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Software & Entwicklung

Creative Commons als Motor einer neuen Kultur der Kreativität: Manche Rechte vorbehalten

Im Bereich digitaler Inhalte ist ein neues Lizenzmodell entstanden, das den rechtlichen Rahmen für eine neue Schaffenskultur bieten will – einen Rahmen, der den heutigen technischen Möglichkeiten und Bedürfnissen kreativer Menschen entspricht. Die Mittel sind zum einen möglichst einfach gehaltene technische Abläufe zur Klärung der Rechtslage und zum anderen die Förderung eines neuartigen Material-Pools für kooperativ-kreatives Schaffen.

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Bei den „commons“ im Sinne der Creative Commons geht es um eine Art Kreativ-Allmende, um Allgemeingut. Manchem wird der Begriff Public Domain in den Sinn kommen. Warum also eine weitere Begriffslinie, wenn es mit der Public Domain doch bereits eine umfangreiche Materialbasis frei verwendbarer Inhalte gibt? Weil die Public Domain nur einen Teil der Freiräume abdeckt, die sich innerhalb des Urheberrechts schaffen lassen. Wenn etwas der Public Domain angehört, im Rechtsdeutsch also „gemeinfrei“ ist, dann bedeutet das schlicht, dass dafür kein Urheberrecht mehr besteht – entweder aufgrund von Zeitablauf, hierzulande 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers, oder durch Verzicht des Urhebers auf das Urheberrecht, was allerdings im deutschen Recht nicht möglich ist. Wollte man die „Commons“ also mit Public Domain gleichsetzen, so müssten sie sich entweder auf vergleichsweise sehr alte Inhalte beschränken oder man müsste zu ihrer Aktualisierung und Vergrößerung versuchen, Urheber zum endgültigen Verzicht auf ihre Urheberrechte zu bewegen. Gerade Letzteres würde klar der Förderung von kreativer Kooperation von Menschen zuwiderlaufen, denn gerade die geerntete Anerkennung ist ein Hauptantrieb für Kreativität. Die extremste Form der Freigabe von Inhalten, sprich der unwiderrufliche Verzicht auf alle Rechte zugunsten der Public Domain, ist also oft kein geeigneter Weg, um weltweites gemeinsames Schaffen zu fördern.

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Die Reaktion auf die Erkenntnis, dass nur angemessene Anerkennung der schöpferischen Leistung die Kreativität fördert, kam schon früh mit dem Urheberrecht, das einen strikten Schutz der Werke vor Fremdnutzung bietet, ohne weiteres Zutun des Urhebers. Anders als bei Patenten, entsteht der urheberrechtliche Schutz sofort im Moment der Werkschöpfung, ohne separate Registrierung und daher unter Umständen auch völlig ohne, dass der Urheber es will oder überhaupt weiß. Doch der Schutz geht in manchen Rechtsordnungen noch weiter. Im deutschen Recht zum Beispiel ist das Urheberrecht an einem Werk nicht nur weitgehend dem Sacheigentum gleichgestellt, vielmehr kann der Urheber zu seinem eigenen Schutz nicht einmal wirksam auf das Urheberrecht verzichten oder es auf einen anderen übertragen. Hier ist also in gewisser Weise ein noch stärkerer Schutz installiert als beim Eigentum an Gegenständen, das man selbstverständlich jederzeit übertragen oder aufgeben kann. Diese rechtliche Bevormundung der Urheber hat durchaus ihren Sinn, da die Urheberseite gegenüber der Verwerterseite in den allermeisten Fällen wirtschaftlich wesentlich schwächer ist. Durch die Einschränkung der eigenen rechtlichen Möglichkeiten kann der Urheber vor zu starkem wirtschaftlichen Druck und Ausbeutung geschützt werden.

Alle bauen auf Vorbestehendem auf

An dieser Stelle ist wichtig, dass nicht nur Verwerter Gebrauch von Werken machen, sondern dass auch jeder Urheber auf bereits vorbestehenden Inhalten aufbaut. Jede Schöpfung nimmt zwangsläufig Elemente vorheriger Schöpfungen auf und verändert sie.

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Der sehr starke Urheberrechtsschutz moderner Zeiten kann darum gar nicht anders, als je nach Kontext auch zu einer Bremse für die Kreativität zu werden. Ob seine fördernde oder seine hindernde Wirkung stärker hervortritt, ist im täglichen Leben oft eine Frage äußerer Umstände, nicht aber der Entscheidungen der jeweils beteiligten Menschen. Die Antwort auf diese Situation kann nicht die Schwächung des Urheberrechts sein. Der Urheber muss vielmehr in die Lage versetzt werden, nach eigenem Wunsch über Ausnahmen von seinem Urheberrecht entscheiden zu können. Und genau das möchte Creative Commons bieten.

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Inspiriert von den Erfolgen und Effekten der Open-Source-Softwareentwicklung wurden im Jahre 2001 an der Law School der Universität Stanford unter Leitung von Prof. Lawrence Lessig sechs abgestufte Lizenzmusterverträge entwickelt, die es einem Urheber ermöglichen sollen, seinen Werken nach eigenen Wünschen bestimmte Freiheiten mit auf den Weg durch die weltweiten Netze zu geben. Da die GNU General Public License und andere alternative Lizenzen vornehmlich auf Software zugeschnitten sind, sah man in Stanford die Notwendigkeit für ein Lizenzmodell, das auch auf andere Inhalte passt. Damit war die Idee zu Creative Commons geboren und sie wurde in den folgenden Jahren durch die Mitarbeit vieler Freiwilliger in mittlerweile 36 Rechtsordnungen außerhalb der USA portiert und stetig weiterentwickelt. Die Inhalte der Lizenzverträge liegen inzwischen in Version 3.0 vor. In den USA ist Creative Commons als Non-Profit-Organisation institutionalisiert, die Lizenzportierung in die verschiedenen Rechtsordnungen wird vor Ort von Länderprojekten vorgenommen, die weitgehend eigenständig arbeiten. Diese internationalen Aktivitäten koordiniert das Büro von Creative Commons International (CCi) in Berlin. Für den deutschen Rechtsraum hat seit Februar 2007 die Europäische EDV-Akademie des Rechts (EEAR) mit Sitz in Merzig/Saar die Leitung des Länderprojekts übernommen. Ihre Aufgabe ist, Vorschläge für die Aktualisierung der an das deutsche Urheberrecht angepassten CC-Lizenzen auf die Version 3.0 vorzulegen und Diskussionen und weitere Aktivitäten zu betreuen sowie Ansprechpartner für alle Interessierten zu sein. Unterstützt wird die EEAR dabei vom Institut für Rechtsinformatik der Universität des Saarlandes in Saarbrücken.

Schutzrechte können zum Problem werden

In der Praxis wollen viele Ersteller von Inhalten nicht für jeden kreativen Schnipsel einen so starken Schutz, wie ihn das Urheberrecht erzeugt. Manche Kommunikationsformen sind sogar darauf ausgelegt, dass Texte, Bilder oder Musik gegenseitig verwendet und verändert werden dürfen. Als Beispiel sei hier nur das Remixen von Musik als eigene Kunstform genannt. Zwar sind dem Urheberrecht gewisse Grenzen gesetzt, etwa durch das Recht, fremde Werke im Rahmen einer Erörterung zu zitieren, aber Laien wissen in den seltensten Fällen, wo genau diese Grenzen verlaufen. Die durch digitale Medien technisch möglich gewordene globale Zusammenarbeit kreativer Menschen erhält nach den bisherigen Prozessen des Urheberrechts also einen dreifachen Dämpfer:

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  1. Es besteht Unklarheit, in welchen Fällen die Zustimmung eines anderen rechtlich erforderlich ist. Im Zweifel muss juristischer Rat eingeholt werden.
  2. Es besteht Unklarheit, ob die Zustimmung auch erteilt wird und ob überhaupt eine gemeinsame Sprache gesprochen wird, in der man die Zustimmung kommunizieren kann.
  3. Es entsteht unter Umständen ein erheblicher zeitlicher und logistischer Aufwand, bis die entscheidenden Kontaktdaten gefunden und die Anfrage schließlich beantwortet ist.

All das steigert, technisch gesprochen, die Transaktionskosten für die Verwendung fremder Inhalte. Je nach Kontext kann die Kostensteigerung sinnvoll sein und einem legitimen Interesse professioneller Urheber oder kommerzieller Verwerter entsprechen. Ganz sicher nicht sinnvoll ist sie aber, wenn der Urheber selbst sie nicht will. Und genau in diesem Fall ermöglichen es die Creative-Commons-Lizenzen, dass ganz spezifisch, klar erkennbar und vor allem im Vorhinein bestimmte Verwendungen der Inhalte erlaubt werden. So können sie wesentlich einfacher und weitgehend unabhängig von Sprachbarrieren durch die Netze wandern.

Vergleich zu anderen alternativen Lizenzmodellen

Anders als bei kompilierter Software oder ihrem Quelltext ist es wenig praktikabel, jeder Grafik, die frei verwendbar sein soll, den kompletten Text einer Lizenz mitzugeben. Darum erfordern die CC-Lizenzen nur einen angemessen sichtbaren Verweis oder einen direkten Hyperlink auf die Lizenzbedingungen, die über standardisierte URLs jederzeit abrufbar auf dem Webserver von Creative Commons international (CCi) liegen.

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Des Weiteren handelt es sich bei den CC-Lizenzen teilweise um Non-Copyleft-Lizenzen, da es nicht bei allen sechs Varianten die Pflicht gibt, abgeleitete Inhalte nur unter der identischen CC-Lizenz weiterzureichen. Je nach Lizenzwahl können CC-lizenzierte Inhalte also auch in nachfolgende Schöpfungen einfließen, die mit keinerlei Freiheiten ausgestattet sind, sondern das altbekannte „all rights reserved“ tragen. In dieser Hinsicht ist das Set der CC-Lizenzen weniger strikt als etwa die GPL. Andererseits können CC-Lizenzen eine Einschränkung enthalten, die so in der GPL nicht vorgesehen ist, nämlich die Freigabe unter der Bedingung nicht-kommerzieller Verwendung. Aber die Abgrenzung von kommerziell und nicht-kommerziell ist oft sehr schwierig, weshalb mitunter neue Unklarheiten für die Verwender entstehen. Enthalten ist sie trotzdem, weil es allemal besser ist, dass Inhalte wenigstens zur nicht-kommerziellen Verwendung freigegeben werden als überhaupt nicht.

Eine weitere Besonderheit gegenüber vielen anderen Lizenzmodellen ist die Möglichkeit, Bearbeitungen eines Inhalts komplett zu untersagen. Eine Neukombination von Inhalten, die für sich jeweils die „Keine-Bearbeitung-Lizenz“ tragen, ist dann natürlich kaum möglich, was als Wunsch mancher Ersteller aber einfach zu respektieren ist. Die einzige Grundbedingung, die alle CC-Lizenzen enthalten, ist die der Namensnennung. Hier ist das Lizenzmodell sehr strikt und fordert von den Verwendern der Inhalte einen sehr gewissenhaften Umgang. Auch wenn sich lange Ketten von immer wiederverwendeten und ergänzten Inhalten ergeben, müssen die Namen der darin repräsentierten Personen weitergetragen werden.

Die sechs CC-Kernlizenzen im Überblick:

Kurzbezeichnung Bedingungen
BY Namensnennung
BY-ND Namensnennung_keine-Bearbeitungen
BY-NC Namensnennung_nicht-kommerziell
BY-NC-ND Namensnennung_nicht-kommerziell_keine-Bearbeitungen
BY-NC-SA Namensnennung_nicht-kommerziell_Weitergabe-unter-gleichen-Bedingungen
BY-SA Namensnennung_Weitergabe-unter-gleichen-Bedingungen

Unter den Lizenzen kann ein Ersteller von Inhalten frei wählen und sogar mehrere verschiedene Lizenzvarianten für denselben Inhalt festlegen, unter denen die Verwender ihrerseits auswählen können. Die einem Inhalt zugewiesene und übers Web abrufbare Lizenz liegt immer in dreifacher Ausführung vor:

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  • In der so genannten „Deed“ sind die Lizenzbedingungen in allgemeinverständlicher Weise erklärt. Das Dokument ist in allen portierten Sprachen verfügbar.
  • Daneben existiert die Lizenz als vollständiger juristischer Text.
  • Um die Lizenztexte auch automatisiert verwenden zu können, existiert eine maschinenlesbare Form, die von Suchmaschinen abgefragt werden kann.

Eine Registrierung ist nicht vorgesehen, weder CCi noch die Länderprojekte führen Register. Vielmehr können die Ersteller ihre Inhalte durch einen expliziten Verweis auf die entsprechenden URLs (mit dazugehörigem Piktogramm) lizenzieren. Der eigentliche Lizenzvertrag zwischen Ersteller und Verwender kommt durch die Verwendung zustande. Ein Widerruf der Lizenzierung für die Zukunft ist möglich. Bereits über 140 Millionen Trackbacks im Sommer 2006 auf ganz oder teilweise CC-lizenzierte Inhalte im Web zeigen eindrucksvoll, dass es höchste Zeit war für das Lizenzmodell von Creative Commons.

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