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Karl-Theodor zu Guttenberg über den Startup-Standort Deutschland: „Der deutschen Politik in den Hintern treten“

Seine Keynote auf einem zum Konferenzgelände umgebauten Güterbahnhof in Berlin eröffnet Karl-Theodor zu Guttenberg gleich mal mit einem Joke: „Ja, ich weiß“, sagt er und blickt mit einem frechen Grinsen in den Saal, „mit Fußnoten muss ich vorsichtig sein.“ Immerhin: Diesen Applaus hat zu Guttenberg sicher. Doch um die Plagiatsaffäre, die ihn vor fünf Jahren um alle politischen Ämter in Deutschland brachte, geht es dem Mann mit der Brille schon lange nicht mehr. An diesem Tag im Dezember erklärt er den Besuchern der hub:conference lieber die digitale Zukunft. „Wish List or Reality? Digital Trends in 2016 – a Transatlantic View“ lautet der Titel seines Vortrags. In die Zukunft schauen ist nämlich der neue Job von Karl-Theodor zu Guttenberg. Seit einiger Zeit berät er die EU-Kommission bei netzpolitischen Fragen. In New York hat er außerdem eine Investmentfirma gegründet. Ein Backstage-Gespräch.

4 Min.
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t3n Magazin: Herr zu Guttenberg, was sagen Sie als EU-Digitalberater und Startup-Investor eigentlich zum Ende der Netzneutralität in Europa?

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Karl-Theodor zu Guttenberg: Es ist Quatsch, anzunehmen, dass die Debatte um die Netzneutralität beendet ist.

t3n Magazin: Warum?

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Karl-Theodor zu Guttenberg: Weil wir uns bei allen Entscheidungen, die aus Brüssel kommen, immer wieder mit einer Neubewertung konfrontiert sehen müssen. In der Causa Netzneutralität wurde allenfalls eine Zwischenlösung gefunden. Das zeigen ja auch die Wellenbewegungen, in denen diese Debatte immer wieder geführt wird. Die USA sind da übrigens ein gutes Beispiel: Am Ende des Tages gewinnt leider der effektivste Lobbyismus und nicht immer die Vernunft.

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t3n Magazin: Wenig vernünftig erscheint ja auch die Idee der Telekom, Startups eine schnelle Übertragung ihrer Daten gegen eine Umsatzbeteiligung anzubieten. Was ist denn Ihre Meinung dazu?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Da ich ein begeisterter Investor in – hoffentlich gute – Startups bin, habe ich immer Probleme damit, wenn sich zu einem gewissen Zeitpunkt bestimmte Machtpositionen wie die der Deutschen Telekom zu offensichtlich ausprägen.

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t3n Magazin: Geht es vielleicht etwas konkreter?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Naja, man muss bedenken: Die Haltung der Telekom kann auch zu Situationen führen, dass Startups, die es anderweitig nicht geschafft hätten, es tatsächlich dann zum Durchbruch bringen. Die Frage ist also nicht einfach mit einem Ja oder Nein zu beantworten. Wenn sie mich aber so fragen, sage ich: Ich stehe auf der Seite der Gründer.

t3n Magazin: Wie schaffen es Gründer denn, Sie von einem Investment zu überzeugen?

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Karl-Theodor zu Guttenberg: Nicht durch Geschwätz und vor allem nicht durch den Glauben, die nächste Milliardenbewertung innerhalb kürzester Zeit erreichen zu können, wenn man gleichzeitig noch nicht einmal erklären kann, wie man die ersten 500.000 Euro verdienen will. Das ist mit Sicherheit der falsche Ansatz.

t3n Magazin: Was erwarten Sie dann?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Mich überzeugt immer eine Kombination aus faszinierenden Charakteren, die ein solches Unternehmen führen, entsprechendes Know-how und vor allem ein Produkt, das auch im Falle eines Scheiterns immer noch einen Mehrwert bietet. Ich jedenfalls werde immer opportunistisch, wenn ich eine geniale Idee sehe.

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t3n Magazin: Haben Sie ein Beispiel für eine geniale Idee?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Das lasse ich mal lieber weg. Wenn ich jetzt eines nenne und das andere weglasse, ist hier der Teufel los.

t3n Magazin: Ihr Portfolio kann man aber sicher online einsehen…

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Karl-Theodor zu Guttenberg: Nein.

t3n Magazin: Aber welche Bereiche sind denn für Sie als Investor interessant?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Derzeit habe ich ein großes Auge auf alles, was im Bereich der Blockchain passiert. Eine Technologie, die dezentrale Datenbanken weltweit sicher, preiswert und ohne übergeordnete Kontrollinstanzen verwalten kann. Ich bin aber auch an Startups aus den Bereichen Life-Science und Cyber-Security interessiert, wobei ich den Boom bei Letzterem schon im Endstadium sehe. Außerdem schaue ich mir im weiteren Kontext auch Neugründungen mit Fokus auf Künstlicher Intelligenz an.

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t3n Magazin: Ein sehr heikles Thema. Experten prophezeien uns hier ja eine eher düstere Zukunft. Leute wie Stephen Hawking oder Elon Musk haben in einem offenen Brief schon vor Kampfrobotern und eigenständig tötenden Drohnen gewarnt…

Karl-Theodor zu Guttenberg: Ja, deswegen muss die Auseinandersetzung mit dem Thema auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein. Die mit der Künstlichen Intelligenz einhergehenden Veränderungen werden schließlich den gesamten Globus betreffen. In den USA wird diese Diskussion zum Glück schon geführt, in Europa leider nicht.

t3n Magazin: Welche Veränderungen kommen da noch auf uns zu?

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Karl-Theodor zu Guttenberg: Sobald in absehbarer Zeit der nächste größere Durchbruch kommt, sprechen wir nicht mehr nur von ein paar Jobs, die verloren gehen, sondern von einer großen Umgestaltung der Arbeitslandschaft.

t3n Magazin: Was für eine Handlungsempfehlung haben Sie?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Die Frage wird sein, wie wir diese gesamtgesellschaftliche Diskussion anstoßen. Sie als Journalist können das natürlich über Ihr Medium machen, ich vielleicht mit meinem Geschwätz auf Konferenzen wie hier in Berlin. Vor allem aber muss der deutschen Politik mal in den Hintern getreten werden.

t3n Magazin: Wie schätzen Sie Deutschland denn als Startup-Pflaster ein?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Momentan fällt die Gründung an einigen Orten leichter als in Deutschland. Das ist leider so.

t3n Magazin: Aber das kann man ja ändern…

Karl-Theodor zu Guttenberg: Ja. Wenn sich das ändert, sollte man auch alles tun, um den Standort bestmöglich zu unterstützen. Aus Sicht einer Investmentfirma ist der amerikanische Markt derzeit aber definitiv noch attraktiver als Deutschland.

t3n Magazin: Nun haben Sie in Deutschland ja immer noch viele Fans. Angenommen, Sie könnten als Politiker in Startup-Deutschland drei Dinge verändern. Welche wären das?

Karl-Theodor zu Guttenberg: Erstens sehe ich großes Potenzial im Verändern einer nicht gegebenen Risikokultur. Wir honorieren in diesem Land einfach keine Menschen, die mit einer guten Idee gescheitert sind und damit Erfahrung hinzugewonnen haben. Das ist etwas, das man politisch unterfüttern kann. Und zwar nicht nur kommunikativ, sondern auch mit Gesetzen. Zweitens halte ich die Venture-Kapital-Gesetzgebung in Deutschland für dringend verbesserungswürdig. Und der dritte Punkt hat etwas damit zu tun, was das Innenleben der Politik anbelangt: Hier fehlt nämlich oft einfach das Know-how.

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