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Trends und Technologien: Rich Internet Applications 2008

Das Jahr 2007 war voller Neuheiten und Ankündigungen aus dem Bereich der Rich Internet Applications. Neben einigen Innovationen wandeln sich auch immer mehr etablierte Technologien, um den wachsenden Markt zu bedienen. Es bleibt zu prüfen, welches Potenzial die vielfältigen Möglichkeiten im nicht minder Hype-umnebelten Jahr 2008 tatsächlich bieten und wie die Reise in das RIA-Nirvana weitergeht.

13 Min. Lesezeit
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Wenn man genau hinhört, kann man es schon wahrnehmen: Das Trampeln von Elefanten in Hochzeitslaune. Microsoft sicherte sich kürzlich exklusive Vereinbarungen zum Video-Streaming der Olympischen Spiele in Peking: Ziel ist die rasche Verbreitung des Browser-Plugin für Silverlight, das die Video-Streams in hoher Qualität anzeigen soll. Hochauflösendes Video-Streaming ist nach dem enormen Erfolg des Flash-Players bei Youtube und Konsorten für Adobe ein wichtiges Thema. So wurde bereits Unterstützung für Video in H.264-Kodierung eingebaut, doch damit nicht genug: Gerüchten zufolge werden Adobe und Apple die Zusammenarbeit erweitern und eine neue Generation des Flash-Players für mobile Geräte veröffentlichen, der auf dem erfolgreichen iPhone und dem iPod Touch Einzug halten wird. Der Markt für Adobe-RIAs wäre damit um eine populäre Plattform reicher, denn im Bereich der mobilen Geräte hat bislang Sun die Nase vorn. Die meisten aktuellen Mobiltelefone führen Java-Anwendungen aus, Sun versucht diesen Vorteil mit JavaFX nun im Bereich RIA geltend zu machen. Auch der alten Devise „write once, run anywhere“ scheint Sun treu zu bleiben: Gerüchten zufolge wird eine kommende Version des „Blu-ray Disc Java“ (BD-J) JavaFX-Anwendungen ausführen können, um Blu-ray-Titel durch interaktive Inhalte zu bereichern. Microsoft könnte angesichts des schrumpfenden HD-DVD-Lagers Probleme mit der Verbreitung des artverwandten HDi bekommen.

RIA – Web oder Desktop?

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Wenn es um die Abschöpfung neuer Martkanteile geht, ist die Industrie nicht um geschickte Marketing-Aktionen verlegen, und so fällt es bisweilen schwer, den tatsächlichen Nutzen zu beurteilen. Was macht RIA überhaupt aus? Wo sind die Grenzen zu anderen Technologien zu ziehen? Ist ein Webbrowser eine Option oder eine Notwendigkeit?

Gemeinhin versteht man unter einer RIA eine Anwendung, die „reichere“ Möglickeiten als eine traditionelle Webanwendung bietet. Drag & Drop mit dem Desktop, Tastenkürzel, multimediale Fähigkeiten und Zugriff auf Funktionen des Betriebssystems gelten als Kriterien. Entscheidend ist, dass aus dem Internet geladen wird und nicht zuvor installiert werden muss: Doch demnach ist bereits ein Java-Applet aus dem letzten Jahrzehnt eine RIA – eine genaue Definition scheint schwierig.

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Aktuelle JavaScript-Frameworks wie ZK oder YUI (siehe Artikel ab Seite 54) zeigen eindrucksvoll, wie reich Webanwendungen sein können. Richtig eingesetzt erreichen die Entwickler einen hohen Grad an Funktionalität in ästhetischer Form, die sicher viele dem alten Hypertext nicht mehr zugetraut hätten. Beim nötigen Webbrowser scheiden sich die Geister: Ist dieser selbst eine RIA? Wie ist es mit Ajax-Anwendungen im Browser? Geschickt hat das Mozilla-Team mit Prism demonstriert, wie wenig Browser nötig ist:
Prism bringt mit minimalen Aufwand Webanwendungen auf den Desktop.

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Google stellt mit „Gears“ eine Library zur Verfügung, die neben asynchroner Ausführung von JavaScript auch den Zugriff auf lokale Ressourcen (Caching) und eine offline-verfügbare, relationale Datenbank inklusive Synchronisierungsmöglichkeiten bietet. Das erinnert an die Fähigkeiten der neuen Scripting-Engine im kommenden Mozilla Firefox 3.0 und auch Adobes AIR implementiert diese grundlegenden Funktionen.

Erfolgsfaktoren für RIA-Technolgien

Über den Erfolg und die Verbreitung einer Technologie entscheidet meist mehr als nur ihre Qualität. Auch die Faktoren Nutzerzahl, Leistung, Entwicklerfreundlichkeit, Marketing und Lizenzrecht sind wichtige Faktoren. Doch wie wichtig sind sie, und gibt es Unterschiede zu anderen Arten von Software?

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Nutzerzahl: Analysten werden oft mit Zahlen über die Verbreitung des Flash Players zitiert: Eine „Martkpenetration“ von über 90% sei dominant. Sicher gibt es gute Gründe für die hohe Verbreitung. Doch, und diese Bemerkung sei nicht als subtile Kritik an Adobe zu deuten, fehlt es bisher im Bereich der Browser-basierten RIAs an einer gesunden Konkurrenz. Außerdem sind Benutzer keine Lemminge, die in Scharen auf „Install Plugin“ klicken. Vielmehr ist die Installation eines Browser-Plugins oft Skepsis ausgesetzt. „Brauche ich das?“ oder ein sicherheitsbewusstes „Will ich das?“ sind oft berechtigte Fragen. Es bleibt überzeugende Gründe zu liefern, warum die Installation Vorteile bietet. Doch auch „Desktop-RIAs“ wie auf Adobe AIR basierende Anwendungen müssen installiert werden – viele interessante Anwendungen wecken die Neugier der Benutzer und senkten die Hemmschwelle. Im Laufe der diesjährigen Olympischen Spiele wird die spannende Beobachtung möglich sein, ob Microsoft das Video-Streaming mit Silverlight auch in der Version für Linux verbreiten kann.

Leistung: Geschwindigkeit und Resourcenverbrauch, Features und Bugs – Jede RIA-Entwicklungsumgebung hat spezifische Vor- und Nachteile, deren Verhältnis auch von den Anforderungen des Projekts abhängt. In den meisten Fällen ist Vielseitigkeit von Vorteil – erfreulicherweise unterstützen nahezu alle aktuellen Systeme eine Vielzahl von Standards und Protokollen zur Kommunikation mit entfernten Diensten und Anwendungen. Alle gegenwärtigen Systeme sind leistungsfähig genug, um auch komplexe Anwendungen schnell auszuführen. Meist schränkt die jeweilige Sandbox, in der die Anwendung isoliert vom Rest des Betriebssystems läuft, die Leistung weniger ein als die Bandbreite der Internet-Anbindung. Für Video-Streaming und neuerdings auch Vektorrechnung steht einigen Systemen „Hardware-Beschleunigung“ zur Verfügung. Der Adobe Flash Player beispielsweise beeindruckte bereits Mitte letzten Jahres durch Echtzeit-3D-Visualisierungen mit Open-Source-Bibilotheken, Microsoft nutzt die eigene Windows Media Technologie für near-HD-Video-Streaming mit Silverlight.

Entwicklerfreundlichkeit: Natürlich haben die Menschen, die mit der Entwicklung von RIAs vertraut sind, einen Anspruch an die Technik, mit der sie arbeiten sollen. Welche Programmiersprache zugrunde liegt, ist meist weniger entscheidend: Die meisten RIA-Entwickler sind Zu- oder Umsteiger von anderen Systemen – eine kurze Einarbeitungszeit motiviert für das erste Projekt. Dabei ist eine vollständige und möglichst fehlerfreie Dokumentation von zentraler Bedeutung. Anschauliche und realitätsnahe Beispiele sowie demonstrative Anwendungen sind für den Umsteiger optimal. Leider stecken viele kleine und manchmal auch große Fehler in den Dokumentationen. Adobe Flex 2.0 sei als nicht besonders gutes Beispiel genannt, doch dafür glänzt Adobe mit einer Vielzahl an Open-Source-Veröffentlichungen.

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Marketing: Werbung ist nicht alles, aber die Großen der Branche machen es immer wieder vor: Qualität ist suggerierbar, Menschen sind programmierbar. Es bleibt für den jungen Bereich RIA zu hoffen, dass fachkundiger Sachverstand über den Erfolg von offenen Systemen entscheidet. Ein konstruktives Miteinander der verschiedenen Systeme ist nicht nur aus technischer Sicht wünschenswert, auch wenn die zeitgenössische Marketing-Blog-Maschinerie gerne die Vorteile der jeweiligen konkurrierenden Lösung anpreist.

Microsoft setzt mit Silverlight zum Schlag gegen die Dominanz des Flash Players an. Die Technologie ermöglicht es unter anderem, HD-Video im Browser abzuspielen.

Microsoft setzt mit Silverlight zum Schlag gegen die Dominanz des Flash Players an. Die Technologie ermöglicht es unter anderem, HD-Video im Browser abzuspielen.

Lizenzrecht: Was kostet eine RIA? Die genauen Kosten für den Einstieg in die verschiedenen Systeme sind in der Übersicht weiter unten zusammengestellt. Die Frage der Lizenz ist vor allem für Freiberufler und kleine Unternehmen keine Religion, sondern einfache betriebswirtschaftliche Kalkulation. Dementsprechend liegen hier Open-Source-Systeme in der Gunst, doch die meisten unterliegen nicht vollständig einer Lizenz, die offene Quellen sicherstellt. Es ist erfreulich, dass von allen kommerziellen Systemen zumindest für kleinere Projekte kostenlos nutzbare Varianten vorliegen. Adobe bietet beispielsweise den Flex-Compiler und diverse Tools kostenlos an, die komfortable Entwicklungsumgebung Flex Builder ist dagegen kostenpflichtig und nicht quelloffen, das Flex-SDK ist allerdings samt Quellen verfügbar. Sun macht es sich mit dem Open-Source-Lizenzmodell von JavaFX leicht. Microsoft hält sich traditionsgemäß bedeckt. Allerdings hat der Software-Gigant bereits den Quellcode der .NET-Bibilotheken in Version 3.5 veröffentlicht und für das Erscheinen von Silverlight 2.0 auch die Freigabe des Quellcode angekündigt [1].

Flora und Fauna auf Planet RIA

Die folgenden Zeilen sollen einen Überblick über die populärsten Technologien geben und aufzeigen, welche Entwicklungen in diesem und den nächsten Jahren zu erwarten sind. Leider können wir eine Vielzahl von interessanten Ansätzen nicht berücksichtigen.

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Adobe

Im Zentrum dreht sich alles um den Adobe Flash Player, der Kompilate im proprietären SWF-Format ausführt. Das Kürzel SWF steht für den ursprünglich „Shockwave Flash“ genannten Player, der von Macromedia bereits 1996 auf den Markt gebracht wurde, zeitgleich mit dem passenden Authoring-Tool Flash.

Auch wenn die Ansätze einer Skriptsprache bereits in der ersten Version von Flash enthalten waren, tauchte der Begriff „ActionScript“ erst mit Version 5 in der Dokumentation auf. Die, wie das verwandte JavaScript, auf dem ECMAScript-Standard basierende Sprache wurde bis in die aktuelle Version 3.0 weiterentwickelt und zeigt viele Eigenschaften einer modernen, objektorientierten Sprache.

Adobe hat mit dem Kauf von Macromedia im Jahr 2005 die Technologie in viele Produkte seiner Palette integriert, beispielsweise bietet „Lightroom“ die Möglichkeit zum Export einer interaktiven Fotogalerie auf Basis von Flash. Als Quasi-Standard dominierte Macromedia und nunmehr Adobe bis heute den Markt. Der fortwährenden Kritik [2] an der proprietären Natur der Technologie setzten beide Unternehmen ein hohes Maß an Innovation entgegen. Ähnliche Ansätze wie der offene SVG-Standard schafften es jedoch kaum zu einer verbreiteten Nutzung. Im März 2004 machte Macromedia mit der Veröffentlichung von „Flex“ den ersten Schritt in Richtung Rich Internet Applications.

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Flash, Flex, AIR

Adobe bietet zurzeit die umfangreichste Palette von Anwendungen, Entwicklungsumgebungen und Tools zur RIA-Entwicklung an. Sie teilen das Ausgabeformat SWF, zu dem viele Wege führen. Das für rund 850 Euro erhältliche Flash CS3 Professional ist ein „Designer- Tool“: Mittels einer Vielzahl von Werkzeugen und einer Zeitleiste werden Vektorgrafiken erstellt und animiert. Um Möglichkeiten zur Interaktion zu schaffen, können die grafischen Elemente mit ActionScript angepasst und erweitert werden, im Fokus stehen jedoch die gestalterischen Möglichkeiten. Flex ist dagegen ein „Entwickler-Tool“, im Mittelpunkt steht die Programmierung mit ActionScript. Gegenüber Flash um zahlreiche Bibilotheken erweitert, bietet das Flex-SDK Lösungen für viele allgemeine Probleme bei der Entwicklung von Applikationen: XML, RPC, SOAP, JSON sowie viele weitere einschlägige Standards werden „out-of-the-box“ unterstützt. Adobe stellt für Fireworks, Flash und Photoshop kostenlose Erweiterungen bereit, um deren Ausgaben in Flex nutzen zu können. Flex kann auch serverseitig eingesetzt werden: Auf einem J2EE-Applikationsserver wie Apache Tomcat steht eine Brücke zu Java zur Verfügung, die neben der obligatorischen JDBC auch der Anbindung von Adobe-Produkten wie Acrobat und LiveCyle dient. Die auf Eclipse basierende Entwicklungsumgebung Flex Builder ist nicht zwingend nötig, da das Flex-SDK zur Kompilation nach SWF ausreicht, kann aber die Entwicklung erleichtern und beschleunigen: Zum Preis von rund 215 Euro bietet der Flex Builder luxuriöse Funktionen für die Arbeit mit ActionScript.

Für das Jahr 2008 stehen zahlreiche Neuerungen von Adobe an. Die Fertigstellung der im Rahmen des Schwerpunkts dieser Ausgabe ausführlich behandelten ersten Version von AIR und Flex 3.0 zählen zu den wichtigsten. Eine neue Applikation mit dem Arbeitstitel „Thermo“ soll die Gestaltung grafischer Elemente für die Verwendung in Flex vereinfachen. Die zuvor nur als Teil der LiveCycle-Suite verfügbaren „Data Services“ sind unter neuen Namen und Open-Source-Lizenz verfügbar: BlazeDS unterliegt der LPGLv3. Zusammen mit Mozilla entwickelt Adobe zudem eine neue Scripting-Engine für Firefox und den Flash Player 10 namens „Tamarin“. In einer frühen Phase steckt eine Neuentwicklung der virtuellen Maschine des Flash Players: „Tamarin Tracing“ soll Gerüchten zufolge das weniger erfolgreiche und nicht vollständig zu Flash kompatible Flash Lite [2] für mobile Geräte ersetzen. Für Adobe möglicherweise eine strategische Entscheidung, um mit Flex-Applikationen auf mobilen Geräten eine Alternative zu Suns „JavaFX Mobile“ im Ärmel zu haben.

Sun JavaFX

Sun ist ein alter Hase im Bereich RIA, auch wenn das Unternehmen sich diesen Begriff bisher nicht auf die Fahnen geschrieben hat. Vielleicht war 1995 die Zeit noch nicht reif für eine plattformübergreifende virtuelle Maschine, die aus dem Internet geladene Applets in einer Sandbox ausführt und Funktionen des Betriebsysstems bereitstellt. Über zehn Jahre danach sind die meisten Gründe für den mangelnden Durchbruch durch den enormen Anstieg von Rechenleistung und Internet-Bandbreite beseitigt. Java ist eine der verbeitetsten Sprachen und entsprechend groß ist die Zahl der Entwickler. Die kommende Produktpalette JavaFX soll ihnen ohne Umstieg auf andere Systeme die RIA-Welt eröffnen.

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Etwas lernen muss der Java-Entwickler dennoch: Sun führt die deklarative Skriptsprache JavaFX Script ein, die nach eigenen Angaben optimal für die Entwicklung interaktiver Anwendungen sei. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen, wie beispielsweise der Komponenten-basierten Beschreibungssprache MXML in Adobes Flex, ist JavaFX Script weniger komplex und erlaubt direkten Zugriff auf Funktionen und Bibliotheken der Java-Runtime. Die Sprache beschreibt interaktive Anwendungen in einer gut lesbaren Form, die grob an eine Mischung aus Java, CSS und besagten MXML erinnert. Allerdings zeigt sich der theoretische Vorteil dieser schlanken Architektur bisher nicht in der Praxis: JavaFX-Anwendungen wirken noch etwas behäbig.

Sun hält sich mit dem Begriff RIA zurück und spricht von „rich content applications“ – nicht zu verwechseln mit einer „Rich Client Platform“ (RCP) wie Eclipse und NetBeans, die zur Entwicklung eingesetzt werden können. Beide Plugins sind unter einer dualen Lizenz aus GPL 2.0 und CDDL kostenlos verfügbar. Auch der Quellcode von JavaFX Script ist verfügbar, doch Sun will sich mit der Art der Open-Source-Lizenz noch nicht festlegen.

Eigene Werkzeuge zur Gestaltung wird Sun nicht anbieten, man setzt auf Interoperabilität zu Produkten von Adobe [17]. Angesichts der konkurrierenden Systeme ein überraschender, aber pragmatischer Weg, der die Verbreitung von JavaFX begünstigen könnte. Kritische Stimmen behaupten, es stecke vielmehr Furcht vor Microsoft hinter der Zusammenarbeit der RIA-Innovatoren.

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Suns RIA-Technologie JavaFX unterstützt unterschiedliche Plattformen, vom Mobiltelefon über die Set-Top-Box bis zum PC.

Suns RIA-Technologie JavaFX unterstützt unterschiedliche Plattformen, vom Mobiltelefon über die Set-Top-Box bis zum PC.

Es wird noch einige Zeit dauern, bis das junge System ausgereizt wird und praktische Anwendungen entstehen. Die Nähe zum vielseitigen Java ermöglicht die Verwendung zahlreicher leistungsfähiger und erprobter Bibliotheken – viele Java-Entwickler werden die Gelegenheit und ihr Vorwissen nutzen, um in die RIA-Entwicklung einzusteigen. Angesichts des Open-Source-freundlichen Lizenzmodells bietet sich auch Umsteigern ein attraktives System.

AJAX

Es gibt nur eine Technologie, die die Verbreitung des Flash Players übertrifft: das allgegenwärtige JavaScript. Ajax (Asynchronous JavaScript and XML) bezeichnet die Möglichkeit, auch „im Hintergrund“ mit dem Webserver kommunizieren zu können, ohne dass die Seite neu geladen werden muss. Nur wenige Ajax-Entwickler wissen, wem sie die Bereicherung um die XMLHTTP getaufte, aber als XMLHttpRequest (XHR) bezeichnete Schnittstelle zu verdanken haben: Microsoft entwickelte sie für das Web-Frontend „Outlook Web Access“ des Exchange Server 2000, um dessen Benutzern einen höheren Grad an Komfort bei dem Zugriff auf Ihre E-Mails zu bieten. Dementsprechend ist es Microsoft, das mit dem Internet Explorer 5.0 den ersten Ajax-fähigen Browser vorstellen konnte. Die erste kompatible Implementation des XMLHttpRequest-Objekts in einem Open-Source-Browser gelang im Jahr 2002 in Mozilla 1.0, schnell folgten weitere Browser. Es dauerte noch ein paar Jahre länger, bis das Gros der Webentwickler die neuen Möglichkeiten entdeckte: Mittlerweile ist Ajax eine der am stärksten aufkommenden Technologien im Bereich Web und ein Ende des Hypes ist nicht abzusehen.

Viele Köche verderben den Brei, doch zum Glück basieren alle Ansätze auf dem gemeinsamen XMLHttpRequest. Doch davon abgesehen, ist Ajax alles andere als ein konsolidierter Begriff: Unzählige, meist auf JavaScript basierende Bibilotheken und Frameworks verwirren auf der Suche nach einer passenden Lösung für das eigene Projekt. Interessante Ansätze gehen möglicherweise in der diffusen Vielfalt verloren. Vor der Entscheidung für ein Framework empfiehlt sich ein ausführlicher Test und ein Vergleich mit anderen. Bei der Wahl bleibt zuweilen auch eine Möglichtkeit vergessen: kein Framework zu nutzen. Schlanke JavaScript-Bibliotheken wie Protoype und moofx, MochiKit oder jQuery sind für viele Fälle mehr als ausreichend.

Prinzipiell sind zur Entwicklung alle JavaScript-fähigen Werkzeuge verwendbar, notfalls reicht ein Texteditor. Der bekannte Firebug ist eine omnipotente Hilfe, in Kombination mit YSlow [18] ergibt sich ein äußerst nützliches Gespann. Mit Aptana Studio, Eclipse, NetBeans und vielen weiteren sind Open-Source-Entwicklungsumgebungen verfügbar. Zur Gestaltung dienen die aus der traditionellen Webentwicklung bekannten Werkzeuge. In manchen Fällen ist die Verwendung von SWF-Elementen sinnvoll, die mittels einer Schnittstelle kommunizieren. Adobes „Flex-Ajax Bridge“ beispielsweise schafft eine solche zwischen Flex und JavaScript.

Ajax ist der Treibstoff für viele Web-2.0-Startups. Die Auswahl des richtigen Frameworks oder der richtigen Library fällt aber nicht immer leicht.

Ajax ist der Treibstoff für viele Web-2.0-Startups. Die Auswahl des richtigen Frameworks oder der richtigen Library fällt aber nicht immer leicht.

Die schlanke Natur des asynchronen JavaScript ist eine der größten Vorteile. Zwar sind Ajax-Anwendungen abhängig von einem meist ressourcenlastigen Browser, aktuelle Entwicklungen geben aber dieser Problematik wenig Zukunft. Das bereits erwähnte Mozilla Prism dient als Beispiel für eine kompakte Sandbox. Wünschenswert bleibt ein höheres Maß an Kommunikation zwischen den Ajax-Fraktionen, um die Bildung von technologischen Inseln zu vermeiden. Das W3-Konsortium gibt mit einem Entwurf eine gute Richtung vor [3].

Microsoft Silverlight

Bemüht um den Eindruck des Neuen, erinnert man sich mit Silverlight kaum noch an Microsofts erste Versuche, „reiche“ Webanwendungen zu ermöglichen. Der breite Erfolg von ActiveX im Internet Explorer blieb aus, doch mit Silverlight hat Microsoft scheinbar aus ActiveX gelernt und das Plugin von frühen Versionen an für mehrere Plattformen und Browser verfügbar gemacht. Eine positive Entwicklung, doch Microsoft handelt naturgemäß nicht ganz uneigennützig: Neben der Verwendung von Open-Source-Skriptsprachen wie Python und Ruby in den Microsoft-Inkarnationen IronPython und IronRuby besteht die Architektur um Silverlight serverseitig aus dem etablierten und in Teilen dem zuvor genannten ActiveX entsprungenen .NET. Ein Großteil der Komponenten des .NET-Universums wie Internet Information Services oder ASP.NET sind proprietäre und Windows-exklusive Technologien. Open Source findet sich hier leider kaum, für erfahrene Windows-Entwickler bietet diese Welt jedoch umfangreiche und gut integrierte Möglichkeiten zur Entwicklung von RIAs.

Im Mittelpunkt der Silverlight-Entwicklung steht das umfangreiche und für diverse Micrsoft-Sprachen geeignete Visual Studio 2008, das in der Professional-Variante rund 1.000 Euro kostet. Optional ist „Expression Blend“ zur Gestaltung der Oberflächen für rund 600 Euro erhältlich. Beide Produkte arbeiten optimal zusammen und ermöglichen einen geschlossenen Arbeitsablauf.

Noch für dieses Jahr hat Microsoft Silverlight 2.0 angekündigt. Ursprünglich als Version 1.1 geplant, wird mit dieser Veröffentlichung der Funktionsumfang deutlich erweitert. Neben unzähligen anderen Neuerungen kommen zahlreiche „Controls“ genannte Bedienelemente und verbesserte Möglichkeiten zum Austausch von Daten mit Diensten im Netzwerk als verbesserte Unterstützung für LINQ und XML hinzu. Im Vergleich zu konkurrierenden Technologien wie Adobe Flex erscheint der Funktionsumfang zwar ausreichend, für eine Bezeichnung als Version 2.0 jedoch etwas dürftig.

Microsoft meint es ernst mit Silverlight. Das Konzept ist schlüssig und passt gut zu anderen Produkten des Unternehmens. Ob die öffentlichkeitswirksame Verwendung von Open-Source-Skriptsprachen ausreicht, um neue Entwickler zu gewinnen, bleibt abzuwarten. Vielleicht gelingt es Microsoft durch geschicktes Marketing, eine nennenswerte Verbreitung zu erreichen.

Fazit

Über mangelnde Vielfalt beim Thema „Rich Internet“ braucht sich 2008 niemand mehr zu beschweren – Konkurrenz belebt das Geschäft. Die vorgestellten RIA-Technolgien besitzen alle ausreichend Potenzial, um zumindest im angestammten Umfeld Verbreitung zu finden. Nun liegt es in der Hand der kreativen Entwickler und Gestalter, durch Einsatz dieser Werkzeuge etwas überzeugendes Neues zu schaffen.

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