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Erkennen, abbauen, vermeiden: Barrieren im Internet

Zehn bis zwanzig Prozent der Weltbevölkerung leiden unter einer Behinderung. Nicht alle dieser Behinderungen beeinflussen jedoch den Zugang zu elektronischen Inhalten. Dieser Artikel soll Entwickler, Projektleiter und Redakteure auf die so genannten „Barrieren“ im Internet aufmerksam machen und aufzeigen, wie diese Barrieren in einem Projekt erkannt und vermieden, beziehungsweise abgebaut werden können.

5 Min. Lesezeit
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Weshalb barrierefreie Websites?

Die Gestaltung barrierefreier Websites ist nicht als imagefördernde Maßnahme oder als Ausdruck eines besonderen sozialen
Engagements zu verstehen. Wenn man verfolgt, wie sich die
Altersstruktur der Bevölkerung in den Industriestaaten wandelt und den
Zusammenhang zwischen Alter und Sehkraft berücksichtigt, so kommt auch
bei diesem Thema sehr schnell eine ökonomische Komponente ins Spiel.

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Außerdem gibt es heutzutage kaum ein Land, das nicht Gesetze und Bestimmungen erlassen hat, die besagen, dass Sites im
Government -Bereich barrierefrei zu gestalten sind, um auch behinderten
Menschen Zugang zu diesen Informationen und Diensten zu ermöglichen. Eine Zusammenstellung der
Bestimmungen ist auf der Website der Web Accessibility Initiative [1] zu finden. Durch die Gestaltung von barrierefreien Websites soll
sichergestellt werden, dass Personen möglichst unabhängig ihrer
Behinderung

  • Zugang zu Informationen haben
  • Services benutzen können
  • Produkte und Dienstleistungen bestellen oder kaufen können
  • mit den Betreibern der Website in Kontakt treten können

Verschiedene Behinderungen, verschiedene Barrieren

Grundsätzlich werden folgende Behinderungsarten unterschieden:

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  • blinde Personen
  • sehbehinderte Personen
  • motorisch behinderte Personen
  • hörbehinderte und gehörlose Personen
  • geistig behinderte Personen

Je nach Behinderungsart und Schwere der Behinderung treten
unterschiedliche Barrieren beim Besuch von Websites auf. Diese werden
hier nur kurz von der Behinderung ausgehend angeschnitten und im
Grundsatz erklärt. Eine vollständige, technische Übersicht erhalten Sie
auf der Website der Web Accessibility Initiative [2].

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Blinde Personen

  • benutzen keine Bildschirme
  • benutzen keine Maus
  • benutzen so genannte Screenreader und Brailletastaturen

Screenreader wandeln Textinformationen in gesprochene Sprache um
(z.B. Sprachsynthesizer, Text2Speech). Mittels Screenreader kann auch auf
einer optimierten Website auf die Navigation zugegriffen werden. Dabei
wird die Website zeilenweise ausgelesen. Mittels Funktionstasten lässt
sich beispielsweise von Link zu Link, von Frame zu Frame oder von Absatz zu Absatz navigieren.

Das Gleiche gilt für die Brailletastaturen. Diese, in der Anschaffung
sehr teuren Ein- und Ausgabegeräte, wandeln Texte elektromechanisch in
Blindenschrift um. Die Funktionsweise von Screenreadern und Brailletastaturen lässt
schnell auf die beim barrierefreien Webdesign zu beachtenden
Problemstellungen schließen:

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Bilder
Screenreader können keine Bilder lesen und beschreiben. Die einzige
Möglichkeit Bildinformationen wiederzugeben besteht darin,
Alternativtexte (alt Tags) auszulesen. Werden Bilder verlinkt,
sollte aus dem Titel klar ersichtlich sein, wohin der Link führt.
Layout/Darstellung
Screenreader können keinen Eindruck über das visuelle Layout
vermitteln. Während Sehende in Sekundenfrist ein Layout verstehen
und darin navigieren, kann ein Screenreader nicht zwischen relevantem
Content und zum Beispiel einer Werbebanner unterscheiden.
Datentabellen
Da Screenreader Websites zeilenweise, von links nach rechts und von oben
nach unten auslesen, können Informationen in Tabellen ohne Kopfzeilen
nur sehr schwierig interpretiert und zusammengefügt werden. Ohne Hilfe
ist es beispielsweise kaum möglich, in der zwölften Zeile noch den dritten
Spaltentitel memorisiert zu haben.
Javascript
Weder Screenreader noch Brailletastaturen bilden die Funktionalität der
Maus nach. Entsprechend kann nur auf die Funktionen von Websites
zugegriffen werden, die auch mit einer Tastatur bedient werden
können. Inhalte, die nur in Verbindung mit Mausfunktionen erreicht
werden können (zum Beispiel Mouseover), bleiben Nutzern von
Brailletastaturen und Screenreadern vorenthalten.

Eine eindrückliche Methode, um zu erfahren, wie Screenreader arbeiten
und welche Bedeutung der Umgang mit ihnen hat, ist die Betrachtung von Websites
mit reinen Textbrowsern (z.B. Lynx [3] ). Als praktisches Tool
bietet sich für den Internet Explorer das Programm Webformator [4] an.
Firefox-Benutzer können sich mit Hilfe der Accessbar [5] Websites vorlesen lassen.

Sehbehinderte Personen

  • benutzen oft Zoom-Software
  • sind auf kontrastreiche Darstellungen angewiesen
  • übergehen oft clientseitig Hintergrund- und Schriftfarben sowie Schriftgrößen

Sehbehinderungen sind definiert durch eine Sehstörung, die nicht im
vollen Umfang durch das Tragen einer Brille oder Kontaktlinsen behoben
werden kann. Von Sehbehinderungen sind insbesondere, aber nicht nur
ältere Menschen betroffen.

Mittels Browsereinstellungen und/oder Zusatzsoftware versuchen
Sehbehinderte, die Erscheinung der Website clientseitig zu
beeinflussen. Hier treffen sie oft auf Barrieren, die durch
richtiges Webdesign behoben oder zumindest entschärft werden könnten.

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Bilder
Bilder oder Grafiken, die Textinformationen enthalten werden bei
einer gezoomten Darstellung nicht skaliert. Die Grafiken werden
„gepixelt“ dargestellt.
Hoher Kontrast
Der Kontrast zwischen Schriftfarbe und Hintergrund sollte möglichst
hoch sein. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf die Farbenblindheit
fallen, eine Erkrankung, die zehn Prozent der Bevölkerung betrifft.
Schriftarten und Schriftgrößen
Schriftgrößen sollten in relative Werte definiert sein, damit Besucher
die Schriftgrößen aus dem Browser heraus beeinflussen können.
Horizontal scrollen
Sehbehinderte zoomen Websites nicht selten mit einem Faktor von acht und
höher. Die Notwendigkeit zum horizontalen Scrollen lässt sich bei
derartigen Zoomfaktoren kaum vermeiden, sollte aber wenn möglich auf
ein Minimum reduziert werden.

Motorisch behinderte Personen

Aufgrund motorischer Behinderungen ist es für gewisse Menschen nicht
möglich, konventionelle Eingabegeräte wie Tastatur und Maus zu
benutzen. Speziell entwickelte Geräte wie On Screen Keyboards,
Trackballs, Joysticks und Sprachsteuerungssoftware erleichtern diesen
Personen das Navigieren auf Websites.

Damit diese Eingabegeräte funktionieren, muss die Website ohne Maus
bedienbar sein. Außerdem sollten wichtige Aktionsknöpfe wie
Formularbuttons (Daten löschen, Absenden) in einem genügend großen
Abstand voneinander positioniert werden.

Hörbehinderte und gehörlose Personen

In Bezug auf Websites stellen sich für hörbehinderte und gehörlose
Menschen Probleme mit rein auditiven Informationen. Dies betrifft
insbesondere Medieninhalte wie Videos und Tondokumente. Zumindest
sollte eine Zusammenfassung der Informationen in Textform angeboten
werden. In den USA müssen Videos auf Websites, die unter der Section
508 fallen mit Untertiteln ausgestattet sein.

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Geistig behinderte Personen

Die Möglichkeit zum Navigieren in Websites ist bei geistig
behinderten Personen stark von der Art und der Schwere der Behinderung
abhängig. Vermutlich wird es auch in der Zukunft nicht immer möglich
sein, Websites für wirklich alle Menschen, völlig unabhängig der Schwere
der Behinderung, zu gestalten. Dennoch können einige Regeln formuliert
werden:

  • Layouts und Navigationsschemas sollten möglichst klar und einfach gehalten werden
  • Texte sollten in einer leicht verständlichen Sprache und kurz gehalten werden
  • Skizzen und Illustrationen können zum Verständnis eines Sachverhalts beitragen

Gesetzliche Regulierungen

Wie erwähnt bestehen in nahezu allen Ländern Anstrengungen zur
Regulierung für die Gestaltung barrierefreier Websites [6].
Dabei
gibt es verschiedene Ansätze. So wird das Thema in einigen Ländern über
das Menschenrecht oder das Zivilrecht geregelt. Andere Regierungen
sehen vor, dass sämtliche vom Staat betriebenen Websites barrierefrei
gestaltet werden müssen. In einigen Ländern gibt es bereits
Vorschriften, die die barrierefreie Umsetzung von Websites gewisser
Marktsegmente regeln.

Die W3C Web Accessibility Initiative (WAI)

Die WAI [7] entwickelt Strategien, Richtlinien und Ressourcen, um
Menschen mit Behinderungen Zugang zu Internetinhalten zu gewähren. Die Einhaltung dieser Richtlinien kann die Barrierefreiheit
zusätzlich verbessern. Beispiel: Eine Zusammenfassungen für Tabelleninhalte
anbieten. Die WAI bietet zudem eine Zertifizierung an.

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Überprüfbarkeit von Barrierefreiheit

Verschiedene Softwaretools bieten Hilfeleistung zur Überprüfung von
Barrierefreiheit bei Websites an. Die Funktionsweise dieser Tools ist
dabei ähnlich: Der Quellcode der Website wird auf gängige
Richtlinien wie korrekte Head-Angaben, Alt Tags,
Tabellenbeschriftungen, relative Größenangaben von Schriften und
Tabellen etc. überprüft. Nach der Überprüfung wird meist ein
ausführlicher Bericht generiert, der nicht nur auf Fehler hinweist,
sondern oft auch Lösungsansätze liefert. Einige Tools bieten neben der WAI-Zertifizierung eigene Zertifizierungsmöglichkeiten.

Die WAI bietet eine Linkliste zu den gängigen Checktools an [8].

Die Softwaretools
sind gute Helfer bei der Entwicklung von Websites. Sie ersetzen aber
keinesfalls eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema und die
Validierung durch Betroffene selbst.

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