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KI in der Wirtschaft: Intelligenz braucht keine Regeln

Künstliche Intelligenz gilt als der vielleicht wichtigste Tech-Trend. Doch in Deutschland legen die Industriepioniere die Fesseln an. Startups experimentieren viel freier und nutzen bereits heute die Potenziale der Zukunftstechnologie.

12 Min. Lesezeit
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(Grafik: Shutterstock / Antiv)

Bist du schwul, depressiv oder in Kauflaune? Sorgst du dich um deine Kinder, bist du ein aggressiver Zeitgenosse oder hast du gar eine Ehekrise? Das alles – so heißt es – weiß die künstliche Intelligenz über uns. Sie kennt uns besser als unsere Freunde, weiß mehr als unser Partner. Das zumindest behaupten jene, die von solchen Entwicklungen profitieren: Immer mal wieder geistern Studien durch die Medien, die beispielsweise aus Twitterdaten vorhersagen wollen, ob jemand eine psychische Krankheit ent­wickelt, oder aus Facebook-Posts die Persönlichkeit berechnen wollen. Psychologen würden für diese Definition wohl diverse Fragebögen und wochenlange Gesprächssitzungen benötigen. Mit der KI hingegen reicht schon ein wenig Datenauswertung – so das Versprechen.

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Das ist nicht so größenwahnsinnig, wie es sich vielleicht liest. Mit der neuen Technologie könnten Kundenwünsche generiert, Prozesse optimiert, die Produktion effizienter, unser Alltag leichter werden. Unternehmen müssten sich eigentlich darauf stürzen. Aber die Wahrheit ist eine andere: Die großen deutschen Konzerne sind extrem zögerlich, wenn es zu den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz kommt.

So bemängeln Technologieberater, dass die deutsche Wirtschaft im KI-Bereich nicht gut aufgestellt sei. Eine Umfrage von Sopra Steria unter 200 Managern großer Unternehmen ergab im April, dass sie sich von der Angst vor der neuen Technologie ausbremsen ließen, und auch der Leipziger Thinktank 2b Ahead vermeldete nach seiner Trendstudie im Juni, deutsche Unternehmen fühlten sich „mangelhaft auf künstliche Intelligenz vorbereitet“.

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Regeln statt Lernen

Von den großen Anbietern können sie wenig Hilfe erwarten. Selbst KI-Pioniere wie IBM, die KI-Dienstleistungen in Deutschland anbieten, sind hierzulande noch zurückhaltend. Das Unternehmen ist spätestens seit dem Sieg seines Computers Deep Blue 1996 gegen den amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparow für die Öffentlichkeit ein Begriff. Und seit der Supercomputer Watson 2011 Menschen in der Quizsendung Jeopardy weit übertrumpfte, steht der Name für das Potenzial der künstlichen Intelligenz.

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Aber als sich Computerlinguisten einer deutschen Universität kürzlich in einer internen Veranstaltung mit einem IBM-Forscher trafen, waren sie baff. Die Wissenschaftler hatten selbst viel Erfahrung darin, aus Tweets oder Facebook-Posts weitere Informationen zu berechnen, die Nutzer teils nicht bewusst geteilt hatten. Sie kannten verschiedene Ansätze, wie ein maschinelles Lernverfahren aus den Tweets beispielsweise das Geschlecht eines Nutzers erkennt oder ob dieser Kinder hat – ähnlich wie die erwähnten Verfahren, die teils allein aus der Wortwahl erkennen, ob jemand depressiv ist. Sie kannten schon die Hürden jener Verfahren, aber auch die rasanten Fortschritte der Mustererkennung dank künstlicher neuronaler Netze. Die Forscher waren neugierig, wie diese die Praxis voranbringen. Und welches Unternehmen steht schon so sehr für künstliche Intelligenz wie die Watson-Mutter? Die Enttäuschung war groß: Der Watson-Forscher zeigte ihnen lediglich, wie das Unternehmen für seine Kunden – beispielsweise deutsche Supermärkte – ein Stimmungsbild aus sozialen Netzwerken extrahiert. Praxiseinsatz von komplexer KI? Von wegen. „Die machen das gar nicht!“, sagt einer der Forscher im Rückblick, „die sind total basic.“

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In der Tat: Wer bei IBM selbst nachfragt, erfährt von Alexander Lang, Chief Data Scientist für Watson Analytics for Social Media, dass diese Stimmungsanalyse gespickt ist von programmierten Regeln. Maschinelles Lernen wird nur am Rande genutzt. Im Prinzip nutzt IBM also den Stand der Technik aus den 1990er Jahren, als Computer allein per vorgegebenen Regeln beigebracht wurde, wie sie in welcher Situation reagieren sollen – obwohl die Technologie schon viel weiter ist.

Mit der steigenden Komplexität der Systeme wird das Programmieren von Regeln immer schwieriger: Abgesehen von der reinen Fleißaufgabe, tausende Regeln für jeden erdenklichen Fall einzugeben, ist es für Menschen kaum möglich, alle Eventualitäten zu bedenken. Heute sind jene Algorithmen des maschinellen Lernens, die sich die Welt „selbst“ erklären, indem sie anhand von Trainingsdaten Zusammenhänge lernen, üblicherweise leistungsfähiger. Wer weiterhin allein auf Regeln vertraut, verzichtet darauf, die maschinelle Intelligenz zu nutzen, und wird weniger Informationen aus Daten extrahieren können. Genau das sieht man auch bei IBM.

Geschlechtserkennung von Social-Media-Nutzern? Dafür nutzt das Unternehmen eine Liste mit Vornamen – der Computer bekommt also eine klare Vorgabe. „Wir finden das immerhin bei 50 Prozent der Nutzer heraus“, sagt Lang. Hobbys der Nutzer? Das, was sie in ihrem Profil angeben. Nur: Die wenigsten geben Hobbys an. Kann man sie nicht viel besser mit künstlicher Intelligenz aus den Posts an sich extrahieren? „So genügt es uns“, sagt Lang. Ebenso ist es mit der Erkennung von Eltern, die für viele Unternehmen eine besonders interessante Kundengruppe darstellt: Die Watson-Erkennungsraten in Social Media und Foren liegen laut Lang bei rund fünf Prozent. Nur fünf Prozent? Das reicht, sagt der IBM-Manager einmal mehr: „Bei 200.000 Profilen sind das 10.000 Nutzer – da müssten Sie lange vor den Supermarkt stehen und Umfragen machen.“

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Während sich Computerlinguisten mehrheitlich einig sind, dass dieses klassische Regeln-Programmieren Probleme deutlich schlechter löst, als wenn man neuronale Netze ihre eigenen Schlüsse aus Trainingsdaten ziehen lässt, halten die KI-Pioniere an den alten Regeln fest – weil es reicht. Das System von IBM erkennt zwar, wenn jemand schreibt „Die Schokonusscreme von X ist besser als die von Y“ und verteilt einen Pluspunkt an X und einen Minuspunkt an Y – aber nur aufgrund vorgegebener syntaktischer Regeln. Wenn jemand twittert „meine Frau“, dann geht Watson aufgrund einer einprogrammierten Regel davon aus, dass der erstens ein Mann und zweitens verheiratet ist. „Das ist simpel genug, um es mit einer Regel zu machen“, sagt Lang. Dabei wäre ja angefangen bei lesbischen Frauen bis hin zu einer Lüge vieles andere denkbar, was eine künstliche Intelligenz aus den Posts errechnen könnte. Wenn man sie denn darauf loslassen würde. Aber IBM hält seine vielgerühmte KI an der kurzen Leine – zumindest, wenn sie für Kunden arbeitet. Es ist die sichere Variante: So ist das System unter Kontrolle.

Startups sind das neue IBM

Wer sich in der Startup-Szene rund um maschinelles Lernen in Deutschland umhört, hört kaum Widerspruch zur These, dass IBM seine künstliche Intelligenz nicht von der Leine lässt. Wenn Fabian Westerheide, Investor und KI-Experte, einen seiner Vorträge vor Startup-Gründern im Bereich KI hält und fragt „Wer ist mit Watson zufrieden?“, dann nickt keiner. Die Vision der Gründer ist deutlich radikaler als die der älteren Pioniere. „Die meisten Startups sind innovativer“, sagt Fabian Westerheide.

(Foto: Kopf&Kragen)

So hat IBM zwar auch einen Chatbot – wer den allerdings etwas fragen will, solle doch erst die Liste möglicher Fragen lesen, so die Bitte auf der Website. Dass es auch anders geht, zeigt das Berliner Startup Parlamind von Christian Wolf und Tina Klüwer. Parlamind hat eine künstliche Intelligenz entwickelt, die E-Mails mit Kundenanfragen liest, auswertet und selbstständig auf Basis von vorgefertigten Text-Bausteinen beantwortet. „Maschinen sollten auf unterschiedlichen Ebenen verstehen, was Menschen wollen“, sagt Klüwer – ganz egal, ob es um Fragen, Beschwerden oder Forderungen geht. Ihre KI kann selbst einschätzen, wie sicher sie sich ist, eine Anfrage richtig verstanden zu haben – und die Kunden von Parlamind können festlegen, ab welcher Sicherheit sie die Antwort sofort rausschickt und wann noch ein Mensch darauf schauen soll.

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Viele Chatbots schauen laut Klüwer nur nach einzelnen Schlüsselwörtern. Die Modelle von Parlamind seien hingegen komplexer. Die Gründer programmieren keine Regeln, sie verlassen sich ganz auf die maschinelle Intelligenz: „Maschinen extrahieren sich das Wissen selbst.“ Vor der viel zitierten Blackbox hat Wolf keine Angst. „Hundertprozentig fehlerfrei ist das praktisch nie, aber auch kein Mensch ist perfekt.“ Auch eine falsche Rechtschreibung, fehlende Interpunktion und ähnliches bringt das System nicht durcheinander. Es ist auf diesen Spezialfall trainiert und dafür gut. 70 Kunden nutzen den Service bereits, 160.000 E-Mails schreibt das System pro Tag. Dass viele große Unternehmen nach wie vor Regeln programmieren, obwohl das eigentlich nicht mehr Stand der Technik ist, hat aus Klüwers Sicht historische Gründe. „Ich sehe in deutschen Unternehmen vor allem den Bedarf, besser zu verstehen, was KI eigentlich genau bedeutet“, sagt sie.

Doch daran mangelt es offensichtlich. Die Einstellung der etablierten Unternehmen zu KI erscheint schizophren: Auf die Frage „Glauben Sie, dass KI ganz viel Potenzial hat?“ antwortet der Großteil der Manager in der erwähnten 2b-Ahead-Studie mit Ja. Auch die Frage, ob KI künftig nicht nur Fachaufgaben übernehmen, sondern auch Entscheidungen treffen kann, bejahte die große Mehrheit. Selbst bei der Frage, ob KI in den kommenden fünf Jahren Führungsaufgaben übernehmen wird, stimmten noch 50 Prozent zu. „Wenn das eine belastbare Perspektive ist, dann muss ich mich doch fragen: Wie bereite ich mich darauf vor?“, sagt Michael Carl von 2b Ahead. Aber das geschieht kaum. Das Motto der Unternehmen scheint zu sein: KI ist wichtig, aber das hat mit mir nichts zu tun. Scheuen sie die Investition, die nötig ist, um sich mit der Technik genauer zu beschäftigen?

Denn wer KI nutzen will, der muss investieren. Einer, der das verstanden hat, ist Erik Pfannmöller. Der ehemalige Weltmeister im Kanu-Slalom gründete nach seinem sportlichen Karriereende und dem Abschluss der Business-School ein E-Commerce-Unternehmen. Schnell hatte es 70 Mitarbeiter, machte 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Pfannmöller verkaufte – und beschloss, sich in einen neuen Bereich zu wagen: „Jetzt will ich Hightech gründen“, sagte er sich. Nur: Wie geht das? Ein Jahr lang mietete er sich ein Büro allein zum Selbststudium, las alles, was er über künstliche Intelligenz finden konnte, besuchte jedes Webinar und jede Online-Schulung, büffelte Lehrbücher. „Ich habe 100 Stunden Videokurse gesehen, 100 Menschen zum Lunch getroffen, 1.000 Seiten im Mathebuch gelernt“, fasst er zusammen.

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Erst als sich die Gespräche und Inhalte wiederholten, fand er sich reif fürs Gründen. So entstand Fredknows.it: ein Chatbot, der Probleme lösen will. Die künstliche Intelligenz stellt dem Nutzer systematisch Fragen, die er mit Ja oder Nein beantworten kann – so lange, bis sie die Antwort weiß. Pfannmöllers Kunden sind Unternehmen, die diesen Service an ihre Kunden weitergeben, beispielsweise Banken oder E-Commerce-Unternehmen. Dafür trainiert jedes Unternehmen den Chatbot selbst mit seinen Kundenfragen und -antworten. Aktuell liegt das System zu 72 Prozent richtig, vor falschen Antworten hat der Gründer keine Angst. „Unsere KI lernt mit jeder Frage und Antwort dazu“, sagt Pfannmöller. Das erspart es seinen Kunden, die Fragen am Telefon beantworten zu müssen, und erfreut deren Nutzer, die dann nicht mehr in der Warteschleife einer Telefonhotline hängen.

Wieso sind die großen Unternehmen also so zögerlich? „Die Großen haben mehr zu verlieren“, sagt er. Das führe häufig zu einer Risikovermeidungsstrategie. Doch langsam brechen die Barrieren in den Köpfen, beobachtet er: „Wir sind gerade in der Phase, in der alle Leute merken: Hey, das funktioniert ja wirklich!“ Aber von dort bis zur eigenen Adaption der Technologie ist es ein weiter Weg. Immer mal wieder wird Pfannmöller von Unternehmensberatungen eingeladen, die für große Konzerne arbeiten, die verstehen wollen, wie KI funktioniert. Er nennt das „Startup-Zoo“. Dass sich die Unternehmen nicht gut vorbereitet fühlen? „Selbst schuld, so etwas muss strategisch geplant werden – es genügt nicht, drei Blogartikel zu lesen.“

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Laut der Leipziger 2b-Ahead-Studie sehen die Entscheider sogar ein, dass sie sich mehr mit der Technologie beschäftigen müssen, aber offenbar fühlen sie sich teilweise ausgebremst von der Trägheit großer Unternehmen. Zudem haben sie Sorgen, wie sie das den Mitarbeitern vermitteln sollen. „Wie bringe ich Teams bei, dass Technologie zum Teil bessere Entscheidungen trifft als ein erfahrener Kollege, der das seit 20 Jahren macht?“, fragt Michael Carl.

Kontrollverlust als Problem

Nicht zuletzt steckt hinter dem Zögern auch eine gesellschaftliche Debatte angesichts der Gefahren der künstlichen Intelligenz. Denn da die Algorithmen selbst lernen, können Menschen nicht jede Entscheidung nachvollziehen. Und was ist, wenn die KI falsch­­liegt? Für Carl ergibt sich daraus die Frage: „Wollen wir nur Technologie einsetzen, die wir auch kontrollieren können?“ Für die großen Unternehmen lautet die Antwort scheinbar: Ja. Zudem sei ein kurzfristiger Erfolg meist schneller zu haben, wenn das Einsatzgebiet möglichst eng begrenzt werde: „Um schnell viel Effekt zu erhalten, muss ich das Problem möglichst spitz halten und Regeln programmieren.“ Breite KI-Anwendungen hingegen gebe es noch kaum in der Praxis.

Der Berliner Christian Thurau versucht, das zu ändern. Sein Startup Twenty Billion Neurons will künstlicher Intelligenz die Welt erklären. Dafür lehrt es neuronale Netze zu erkennen, was in Videos geschieht. An sich eine große Aufgabe, denn es müssen nicht nur Bilder, sondern auch ein gewisser Sinn dahinter erkannt werden. „Man möchte verstehen: Was passiert da eigentlich?“, sagt Thurau. Die Gründer zerlegen das Problem in viele kleine lösbare Einheiten. Dafür beauftragen sie Crowdworker aus dem Netz, sich bei allerlei alltäglichen Handlungen zu filmen. „Wir haben das Label vorgegeben, beispielsweise: eine Tasse Kaffee trinken.“ Damit haben sie die klassische Herangehensweise auf den Kopf gestellt: Normalerweise suchen Forscher Videos und lassen sie von Menschen annotieren. Um derart um die Ecke denken zu können, braucht es vielleicht einfach ein Startup.

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Dass die großen deutschen Konzerne eher zögerlich sind, wundert ihn. „Es müsste mehr laufen hierzulande, wenn man sieht, wie weit die Unternehmen in den USA schon sind.“ Dort scheint man mutiger und unbedarfter zu sein: Ähnlich wie die hiesigen Startups probieren dort auch die etablierten Unternehmen einfach mal aus – was sich eben auch in der ein oder anderen Panne niederschlägt wie bei der Google Bilderkennung. Deutsche Unternehmen signalisieren zwar Interesse und Thurau verhandelt auch mit den ersten Branchen. In der Automobilszene ist Gestenerkennung – wenn KI also die korrekte Interpretation räumlicher Daten durchführen soll – schließlich der erste Schritt hin zum autonomen Auto. Dennoch beobachtet er, dass Startups hierzulande weniger ernst genommen werden. Um die künstliche Intelligenz voranzubringen, stellt Twenty Billion Neurons deshalb einige seiner Datensätze öffentlich zu Forschungszwecken zur Verfügung.

Aber es geht nicht nur um die Technik. „Es mangelt auch an der kulturellen Bereitschaft zu akzeptieren, dass Ingenieure Software verkaufen“, sagt Investor Westerheide. Schließlich spielt am Ende weniger das Äußere eines autonomen Autos eine Rolle als vielmehr die Software, die es steuert. Das verlangt von den deutschen Großunternehmen ein radikales Umdenken, schließlich ist das ein ganz anderes Geschäftsmodell.  „Für KI muss man mutig sein, man kann nichts inkrementell verbessern.“ Die Hardware sei lediglich noch das trojanische Pferd, um die Software zu verkaufen. Die Software hingegen der Wertschöpfungstreiber. „Mir fallen nicht viele deutsche Unternehmen ein, die das verstanden haben.“

Künstliche Intelligenz werde am Ende alles bestimmen, ist Westerheide überzeugt: „Wo vorher 100 Arbeiter waren, werden künftig zehn eine KI steuern.“ Und natürlich wird am Ende jener gewinnen, der seine Prozesse am schnellsten umbaut. Doch genau das führt bei deutschen Angestellten kaum zu Euphorie: Viele haben die Angst, einer der 90 zu sein, die gehen müssen. Kein Wunder, dass große Unternehmen auch am inneren Widerstand scheitern: Eine große Umwälzung lässt sich nur durchsetzen, wenn diejenigen, die sie vorantreiben sollen, auch wirklich überzeugt sind davon. Doch wie ankommen gegen die Angst der Menschen, durch eine KI ersetzt zu werden?

Vielleicht lohnt es, die Perspektive zu wechseln. „Ich hasse es, dass Menschen arbeiten müssen“, sagt Westerheide. „Wir existieren doch nicht nur, um die Produktivität unseres Chefs zu erhöhen, das kann doch nicht der Sinn sein.“ Eine Gesellschaft, in der alle weniger arbeiten müssen, weil die Automatisierung die Produktivität erhöht, ist eine schöne Utopie. Man müsste nur dafür sorgen, dass alle davon profitieren und nicht nur die Manager der Großkonzerne.

Vielleicht ist künstliche Intelligenz aber tatsächlich noch nicht bereit für den produktiven Einsatz in allen Branchen. Ihre Schwächen sind nicht zu übersehen: Die modernen ­Algorithmen sind zwar super darin, Muster in großen Mengen un­strukturierter Daten zu finden, und werden täglich besser darin. Aber manche Studien wie jene, laut derer man die Persönlichkeit ­eines ­Facebooks-Nutzers anhand weniger Klicks berechnen kann und Empörungswellen nach sich ziehen, zeigen bei genauerem Hinsehen keine besonders hohe Genauigkeit. Forscher sorgen sich zudem, weil der Weg, wie eine künstliche Intelligenz zu ihrer Entscheidung gelangt, nicht nachvollzogen werden kann. Manchmal kommen die Algorithmen zu Schlüssen, die Menschen überraschen. Und das kann alles sein: von peinlich – wie der Vorfall mit der Google-Bilderkennung, die dunkelhäutige Menschen zu Gorillas erklärte – bis hin zu gefährlich, wenn man etwa an autonome Autos oder den militärischen Einsatz von Drohnen denkt. Wenn sich die KI da irrt, kann es zu brenzligen Situationen kommen.

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