Publishing der Zukunft: So erleichtern Content-Types die Veröffentlichung
Vor ein paar Jahren war alles noch sehr einfach: Es gab nur Websites, die sich die Nutzer auf ihrem Desktop mit einem Browser anschauten. Und heute? Da gibt es neben dem Smartphone immer neue Endgeräte – von der smarten Uhr und Brille über das smarte Auto bis hin zum smarten Haus. Mit dem Internet of Things gibt es eine unübersichtliche Vielfalt an Geräten, die es immer schwieriger machen, für die jeweilige Plattform optimierte Inhalte bereitzustellen.
Dessen ungeachtet konzentrieren sich die meisten Unternehmen nach wie vor auf das klassische Web. Wenn sie mobile Endgeräte berücksichtigen, dann allenfalls in Form responsiver Websites. Apps behandeln sie oft stiefmütterlich, da sie eine Insellösung zu sein scheinen, die sie nicht so recht aus ihrem Content-Management-System (CMS) heraus pflegen können: Marketing und Redaktion müssen daher Inhalte oft doppelt und dreifach erstellen oder mühselig hin- und herkopieren.
Die betreuende Agentur hingegen erzählt etwas von Messenger Bots, Digital-Signage-Lösungen und Facebook Instant Articles. Wem das bekannt vorkommt, ebenso wie das Gefühl, bei all dem nicht mehr hinterherzukommen, der ist gewiss nicht allein. Er sollte sich aber auch mal die Zeit nehmen und sich fragen, ob es nicht eine grundsätzlich bessere Alternative gibt.
Markdown-Format ist nötig
An sich geht es doch auf all den Kanälen und Plattformen um etwas Einfaches, nämlich um die Darstellung von Inhalten. Die Krux ist häufig das CMS – oder besser gesagt, ein wesentlicher Kernbaustein: die Website-zentrischen Datenstrukturen der Inhalte, auch „Content-Types“ genannt. Sie erfassen als kleinsten gemeinsamen Nenner einfach alle Informationen, die ein Web-Dokument braucht: Den Title- und Description-Tag, die Metadaten für die Sozialen Medien, die Anweisungen an Suchbots, den Seitentitel, die Überschriften, Kategorien und Tags sowie den mit HTML-Markup angereicherten „Main Body“-Inhalt.
Doch was im Web funktioniert, lässt sich nicht automatisch auch auf neue Plattformen übertragen. Einer iOS-Applikation beispielsweise bereitet das HTML-Markup Schwierigkeiten, weil die Apps nativ kein HTML unterstützen. Sie benötigen ein plattformübergreifendes Markup wie das sogenannte „Markdown Format“. Mit Fleiß und Ausprobieren lässt sich ein HTML-Inhalt vielleicht retten – fehleranfällig ist diese Operation aber in jedem Fall. Mal ganz abgesehen davon, dass die meisten Web-Inhalte zu lang für die kleinen Bildschirme der mobilen Geräte sind.
Strukturierter Content
Wer Inhalte einfacher in unterschiedlichen Kanälen veröffentlichen will, sollte sie wesentlich modularer erfassen, als es das Content-Type-Web-Dokument des CMS vorgibt. So ließe sich der Main Body in zahlreiche Unterkomponenten zerlegen, etwa in Content-Types für Leader, Zitate, Definitionen, Bilder, Autorenprofile, Videos, Codeblocks, Widgets und vieles mehr. Mit solchen Schablonen für strukturierte Inhalte könnten Redakteure diese geschickt kombinieren und sie für unterschiedliche Kanäle und Plattformen wiederverwenden. Ein und dieselbe Redaktion kann also sämtliche Kanäle aus einem einzigen System heraus bespielen. Ergänzt man die Content-Types um umfangreiche Metadaten, lassen sich die Inhalte darüber hinaus oft programmatisch verknüpfen und später für neue Zwecke wiederverwenden. So kommen Unternehmen der Vision „create once, publish everywhere“ (COPE) einen großen Schritt näher. So eine Content-Datenbank voller strukturierter Inhalte, die frei sind von Präsentationsformaten, aufgeteilt in modulare Komponenten und annotiert mit Metadaten, eröffnet einen Wettbewerbsvorsprung: Unternehmen können damit neue Plattformen schon früh und ohne großen Aufwand mit Inhalten bedienen. Das ist keine Kleinigkeit, denn die nächste große Welle an neuen Plattformen steht schon in den Startlöchern, etwa mit Conversational Interfaces wie Amazon Echo, Apple Siri oder Google Home.
Wie strukturierter Content in der Praxis aussehen kann, zeigt der US-amerikanische Digitalverlag Tastemade mit seinem Programm für den „Food and Travel Lifestyle“. Obwohl dieser Markt im Allgemeinen als gesättigt gilt, ist das Unternehmen erfolgreich. Auch, weil es besonders früh die Chancen neuer Kanäle wie Snapchat, Instagram, Pinterest, Roku und Apple TV erkannt hat. Dabei präsentiert der Verlag aber nicht einfach nur Kochrezepte, sondern einen auf Entertainment ausgelegten kontinuierlichen Stream von Videos und Geschichten. Tastemade nutzt dazu eine Vielzahl von Content-Types. Die drei folgenden Beispiele liefern einen ersten Eindruck davon, wie strukturierter Content aussehen kann.
Ein JSON-Format, viele Kanäle
Anstelle von HTML-Websites erstellt die Redaktion von Tastemade mit Hilfe einer Content-Management-Entwickler-Plattform Inhalte im JavaScript-Object-Notation(JSON)-Format: der ideale Output für Software-Entwickler und die Frontend- oder Client-Experience auf verschiedenen Kanälen.
JSON-Rezept für Tahini Fudge
```JSON [ { "name": "Tahini Fudge", "steps": [ "Heat up the tahini in a microwave safe bowl for 30 seconds intervals stirring in between until just warmed through. Set aside.", "Place the maple syrup in a saucepan over medium heat and cook for 5-6 minutes until it has reached 250F. Remove from the heat.", "Working quickly, pour in the warm tahini and whisk or use and electric mixer to combine. Add the walnuts and stir.", "Pour into a light greased loaf container lined with parchment paper.", "Allow to set at room temperature for 4 hours.", "Slice into cubs and roll in the sesame seeds." ], "ingredients": [ "1 cup tahini", "¾ cup Maple Syrup", "1/3 cup walnuts, roughly chopped", "¼ cup of toasted sesame seeds" ] } ] ```
Listing 1
Verschiedene Video-Formate
Eine Herausforderung für ein Angebot, das so stark auf Bewegtbild setzt wie das von Tastemade, sind die vielen Video-Encodings und Größenformate. Während Tastemade in der Vergangenheit auf eine unflexible Video-Komplettlösung setze, transkodiert das Unternehmen heute den Videomaster vollautomatisch mit Hilfe des Datenverarbeitungsservices AWS Lambda in unterschiedliche Encodings und Größen. Außerdem hostet der Verlag die verschiedenen Dateien in S3-Buckets des Amazon Web Services (AWS). Parallel erstellt das System die entsprechenden Einträge für die Video-Content-Types vollautomatisch, sodass die Redaktion diese einfach verwalten kann.
Programmatisch erstelltes JSON für unterschiedliche Varianten eines Videos
```JSON [ { "container": "MP4", "src": "https://tma-renditions.global.ssl.fastly.net/red-velvet-macarons_pc_en/red-velvet-macarons_pc_en-1080.mp4", "width": 1080, "height": 1920, "duration": 61000 }, { "container": "MP4", "src": "https://tma-renditions.global.ssl.fastly.net/red-velvet-macarons_pc_en/red-velvet-macarons_pc_en-720.mp4", "width": 720, "height": 1280, "duration": 61000 }, { "container": "MP4", "src": "https://tma-renditions.global.ssl.fastly.net/red-velvet-macarons_pc_en/red-velvet-macarons_pc_en-480.mp4", "width": 480, "height": 852, "duration": 61000 }, { "container": "MP4", "src": "https://tma-renditions.global.ssl.fastly.net/red-velvet-macarons_pc_en/red-velvet-macarons_pc_en-360.mp4", "width": 360, "height": 640, "duration": 61000 } ] ```
Listing 2
Scheduled Publishing
Die unterschiedlichen Kanäle von Tastemade weisen sehr verschiedene Nutzerverhalten auf. Daher differenziert Tastemade die Publikationen mit kanalspezifischen Metadaten, die unterschiedliche Veröffentlichungszeitpunkte für die verschiedenen Plattformen angeben. Auf diese Weise konnte Tastemade seine Reichweiten deutlich steigern, ohne dass ein Redakteur den Veröffentlichen-Knopf zum rechten Zeitpunkt zu drücken braucht.
Fazit
Sicher wird künftig kein Unternehmen mehr darum herumkommen, eine neue Strategie zu entwickeln, um Inhalte einfach und flexibel auf vielen Kanälen auszuspielen. Dennoch müssen Unternehmen, die auf strukturierten Content umsteigen wollen, prüfen, ob sie zwei wichtige Voraussetzungen erfüllen. Zum einen sollte die Redaktion dazu bereit sein, etwas anders zu arbeiten. Das heißt konkret, dass sie mehr Felder im CMS ausfüllen und in der Regel das Markdown-Format lernen müssen – auch, wenn es wirklich einfach ist. Und schließlich, dass sich die
Redaktion leider auch von einer einfachen WYSIWYG-Vorschau verabschieden muss.
Zum anderen ist ein Mentalitätswechsel im Bezug auf Technologiekompetenz nötig. Strukturierter Content ist keine Fertiglösungen sondern ein Baustein, der erst mit eigenen Front-End- und Client-Entwicklung zur Geltung kommt. Unternehmen und Verlage müssen daher prüfen, ob ihre Techniker oder Agentur die nötigen Fertigkeiten mitbringen, um diesen Wandel zu meistern.