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Startups & Economy
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Interview mit Xing-Gründer Lars Hinrichs zu Erfahrungen und neuen Ideen: „Unternehmertum ist meine Leidenschaft“

Als Gründer des Business-Netzwerks Xing ist der Hamburger Lars Hinrichs zu einem der wenigen auch weltweit beachteten Deutschen im Internetgeschäft geworden. Jetzt arbeitet er an einem neuen Projekt. Im Interview mit t3n erklärt er, wie er die deutsche Webszene sieht, welche Stärken und Schwächen Europa im Wettbewerb mit Startups aus den USA hat, wie seine Arbeit an der neuen Idee aussieht und warum er überhaupt wieder gründen will.

7 Min. Lesezeit
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t3n Magazin: Die deutsche Internetszene wird besonders im Vergleich zu den USA kritisiert. Wie schätzen Sie ihren Zustand ein?

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Lars Hinrichs: Man kann sie in „Startups“ und „Copycats“ teilen. Copycats sind natürlich ebenso Unternehmen, die ihre Berechtigung haben, aber bei denen die intellektuelle Hürde nicht so hoch ist: Man sieht, dass es funktioniert und dann wird es kopiert. Auf der anderen Seite gibt es aber viele gute Innovationen, die aus Deutschland kommen. Das gilt erst recht für Europa, Skype ist hier ein ausgezeichnetes Beispiel für erfolgreiche Technologie.

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Lars Hinrichs: „Bei Programmierung und Technik setzen wir in Deutschland und Europa Maßstäbe.“

Lars Hinrichs: „Bei Programmierung und Technik setzen wir in Deutschland und Europa Maßstäbe.“

t3n Magazin: Aber würden Sie sagen, dass Deutschland weit abgeschlagen hinter den USA rangiert?

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Lars Hinrichs: Wir können feststellen, dass wir nicht eine einzige Seite unter den Top 100 meistbesuchten Seiten weltweit haben. Das ist schade, aber dem ist nun einmal so. Die Fakten sprechen hier eine ganz klare Sprache. Alles, was extrem erfolgreich ist und extrem groß geworden ist, kommt nicht aus Deutschland.

t3n Magazin: Warum ist das so?

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Lars Hinrichs: Wir Deutschen und speziell wir Europäer beziehen uns gern darauf, wie groß Europa ist: eine halbe Milliarde Menschen, mehr als in den USA. Aber gerade, wenn es ums Internet geht, spielen natürlich Sprachen eine besondere Rolle. Der deutsche Sprachraum hat nun einmal nur 120 Millionen Menschen. Europa hat so gesehen zwar viele Menschen, aber in 27 sehr unterschiedlichen Ländern. Selbst ein Produkt aus der Schweiz muss nicht unbedingt in Deutschland funktionieren. Amerika, China und andere Länder haben den großen Vorteil, dass sie in ihrem Heimmarkt eine gigantische Masse haben, die sie bewegen können. Europa hat da ein strukturelles Defizit, das wir eigentlich nur durch Innovation ausgleichen können. Mit Blick auf Ihre erste Frage: Umso bedauerlicher, dass vielen Leuten nichts Besseres einfällt, als irgendetwas zu nehmen, was sie in Amerika sehen und es zu kopieren.

t3n Magazin: Müsste man nicht gleich auf Englisch setzen, wenn man als Deutscher gründet, um mehr Menschen zu erreichen?

Lars Hinrichs: Ich glaube, dass kommende Websites ganz anders mit Sprache umgehen. Wir sehen bereits viele Startups, die sofort zweisprachig sind, zum Beispiel Deutsch und Englisch. Wenn man zweisprachig ist, muss man sich allerdings auch überlegen: Kann ich so ein lokales Angebot für die englische Sprache aus Deutschland heraus überhaupt anbieten? Es ist nicht nur die Übersetzung. Es ist die Lokalisierung für den jeweiligen Markt. Es geht also nicht nur um die Sprache, es geht auch ums Auftreten, die Art der Features.

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t3n Magazin: Inwiefern sehen Sie dennoch eine Chance für deutsche Startups im internationalen Bereich?

Lars Hinrichs: Man sollte sich fragen: Worin sind wir Deutschen extrem gut? Wir sind sehr gut im Bereich Technik, im Bereich Programmierung. Wir setzen da sehr viele Maßstäbe. Man findet in Deutschland mittlerweile genauso gute Entwickler wie in Amerika. Wir sind nicht so gut darin, uns eigene kreative Ideen zu überlegen und die dann auch wirklich umzusetzen. Viele haben Ideen, aber nicht alle wagen den Schritt ins Unternehmertum. Das zweite, in dem wir gelinde gesagt sehr schlecht sind, ist die Selbstvermarktung. Um einen Dienst groß zu machen, braucht man ein gutes Marketing.

t3n Magazin: Sie haben es ja nun mit Xing geschafft, einen unzweifelhaften Erfolg zu landen. Was hat den Erfolg befördert?

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Lars Hinrichs: Es ist eine Kombination aus vielen Dingen. Neben dem richtigen Zeitpunkt war das Glück involviert, dass wir mehr richtige als falsche Entscheidungen getroffen haben, dass wir ein sehr gutes Team hatten, dass wir auf die richtige Technologie gesetzt haben, dass wir sofort ein Preismodell hatten, das funktioniert hat. Wir haben etwas angeboten, was Sinn und Nutzen für die Mitglieder schafft. Und von Anfang an gehört die kontinuierliche Innovation dazu, immer wieder etwas Neues zu erfinden. Und wir freuen uns natürlich, wenn ein amerikanischer Wettbewerber viele von unseren Ideen mittlerweile ebenfalls umgesetzt hat.

t3n Magazin: Sie sind jetzt bereits elf Jahre unternehmerisch tätig. Welche positiven und negativen Erfahrungen haben sich daraus ergeben?

Lars Hinrichs: Einige. Nach jeder Unternehmung schreibe ich meistens für mich selbst eine Liste, was gut gelaufen ist und was schlecht gelaufen ist, damit ich bestimmte Fehler kein zweites Mal mache. Aber diese Erkenntnisse hänge ich nicht an die große Glocke.

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t3n Magazin: Was ist die Essenz aus diesen Erfahrungen?

Lars Hinrichs: Das Wichtigste als Gründer ist, diesen Schritt überhaupt zu tun. Mehr Leute sollten an sich glauben. Es ist ein großer Vorteil des Internetgeschäfts heute, dass man sehr wenig Kapital dazu braucht. Alles ist „in the cloud“. Insofern lege ich es den Menschen jeden Tag mehr ans Herz, diesen Schritt zu gehen.

t3n Magazin: Welche persönlichen Eigenschaften sollte man mitbringen?

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Lars Hinrichs: Es geht darum, ein klares Ziel zu haben. Manche Leute erfinden sich gern jede Woche neu. Zielorientierung ist mit das Wichtigste. Das Zweite ist, dass man Integrität hat – gegenüber Geschäftspartnern, Mitarbeitern, gegenüber dem Markt und den Dingen, die man tun möchte. Das Dritte: Gründungen sind meistens nicht einer Person zuzuschreiben, es ist immer das gesamte Team, das es ausmacht. Man muss die besten Leute bestmöglich auf die Positionen verteilen, die man zu vergeben hat.

t3n Magazin: Was hat sich im Verlaufe der elf Jahre verändert?

Lars Hinrichs: Fakt ist, dass ich sehr viel älter geworden bin und viel gelernt habe (lacht). Die letzten Jahre waren die beste Ausbildung, die ich nur haben konnte. Es war eine teure Ausbildung mit allen Vor- und Nachteilen. Was den Markt angeht: Wir haben unterschiedliche Arten von Gründern gesehen. Mitte der 90er Jahre gab es die, die sehr technologiegetrieben waren, weil sie aus diesem Bereich kamen. Dann kam die Euphorie und wir hatten ganz viele Unternehmensberater, die Unternehmer werden wollten. Dann gab es nach dem Platzen der Blase gar keine Leute mehr und es war extrem uncool, irgendetwas mit Internet zu machen. Man habe ja schließlich gesehen, dass das nicht funktioniert. In den letzten Jahren haben sich dann wieder die technologiegetriebenen Leute durchgesetzt und heute ist es wieder mehr en vogue, etwas in dem Bereich zu machen. Jetzt, wo wir in der Krise sind, sind das die besten Voraussetzungen, um ein erfolgreiches Unternehmen zu starten.

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t3n Magazin: Das haben Sie jetzt auch vor. Kann man zu dem neuen…

Lars Hinrichs: Nein.

t3n Magazin: Es gibt keinerlei Infos zu Ihrem neuen Projekt?

Lars Hinrichs: Nein, grundsätzlich nicht.

t3n Magazin: Sie haben in den vergangenen Jahren viel Energie in Xing investiert. Das ist nun vorbei. Wie gehen Sie damit um?

Lars Hinrichs: Ich habe als erstes mit meiner Familie eine viermonatige Reise gemacht. Man muss sich auch physikalisch vom Ort des Geschehens entfernen.

t3n Magazin: Für das neue Projekt sind Sie in der Ideenfindungsphase?

Lars Hinrichs: Die ist längst abgeschlossen. Jetzt geht es darum, das Neue, was auch immer das sein mag, mit Ruhe und Geduld anzufangen. Das macht man natürlich erst, wenn man ein schönes Büro hat, in netter Umgebung. Ich glaube, der entscheidende Vorteil des Silicon Valley ist das gute Wetter (lacht). Vorhin war hier alles grau in grau.

t3n Magazin: Das Silicon Valley ist eine Option?

Lars Hinrichs: Das Silicon Valley ist genauso eine Option, wie ein Unternehmen in Hongkong oder Singapur aufzubauen. Unternehmen sind weniger ortsgebunden als früher, gerade als Internetunternehmen. Man sollte vielmehr in dem Markt vor Ort sein, in dem man etwas umsetzen möchte. Was ich mache, muss auch keine neue Internet-Idee sein.

t3n Magazin: Was treibt sie jetzt noch an? Nach dem Xing-Börsengang sind es vermutlich keine finanziellen Gründe. Was ist die Motivation, jetzt weiterzumachen und nicht zu sagen: Ich werde Maler und lasse mich in Spanien nieder.

Lars Hinrichs: Das ist bei mir keine Option, denn ich bin im Künstlerischen extrem wenig begabt (lacht). Nein, im Ernst: Geld ist etwas, was mich nie angetrieben hat im Leben. Es ging immer darum, etwas Eigenes und immer wieder etwas Neues zu machen. Meine Leidenschaft heißt Unternehmertum: Etwas selbst zu kreieren, selbst aufzubauen, mit anderen Menschen zusammen etwas Neues zu schaffen, was Probleme löst oder neue Märkte erschafft.

t3n Magazin: Wurde Ihnen das in die Wiege gelegt?

Lars Hinrichs: Wenn man ausreichend beratungsresistent ist, vielleicht auch schon in der Jugend, dann liegt es nahe, dass man diesen Weg einfach geht (lacht). Wenn dann noch eine gute Portion Selbstvertrauen dazukommt und man im Bereich technikorientierter Internetunternehmen ein bisschen Ahnung hat, dann hat man schon ganz gute Voraussetzungen.

t3n Magazin: Auf Ihr neues Projekt werden natürlich alle sofort schauen und jeder wird eine Meinung haben. Ist das nicht schwierig?

Lars Hinrichs: Ich gebe wenig darauf, was andere Leute dazu sagen, was ich mache. Ich mache es einfach, weil es für mich wichtig ist. Hat es den Anspruch, so zu sein wie Xing oder noch größer? Das ist mir relativ unwichtig. Es kann auch etwas Kleineres sein, womit ich einfach glücklich bin. Es kann auch etwas Größeres sein, wenn ich Lust darauf habe.

t3n Magazin: Was ist denn der entscheidende Faktor, damit Sie mit einer Unternehmung glücklich sind?

Lars Hinrichs: Ich bin ja nebenbei als Business Angel aktiv und da schaue ich immer auf mehrere Dinge. Beispielsweise: Ist es etwas Neues oder löst es ein nachhaltiges Problem? Ist es eine Unternehmung, die skaliert? Wenn ja, dann klingt es deutlich spannender. Ist es etwas, wo man mit besonders guten Leuten zusammenarbeiten kann? Und letztlich läuft es auf die Frage hinaus: Mache ich das, was ich tue, mit Leidenschaft? Und nur, wenn ich etwas wirklich mit Leidenschaft mache, wenn ich es nicht als Arbeit definiere, dann ist das eine Sache, mit der ich wirklich glücklich bin.

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Dein t3n-Team

Julian

Laut Alexa.com (ja, ich weiß. Nicht die beste Quelle) ist rapidshare.com auf Platz 18 der meistbesuchten Seiten. Das Unternehmen wurde in Deutschland gegründet und musste dann wegen offensichtlichen rechtlichen Problemen in die Schweiz weiterziehen. Aber deutsch ist es trotzdem.

Antworten
Heiko Richter

Ich denke nicht, dass es an den Ideen liegt. Die gibt es hier in Deutschland auch. Das Problem liegt in der Masse. In der USA hat man automatisch ein vielfaches an Zielgruppe, als in Deutschland. Das zweite Problem ist, das man in Deutschland kein Venture Capital auf Ideen bekommt. Bei Google z.B. war das Kapital da, ehe das Geschäftskonto eröffnet wurde und bei Youtube steckte man 500 Mio Dollar rein. Wenn man in Deutschland das Geld zur Verfügung hätte, dann gäbe es auch solche Projekte die es in die Top 100 schaffen. Doch man scheitert an der Bürokratie und am Geld. Ich selbst laufe mir schon seit Jahren die Hacken für Venture Kapital wund.

Antworten
Fränk

Meines Erachtens liegt das Hauptproblem wirklich (wie schon angesprochen) in der Sprache. Deutsch sprechen einfach zu wenige Weltbürger. Insofern fallen eine ganze Reihe guter Ideen/Seiten/Dienste für eine Plazierung in den Top100 weg.

Antworten
Vedran

„Lars Hinrichs: Man sollte sich fragen: Worin sind wir
Deutschen extrem gut? Wir sind sehr gut im Bereich Technik, im Bereich Programmierung. Wir setzen da sehr viele Maßstäbe. Man findet in Deutschland mittlerweile genauso gute Entwickler wie in A…merika. Wir sind nicht so gut darin, uns eigene kreative Ideen zu überlegen und die dann auch wirklich umzusetzen.“

Hmmm mich interessiert eher, warum jeder von meiner/n Idee/n so begeistert ist, sich aber niemand finanziell an der Umsetzung beteiligen möchte?

Antworten

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