Der letzte Schrei in der Blogosphäre sind alte Klassiker: Debatten, Twitter und Trolle: Relevanz und andere Moden
Nico Lumma hat sie diesmal hervorgekramt, aus der untersten Schublade, ganz hinten: die Blog-Relevanzdebatte. „Blogs in Deutschland sind nett. Aber nett ist auch der Hund vom Nachbarn“, schreibt er [1]. Im Prinzip sei es egal, ob man Blogs lese oder nicht. „Es gibt kein Blog in Deutschland, das für eine Branche essenziell ist, weil dort alles steht, und zwar bevor es irgendwo anders steht, und weil von diesem Blog Impulse für eine Debatte ausgehen.“ Nur Markus Beckedahls netzpolitik.org lässt er gerade so durchgehen.
Ordentlich vom Leder gezogen
Unter anderem greift sich Carta das Thema und präsentiert zehn Blogposts, die 2009 durchaus wichtig gewesen sind [2]. „So gesehen: Der Blog-Laden läuft, wenn auch mit klar erkennbarem Verbesserungspotenzial“ – findet jedenfalls die Carta-Redaktion. Blog-Urgestein Robert Basic nimmt die Debatte zum Anlass, um mal wieder ordentlich vom Leder zu ziehen. „Eines der ausgelutschtesten Argumente ist, dass man mit Blogs keine Kohle machen könne“, schreibt er. „Es gibt eben welche, die damit Kohle schaufeln können und machen. Es gibt welche, die es wollen, aber nicht können und nicht mal in der Lage sind, sich schlau zu machen. Wenn die Ente nicht schwimmen kann, ist das Wasser schuld, alles klar.“
Apropos Robert Basic: Kurz vor Weihnachten kam er auf Twitter mit einer Idee um die Ecke geflattert, die manchem verdammt bekannt vorkam. Er wollte seinen Account @RobGreen verkaufen. Moment: Robert Basic? Richtig, der hatte doch vor einem Jahr sein Blog „Basic Thinking“ medienwirksam versteigert, das zu dem Zeitpunkt die Deutschen Blogcharts angeführt hatte. Mit den Worten „Ok, er macht’s schon wieder“ kündigte er sein neues/altes Vorhaben per Tweet an. Geld und Aufmerksamkeit für sein kommendes Projekt Buzzriders waren das Ziel. Tatsächlich fand sich letztlich ein Käufer, die Aufregung war groß, Entfollow-Aufrufe schwappten durch Twitter… und kurz darauf schenkte der Käufer den Account zurück. Ätsch, alles nur Spaß! Das nennt man dann wohl einen PR-Stunt.
Irrsinnig große Sonnenbrillen
Apropos Twitter: So wie irrsinnig große Sonnenbrillen einfach nicht aus der Mode kommen wollen, entzieht sich der Microbloggingdienst allen Versuchen, ihn in Grund und Boden zu reden. Zwar ist der Hype abgeflacht und die Zahl der Nutzer nimmt nicht mehr so rasant zu wie noch vor einigen Monaten, aber Quantität ist eben nicht alles. Prominentester Neuzugang: Bill Gates (@billgates). Einen Tag später enthüllte der Milliardär außerdem „The Gates Notes“ [3], seine offizielle Website. In beiden Fällen gibt er Einblicke in sein aktuelles Leben und vor allem in seine Arbeit für die „Bill & Melinda Gates Foundation“. Und da soll nochmal jemand behaupten, es gebe keine sinnvollen Inhalte im Netz.
Apropos sinnvoll: Dass man Twitter auch für richtige Debatten nutzen kann, haben zwei Journalisten gezeigt. „Ausgerechnet zwei Journalisten“ könnte man boshaft schreiben, denn manche bewegen sich im Netz mit der Eleganz einer Jogginghose. Ausgangspunkt der Story: „Wirtschaftswoche“-Chefredakteur Roland Tichy beschwerte sich im ICE sitzend via Twitter über die „Geisterbahnhöfe“ Limburg und Montabaur. „Gedächtnishalt für Rudolf Scharping“, lästerte er. Christian Lindner, Chefredakteur der Rhein-Zeitung, informierte den Kollegen postwendend: „Lieber @RolandTichy: In #Montabaur steigen täglich rund 3000 Reisende in die ICEs.“ Als Tichy das als „Wunschdenken“ abkanzelte, zündete Kollege Lindner die nächste Eskalationsstufe und schrieb: „An alle Nutzer der ICE-Bahnhöfe Montabaur und Limburg: @RolandTichy hält Euch für Wunschdenken.“ Was dann passiert ist, kann sich jeder Lokalpatriot vorstellen: Roland Tichy hatte auf seiner Zugfahrt erst einmal keine Langeweile mehr. Die ganze Geschichte kann man am besten im Blog von Christian Lindner nachlesen [4]. Ergebnis: Es soll ein Streitgespräch direkt am ICE-Bahnhof Montabaur geben.
Löcher in Socken
Apropos Streitgespräch: Das Internet ist zwar zum Diskutieren wie geschaffen, wenn da nur nicht die Kommentartrolle wären. Die sind so hilfreich und beliebt wie ein Loch in der Socke. Das amerikanische Tech-Blog Engadget brachten die ausufernden Diskussionen gar zur ultima ratio: Kommentare komplett abschalten, zumindest vorübergehend [5]. Manchmal muss man seinen Kleiderschrank eben doch radikal ausmisten…