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Ich habe gegessen, was ChatGPT mir empfohlen hat – das sagen Experten dazu

Wer im Internet nach Tipps für eine gesunde Ernährung sucht, findet viele kostenpflichtige Angebote. Günstiger geht es, wenn man ChatGPT dafür nutzt. Aber ist das auch empfehlenswert? Unser Autor hat es getestet.

6 Min.
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Was passiert, wenn ChatGPT zum Ernährungsberater wird? (Foto: Kaspars Grinvalds/Shutterstock)

Draußen drückt die Hitze und auf dem TV-Bildschirm schwitzen die Fußballprofis. Als dieser Text entsteht, ist es Mitte Juli und die Europameisterschaft 2024 ist voll im Gange. Doch auch mir wird alles abverlangt. In meinem Verein läuft die Vorbereitung auf die kommende Saison. Ich habe allerdings ein kleines Problem: Auch wenn ich zusätzlich noch laufe und Rad fahre, bin ich mit 38 Jahren nicht mehr so schnell wie die 20-jährigen Mitspieler. Wie lässt sich das ändern? Ein Beitrag beim Deutschen Fußball-Bund macht mich neugierig. „Ernährung als Leistungsbooster“ heißt er.

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Leider funktionieren darin nicht mehr alle Links. Trotzdem klingt das Thema spannend. Deswegen mache ich mich auf die Suche nach Ernährungsplänen – und finde viel: Coaches, Influencer, Kurse, Pläne, Mindsets. Alles sieht gesund aus, nur die Menge an Informationen überfordert mich. Und viele Angebote sind kostenpflichtig. Da beschließe ich kurzerhand ein Experiment. Ich möchte wissen, was dabei herauskommt, wenn ich ChatGPT nach einem Ernährungsplan für Sportler frage. Vegan soll er sein, vier Workouts pro Woche inklusive der Uhrzeit berücksichtigen und Dinge, die ich nicht vertrage, soll er vermeiden. Nach einigen Prompts steht der Plan – und er sieht schmackhaft aus. Müsli, Smoothies, Bowls, Pasta, Pizza und Snacks für zwischendurch. Toll! Oder nicht?

Auf den ersten Blick sieht der Ernährungsplan von ChatGPT doch gut aus, oder nicht? (Bild: ChatGPT/t3n)

Braucht es den Ernährungsplan überhaupt?

Ingo Froböse, Sportwissenschaftler an der Deutschen Sporthochschule in Köln und Autor vieler Fitness- und Ernährungsratgeber, findet das nicht ganz so toll. „Grundsätzlich ist KI ein Ratesystem, das nur eine grobe Orientierung gibt. Das System weiß nicht, was der Sportler kann und braucht,“ erklärt Froböse. „Dabei geht es insbesondere um den Stoffwechsel. Der ist wie ein Fingerabdruck und so individuell, dass man standardisierte, KI-geprägte Pläne kaum gebrauchen kann.“

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Ohnehin hält Froböse spezielle Ernährungspläne für Freizeitsportler für übertrieben. Das hat auch mit den technischen Gegebenheiten zu tun, die es im Breitensport schlicht nicht gibt. Froböse führt aus: „Beim Spitzensportler checken wir mittlerweile live Daten und geben dann entsprechend die Kohlenhydrat-Konzentration im Drink mit. Bei der Tour de France werden zum Beispiel alle Fahrer getrackt. Da funktioniert so etwas. Aber das brauchen Breitensportler nicht.“

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Also ist Ernährung doch kein Booster? Wie so oft ist sich die Wissenschaft nicht einig. Alicia Eisen, Ernährungswissenschaftlerin beim Deutschen Institut für Sporternährung, sagt: „Ab drei bis vier Trainingsstunden pro Woche macht es Sinn, sich die Rahmenbedingungen um das Training anzuschauen und sicherzustellen, dass man gut versorgt ist und genügend Energie hat. Denn durch den Energieverbrauch beim Sport besteht ein erhöhter Bedarf. Wenn man aber nur ganz wenig Sport macht, muss man die Ernährung nicht anpassen.“

Auch die von ChatGPT ausgewählten Lebensmittel gehen für Eisen in Ordnung: „Auf den ersten Blick sieht der Plan richtig toll aus. Vor allem bei der Lebensmittelauswahl, denn es sind kaum verarbeitete Lebensmittel enthalten. Vor allem Fleischersatzprodukte sind häufig sehr hoch verarbeitet und das ist oft nicht gut für den Körper.“

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Beide Wissenschaftler bemängeln die Mengenangaben, aber auf unterschiedliche Weise. Froböse macht zu viele Snacks aus. Der Plan sieht vier pro Tag vor. Das ist mir beim Ausprobieren selbst auch zu viel. Alicia Eisen kritisiert die fehlenden Mengenangaben. Tatsächlich hat ChatGPT mir nicht mitgegeben, wie viel ich eigentlich von den Gerichten essen soll. Zwar habe ich der KI beim Herumspielen Größe und Gewicht mitgegeben. Im weiteren Prozess spielten die Daten aber keine Rolle mehr.

„Bei mir würde dieser Plan die Note Sechs bekommen“

Auch fehlende Anpassungen an die Trainingseinheiten bemängeln sowohl Froböse als auch Eisen. „Angaben zu Geschlecht, Größe und Gewicht sind für die Größe der einzelnen Portionen sehr relevant. Dazu zählt auch die Intensität und wie lange das Training dauert“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin. Froböse sagt etwas Ähnliches: „Das mindeste, was die KI exakt kennen und berücksichtigen muss, sind die Trainingsintensität und damit die Belastung.“

Nur kommen Fachbegriffe wie Trainingsintensität oder Belastungssteuerung im Breitensport selten vor. Ich verfolge keinen professionellen Plan, sondern laufe und fahre so schnell und so weit, wie ich es in meinen Alltag einbauen kann. Beim Fußballtraining mache ich natürlich das, was der Trainer vorgibt. Einen Plan für die Spieler mit anstehenden Einheiten gibt es nicht. Entsprechend lassen sich keine Daten an die KI weiterleiten und ChatGPT weiß nicht, was ich brauche.

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Kein Wunder also, dass beide Experten den Plan kritisch sehen. Froböses Fazit fällt eindeutig aus: „Bei mir würde dieser Plan die Note Sechs bekommen. Er ist ungenügend, weil er nicht auf Sie zugeschnitten ist. Und er hat auch keine Bedeutung für Fitness oder Gesundheit.“ Eisen ist versöhnlicher. „Als Orientierung, gerade auch als Inspiration für Rezepte ist der Plan eine ganz gute Quelle, aber einen qualifizierten Sporternährungsplan sollte man immer von der Ernährungsfachkraft erstellen lassen,“ sagt die Ernährungswissenschaftlerin.

Schlägt die App sich besser?

Das Experiment ist also gescheitert. Das heißt aber nicht, dass mir KI bei meinem Versuch, vernünftig zu essen, nicht helfen kann. Bei der App Choosy kommt die Technologie ebenfalls zum Einsatz. Sie soll mit leckeren und gesunden Rezeptvorschlägen beim Nutzer punkten. Der Unterschied: Bei Choosy habe ich vorab meine Daten eingeben. Die in der Grundversion kostenlose App kennt also Größe, Gewicht und mein Aktivitätslevel und kann so ausgeben, wie groß die Portionen sein sollen. Außerdem lässt sich ein abwechslungsreicher Wochenplan erstellen, während ich bei ChatGPT jede Woche aufs neue prompten müsste, und die Zutaten kann ich direkt über die angebundenen Händler bestellen. Praktisch!

„Uns war von Anfang an der Fokus auf Personalisierung wichtig“, erzählt Julius Kuschke, Mitgründer und CEO von Choosy. „Ernährung ist einfach sehr individuell und subjektiv. Jeder hat andere Anforderungen und ein anderes Budget, mehr oder weniger Zeit und vor allem schmecken jedem natürlich auch andere Dinge. Uns war klar, dass all diese sehr individuellen Faktoren nur mit Technologien wie KI und Machine Learning berücksichtigt werden können.“

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Die KI versteckt sich dabei im Detail, wie Kuschke erklärt. „Unser Gesundheits-Score analysiert für jede Zutat 80 verschiedene Datenpunkte und ein Rezept hat in der Regel fünf bis zehn Zutaten. Um diese Datenmengen in kurzer Zeit bestmöglich zu optimieren, sind Machine Learning und KI sehr wichtig.“

Außerdem erfährt die App mit jeder Eingabe mehr über den Nutzer, wie Kuschke ausführt: „Der andere große Punkt, an dem KI von Anfang an eine Rolle gespielt hat, ist der Taste Recommender. Choosy lernt mit der Zeit. Je mehr man kocht, swiped, bewertet und speichert, desto besser versteht das System den Nutzer und weiß, welche Rezepte gut ankommen und welche nicht.“

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Die Rezepte von Choosy stammen von Menschen – so soll verhindert werden, dass die KI halluziniert und beispielsweise Klebstoff als Zutat empfiehlt. (Screenshot: Choosy)

Mit menschlichem Input gegen Halluzinationen

Bei den Begriffen „KI“ und „Rezept“ könnte man nun doch stutzig werden. Googles KI-Suche hat im Frühjahr für Lacher gesorgt, als sie Kleber als Ergänzung für eine Pizza empfohlen hat. Kuschke kann beruhigen: „Alle Rezepte wurden von Menschen erstellt. Dafür beschäftigen wir eine Ernährungswissenschaftlerin, denn wir wollen Halluzinationen ausschließen.“ Und er fügt hinzu: „Was Google neulich passiert ist, wird es bei Choosy nicht geben.“

Und so ist der Ernährungs- oder vielmehr Speiseplan mithilfe von KI am Ende doch schnell erstellt. Nur kochen muss man noch selbst. Auch das ist kein Problem. Die Anleitungen sind hübsch aufbereitet und einfach strukturiert. Zum Nachkochen sind selten mehr als 30 Minuten vorgesehen. Außerdem ist Choosy werbefrei. Stattdessen finanziert sich die App über ein Abo-Modell. Für 5,99 Euro im Monat oder 49,99 Euro im Jahr enthält es unter anderem unbegrenzte Rezeptvorschläge für alle Mahlzeiten.

Natürlich habe ich vorher schon darauf geachtet, möglichst gesund zu essen. Mein Repertoire an passenden Gerichten war aber durchaus endlich. Für mehr Abwechslung musste ich googeln – oft ohne genau zu wissen, welche Nährstoffe enthalten sind. Das schlüsselt mir die App jetzt auf. Dann klappt es jetzt vielleicht doch noch mit der Ernährung als Booster.

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