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Business-Haikus: Wie man in drei Zeilen Gelassenheit übt

Haikus – japanische ­Kurzgedichte – haben als Achtsamkeitsübung nicht nur das Netz, ­sondern auch die Leadership-­Seminare ­erobert. Wir haben uns das mal genauer angeschaut.

Von Miriam Binner
2 Min.
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(Abbildung: Shutterstock / Yarygin, Twitter / OfficeHaikus)

Manchmal hilft es, die Dinge in Worte zu fassen. Das muss sich auch der amerikanische Werbetexter Matthew Bottkol gedacht haben, als er 2008 mitten in der Wirtschaftskrise seinen Job verlor. Er fing an, jede Woche ein Kurzgedicht nach alter japanischer Dichtkunst zu schreiben. Auf seinem Blog „Unemployment Haiku weekly“ sind seine Gedanken zur ­Arbeitslosigkeit verewigt. Mit einiger Ironie, wie es dem Haiku als „lustiger Vers“ entspricht:

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Drei Zeilen, 17 Silben, kein Reim. So lauten die Grundregeln. Als kürzeste Gedichtform gelten Haikus als optimale Achtsamkeitsübung: im Augenblick verharren, ­spontane Einfälle festhalten. Nur die Essenz kommt aufs Papier. „Kleinere spirituelle Entspannungsmomente“ machten Haikus so wertvoll in einer schnelllebigen Zeit, erklärt der britische Haiku-Experte und Dichter David Cobb in einem Interview mit dem Magazin Sommergras der Deutschen Haiku-Gesellschaft. „Das Haiku bringt Poesie in die Mitte des Lebens.“ Auf dem Weg zur Arbeit, in der ­Mittagspause, auf der Firmenfeier – Motive für die Dreizeiler finden sich überall, wie Cobb beweist:

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Grillparty –
die Bauchhärchen des Chefs
mit Salz bespritzt*

Nicht nur über Witze kommen Haikus in der Arbeitswelt an: Sogenannte Business-­Haikus finden sich auf Blogs wie „Poems on the Workplace“. Dahinter verbergen sich Gedichte über Teamarbeit, Motivation und Leistung. Auch Leadership-Seminare in deutschen Klöstern drehen sich um die Dichtkunst. Und Ratgeber für Führungskräfte locken mit Titeln wie „Steigere ­deine Wirkung und Einfluss alle 17 Silben“. Ob sich das die großen Haiku-Meister vor 400 Jahren so gedacht haben? Wahrscheinlich nicht.

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Für die japanischen Dichtergrößen ­Masaoka Shiki, Matsuo Basho, Kobayashi Issa und Yosa Buson standen die Natur und Landschaften im Vordergrund. Auch Gefühle und Begegnungen sind Kern­themen klassischer Haikus. Sie enthalten ein Jahreszeitenwort, auf Japanisch „Kigo“, und ein sogenanntes Zäsurwort, Kireji genannt. Das Zäsurwort zieht eine Verbindung zur Vergangenheit, handelt von Erinnerungen und Schlüsselerlebnissen. Alltagspoeten legen die Regeln heute recht frei aus, haben es aber auch nicht auf renommierte Zeitschriften abgesehen.

Sie finden ihre Plattform vielmehr im Netz. Bei Twitter etwa kursieren tägliche Haiku-Challenges, wie man sie in sozialen Netzwerken auch zum Thema Meditation findet. Das Prinzip ist einfach: Nutzer stellen ihrer Community eine Aufgabe, die nach und nach zur Routine werden soll. Im Fall der Dreizeiler geben die Challenges ein bestimmtes Wort vor, zu dem assoziiert wird. Die Eindrücke des Tages verdichten sich zu einer besonderen Beobachtung – so ersetzen Kurzgedichte den Tagebucheintrag.

Die Methode hat schon die Zen-­Meister in japanischen Klöstern begeistert. Für sie galt Meditation als der Weg zur inneren Mitte, also zu mentaler Stärke und Widerstandskraft. Mehr Gelassenheit, bessere Beobachtungen, ein stärkeres Bewusst­sein – davon berichten Fans des Dreizeilers. Um es auszuprobieren, braucht es nicht mehr als einen Moment der ­Aufmerksamkeit.

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Business-Haikus

Ihr habt Lust euch selbst an Haikus zu versuchen? Dann taggt uns auf Twitter und Instagram unter euren Dreizeiler. #haikupioneers #t3n

(*  Sommergras 71 / 2005 (Zeitschrift der Deutschen Haiku-Gesellschaft e. V.)
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