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Recommendation-Dienste: Kaufempfehlungen mit System

Der Internethandel boomt weiter und immer mehr Onlineshops gehen live. Das hat eine Vielzahl von homogenen Angeboten zur Folge. Findet der Kunde ein gesuchtes Produkt nicht direkt, sucht er schnell bei der Konkurrenz. Damit wird es für Händler immer wichtiger, die Wünsche der Kunden zu erkennen und auf diese einzugehen. Personalisierte Produktempfehlungen können helfen.

8 Min. Lesezeit
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Emfehlungssysteme haben die Aufgabe, aus der unglaublichen Menge an Informationen die jeweils nützlichsten herauszusuchen und dem Kunden vorzuschlagen. Sie sind dabei mittlerweile fast überall zu finden. Sie unterstützen Nutzer dabei, Produkte, Webseiten, Filme, Bilder oder Lieder zu finden. Genauso schlagen sie potenzielle Freunde und Lebenspartner vor. Auch in Social-Media-Anwendungen erfüllen diese Systeme eine elementare Funktion: Sie trennen potenziell interessante von weniger interessanten Beiträgen.

Empfehlungssysteme

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Grundsätzlich fällt jedes Empfehlungssystem in eine von zwei Kategorien: es handelt sich entweder um individualisierte oder nicht-individualisierte Systeme. Erstere nutzen die Erfahrungen beziehungsweise Bewertungen der breiten Masse über das Bilden von Mittelwerten. Die Empfehlungen sind dabei für alle Nutzer identisch. Diese Systeme nutzen somit die Möglichkeiten der Individualisierung der neuen interaktiven Medien nicht vollständig aus. In der Praxis bedeutet das, dass Shopbetreiber analysieren, welche Produkte gut zu anderen passen und die Erkenntnisse fest als Empfehlung hinterlegen – ob nun manuell oder automatisch, spielt dabei keine Rolle.

Individualisierte Systeme verwenden dagegen die Präferenzen der Nutzer zur Ermittlung von persönlichen Empfehlungen. Basierend auf dem Verhalten des Nutzers ermitteln diese Systeme Vorlieben und gewichten die einzelnen Entitäten (z. B. verschiedene Filme). Die Schwierigkeit besteht nun darin, zu beurteilen, von welcher Qualität eine Empfehlung ist. Eine objektive Bewertung ist nur dann möglich, wenn eindeutige und allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe vorliegen. Dies ist in komplexen Umgebungen, in denen Empfehlungssysteme zum Einsatz kommen, nur sehr selten bis gar nicht der Fall. In der Praxis kann man die individualisierten Systeme mit verschiedenen Verfahren befüttern. Zu den bekanntesten gehören das Content-Based Filtering und das Collaborative Filtering. Natürlich gibt es viele weitere Verfahren und Herangehensweisen an diese Problematik. Je nach Produkt-Sortiment und Zielgruppe sollte ein Händler beurteilen, welche Verfahren die besten Empfehlungen liefert – keine leichte Aufgabe.

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Content-Based Filtering

Content-Based Filtering greift im Wesentlichen auf die Eigenschaften der Objekte zurück. Im Falle eines PKWs könnte das beispielsweise das Modell sein. Mögliche Ausprägungen sind in diesem Beispiel „Limousine“, „Coupe“ oder auch „Kombi“. Zu den weiteren Eigenschaften gehören sicherlich noch Motor, Hubraum, Leistung in PS, Größe des Kofferraums, Baujahr und andere. Diese Eigenschaften können nun zu weiteren Empfehlungen ähnlicher Objekte führen. Dazu muss man im Vorfeld jedoch ermitteln, welche Eigenschaften den Nutzer besonders interessieren. Das kann entweder direkt im Vorfeld durch den Nutzer geschehen oder der Händler leitet dies anhand des Nutzerverhaltens ab. Ruft der Anwender ausschließlich PKWs vom Model „Kombi“ auf, liegt der Verdacht nahe, dass ihn dieses Modell besonders interessiert.

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Voraussetzung für die Einsatzfähigkeit des Verfahrens ist, dass man die Elemente anhand sinnvoller und objektiver Eigenschaften filtern kann. Subjektive Empfindungen kann das System nicht abbilden: Während Udo eine Affinität zu Ford besitzt, ist Uwe ein absoluter Opel-Fanatiker. Beide Hersteller haben jedoch objektiv eigentlich ähnlich gute Autos.

Collaborative Filtering

Statt die Ähnlichkeiten von Objekten zu ermitteln, nutzt das Collaborative Filtering in der Regel die Ähnlichkeit von Benutzerprofilen. Das bedeutet, dass dieses Filtering-Verfahren aus dem Verhalten anderer Benutzer mit ähnlichen Profilen ableitet, wie die jeweiligen Empfehlungen auszusehen haben. Collaborative Filtering impliziert, dass sich die Nutzer des Systems gegenseitig beim Filtern der Informationen unterstützen.

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Das System basiert somit auf einer Datenbank von Bewertungen der Nutzer zu den jeweiligen Objekten. Anhand dieser Bewertungen ermittelt das System die Präferenzen des Nutzers und gibt darauf basierend Empfehlungen. Dazu ein Beispiel: Wenn Udo und Uwe die selben Musik mögen und Udo zusätzlich „Depeche Mode“ mag, Uwe die Band jedoch nicht kennt, schlägt das System vermutlich Uwe „Depeche Mode“ vor.

Damit der Einsatz dieses Verfahrens sinnvoll ist, sollten subjektive Empfindungen der Objekte durch Benutzer eine große Rolle spielen. Kann man die entsprechenden Elemente objektiv bewerten, so ist ein Collaborative-Filtering-Verfahren nicht unbedingt die richtige Wahl. Die zweite Voraussetzung besteht in der Annahme, dass Benutzer, die Objekte gemeinsam positiv bewerten, ähnliche Präferenzen haben. Diese sollten ebenfalls in einem gewissen Zeitraum keinen großen Schwankungen unterliegen.

Um Empfehlungen generieren zu können, ist es außerdem nötig, die Präferenzen der Benutzer zu ermitteln. Dazu muss der Benutzer entweder seine Präferenzen direkt angeben oder das System muss diese nach einer gewissen Zeit anhand dessen Verhaltens ableiten können. Zudem ist es unerlässlich, dass in der Datenbank des Empfehlungssystems bereits eine ausreichende Anzahl an Benutzerprofilen vorhanden ist.

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Das Collaborative-Filtering-Verfahren kommt typischerweise zum Einsatz, wenn sich die Eigenschaften von Objekten nicht objektiv beschreiben lassen. Dies ist zum Beispiel in der Unterhaltungsindustrie häufig der Fall. Ein Film hat lediglich einige wenige objektive Eigenschaften, wie die Spieldauer. Eine objektive Eigenschaft, die angibt, welchem Nutzer der jeweilige Film vermutlich gefallen wird, ist nicht vorhanden. Hier liegt jedoch die Stärke des Collaborative Filtering: Es nutzt die Erfahrung der Masse und generiert daraus Empfehlungen. Dabei sind die Empfehlungen in der Regel sogar objektübergreifend. Das bedeutet, dass das System es dem Nutzer ermöglicht, einen Blick über den Tellerrand zu werfen. Es konzentriert sich nicht ausschließlich auf eine bestimmte Gruppe von Objekten. In der Praxis erhält der Kunde so anstelle von Empfehlungen weiterer ähnlicher Notebooks auch Empfehlungen zu Notebook-Taschen oder Bluetooth-Mäusen. Statt immer im gleichen musikalischen Genre zu bleiben, werden Musikstücke eines anderen Genres empfohlen. Natürlich nur wenn das System dazu eine positive Erfahrung besitzt.

Knowledge-Based Filtering

Dieses Verfahren basiert auf einer umfassenden und häufig manuell erstellten Wissensbasis. Knowledge-Based Filtering ist vergleichbar mit dem Aufbau eines Expertensystems. Wissen kann dabei nutzerbasiert oder produktbasiert aufgebaut sein. In der Praxis erstellen Experten und Fachpersonal das Wissen dabei häufig mittels Wenn-Dann-Regeln. So bildet man Regeln wie „Wenn sich der Kunde ein hochpreisiges Notebook anschaut, empfehle ihm eine hochpreisige Maus und eine hochpreisige Laptop-Tasche“ ab. Das System hat gerade in technischen Produktbereichen, die einer klaren Logik unterliegen, ein hohes Potenzial. In der Unterhaltungsindustrie gestaltet sich die Einsatzfähigkeit jedoch deutlich schwieriger.

Hybride Empfehlungen

Hybride Systeme versuchen, die Vorteile der verschiedenen Verfahren zu kombinieren. So kann man über den hybriden Ansatz das Kaltstartproblem des Collaborative-Filtering-Verfahrens umgehen, da das System noch auf Basis des Content-Based-Filtering Empfehlungen aussprechen kann, falls keine Erfahrungen vorliegen. In der Praxis verknüpft man also Objekte zuerst auf Basis ihrer Eigenschaften. Ergänzt wird dies durch die Erfahrungen der Masse. Außerdem berücksichtigen hybride Empfehlungen Bereiche, Erfahrungen und Urteilsvermögen von Menschen, die man über reine Eigenschaften nicht berücksichtigen kann.

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Als bekanntes Beispiel für hybride Verfahren wird in der Literatur häufig Amazon angesprochen. Bestehende Filtering-Methoden machten es unmöglich, den Wunsch nach qualitativ hochwertigen Empfehlungen in Echtzeit mit der Datenmenge von Amazon in Einklang zu bringen. So entwickelte der Online-Händler auf Basis der bestehenden Systeme ein eigenes mit dem Namen „Item-To-Item Collaborative Filtering“. Dieses Filtering-System unterscheidet zwischen zwei Phasen: In der Offline-Phase berechnet es Ähnlichkeiten zwischen Objekten und legt diese in einer Objekt-zu-Objekt-Matrix ab. Anhand der vorab kalkulierten Empfehlungen kann Amazon im Echtbetrieb sehr zeitnah persönliche Empfehlungen geben. Natürlich lassen sich noch beliebig weitere Verfahren in dem hybriden Ansatz vereinen.

Fertige Lösungen

In der Praxis ist es durchaus eine Herausforderung, ein derartiges System zu implementieren und zu betreuen. Gut, dass es bereits ein paar Anbieter gibt, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, möglichst nützliche Produktempfehlungen zu generieren. Alle Systeme haben dabei eines gemein: Sie benötigen in der Regel Kundenprofile, Artikeldaten und Verkaufszahlen, um möglichst gute Empfehlungen ableiten zu können. Je nach System werden diese über CSV, XML oder per JavaScript-Include zur Verfügung gestellt. In vielen Fällen gibt es zudem einen Webservice, über den das System die jeweiligen Empfehlungen abruft. Für die Anbieter ist der Kunde im Übrigen nur eine Nummer. Personenbezogenen Daten müssen, um aus dessen Verhalten Rückschlüsse auf Empfehlungen zu ziehen, nicht übermittelt werden.

Die folgenden Anbieter haben sich auf Empfehlungen spezialisiert und diese zu ihrer Kernkompetenz gemacht. Shopbetreiber integrieren diese Empfehlungsdienste in der Regel über Schnittstellen in ihr Shopsystem. Neben den hier vorgestellten Spezialisten haben auch viele Suchanbieter, die wir in t3n 25 ausführlich unter die Lupe genommen haben, Empfehlungsdienste integriert.

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Excentos

Excentos [1] gibt Empfehlungen über eine so gennante Matching-Engine. Dabei wird, nach einer anfänglichen Analyse, das Verhalten eines Top-Fachverkäufers modelliert (vergleichbar zum Knowledge-Based Filtering). Empfehlungen können zusätzlich über eine „Reasoning Engine“ begründet werden. Ziel ist es, Käufer zu fundierten Kaufentscheidungen zu bewegen. Das System wird mittels Ajax in den bestehenden Shop eingebunden.

epoq

Das Empfehlungssystem von epoq [2] basiert zum Teil auf einem Regelwerk zur Ableitung von Empfehlungen. Neben individualisierten Produktempfehlungen können auf diesem Wege auch Cross- und Up-Selling-Produkte zugeordnet werden. Der Anbieter wirbt mit Erweiterungen für Magento, Oxid, Hybris, InterShop und weiteren Shopsystemen.


prudsys IREUS

IREUS [3] orientiert sich bei der Abgabe von Emfehlungen am aktuellen Kaufinteresse des jeweiligen Besuchers. Dabei werden die Empfehlungen in Echtzeit anhand der Reaktionen der Nutzer auf die jeweiligen Empfehlungen nach Umsatz (oder auch weiteren Kritierien) optimiert. IREUS bietet für die gängige Shopsysteme bereits fertige Erweiterungen an. Dazu gehören neben Magento und Oxid auch Shopware und xt:Commerce.

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yoochoose.com

Die Empfehlungen von Yoochoose [4] basieren auf drei Verfahren. Am Anfang werden Nutzer kurzfristig mittels des Stereotyp-Verfahrens in verschiedene Gruppen sortiert. Zudem bietet der Anbieter fertige Implementierungen der hier vorgestellten Collaborative- und Content-Based-Filtering-Methoden als SaaS an. Neben einer fertigen Magento Erweiterungen steht auch eine Erweiterungen für das Shopsystem Gambio zur Verfügung.

Fazit

Die meisten der oben genannten Anbieter bieten die Möglichkeit,
das System über einen Zeitraum von 30 Tagen kostenfrei zu testen und
weitere Erfahrungen zu sammeln. Nach der Testphase kann man dann anhand
der Umsatzzahlen ermitteln, ob das System seine Kosten erwirtschaftet
und zudem noch Gewinne erzielt. Dabei kann man zum Beispiel auf
A-B-Tests zurückgreifen. Hierbei wird nur einem bestimmten Anteil der
Kunden das neue Empfehlungssystem angeboten – die anderen Kunden
arbeiten mit dem Altsystem. Nach der Testphase kann man dann beide
Käufergruppen detailliert vergleichen. Dabei sollten unter anderem die
Kennzahlen „Umsatz je Kunde“ und der durchschnittliche Warenwert eine
große Rolle spielen.

Um Empfehlungen aus dem Nutzerverhalten ableiten zu können, bedarf es einer gewissen Menge an Traffic, die das System täglich liefern muss. Ohne die notwendige Menge an Nutzern besteht die Gefahr, dass einige wenige Nutzer die Empfehlungen stark beeinflussen. In der Praxis wird dann, nur weil ein Nutzer zum Harry-Potter-Buch eine Musik-CD bestellt hat, dies schnell als gute Empfehlung angenommen. Im schlimmsten Fall verwirrt diese Empfehlung andere Kunden und lenkt sie vom eigentlichen Kauf ab. Auch in Systemen, die ihre Empfehlungen ausschließlich aus den Merkmalen von Produkten ableiten, ist es notwendig, dass das Produktsortiment die jeweiligen Merkmale möglichst atomar abbilden kann. Nur so sind optimale Ergebnisse zu erwarten.

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Wer sich für die Theorie und Praxisbeispiele
interessiert, wird neben diversen Anlaufstellen im Web auch in der
klassischen Fachliteratur fündig [5]
[6]
[7]
[8].
Einen Einstieg in die Thematik gibt beispielsweise André Klahold in
„Empfehlungssysteme: Recommender Systems – Grundlagen, Konzepte und
Lösungen“ [9].

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