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Interview
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Der Second-Life-Erfinder spricht über sein nächstes großes Ding

Philip Rosedale will die ultimative ­virtuelle Realität ­erschaffen. Was er einst mit 2D-Technologien versuchte, soll jetzt mit VR-Brillen möglich werden. Dabei glaubt er zwar, dass die ­physische Realität eines Tages nur eine Option unter vielen sein wird. Aber noch hat auch er Zweifel.

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(Foto: Eva Wolfangel)

Wenn Philip Rosedale das zeigen will, was ihn seit seiner Kindheit beschäftigt, dann reicht er ein Virtual-Reality-Headset, Kopf­hörer und Controller und verschwindet selbst hinter einem Headset. „Kommen Sie mit!“, ruft er noch, auch wenn er nirgendwo hingeht, zumindest sein physischer Körper nicht. Und doch betritt er eine andere Welt, „Hier, das ist meine Welt“, sagt er, während die Besucherin noch mit der dafür nötigen Technik kämpft. Schon in den ersten Minuten des Interviews mit dem 46-jährigen Unternehmer werden die Prioritäten spürbar – er ist in der virtuellen Realität, schneller als man zuschauen kann. Sein Körper steht noch hier in diesem Raum, aber sein Geist ist längst woanders.

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Auf einmal löst sich die schnöde Realität in Luft auf: Die unverputzte Steinmauer seiner neuen Firma „High Fildelity“ am Rande der Innenstadt von San Francisco verschwindet – die ­Bücher im Regal, die Tracker in den Ecken des Raumes, die dunklen Vorhänge vor den Fenstern, die sowohl die Sonne als auch das graue Draußen vor den Fenstern zwischen überquellenden Müllcontainern, Graffitis und Obdachlosen vom konzentrierten Drinnen trennen, und all die fleißigen Programmierer und Entwickler, die vor Bildschirmen sitzen und nahezu geräuschlos vor sich hin arbeiten.

Stattdessen betritt Rosedale eine üppige grüne Landschaft, auf der sich große Fliegenpilze, saftiges Moos, und ein paar seltsame Gestalten tummeln: eine schaurig dürre, bleiche Frau ganz in Schwarz, die eine Rose im Haar und Hände wie „Edward mit den Scherenhänden“ hat, eine Art dreigliedrige Zange an jeder Hand. Und eine braunhaarige Dame in einem rosa Ballettkleid, mit Schmetterlingsflügeln und einer mehrstöckigen Torte auf dem Kopf. Rosedale selbst scheint zwanzig Jahre jünger geworden zu sein, seine grauen Haare sind verschwunden, er ist ein blonder Jüngling, dessen graues T-Shirt über der Brust spannt und locker über einen angedeuteten Waschbrettbauch fällt. „Hey Michelle, wie geht’s?“, begrüßt er die rosa Frau, dann plaudern die beiden ein wenig über das echte und das virtuelle Leben, schließlich bittet Rosedale weiter in den Wald, vorbei an kleinen Felsblöcken, über grünen Waldboden, es scheint beinahe ein wenig moosig zu riechen, auch wenn das nicht sein kann.

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„Das ist meine Welt“, sagt Rosedale bei diesem Spaziergang in den virtuellen Welten von High Fidelity, und seine Stimme klingt dabei wie die eines stolzen Vaters, der sein Baby präsentiert. Vor knapp zwei Jahren, im April 2016, hat er die Beta-Version dieses Treffpunktes – der den gleichen Namen trägt wie seine Firma: High Fidelity – in der virtuellen Welt eröffnet. Und auf einmal schienen all seine Träume wahr zu werden: Eine ­alternative Realität zur hiesigen scheint möglich. Und genau genommen ist Rosedale tatsächlich der Vater dieser Idee – doch eben diese Geschichte hat ihn auch ein wenig vorsichtig werden lassen. Denn einen solchen Moment gab es schon einmal in seinem ­Leben, als er Journalisten durch seine alternative Realität führte, seine Option für ein alternatives Leben: 2006 gründete er mit ­seinem damaligen Unternehmen Linden Lab Second Life, eine zweidimensionale Plattform im Internet, die schnell durch die Decke ging. Innerhalb kürzester Zeit tummelten sich dort eine Million Avatare, es entstand eine eigene Ökonomie, die ­Nutzer eröffneten florierende Geschäfte, gründeten Unternehmen, bauten ganze Städte. Die Sehnsucht nach einem alternativen ­Leben schien groß zu sein. „Wenn es um so etwas wie eine zweite ­Realität geht, dann sind immer alle ganz aufgeregt“, sagt ­Rosedale, vor allem Journalisten seien angetan gewesen von dem Konzept, Porträts von Rosedale erschienen in allen großen Zeitungen und Magazinen.

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„Wenn es um so etwas wie eine zweite Realität geht, dann sind immer alle ganz aufgeregt.“

Doch dann ging es auf einmal bergab mit Second Life. Die Plattform stagnierte drei Jahre nach ihrer Gründung, verlor schließlich aktive Nutzer, wurde totgesagt – auch wenn sie bis heute lebt, lebt sie nur noch in bescheidenem Umfang. Einige tausend Nutzer seien nach wie vor aktiv, einige lebten gar nach wie vor von den Geschäften, die sie dort betrieben, beispielsweise dem Design von Avataren. Aber von all dem weiß Rosedale nichts mehr so genau, denn zwei Jahre nach dem Niedergang trat er zurück und verließ schließlich 2009 das Unternehmen Linden Labs. Sein Traum war zum ersten Mal gestorben.

Ein nicht enden wollender Traum

Und jetzt dieser Luftballon! „Hier, fangen Sie!“, ruft der virtuelle Rosedale auf einmal und wirft einen großen roten Ballon in die Luft. Wer intuitiv die Arme ausstreckt – im echten Leben und damit zeitgleich im virtuellen – fängt ihn kurz darauf mühelos auf. Die Controller haben sich dabei in der virtuellen Welt in Hände verwandelt. Ebenso mühelos kann man den Ballon wieder in die Luft werfen – er gehorcht der Physik eines Luftballons, lediglich sein Gewicht ist nicht zu spüren. „Fast wie echt“, sagt Rosedale, und Stolz ist dabei in seiner Stimme zu hören, auch wenn die ­Mimik seines Avatars eher ernst bleibt.

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Um zu verstehen, wieso dieser Luftballon Rosedale heute so glücklich macht, muss man weit zurück in die Vergangenheit, bis zum pubertierenden Philip, der damals zwei Dinge nahezu gleichzeitig entdeckt: Computer und Physik. „Beides hat mich fasziniert, und ich habe mich gefragt, wie man beides miteinander verbinden kann.“ Sein Traum, die Physik der echten Welt in den Computer zu bringen, resultiert aus dieser Zeit, als er mit 16 erste Computer-Netzwerke baute, noch bevor es das Internet gab, und phantasierte, wie er eines Tages die Welt virtuell nachbilden würde. Als er schließlich 1994 nach seinem Studium der Informatik und der Physik das Wesen des Internets entdeckte – Millionen vernetzter Computer, die einen ganz neuen Raum bilden – ließ er nicht mehr locker: Weggefährten von damals erinnern sich, wie der junge Programmierer immer wieder davon anfing, dass er die Physik in den Computer bringen wolle und dass virtuelle Realität möglich sein müsse.

Aber das Dreidimensionale fehlte diesem neuen Raum, sodass Rosedale seinen Traum aufschob und zunächst ein Startup für die Komprimierung von Filmen gründete, dessen Verkauf an einen Streamingdienst ihn bereits mit 28 Jahren zum Millionär machte.

Der Film „Matrix“ sei schließlich der Auslöser gewesen, etwas in seinem Leben zu ändern, sagt er, ihn überfiel im Jahr 1999 seine eigene Vision hinterrücks durch diesen Film. Schließlich wird dort eine Realität beschrieben, die nur in den Gehirnen der Menschen existiert und dennoch so perfekt ist, dass diese sie für die Realität halten. Eine virtuelle Realität. Physik im Computer!

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Rosedale wurde klar, wie drängend sein Traum nach wie vor war. Es gab nur ein Problem: Es war VR-Winter, erste Versuche von virtuellen Realitäten waren gescheitert, weil die Technik noch nicht weit genug war. Niemand glaubte mehr an sie – außer Rosedale. Aber auch ihm war klar, dass es noch zu früh war, eine dreidimensionale alternative Realität zu schaffen. So schuf er eine zweidimensionale, Second Life, ein zum Scheitern verurteiltes Projekt. Doch wer das sagt, rechnet nicht mit Rosedale.

Von Zweifeln geplagt, schien er zwar zunächst seinen Traum aufgegeben zu haben, gründete 2009 ein für seine Verhältnisse langweiliges, bodenständiges Unternehmen und bewies damit, dass er Unternehmer genug ist, um auch das zum Erfolg zu bringen, was ihn nur am Rande interessiert: „Coffee and Power“ war eine Onlineplattform, auf der Menschen Tätigkeiten kaufen und verkaufen können und mit einer eigenen Währung bezahlen. Rosedale beschaffte in Rekordzeit Risikokapital in Höhe von einer Million Dollar. Es lief gut, „Rosedale is back“ titelten die großen Zeitungen – aber glücklich war Rosedale nicht.

Er erinnert sich noch genau an den Tag, an dem die Hoffnung siegte: Im Herbst 2011 spielte er im Büro mit einem Gyroskop, einem Sensor zur Lagebestimmung, herum – und er sah, wie schnell die Bewegungen des Sensors auf seinen Computer übertragen wurden: „Ich konnte keine Verzögerung wahrnehmen.“ Nachdem er einige Zeit gespielt und probiert hatte, rief er seine damaligen Mitarbeiter von Coffee and Power zusammen, es waren nur eine Handvoll, und er sagte: „Leute, wir hören hier auf, wir müssen zurück in die virtuelle Realität.“

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Sechs Jahre später spaziert er wie ein stolzer Großgrund­besitzer durch seinen eigenen virtuellen Wald und schwärmt noch immer von dieser Entdeckung. „Die Verzögerung beträgt nur noch 100 Millisekunden – das reicht für beinahe alles!“ ­Diese Verzögerung bemerken Menschen in der Regel nicht, und das ­ebnet der virtuellen Realität diesmal womöglich den Weg. ­Moderne Headsets synchronisieren die echten Bewegungen der Nutzer dank der Gyroskope mit den Bewegungen in der virtuellen ­Realität. Wer im echten Leben einen Schritt tut, tut den gleichen Schritt in gleicher Länge in der virtuellen Umgebung. Dadurch entsteht der Eindruck, tatsächlich in dieser Welt zu sein, tief eingetaucht in die „Immersion“, wie Forscher sagen.

Für Rosedale Grund genug, alles in seinen Traum zu investieren: Eine virtuelle Welt, die eines Tages kaum mehr von der realen zu unterscheiden ist – wie in Matrix. Rosedale ist kein Spinner, mit seiner Idee einer matrixartigen VR ist er nicht allein. Der US-Philosoph David Chalmers geht neben anderen ebenfalls davon aus, dass die VR eines Tages die reale Welt gleichwertig ergänzt: „Das wird keine Zweite-Klasse-Realität sein“, sagt er, „ich sehe nicht, wieso man in einer virtuellen Umwelt nicht ein ebenso erfüllendes und sinnhaftes Leben führen können sollte wie in der Realität.“ Nur eines fehlt nach Rosedales Geschmack: Gemeinsam zu musizieren. An dieser Stelle wird seine Stimme ein wenig leiser, bescheidener, fast ein wenig traurig: „Mehr als 15 Millisekunden Verzögerung stören beim Musizieren.“ Er hofft sehr darauf, dass auch dieser Makel eines Tages behoben wird, denn für ihn ist das ein Herzstück unseres künftigen Lebens in der VR, gemeinsam Dinge zu gestalten, und dazu gehört aus seiner Sicht unbedingt auch Musik.

Doch es bleibt eine Geschichte mit offenem Ausgang. Wie und ob sich die virtuelle Realität auf dem Massenmarkt etablieren wird, das ist offen. Die VR-Headsets wie Oculus Rift oder HTC Vive haben sich bislang schlechter verkauft als erhofft. Zudem gibt es vier oder fünf vergleichbare Plattformen in der virtuellen Realität, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen wie Rosedales High Fidelity: Sie setzen darauf, dass sich Menschen treffen ­können in alternativen Realitäten. Es geht dabei weniger um Spiele – sieht man einmal von Rosedales Ballspielen ab –, sondern vorrangig darum, ein soziales Leben aufzubauen. Das erscheint zunächst wie ein Widerspruch. Und es ist einer, der Rosedale besonders schmerzt: „Virtuelle Realität isoliert die Menschen, und es ist unsere Verantwortung, dagegen zu arbeiten.“ Wer ein Headset aufsetzt, verschwindet für sein Umfeld zwar nicht sichtbar, aber mental: Sein Bewusstsein ist in einem anderen Raum.

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„Dazu kommt, dass die Mehrheit der Nutzer ihre Zeit in VR in Einzelspieler-Anwendungen verbringt“, sagt Rosedale. „Du bist dabei allein wie in einem Gefängnis, aber wir sind Säugetiere, deshalb sind wir sozial. Und jetzt zwingen wir die Menschen, auf eine einsame Insel zu ziehen.“ All das sei bei Second Life einfacher gewesen: Die Nutzer konnten multitasken, da sie einfach vor einem Computer saßen. Sie waren nicht abwesend für andere Menschen im Raum. Aber gleichzeitig macht das die Immersion der virtuellen Realität aus. Genau das macht sie so gut, dieses Vergessen, dass man in Wirklichkeit auf dem Boden dieser Fabriketage steht und nicht in diesem saftigen Wald. Das, was Rosedale betrübt, ist gleichzeitig seine große Chance. Und es ist das, was die Menschen begeistert an Plattformen wie seiner.

Business-Meetings von Avatar zu Avatar

Als Rosedale schließlich unter seinem Headset hervorkommt und sich das Interview wieder in die reale Welt dieser Fabriketage in San Francisco verlagert, wird klar, was gefehlt hat: Rosedales mitreißendes Lächeln beispielsweise, das sich über sein ganzes Gesicht legt und aus seinen blauen Augen strahlt, wenn er von der Zukunft spricht. Diese Zukunft, die seinem Traum immer näherkommen wird – wenn alles gut geht. Seine Begeisterung ist mitreißend. Es sprudelt nur so hervor, wie er gemeinsam mit anderen an einer Lösung für die Mimik arbeitet, sei es über eine Kameraaufnahme der Augen oder der Mundpartie, oder auch über die Stimme, deren Nuancen erstaunlich gut mit der Mimik korrelieren.

Später führt er einen kurzen Filmclip vor, ein Interview über den Stand der virtuellen Realität, das er mit dem bekannten US-Techblogger Robert Scoble auf einer virtuellen Bühne geführt hat. Rosedale ist immer noch der schmale blonde Jüngling in Jeans und T-Shirt, Scoble hingegen wirkt massig. „Daran habe ich mein ganzes Leben gearbeitet!“, ruft Rosedale begeistert. „Wir ziehen die ganze Menschheit um in eine andere Welt!“ Und als er den skeptischen Blick bemerkt, ergänzt er: „Es ist ein Teil unserer menschlichen Erfahrung, neue Räume zu erobern. Wir haben den Ozean untertunnelt und sind ins All geflogen. Aber der größte Raum, den es gibt, der ist in den Computern.“ Und diesen ganzen Raum will Rosedale füllen mit Leben, mit Physik, mit Menschen. „Warum sollten wir zum Mars reisen, wenn wir etwas Spektakuläreres in VR schaffen können?“

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So größenwahnsinnig das einerseits klingt, so reflektiert und nachdenklich ist Rosedale auf der anderen Seite. Er mag geblendet sein von einem Kindheitstraum, der nun neuen Aufwind erhält, und er muss als Unternehmer an seine Idee glauben. Aber er schaut auch kritisch auf die realen Optionen der virtuellen Realität. Eine davon macht ihm Mut: Womöglich verzichtet die Menschheit nicht auf einen Flug zum Mars, aber auf einige Flug­reisen der Zukunft. So entfallen zehn bis 20 Prozent des Energieverbrauchs auf möglicherweise ersetzbare Flugreisen. Kürzlich habe ihn eine Anfrage des US-Energieministeriums diesbezüglich erreicht. Das Ministerium habe einen Wettbewerb ausgeschrieben für Telepräsenz-Konzepte und Business-Meetings von Avatar zu Avatar. „Die Regierung ist daran interessiert“, sagt Rosedale, „nicht nur wir.“

In der Tat zeigen verschiedene Projekte das Potenzial der virtuellen Realität für Geschäftsbeziehungen der Zukunft. Altspace experimentiert ebenso mit Meetingräumen wie BigscreenVR, wo sich Nutzer beispielsweise gemeinsam vor einen Bildschirm setzen können. Solche Konzepte profitieren von der Immersion, denn anders als in Telefonkonferenzen sind Nutzer zusammen in einem Raum und werden nicht von anderen Dingen abgelenkt. Sie können sich anders als in Videokonferenzen gemeinsam über Dokumente beugen, dreidimensionale Abbildungen eines Modells herumreichen oder virtuelle Modelle von künftigen Bauwerken gemeinsam begehen und Änderungen diskutieren.

Welches Konzept wird sich am Ende durchsetzen? Eine Plattform wie Altspace VR mit ihren roboterartigen Avataren? Oder VR-Chat, das aktuell einen Boom bei den Nutzern erlebt, vielleicht wegen der großen Freiheiten, die Nutzer dort erleben? Dort schwirren kleine Katzen gleichberechtigt neben Kämpfern, die wie aus dem Film Star Wars wirken, neben Drachen und vielen anderen durch die Räume – wer ein wenig Ahnung vom Arbeiten mit der entsprechenden Software hat, kann seinen Avatar frei gestalten und auch Räume aller Art bauen. Oder wird der Vater der Idee einer alternativen Welt gewinnen, Rosedale selbst mit seiner noch kleinen Plattform mit ein paar hundert Nutzern, die ebenfalls die Vision radikaler Freiheit in sich tragen? Nicht nur der Code von High Fidelity ist offen, auch dort können die Bewohner ihre virtuelle Welt erweitern um alles, was ihnen gefällt – was den Treffpunkt bisweilen sehr bunt wirken lässt.

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Konkurrenz bekommt Rosedale auch von dem Unternehmen, das er einst selbst gegründet hat: Linden Lab hat mit „Sansar“ ebenfalls einen virtuellen Treffpunkt gegründet. Das Konzept ist weniger offen, Nutzer können dort Räume eröffnen und darin selbst gestalten, sie können aber nicht die Welt an sich verändern wie in High Fidelity, und es gibt keinen zentralen öffentlichen Treffpunkt. Das gefällt dem Anarchisten Rosedale, wie ihn manche seiner früheren Weggefährten bezeichnen, nicht so gut: „Es ist mehr ein Spiel als echtes soziales Leben“, sagt er. Dennoch sei er mit den Gründern nach wie vor befreundet, zudem hält er Anteile an Linden: „Ich glaube an die Kooperation zwischen Wettbewerbern.“

„Viele Dinge können wir im Virtuellen besser ­machen als im echten ­Leben.“

Seine womöglich größte Konkurrenz ist das echte Leben. Aber das will Rosedale nicht wahrhaben. „Wir konkurrieren mit der echten Welt“, sagt er – und meint es genau andersherum: „Viele Dinge können wir im Virtuellen besser machen als im echten Leben, die reale Welt ist nicht der einzige Ort, an dem wir uns aufhalten können.“ Aber was ist, wenn die Realität eben doch besser bleibt? Wieso sollten Nutzer in die virtuelle Welt wollen, wenn sie im echten Leben Menschen haben, die sie umarmen können, wenn sie echte Mimik sehen können, wenn die Interaktion so viel echter ist? Ja, darüber habe er auch schon nachgedacht, sagt Rosedale ernst. Aber seine Erfahrung zeige: Es gebe den Bedarf. „Schon jetzt verbringen viele Menschen viel Zeit in virtuellen Welten.“ Es seien Menschen, deren reales Leben vielleicht nicht so glatt laufe, die in einem wenig attraktiven Umfeld lebten, die einsam seien, die sich vielleicht aufgrund einer Behinderung nicht fortbewegen könnten.

Und die virtuelle Realität wird besser werden, davon ist Rosedale überzeugt. Eines Tages werde sie kaum unterscheidbar sein von der echten Welt: „Wir werden nur zurückkommen, um zu essen und zu lieben.“ Die echte Welt sei dann nur noch eine Option unter vielen: „Sie ist ein historischer Platz.“ Und wer sich in diesen virtuellen Welten nicht wohlfühlt, der kann ja immer noch zurück in die Realität. Diese hat Rosedale einst in einem Interview als „Museum“ bezeichnet.

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