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E-Commerce

Von Türöffnern, hübschen Bräuten und leeren Kassen: Alternative Vergütungsmodelle unter der Lupe

Es sind schon wundersam anmutende Offerten, die einem im Alltag begegnen: „Ich verschaffe Ihnen einen persönlichen Termin bei dem Verantwortlichen für Produktentwicklung des Weltmarktführers XY und verlange, sollte daraus ein Geschäftskontakt entstehen, gerade einmal 25 Prozent der Anteile an Ihrer in der Gründung befindlichen GmbH…“

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Im Beispiel war der Adressat des angeführten Angebots ein Start-Up mit einer offenbar herausragenden, zumindest in Wettbewerben mehrfach ausgezeichneten technologischen Innovation. Den Gründern drohte allerdings schon nach wenigen Monaten die finanzielle Puste auszugehen, ohne den erhofften wirklich großen Partner ins Boot gelockt zu haben. Die Kernfrage, die im Raume stand, lautete: Geht man auf das Angebot der Vermittler ein und gibt bei positivem Verlauf ein Viertel des Firmenwerts her oder lässt man es sein und schließt in ein paar Wochen den Laden zu?

Kontaktaufnahme ohne Vorzimmer

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So gut eine Idee oder Lösung auch ist, man benötigt Investoren, die für diese oder gar für die ausgestaltende Entwicklung Geld bereitstellen. Bestehende Kontakte und Netzwerke können hier das ersehnte „Sesam öffne dich“ darstellen. Die erweiterte Grundidee allen Networkings lautet: Verfügt man selbst nicht direkt über die dringend benötigten Geschäftsverbindungen, kann man den Kontakt vielleicht über Dritte herstellen.

Sollte zur Bezahlung der Vermittler kein Geld vorhanden sein, so sichert man ihnen per Vertrag einen Anteil an der zu realisierenden Unternehmung zu. Und vermeintlich nimmt man auf diese Weise die „Türöffner“ zugleich in die Pflicht, denn halten die Mittler ihre Zusage nicht ein, ist auch der übertragene Anteil nichts wert. Nicht selten wird dabei übersehen, dass dem Vermittler oft ein einziger empfehlender Anruf genügt, um einen Anteil von 25 Prozent an der zu gründenden Gesellschaft zu kassieren. Ohne an dieser Stelle in eine vertiefte Prüfung einzusteigen, drängen sich hier Überlegungen zur Unverhältnismäßigkeit und Sittenwidrigkeit nahezu auf. Dennoch sollte man bei der Unterschrift nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass Vertrag oder Vereinbarung unwirksam sind, denn bei der Bewertung kommt es auf die konkreten Regelungen im Einzelfall an.

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Doch erst einmal zurück zum Ausgangspunkt: So unterschiedlich Lebenswirklichkeiten und Lösungsansätze auch sind – die Herausforderung besteht meistens in der Diskrepanz zwischen fehlenden Zahlungsmitteln und dennoch bestehendem Bedarf an Gütern oder Dienstleistungen.

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Leistungen im Tausch

In der Praxis gestalten sich klassische Tauschmodelle als recht einfach, zumindest dann, wenn diese im Umfang übersichtliche Geschäfte betreffen: „Ich entwickle Dir einen Flyer für Dein Unternehmen und Du baust mir ein Regal für die Teeküche“. Einkommenssteuerliche Belange einmal beiseite gerückt, ist ein Tauschgeschäft in einzelnen Fällen für beide Seiten zufriedenstellend. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass eine Partei oft deutlich in Vorleistung geht.

Zum Beispiel hat ein neues Unternehmen einen Brotaufstrich kreiert und erste Chargen in Gläser abfüllen lassen, aber wenig zielgruppenorientierte Etiketten lassen den Handel bei der Aufnahme ins Sortiment zögern. Was liegt hier näher, als einen – möglichst befreundeten – Grafikdesigner als Fachmann zu bitten, ein professionelles Label zu entwickeln und umzusetzen? Und ist das Etikett „mal eben“ inklusive unverzichtbarem Logo und zugrunde liegendem Corporate Design realisiert, sind auch gleich Visitenkarten und Postkarten für Messe- und Vertriebsaktivitäten gewünscht. Für die Lieferung der Werke wird allerdings nichts gezahlt.

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Für den Vorleister bieten sich in solchen Situationen mehrere Möglichkeiten an: Er kann eine normale Rechnung mit erweiterter Zahlungsfrist schreiben oder eine Stundungsvereinbarung über bereits fällige Zahlungen treffen. Regelungen dieser Art werden von den Auftraggebern allerdings oft abgelehnt, da noch keine regelmäßigen Einnahmen zu verzeichnen sind. Nahe liegend ist dann die Beteiligung an den tatsächlich erzielten Verkaufserlösen; dabei ist allerdings Vorsicht geboten, da steuerliche Aspekte des Freiberufler-Status bei einer (teil-)gewerblichen Betätigung in Gefahr geraten.

Nutzungsrechte recht gestalten

Statusgerechter sind daher Lösungsansätze, die dem Auftraggeber
spezifizierte Nutzungsrechte einräumen, wobei die klassischen Parameter
gestalterischer Leistung wie Nutzungsumfang, -dauer und -gebiet sowie
die zumindest mittelfristige Generierung angemessener Einnahmen zu
berücksichtigen sind. Der Vorteil einer solchen Lösung besteht darin, dass – einmal angenommen, das Produkt floppt – die Rechte noch beim Designer verbleiben, der diese im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten anderweitig einsetzen kann. Wurden die Nutzungsrechte dagegen insgesamt per Vertrag aus der Hand gegeben, ist das Werk ohne weitere Absicherung oft für eine eigene Weiterverwertung verloren. Ein wichtiger Aspekt sollte zudem beherzigt werden: Leistungen Dritter, im Beispiel etwa Druck- und Materialkosten, sollten entweder direkt durch den Auftraggeber oder ausdrücklich auf fremde Rechnung abgewickelt werden. Ansonsten stehen nämlich nicht nur Zahlungen für die Eigenleistung des Designers aus, sondern auch noch für Leistungen anderer. Und für ein derart gestaltetes „Wohlfühlpaket“ gibt es keinen ersichtlichen Grund – außer einem Freundschaftsdienst jenseits wirtschaftlicher Erwägungen.

In den bisher umrissenen Beispielen standen sich tendenziell überschaubare Leistungen gegenüber. In letzter Zeit häufen sich allerdings Fälle, in denen ein in dieser Hinsicht auffälliges Ungleichgewicht besondere Herausforderungen an Vereinbarung und konkrete Vertragsgestaltung stellt.

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Die grundsätzliche Situation ist für fast jedes Projekt schematisierbar: Jemand hat etwa ein viel versprechendes Webprojekt im Kopf, aber kaum Geld für die Verwirklichung. Selbst vollständig überzeugt vom großen Wurf, macht er sich auf die Suche nach Mitstreitern: Programmierer, Gestalter, Texter, Redakteure, Marketing- und Vertriebsexperten, vor allem aber Investoren. Erste Interessenten sind Programmierer, die zur schnellen Entwicklung eines Prototyps überredet werden, um potenzielle Finanziers konkreter ansprechen zu können. Für die Programmiertätigkeit wird eine relativ geringe Vergütung vereinbart.

Die Programmierer machen sich an die Arbeit, in der Konzeption bereits den späteren Erfolg im Blick, um Redundanzen und Mehraufwand in der Programmierung zu vermeiden. Die Seite wächst, und mit jeder realisierten Applikation ergeben sich neue Möglichkeiten. Der Initiator des Projekts plant erste regionale Messeauftritte, artikuliert Verbesserungswünsche, erbittet marketingwirksame Zusatzapplikationen, immer mehr Arbeitszeit fließt in das Werk, und schnell befindet man sich weit jenseits der vereinbarten Entwicklungssumme für den Prototypen.

Weitere Beteiligte betreten die Bühne: Texter formulieren probeweise Zielsetzung und Philosophie und kümmern sich im Zusammenspiel mit Redakteuren um erste beispielhafte, vor allem aber plakative Inhalte. Eine Vergütung findet nur in geringem Umfang statt; der Motivationsfaktor ist neben der Erarbeitung eines smarten Referenzobjekts zumeist allein die Zusage des Initiators, die Leistungen später anteilig zu vergüten. Und hier beginnen nicht selten die Probleme, da die Formulierung „anteilig vergüten“ nur wenig Aussagekraft über die tatsächliche Höhe der Vergütung hat. Die ersten Mitarbeiter äußern bald Zweifel und fordern schriftliche Vereinbarungen über Beteiligungen ein; wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, an dem eine nicht unwesentliche Arbeit schon erfolgt ist! Der Initiator windet sich und sagt eine prozentuale Beteiligung an einer noch zu gründenden Gesellschaft zu, die das Webprojekt zukünftig betreiben soll. Die Arbeiten laufen – wenn auch mit deutlich weniger Elan – weiter. Ein sofortiger Ausstieg, der bei rationaler Abwägung die einzig passende Reaktion wäre, zumindest aber die sofortige Einstellung weiterer Arbeiten wird kaum in Erwägung gezogen, denn „schon morgen könnte ja Geld fließen, und dann ist man nicht mehr dabei…“

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Geschäftsanteile statt Barem

In solchen Konstellationen ist mehr als Vorsicht geboten, denn – das sollte man sich immer nüchtern vor Augen halten – renditestarke Webunternehmungen stellen eher die Ausnahme dar. Darüber hinaus werden Unternehmen für Investoren schnell uninteressant, wenn ein zu großer Teil des Unternehmens anteilig an die Mitarbeiter abgetreten wird. Dazu eine Beispielrechnung: Der Initiator will regelmäßig mehr als 50 Prozent der Anteile an seiner Gesellschaft halten, um den Unternehmenskurs maßgeblich mitbestimmen zu können. Die Programmierer bekommen etwa 15 Prozent der verbleibenden Anteile, weil sie zeitnah eine Vielzahl von Stunden investiert haben, und ein Koordinator, der zugleich Textarbeiten erledigt hat und über Verhandlungsgeschick verfügt, erhält etwa weitere 7 Prozent. Damit verbleiben rechnerisch schnell nur noch wenige Prozent Verhandlungsmasse für weitergehende Aktivitäten und Sicherheiten für Gelder Dritter.

Der Umstand, dass zu viele Menschen bei zukünftigen Entscheidungen mitreden werden, ist mehr als augenfällig für jeden Interessenten. Investoren sind allerdings nicht an Restanteilen interessiert, sondern wollen Handlungsoptionen: „Die Braut muss hübsch sein“ formulierte es ein Mandant einmal salopp. Persönliche Konflikte unter den beteiligten Akteuren sind damit vorprogrammiert, denn selbst wenn Anteile eingeräumt werden sollen – sind drei Prozent angemessen oder vier oder gar sieben oder mehr?

Individuelle Lösungen

Finanzielle Verabredungen sind immer schwieriger zu treffen, wenn bereits umfangreich Leistungen erbracht wurden. Ziel muss es daher sein, im Vorfeld klare Vereinbarungen über die Art der Zahlung zu treffen. Dem Risiko, dass das Projekt ohne Renditeabwurf stirbt, steht bei fundierter Konzeption und Marktanalyse die Chance gegenüber, an den finanziellen Erfolgen zumindest langfristig teilzuhaben. Die Herausforderung liegt darin, die verschiedenen Positionen und nicht greifbaren Aspekte abzuwägen und daraus ein individuelles Modell zu entwickeln. Die Lösung sollte auf sicheren, möglichst im Vorfeld zu zahlenden Geldern auf der einen und die Aussicht auf zukünftige Einnahmen auf der anderen Seite basieren. Sollten die goldenen Zeiten wider Erwarten doch nicht anbrechen, dann bieten vor allem nutzungsrechtliche Gestaltungsoptionen weitreichenden Schutz: Entwickelte Programmteile können somit anderweitig verwertet werden. Die ungünstigste, aber oft praktizierte Variante ist es allerdings, die Dinge erst einmal laufen zu lassen.

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Im Rahmen dieses Beitrags können nur wenige Aspekte beleuchtet werden. Eine fachkundige Beratung ist im konkreten Einzelfall daher dringend angeraten, geht es doch gerade hier um bare Werte. Übrigens, nach dem in unserer Rechtsordnung geltenden Prinzip der unbeschränkten Vermögenshaftung hat man Geld stets zu haben…

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