E-Commerce
Rechtstipps für Shopbetreiber: Was tun im Gewährleistungsfall

Das Gewährleistungsrecht hat die Aufgabe, den Kunden vor mangelhafter Ware zu schützen. Grundsätzlich gilt dieses Recht sowohl im B2C- als auch im B2B-Handel. Im unternehmerischen Verkehr können die gesetzlichen Vorgaben aber abgeändert werden. Im Handel mit Verbrauchern ist dies fast unmöglich.
Ein Fall der Gewährleistung liegt vor, wenn der Verbraucher Ware erhält, die einen Mangel hat, wenn die Ware also anders geliefert wird als durch den Kaufvertrag vereinbart. Wurde die Beschaffenheit nicht explizit vereinbart, ist die Sache dann frei von Mängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Mangelhaft ist die Ware, wenn beispielsweise ein geliefertes T-Shirt ein Loch hat oder eine blaue statt einer grünen Tasse beim Kunden eintrifft.
Auch ein Produktbild kann als eine solche Vereinbarung gelten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies in einem Fall entschieden, bei dem aus einem Auto eine Standheizung ausgebaut wurde, das Produktbild aber diese noch zeigte.
Mangelhaft ist die Ware aber nur, wenn der Mangel zum Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Verbraucher vorliegt. Ein späterer Defekt ist kein Mangel im Sinne des Gesetzes. Dann greifen aber eventuell vereinbarte Garantien. Ein Mangel liegt natürlich auch dann vor, wenn dem Verbraucher etwas anderes zugeschickt wurde, als er bestellt hatte.
Liegt ein solcher Fall vor, hat der Verbraucher einen Anspruch auf Nacherfüllung. Eine Nacherfüllung kann entweder die Lieferung einer neuen, gleichwertigen Sache oder die Beseitigung des Mangels – also Reparatur – sein. Allerdings kann sich der Händler nicht aussuchen, welche von beiden Alternativen er liefern muss. Das Wahlrecht steht hier nach klarem Wortlaut des Gesetzes dem Verbraucher zu. Auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann der Händler dieses Wahlrecht des Verbrauchers nicht einschränken. Eine solche Klausel wäre unwirksam und außerdem wettbewerbswidrig.
Nur in besonderen Ausnahmesituationen wird der Händler die vom Verbraucher gewählte Form der Nacherfüllung verweigern können – zum Beispiel weil es unverhältnismäßig wäre, die Neulieferung einer 10.000 Euro teuren Einbauküche wegen einer defekten LED im Wert von zehn Euro einzufordern.
Die Kosten, die notwendig sind, um den Mangel zu beseitigen, muss der Händler tragen. Auch die Transportkosten der Ware gehören dazu. Das ist besonders wichtig für den Fernabsatz, da der Verbraucher hier die Ware per Post an den Händler zurücksenden wird. Die Portokosten muss der Händler tragen, der Verbraucher muss sich jedoch um den Transport der Ware zum Händler kümmern.
Besonders teuer kann ein Gewährleistungsfall für den Händler werden, wenn die verkaufte, defekte Ware verbaut ist. Denn in diesem Fall ist der Unternehmer verpflichtet, die Kosten für den Ausbau der defekten Sache und auch die Kosten für den Einbau der neuen Sache zu übernehmen. Dies hat kürzlich der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) verbindlich festgestellt. Zwar soll der Händler diese Kosten nur bis zu einem angemessenen Maß tragen. Was aber in einem solchen Fall angemessen ist, muss die Rechtsprechung noch herausarbeiten. Richtwerte existieren noch nicht.
Einige Händler lehnen Gewährleistungsansprüche der Kunden ab und verweisen pauschal auf den Hersteller. Der Verbraucher muss sich aber nicht danach richten. Denn der Vertrags- und somit auch der Ansprechpartner ist der Händler und nicht der Hersteller. Der Verbraucher hat im Gewährleistungsfall gegenüber dem Hersteller gar keinen Anspruch.
Eine Ablehnung kann sogar dazu führen, dass der Verbraucher vom Vertrag insgesamt zurücktreten und vom Händler Schadensersatz fordern kann. Außerdem ist auch diese Ablehnung ein Wettbewerbsverstoß und kann abgemahnt werden. Alternativ zum Rücktritt vom Vertrag kann der Verbraucher auch eine Minderung des Kaufpreises fordern. Hat er diesen schon gezahlt, muss der Händler also einen Teil zurückzahlen.
Online-Händler liefern die Ware in aller Regel nicht selbst an die Verbraucher, sondern setzen dafür externe Paketdienstleister ein. In vielen AGB der Online-Shops liest man Klauseln, die den Verbraucher dazu verpflichten, Mängel sofort beim Lieferanten oder innerhalb einer gewissen Frist direkt beim Händler anzuzeigen. Beim Verstoß gegen diese Verpflichtung soll der Verbraucher dann keine Gewährleistungsrechte mehr geltend machen können. Derartige Klauseln sind unwirksam.
Der Verbraucher hat zwei Jahre ab Übergabe der Ware Zeit, seine Rechte geltend zu machen. Zeigt sich der Mangel in den ersten sechs Monaten ab Übergabe, so gilt der Mangel als von Anfang an vorhanden, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Mangels oder der Sache nicht vereinbar. Zeigt er sich erst danach, muss der Verbraucher nachweisen, dass der Mangel bereits bei der Übergabe vorlag. Diese Beweislastumkehr der ersten sechs Monate darf man in AGB nicht abändern.
Entsprechende AGB werden sehr oft abgemahnt. Gerade im Internet ist es für Mitbewerber oder Wettbewerbsverbände sehr leicht, entsprechende Klauseln aufzuspüren. Man sollte hierauf als Online-Händler also unbedingt verzichten.
Weil die Händler ihre Sendungen in der Regel von externen Paketdiensten erledigen lassen, sind sie auf dritte Personen angewiesen. Dadurch haben sie während des Transports keine Kontrolle mehr über die Ware. Da kann es schnell passieren, dass ein Karton umfällt und die Ware beschädigt wird. Nicht selten passiert es auch, dass die Ware komplett verschwindet. Dann greifen nicht die Gewährleistungsrechte.
Man liest häufig, dass der Händler die Ware dann erneut liefern müsse. Dem ist aber nicht so, sofern der Händler nachweisen kann, dass er die Ware abgeschickt hat. Allerdings muss der Händler dem Verbraucher in diesem Fall den Kaufpreis erstatten, wenn dieser schon gezahlt hat. Aus Gründen der Kundenbindung kann es aber letztlich doch besser sein, wenn der Unternehmer die Ware erneut liefert. Eine gesetzliche Pflicht besteht hierzu allerdings nicht.
Neben dem Gewährleistungsrecht steht dem Verbraucher beim Online-Kauf auch bis auf wenige Ausnahmen das Widerrufsrecht zu. Dieses beginnt ebenfalls mit Übergabe der Ware an den Verbraucher. Ist die Ware mangelhaft und der Verbraucher schickt diese mit einem Verlangen nach Nacherfüllung zurück, so läuft die Widerrufsfrist ganz normal 14 Tage. Diese Frist beginnt nicht erneut, wenn der Verbraucher anschließend das reparierte oder neu gelieferte Produkt erhält. Ist der Wille des Verbrauchers im Falle einer Rücksendung nicht eindeutig zu erkennen, sollte man zunächst nachfragen, ob er sein Widerrufsrecht ausüben möchte oder ob er Nacherfüllung wünscht.
Unzulässige AGB-Klauseln zur Gewährleistung |
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Das Gewährleistungsrecht beinhaltet ähnlich viele Fallstricke wie das Widerrufsrecht. Zwar sind diese nicht nur von Online-Händlern zu beachten, sondern von jedem Händler. Durch die einfachen Suchmöglichkeiten im Internet können fehlerhafte AGB zur Gewährleistung aber von Mitbewerbern sehr schnell aufgespürt und anschließend abgemahnt werden. Bevor dies passiert, sollten Shopbetreiber ihre AGB unbedingt anwaltlich prüfen lassen, um keine bösen Überraschungen zu erleben.
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