, schreibt er einem Beitrag für Fast Company. Genauso wie Brath bezeichnet auch er Meetings als Zeitfresser. Telefonate hat er gleich ganz aus dem Alltag gestrichen. „Ich gehe nicht ans Telefon, das kostet zu viel Zeit“, so der Gründer. Und er hält es für absolut tödlich, morgens als Erstes in die E-Mails zu schauen. Doch interessanterweise unterscheidet sich seine Arbeitsweise in einem Punkt massiv von Brath: beim Thema Tools.

Während sich Brath in der Kommunikation ganz Skype verschrieben hat, setzt Tower Paddle Boards auf acht digitale Kanäle – von Slack über Gmail bis hin zu Basecamp und Turboscan. Für jeden Bereich nutzt das Unternehmen andere Wege, Aarstol nennt sie „Produktivitäts-Tools“. Auf der Website Fivehourworkday.com listet er 38 digitale Helfer für alle verschiedenen Unternehmensbereiche auf. Informationssysteme: Dropbox, Lastpass, Evernote. Reise und Transport: TSA Pre-Check, Triplt, Uber. Buchhaltung: Paytrust, Paypal, Square. „Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass diese Tools sowohl Jahre an Zeit als auch Millionen von Dollar sparen“, schreibt der Gründer. Die Digitalisierung macht’s möglich.

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Lob für fünf Stunden Arbeit?

Die Frage, die sich aus den beiden unterschiedlichen Ansätzen ableitet: Sind kürzere Arbeitszeiten dann nicht doch nur in bestimmten Firmen möglich, funktionieren sie nicht in jedem Unternehmen? Stephan Aarstol verneint das. Viele würden denken, dass ihre Arbeitszeit unveränderlich sei. Doch das stimme nicht. Er nennt ein Beispiel aus seinem eigenen Unternehmen. Als Tower Paddle Boards den Arbeitstag verkürzte, wurden auch die Servicezeiten kürzer. Statt von neun bis 17 Uhr konnten Kunden nur noch zwischen acht und 13 Uhr anrufen. Aarstol bekam Zweifel. Denn schließlich waren alle anderen Unternehmen länger erreichbar. Doch Beschwerden blieben aus. „Die Menschen lesen deine Website und rufen einfach zu den Zeiten an, die du angibst“, sagt Aarstol. „Wenn du also denkst, es geht nicht anders: Es geht immer anders.“

Aarstol hat eine eigene These entwickelt, warum nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmer skeptisch auf weniger Stunden reagieren: Er führt die Abneigung auf die protestantische Arbeitsethik zurück, der Grundlage des modernen Kapitalismus. Dieser Theorie zufolge wird harte Arbeit belohnt: Wer hart arbeitet, der macht Karriere. Wer hart arbeitet, der verdient mehr Geld. Wer hart arbeitet, der bekommt Anerkennung. Fünf Stunden widersprechen diesem Glauben. Wer bekommt schon Lob, wenn er nach fünf Stunden wieder nach Hause geht?

Vielleicht liegt es auch daran, dass nicht alle mit dem verkürzten Arbeitstag umgehen können. „Das Konzept funktioniert nicht für jeden“, sagt Aarstol. Als er bei Tower Paddle Boards am 1. Juni 2015 den Fünf-Stunden-Tag einführte, formulierte er deshalb eine deutliche Ansage: Entweder du kommst damit klar oder du gehst. Einige folgten letzterem Teil der Aufforderung. Sie hätten einfach weiter gearbeitet wie zuvor, so Aarstol. „Das ging nicht.“

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Vielleicht stellt sich also nicht die Frage nach der Länge der Arbeitszeit. Vielleicht muss sie individuell angepasst werden, auf jeden Mitarbeiter persönlich zugeschnitten. Wie das aussehen kann, lässt sich bei dem Startup Nerdlichter beobachten. Die Hamburger werben damit, dass es egal sei, in welcher Zeit jemand seine Arbeit erledige – solange er sie schaffe. „Wenn du in fünf Stunden effektiv arbeiten kannst, dann arbeite fünf Stunden“, sagt Vorstand Jens Vielhaben, „wenn du mit der Arbeit in sieben Stunden fertig bist, dann gehe nach sieben Stunden.“

Das Gehalt wird von dieser Entscheidung nicht beeinträchtigt. Die Mitarbeiter erhalten genauso viel Lohn wie ausgemacht. Doch die flexible Arbeitszeit beeinflusst das Geschäftsmodell: Die Firma baut responsive Websites, mobile Apps oder Webshops für andere Firmen – auf Stundenbasis. Wenn Nerdlichter also acht Stunden für ein Projekt ansetzt, es aber schon in fünf beendet ist, verdient die Firma theoretisch weniger Geld. In der Praxis hat das Startup eine Lösung gefunden. „Wenn wir weniger Zeit brauchen als erwartet, fragen wir den Kunden, ob er trotzdem bereit ist, die ursprünglich veranschlagte Arbeitszeit zu bezahlen“, sagt Vielhaben. Viele schätzten diese Transparenz und würden die Hälfte der nicht erbrachten Arbeitszeit dennoch zahlen. Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass Nerdlichter länger für ein Projekt braucht als gedacht. Auch dann zeigen sich die Kunden häufig kulant.

Ob sie an einem Tag mehr oder weniger arbeiten, bestimmen die Mitarbeiter selbst. Der einzige feste Termin des Tages heißt bei Nerdlichter „Daily Standups“. In diesen Meetings besprechen die einzelnen Teams, was am Vortag erledigt wurde und was für den aktuellen Tag ansteht. Sie fangen meist um 11 Uhr oder 11.30 Uhr an, je nach Team. Es ist der einzige fixe Treffpunkt für die Angestellten. „Manche unserer Mitarbeiter fangen um 7.30 Uhr an und gehen nach dem Meeting Mittagessen“, sagt Vielhaben, „andere beginnen ihren Tag mit dem ‚Daily Standup‘.“

Aber was passiert, wenn das Gegenteil eines kurzen Arbeitstags eintritt und jemand ständig länger im Büro sitzt? „Wenn wir feststellen, dass ein Mitarbeiter ständig länger arbeitet“, so der Geschäftsführer, „dann setzen wir uns zusammen und analysieren, woran das liegt.“ Stellt sich heraus, dass bei dem Mitarbeiter zu viele Aufgaben liegen, wird beispielsweise das Team umstrukturiert. Liegt es daran, dass der Angestellte nicht so fit in einem Programm ist, wie er sein könnte, bekommt er vielleicht eine zusätzliche Weiterbildung. Wichtig ist Vielhaben nur: Niemand soll mehr als acht Stunden am Tag arbeiten.

Die neue Freiheit

Für Anneli Bergqvist hat sich der Wechsel zu Brath übrigens gelohnt. Seit sie bei dem Startup arbeitet, hat sie ein früheres Hobby aufgegriffen: Sie reitet wieder. Nach Feierabend fährt sie zum Stall und trainiert mit den Pferden. Durch den kürzeren Arbeitstag sei ihr Stresslevel viel geringer, sagt sie. Sie habe endlich wieder Zeit, auch mal an etwas anderes als ihren Job zu denken.

Und was, wenn sie doch mal zwei Stunden länger arbeiten muss? „Dann bin ich immer noch um fünf zu Hause und nicht erst um sieben“, sagt Bergqvist und lächelt.

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8 Kommentare
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Klaus

Und immer wieder SEO Unternehmen die einen Wind mit Merkwürdigkeiten erzeugen. Damit die „Presseartikelabschreib“ Praktikanten in den Redaktionen einen Artikel verbreiten, den andere Werbung.

Bekommen die 6 Stunden Seo’s denn auch 6 Stunden oder 8 Stunden bezahlt. Oder wird das einfach damit kompessiert das das Monatsgehalt etwas geringer ist als anderswo. Denn so ne Firma arbeitet ja nicht im leeren Raum. Da kann man nur schneller arbeiten oder weniger bezahlen um konkurrenzfähig zu sein.

Oder hat jemand das perpedum mobile erbaut – wieder einmal

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Stefan Rütsch

Bitte erst den Artikel lesen dann kommentieren. Es steht an mehreren Stellen, dass der Arbeitslohn davon nicht beeinträchtigt ist. In einem Fall steigt er sogar. Bevor Sie also den Verfasser des Artikels kritisieren: lesen!

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sonnyxq

Super Artikel :>

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Eva S

Persönlich finde ich diese Ansätze gut. Jedoch frage ich mich auch, warum wir uns in der heutigen Leistungsgesellschaft immer noch die Zeit als Messwert zu Grunde legen. Es gibt definitiv Arbeitsbereiche in denen dies zur Organisation sinnvoll ist (Produktion und Fertigung). Allerdings gibt es auch andere Bereiche, in denen könnte man gänzlich auf die Zeitenvorgabe verzichten. Es kommt am Ende ja auf die umgesetzte Aufgabe und die erledigte Arbeit an. Wie man sich das als Mitarbeiter im einzelnen organisiert könnte, wenn gewünscht, freigestellt werden. Dazu bedarf es aber auch klarer Zielsetzungen vom Manager. Das stellt vielleicht in dieser Betrachtung die höhere Hürde da als das altmodische Argument der Zeitenkontrolle. Der Artikel zeigt ja bereits auf, dass Vertrauen in motivierte Mitarbeiter zur Selbstorganisation und damit zur Übernahme von Verantwortung sich, für beide Seiten, auszahlen kann.

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Marc

Ich denke das diese Modelle nur in ausgewählten Branchen möglich sind.

In einer Fabrik oder im Einzelhandel sind solche Modelle kaum umsetzbar denke ich.

Im Schreinerbetrieb meines Schwagers wird aber z.B.auch nur bis 16 Uhr und Freitags nur bis 15 Uhr gearbeitet. Aber Aufträge haben die trotzdem mehr als genug (und schaffen diese auch zeitig).

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Micha von SEO-Triebwerk

Ich finde solch ein Arbeitsmodell prima: Ergebnis- und nicht Arbeitszeit-orientiert.
Natürlich lässt es sich nicht in allen Branchen umsetzen, darüber braucht man nicht diskutieren.

Grundsätzlich könnte man sich vielleicht zukünftig in einigen Branchen trennen von der Vergütung per Stundenlohn für geleistete Arbeitszeit und umstellen auf eine pauschale Vergütung. Also nicht: ich arbeite 6 Stunden und bekomme 6 Stunden bezahlt oder 8 Stunden…. Sondern: ich bekomme eine pauschales Gehalt und habe dafür dies, das und jenes zu erledigen.

Diese ganze Stunden-Diskussion wäre damit hinfällig.
Man müsste sich dazu nur mal im Kopf von der Stundenbezahlerei verabschieden. ;-)

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Gembinski

Toller Ansatz, denke auch wenn die kürzere Arbeitszeit produktiever genutz wird eine WIN WIN Situation für Arbeitgeber u Nehmer. Allerdings wird es soetwas nur in kleinen Firmen geben.

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Micha von machen.de

Wohooo. Als Digisaurier 40+ bin ich begeistert von der Aussage das bei mehr als 25h/Wo mein Hirn nicht mehr mitspielt. Also Leute, jetzt wisst ihr wieso ich heute ab 15 Uhr weg war. Und ab Mittwoch im Urlaub. Kognitive Pause! Genau. Warum nicht gleich die Arbeitszeit an das Wetter koppeln. Bei Sonne max. 4h/Tag, an Freitagen frei! Flugmodus ist der neue Urlaub. Digital detoxen hat neulich einer aus dem Liegestuhl gepostet. Schon klar. Wenn es nach Dr. Spitzer geht ist das ganze Digital-Gedöns per se Gesundheitsschädlich. Also, weniger arbeiten, mehr Geld. Und zwar für alle. Die Maschinen machen die Arbeit für uns Humanoiden. Und bezahlen Steuern womit uns das bedingungslose Grundgehalt (3000/Monat, 1000 sind zu wenig) bezahlt wird. Einverstanden? Ein Appell an die Politik. Oder an Google. Ecisia pflanzt Bäume fürs nutzen, Google zahlt in Bitcoins. Sorry, jetzt war ich vom Thema weg. Arbeite ich eigentlich gerade? Es fängt an sich so anzufühlen. Also lieber Schluss mit kommentieren. Sonst behaupte ich noch das im gut organisierten Flow die Zeit gar keine Rolle spielt. Berufung rockt. 24-7 am machen. Irgendwie. Außerdem brauche ich eine Denkpause. Feierabend. Lautlos.

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