Die Digitalisierung des Partners: Melanie Petersen über eine Partnerschaft auf Augenhöhe
Wie er mir auf die Nerven ging mit dem digitalen Kalenderquatsch! Die Rede ist von meinem Exfreund. Ich schleppte gerne den guten alten Papierkalender mit mir rum und war glücklich damit. Ich bin nicht so richtig durchgestiegen durchs digitale Kalendermanagement und hatte ehrlich gesagt auch nicht groß Lust, mich damit auseinanderzusetzen. So schrieb ich weiter auf Papier, vergaß weiterhin auch immer mal wieder wichtige Termine, weil der Kalender gar nicht immer dabei war und beobachtete gleichzeitig aus der Ferne, wie mein Freund immer ganz genau wusste, wann er wo sein musste. Aber damit nicht genug: Er wusste auch, wann die Mutter seines Sohnes wo sein musste. Und wann sie gemeinsam wo sein mussten. Da beschlich mich das erste Mal die Faszination für geteilte Kalender.
Viele schlechte Absprachen und verpasste Termine später beugte ich mich dem Druck des Digitalen und bekundete offiziell Interesse. Und los ging die Reise. Keine 10 Minuten später waren sie angelegt: Drei Kalender! Seine Termine, meine Termine, unsere Termine. Und als i-Tüpfelchen setzten wir noch eine geteilte Einkaufsliste auf. Meine Einstiegsdrogen.
Langsam aber sicher packte ich meinen Papierkalender gar nicht mehr aus und lies mich lieber durch mein Smartphone an Termine erinnern. Auch Einkäufe liefen ohne den obligatorischen „Kannst du noch Milch mitnehmen“-Anruf ab, dank synchronisierter Einkaufsliste. Schöne neue Welt. Auch die ein oder andere App schlich sich auf mein Handy und künftig hatte ich Kino- und Konzerttickets nur noch in irgendwelchen Apps statt als Liebhaberstücke auf festem Papier. Wieder ein paar Wochen später hatte ich meine ersten 50 Euro in Bitcoin und zahlte damit in Geschäften (ja, in Hannover ging das).
Die Beziehung ist längst vorbei, die Kalender abbestellt, die Einkaufsliste lange leer. Aber die Infrastruktur ist mir erhalten geblieben. Inzwischen arbeite ich bei einem Techmagazin und bin in der Regel digitaler als meine Gegenüber. Zum Beispiel als mein neuer Partner. Er, noch etwas unter dem Digitalisierungsstand als ich damals, muss jetzt durch die gleiche Schule wie ich. In den ersten Monaten führten wir eine Fernbeziehung, so kam einige Zeit vor dem „Ich liebe dich“ die wesentlich wichtigere Frage auf:
„Willst du einen gemeinsamen Kalender mit mir?“
„Einen was?“
„Einen gemeinsamen Kalender! Und einen
eigenen natürlich auch. Und meinen, als Abo. Willst du?“
„WAAAAS?“
Nachdem ich vermutlich schon seine Messengeraktivitäten um ein Zehnfaches gesteigert hatte, war ich mir bewusst, dass ich hier auch einen Kurzschluss verursachen könnte. Aber: Inzwischen flutscht es regelrecht. Auch die digitale Einkaufsliste und gemeinsam gepflegte Playlists haben wir eingeführt. Und ich habe das Gefühl, auch ihn hat es gepackt. „Wie geht das jetzt nochmal mit diesen Bitcoins?“, und: „Wie heißt nochmal die App, die automatisch die Musik ausschaltet?“
Nachdem sich die Geschichte zweimal so grandios wiederholt hat, habe ich mich gefragt, ob das zwangsläufig so sein muss. Kann es nicht auch sein, dass ein Partner den anderen analogisiert? Ich glaube ehrlich gesagt nicht. Vielmehr ist es logisch, dass der mehr technologisierte Partner den anderen auf die nächste Stufe hebt. Schon alleine, weil man von dort so viel schlechter zurück als hin kommt.
Es kann natürlich sein, dass sich der Partner hartnäckig wehrt. Dass er Papier liebt, dass er einfach nicht so viele Apps auf seinem Handy haben will, nicht immer digital sein möchte. Dass ihn die digitale Welt stresst. Was da hilft?
In einer Beziehung ist es wichtig, dass man die Wünsche des anderen respektiert, finde ich. Und in diesem Fall liegt die Lösung daher klar auf der Hand.
Man sollte sich einen neuen Partner suchen. Am besten online.