Bei allen Onlineshops, die den Kauf auf Rechnung anbieten, wird diese Bezahlart überdurchschnittlich stark genutzt. So bezahlen beispielsweise rund 80 Prozent der myToys-Kunden auf Rechnung. Große Onlineshops wie der Brillenhändler Mister Spex wissen warum: „Kunden gehen auf diese Weise kein Risiko ein. Sie können Ware bestellen und müssen erst dann zahlen, wenn sie sich dafür entscheiden, die Ware zu behalten. Wird die Ware zurückgeschickt, fließt überhaupt kein Geld“, erklärt Martina Dier, PR-Managerin bei Mister Spex. Allerdings stehen sich die Interessen von Kunden und Onlinehändlern diesbezüglich diametral entgegen. Kunden wollen zuerst das Produkt, Händler zuerst das Geld. Für Shopbetreiber stellt der Kauf auf Rechnung ein unkalkulierbares Risiko dar. Immer wieder kommt es zu Betrügereien und Zahlungsunfähigkeiten.
Besser spät als nie
Seit Anfang dieses Jahres etabliert sich in Deutschland nun ein Konzept, das die Bedürfnisse beider Seiten zusammenbringt: Rechnungsbezahlsysteme. Diese bieten Onlinehändlern einen Rechnungsausfallschutz an, das heißt sie springen finanziell in die Bresche, wenn Kunden nicht oder verspätet bezahlen. Um möglichst wenige Ausfälle begleichen zu müssen, überprüfen die Systeme die Zahlungsfähigkeit (Bonität) der Kunden und entscheiden auf dieser Basis, ob der Kunde „rechnungskaufwürdig“ ist oder eben nicht. Für diesen Dienst verlangen sie eine Provision von den Shopbetreibern, die sich am Risiko orientiert (genau genommen handelt es sich nicht um Provisionen, sondern um „Disagi“, deren Wert abhängig ist vom Zinsniveau auf dem Kapitalmarkt). So wird etwa der Prozentsatz im Gamingbereich für gewöhnlich höher angesetzt als der in anderen, besser einschätzbaren Bereichen.
Die Deutschen misstrauen Shops, die Vorab- oder Kreditkartenzahlungen verlangen. Viel lieber zahlt man hierzulande auf Rechnung.
Harter Markt
An der plötzlichen Schwemme deutscher Rechnungsbezahlsysteme zeigt sich, wie sehr man hierzulande auf das Konzept gewartet hat. In nur einem Jahr, so scheint es, müssen die letzten zehn Jahre aufgeholt werden. Am schnellsten war in Deutschland der Bezahlanbieter BillPay. Das Startup kommt aus dem Hause der Samwer-Brüder und ist eine Kopie des amerikanischen Vorbilds Bill me later. Im Anschluss folgten zahlreiche Mitbewerber wie RatePay, Heidelpay, PayProtect, Paymorrow und BillSafe. Mit klarna ist sogar ein schwedischer Anbieter vertreten. Zu den vielversprechendsten Playern zählen aktuell BillPay, RatePay und klarna. Für viel mehr dürfte der Markt längerfristig auch keinen Platz bieten, da sich die geringen Provisionen für die Anbieter nur über die Masse rechnen.
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Wir setzen einen der im Artikel genannten Rechnungsanbieter auf unserem Online Shop http://www.brandeer.ch ein.
Grundsätzlich besteht ein hohes Interesse seitens Kunden und die Verkaufsabbrüchte konnten stark gemindert werden, was dementsprechend ein Umsatzplus brachte.
Negativpunkt: die Ablehnungsrate beträgt bei uns derzeit über 50% - dies ist aus meiner Sicht nicht zufriedenstellend.
Ich habe ein Jahr lang ein Rechnungsbezahlsystem ausprobiert und habe es anschließend wieder deaktiviert. Meine Kunden sind meist älter und auch solvent. Dennoch fielen ca. 75% durch das Scoring und wurden zur alternativen Vorkasse umgeleitet. Fazit war, dass ich eine hohe Rechung für das Scoring von meinem Zahlungsanbieter erhielt, Kunden dennoch per Vorkasse zahlen mussten.
Heute beschränke ich den Rechnungskauf auf eine erträgliche Summe und gewähre ihn nur für registrierte Kunden. Ich habe kaum Ausfälle und wenn doch, reicht man diese weiter ans Inkasso.
Fazit: Ich habe keine sonderlich guten Erfahrungen mit Rechnungszahlsystemen gemacht. Aber das ist ja auch schon wieder drei Jahre her.