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Kryptowährung Iota: Es geht auch ohne ­Blockchain

Iota will eine Kryptowährung der anderen Art schaffen: eine, die es Maschinen erlaubt, untereinander mit Informationen zu handeln. Dabei verzichtet das Projekt auf die angesagte Blockchain-Technologie.

6 Min. Lesezeit
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Allen technologischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte zum Trotz hat sich unser Verständnis einer vernetzten Welt seit Erfindung des Webs im Jahr 1989 kaum verändert. Denn egal ob Smartphones, intelligente Sprachassistenten oder Augmented-Reality-Brillen: Auch wenn sich die Schnittstellen verändern, bleibt der Mensch als Empfänger oder Sender die zentrale Figur in den weltweiten Datenströmen. Doch während Elektronikkonzerne und Startups an den Interfaces der Zukunft werkeln, findet parallel dazu eine weitere Entwicklung statt. Eine, bei der Menschen nur am Rande eine Rolle spielen.

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Das Stichwort lautet „Internet der Dinge“, also die Vernetzung von Gegenständen, die vormals ohne Anbindung ans Internet ausgekommen sind. Allerdings geht es längst nicht mehr nur um Ikea-Glühbirnen, die auf Zuruf von einem smarten Lautsprecher zum Leuchten gebracht werden. Das ist nicht mehr als ein etwas ausgefeilterer Lichtschalter. Vielmehr geht es darum, dass zukünftig beinahe jeder Alltagsgegenstand nicht nur über das Netz gesteuert werden kann, sondern auch selbstständig Daten über sich selbst und seine nähere Umgebung erfasst. Das beginnt bei intelligenten Thermostaten und geht über selbstfahrende Autos bis hin zu Smart Citys – intelligente Städte, die vom Verkehrsaufkommen bis zum Energieverbrauch alles dokumentieren.

Doch wem gehören diese unfassbaren Datenmengen der Zukunft? Und wer sorgt dafür, dass sie dort ankommen, wo sie sinnvoll genutzt werden können? Als mögliche Lösung für dieses Verteilungsproblem haben der Norweger David Sønstebø, der Schweizer Dominik Schiener sowie die beiden Russen Serguei Popov und Sergey Ivancheglo IOTA erfunden. Auf Basis der Kryptowährung soll eine „Ökonomie der Dinge“ entstehen. Die Idee ­dahinter ist im Grunde so alt wie der Kapitalismus selbst: Wenn die gesammelten Daten einen Wert darstellen, dann kann auch damit gehandelt werden. Da es natürlich vollkommen unpraktisch wäre, den jeweiligen Besitzer einzelner Sensoren ausfindig zu machen, um dann einen Teil seiner Daten zu erwerben, soll das Ganze nach Vorstellung der IOTA-Macher auf einer offenen Handelsplattform stattfinden. Eine Plattform, auf der Maschinen ihre Daten selbstständig zum Kauf anbieten, sich mit anderen Maschinen auf einen Preis einigen und den Handel dann auch vollautomatisch zum Abschluss bringen – mit IOTA als digitalem Zahlungsmittel.

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Tangle entwirrt – oder: Warum ausgerechnet Iota?

Nach der Vision von Sønstebø, Ivancheglo, Schiener und Popov wird es eines Tages eine Unzahl solcher winziger Transaktionen zwischen Geräten geben. Diese müssen wiederum zeitnah bestätigt werden, damit der Echtzeit-Datenmarkt der Zukunft auch wie gewünscht funktioniert. Genau hier stoßen blockchainbasierte Technologien aber noch an ihre Grenzen. Der Grund: Transaktionen können nur durch neue Blöcke verifiziert werden. Die werden durch komplizierte mathematische Berechnungen erzeugt, was Zeit kostet. Außerdem ist die jeweilige Blockgröße je nach Krypto-
währung begrenzt, weswegen nicht immer alle Transaktionen sofort berücksichtig werden können. Dieser Rückstau erzeugt weitere Verzögerungen. Um diese Probleme zu vermeiden, verzichtet IOTA auf eine Blockchain, wie wir sie von bekannteren Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether kennen. Stattdessen kommt ein alternatives Protokoll namens Tangle zum Einsatz.

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Während die Blockchain aus einer rigiden Kette aus Datenblöcken ­besteht, funktioniert der Tangle als Geflecht gegenseitiger Absiche­rungen. Diese andere Form der ­Netzwerk-Architektur sorgt dafür, dass der Tangle bei steigender Anzahl der Teilnehmer an Effizienz zulegt. (Grafik: t3n)

Tangle ist Englisch für Durcheinander und damit ein durchaus passender Begriff für das Verfahren. Denn während bei Bitcoin mit der Blockchain-Technologie eine durchgehende Datenkette sicherstellt, dass alle Transaktionen ihre Richtigkeit haben, entsteht bei Tangle ein Geflecht aus gegenseitigen Absicherungen. Konkret funktioniert das so: Will ein Gerät eine getätigte Transaktion bestätigen lassen, so muss es vorher zwei Transaktionen anderer Marktteilnehmer verifizieren. Da IOTA für den Einsatz im Internet der Dinge konzipiert wurde, ist dieser Vorgang nicht übermäßig rechenintensiv, um die eher performanceschwachen Endgeräte nicht zu überfordern.

Weil bei IOTA kein Mining wie bei Bitcoin nötig ist, müssen auch keine Transaktionsgebühren für die Erzeugung der Währungseinheiten abgeführt werden. Auch das ist ein nicht zu verachtender Vorteil im Hinblick auf das angepeilte Einsatzgebiet der Kryptowährung. Ein weiteres Plus liegt in der Asynchronität des Tangles. Dadurch ist es möglich, dass viele Transaktionen gleichzeitig abgewickelt werden können. Tatsächlich sinken die Bestätigungszeiten bei IOTA sogar, je mehr Teilnehmer die Währung nutzen. Theoretisch wäre der Tangle daher wohl die perfekte Technologie für den Einsatz im Internet der Dinge – gäbe es da nicht einen Haken.

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Erst ab einer gewissen Größe lässt sich ausschließen, dass einzelne Parteien einen zu großen Teil des IOTA-Netzwerks kontrollieren. Die Ursache dafür liegt im Grundprinzip der gegenseitigen Bestätigung von Transaktionen. Kontrolliert ein Einzelner eine zu hohe Anzahl an Knotenpunkten, könnte er manipulierte Transaktionen gegenüber dem restlichen Netzwerk als korrekt darstellen. Der Mechanismus, der auf gegenseitiger Absicherung beruht, wäre damit umgangen. IOTA muss also eigentlich erst eine kritische Nutzerbasis erreichen, um den gewünschten Grad an Sicherheit gewährleisten zu können. Gleichzeitig kann eine Technologie wie IOTA keine massenhafte Anwendung erreichen, wenn sie nicht vorab implementiert und getestet werden kann.

Um das Henne-Ei-Problem zu lösen, haben die Macher die Rolle des „Koordinators“ geschaffen. Dabei handelt es sich um eine Software, die IOTA vor Manipulationsversuchen schützt. Der Koordinator führt jede Minute eine Transaktion mit seiner eigenen Signatur durch. Wer sichergehen möchte, dass eine eigene Transaktion verifiziert wurde, muss jetzt lediglich nach der letzten Transaktion des Koordinators suchen und schauen, ob er direkt oder indirekt diese Transaktion abgesegnet hat. Die Notwendigkeit dafür soll mit wachsender Netzwerkgröße jedoch sinken, weil sich das beschriebene Angriffsszenario schon rein wirtschaftlich irgendwann nicht mehr rentiert: Je mehr Knotenpunkte der Tangle aufweist, desto teurer wird es schließlich für einzelne Parteien, einen signifikanten Anteil davon zu stellen. Dementsprechend soll auch die Rolle des Koordinators mit der Zeit geringer werden – bis zu dem Punkt, an dem er ganz aus dem Netzwerk entfernt wird.

Dieser Notbehelf läuft dem Anspruch eines dezentralen ­Systems zuwider. Allerdings unterliegt auch der Koordinator ­einer Kontrolle in Form der gegenseitigen Prüfung durch andere Netzwerkteilnehmer. Fehlerhafte Transaktionen durch den Koordinator werden also ebenfals vom Netzwerk abgelehnt, heißt es zumindest von den Schöpfern der Kryptowährung. Unklar bleibt bei alldem, wie groß das IOTA-Netzwerk werden muss, damit der Koordinator endgültig eingestellt werden kann.

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Der IOTA-Marktplatz und das Interesse der Industrie

Nicht nur die zugrundeliegende Kryptowährung, auch der ­Daten-Marktplatz von IOTA befindet sich in einer noch sehr frühen Entwicklungsphase. Ende November 2017 wurde er erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Auf der offiziellen Website weist die im selben Monat gegründete IOTA-Stiftung, welche die ­Weiterentwicklung der Technologie koordiniert, stolz darauf hin, dass zu Marktteilnehmern auch einige große Unternehmen wie Bosch, Fujitsu oder Orange gehören. Daraus auf einen Erfolg der Plattform zu schließen, ist allerdings verfrüht.

Da es sich hier nur um einen Testmarkt handelt, wechseln keine echten IOTA-Währungseinheiten den Besitzer und auch die Anzahl der dort verfügbaren Sensordaten bleibt überschaubar. Und so zeigt die Teilnahme von Unternehmen und Universi­täten an dem Marktplatz zunächst nur, dass mit der Technologie experi­mentiert wird. „Die IOTA-Architektur enthält aus Bosch-Sicht einige interessante Basistechnologien. Das gilt aber auch für viele weitere Ansätze, die wir untersuchen und bewerten – und natürlich auf Praxistauglichkeit prüfen“, erklärte beispielsweise eine Bosch-Sprecherin noch im vergangenen Dezember auf Nachfrage des t3n Magazin.

Und doch: Nur wenige Tage nach dem Gespräch zeigte sich, dass der Mischkonzern doch etwas mehr Interesse an IOTA hat, als er zunächst glauben machen wollte. Der Risikokapital-Arm von Bosch erklärte, man habe „eine signifikante Anzahl an IOTA-Token“ erworben. Wie hoch das Investment war, behielt der Konzern für sich. Es handelt sich dabei aber um das erste und bislang einzige Krypto-Investment von Bosch. Gleichzeitig mit dem ­Investment wurde auch bekannt, dass Hongquan Jiang von Boschs Risikokapital-Sparte in den IOTA-Beirat berufen wurde. Im Januar 2018 konnte IOTA zudem einen weiteren Manager aus der Industrie an sich binden: Johann Jungwirth, der Chief-­Digital-Officer der Volkswagen-Gruppe, nimmt im Aufsichtsrat Platz.

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Vision und Wirklichkeit

IOTA und der daran anknüpfende Marktplatz für Daten stellen schon allein deswegen interessante Konzepte dar, weil hier eine Kryptowährung dazu genutzt werden soll, echte Werte zu generieren. Denn obwohl alle Kryptowährungen zusammengenommen eine Marktkapitalisierung von mehreren hundert Milliarden US-Dollar aufweisen, musste selbst Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin unlängst einräumen, dass die Branche noch weit davon entfernt ist, in einem angemessenen Umfang Werte zu schaffen. Doch auch bis zur „Ökonomie der Dinge“ ist es noch ein weiter Weg. Denn selbst wenn uns die Zukunft einen Maschinen-Markt nach Vorbild der IOTA-Fürsprecher beschert, gibt es längst keine Garantie dafür, dass sich die Unternehmen auf eine Implementation auf Basis der Kryptowährung einigen werden. IOTA bleibt damit, wie die vielen anderen Kryptoprojekte, eine hochgradig spekulative Angelegenheit. Zumal IOTA trotz eines völlig anderen technischen Konzepts eine weitere Sache mit dem Bitcoin gemein hat: Die massiven Preisschwankungen auf den Krypto-Märkten fördern kaum das Vertrauen der Unternehmenswelt. Dauerhaft würde IOTA sicherlich davon profitieren, wenn etwas mehr Ruhe in die Märkte einkehren würde. Das wiederum dürfte so schnell jedoch nicht passieren.

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