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Runtastic-Gründer Florian Gschwandtner im Interview: „Mein Kontostand ist einfach nicht so wichtig“

Wenn jemand einen Bilderbuch-Exit hingelegt hat, dann er: Für 220 Millionen Euro verkaufte Florian Gschwandtner seine Fitness-App Runtastic an Adidas. Gut ein Jahr später ist von spätrömischer Dekadenz aber keine Spur. Im Interview mit dem t3n Magazin spricht der Österreicher über seine Vergangenheit als Landwirt, die erste Million und das nächste große Ding im Startup-Business.

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t3n Magazin: Florian, was viele gar nicht wissen: Du bist gelernter Landwirt. Was lehrt einem das für die Gründerkarriere?

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Florian Gschwandtner: Dass vor der Ernte die Arbeit kommt. Auch als Landwirt bist du Unternehmer. Du musst das Feld bewirtschaften, die Buchhaltung auf dem Hof machen und wenn du eine üppige Ernte einfahren willst, musst du auch mal am Wochenende arbeiten. Als Teenager war das natürlich nicht immer geil. Aber es ist eine große Analogie zum heutigen Startup-Leben.

t3n Magazin: Im vergangenen Jahr wurde Runtastic für 220 Millionen Euro an Adidas verkauft. Genug oder zu wenig?

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Florian Gschwandtner: Im Leben kann immer mehr gehen. Umgekehrt würde ich die Frage aber so beantworten, dass meine Mitgründer und ich alle sehr zufrieden mit dem Deal sind. Die Bewertung ist ja nur ein Kriterium von vielen bei einem Exit.

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t3n Magazin: Worauf kommt es denn noch an?

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Florian Gschwandtner: Die Partnerschaft mit dem Käufer zum Beispiel. Adidas und Runtastic können sehr gut miteinander. Das kann ich nach zehn Monaten mit gutem Gewissen behaupten. Ich vergleiche das übrigens immer gerne mit einem Marathonlauf.

t3n Magazin: Was meinst du?

Florian Gschwandtner: Viele Läufer fallen in ein regelrechtes Loch, wenn sie das große Ziel erreicht haben. Sie haben sich vorher nicht überlegt, wie es danach weitergeht. Laufe ich jetzt noch einen Iron Man? Probiere ich eine ganz andere Sportart aus? Was ich sagen will: Ich kenne Gründer, die haben durch einen Exit viel Geld verdient, ihr Unternehmen aber nicht mehr weiterführen dürfen oder wollen. Die sind fast depressiv geworden. Bei Runtastic ist das anders. Unter dem Dach von Adidas dürfen wir die Firma operativ zu 120 Prozent fortführen und lernen, wie man ein Business noch digitaler, noch größer denkt. Irrsinnig geil.

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t3n Magazin: Wie kam der Deal eigentlich zustande?

Florian Gschwandtner: Vor zwei Jahren schon haben sich mehrere Player bei uns gemeldet. Für uns war immer klar: Wenn gute Leute an die Tür klopfen, werden wir mit ihnen reden. Bei einigen habe ich schnell gemerkt, dass die Chemie nicht stimmt. Bei Adidas war das zum Glück nicht der Fall.

t3n Magazin: Wie ging es hinter den Kulissen dann weiter?

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Florian Gschwandtner: Adidas hat uns in Österreich besucht. In den Gesprächen gab es dann den typischen Prozess: Kann man überhaupt miteinander? Gibt es ähnliche Denkmuster? Wo wollen beide Unternehmen in Zukunft hin? Dann kommen noch die operativen Due-Diligence-Themen auf den Tisch. Am Ende geht es aber vor allem um die menschliche Chemie und nicht so sehr um einen Eurobetrag.

t3n Magazin: Schläft man trotzdem schlecht in der Nacht vor der finalen Unterschrift?

Florian Gschwandtner: Schau her, wenn ich das erzähle, kriege ich noch immer eine Gänsehaut. Dabei war die Nacht davor gar nicht mal so schlimm, die Unterschriften standen ja schon lange vorher. Spannend wird es dagegen, wenn die Verträge am Ende zum Notar gehen und laut vorgelesen werden müssen. Das dauerte vier Stunden und ich selber war nicht mit dabei. Irgendwann kam dann die erlösende SMS mit „Hey Jungs, wir sind durch!“. Das ist auf jeden Fall ein emotionaler Moment und noch heute muss ich manchmal stehen bleiben, um das alles zu realisieren.

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t3n Magazin: Erinnerst du dich an die erste Million auf dem Konto?

Florian Gschwandtner: Nein, nicht wirklich. Uns ging es ja vorher schon gut und da gab es andere Dinge, die in dem Moment schöner waren. Beispielsweise das Anstoßen mit den neuen Gesellschaftern oder das Essen mit der Familie. Der Kontostand ist da weniger wichtig.

t3n Magazin: Das klingt bescheiden.

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Florian Gschwandtner: Stimmt auch. Ich sage das auch immer, uns allen geht es hier in Westeuropa verdammt gut. Natürlich kann man das in meiner Situation leicht sagen, aber ich habe auch während meines Studiums kein schlechtes Leben gehabt. Dabei konnte ich mir in der Zeit vieles nicht leisten.

t3n Magazin: Hast du dir also gar nichts gegönnt?

Florian Gschwandtner: Nur wenig. Außer einen Porsche 911, den habe ich mir voriges Jahr tatsächlich gekauft. Das hatte aber nichts mit Adidas zu tun. Das war ein echter Kindheitstraum.

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t3n Magazin: Du hast als Kind von einem Porsche geträumt?

Florian Gschwandtner: Ja, mit 17 habe ich auf einen grünen Zettel geschrieben, dass ich mir bis spätestens 35 einen Porsche kaufen werde und auch leisten kann. Ich würde nie etwas kaufen, wofür ich kein Geld habe. Es muss schon selbst erarbeitet sein.

t3n Magazin: Hat unternehmerischer Erfolg auch negative Seiten?

Florian Gschwandtner: Auch, ja. Zwei Dinge im Speziellen.

t3n Magazin: Welche?

Florian Gschwandtner: Erstens bekomme ich jetzt, wo der Erfolg sehr groß geworden ist, die ein oder andere SMS von Leuten, die behaupten, sie wären ja auch dabei gewesen. Damit habe ich an sich auch gar kein Problem, weil im Nachhinein waren alle immer irgendwo dabei. Aber manche werfen mir auch vor, ich hätte sie total vergessen in der Zeit. Vielleicht ist es Neid, in jedem Fall aber stimmt es nicht. Zweitens leidet auch die Privatsphäre.

t3n Magazin: Hast du da ein konkretes Beispiel?

Florian Gschwandtner: Naja, ich bin eben sehr viel in den Medien. Ich mache das zwar gerne, denn ich bin authentisch und muss nicht lügen. Aber natürlich kennen dich die Leute überall. Und es ist nicht immer angenehm, wenn jemand um zwei Uhr morgens besoffen auf dich zukommt und anfängt, über Runtastic zu reden.

t3n Magazin: Dafür reden wir jetzt drüber. Wie kann man sich die Zusammenarbeit zwischen Runtastic und Adidas vorstellen?

Florian Gschwandtner: Auf keinen Fall wollen wir unsere Produkte bloß miteinander verbinden oder irgendwas integrieren. Das erzeugt Schmerzen. In erster Linie bin ich CEO von Runtastic und muss schauen, dass die Zahlen stimmen. Gleichzeitig schauen wir uns natürlich bei Adidas genau an, wo es „Low Hanging Fruits“ gibt.

t3n Magazin: Also eher noch auf Schnupperkurs?

Florian Gschwandtner: So ist es. Ich muss ja einen Weltkonzern erstmal verstehen lernen, damit ich überhaupt identifizieren kann, welche Kooperationen wirklich sinnvoll sind.

t3n Magazin: Was wäre denn aus deiner Sicht sinnvoll?

Florian Gschwandtner: Ich gebe dir ein Beispiel. Wir werden bald ein Feature veröffentlichen, das Läufern die Möglichkeit gibt, die Beschaffenheit ihrer Schuhe in Echtzeit zu tracken. Wenn dein Schuh also 500 Kilometer auf dem Kerbholz hat, wird dich unsere App automatisch informieren, dass du ein neues Paar benötigst. Allein wegen der Verletzungsgefahr. Idealerweise kennen wir dann auch deinen Laufschuh und können dir, und da kommt jetzt der Link zu Adidas, ein passendes Modell zum Sonderpreis anbieten.

t3n Magazin: Arbeitest du seit dem Verkauf an Adidas eigentlich mehr oder weniger als vorher?

Florian Gschwandtner: Es ist auf jeden Fall nicht weniger geworden.

t3n Magazin: Von wie vielen Wochenstunden reden wir?

Florian Gschwandtner: Gott sei Dank schreibe ich mir das nicht auf. Wenn ich am Wochenende auf dem Bauernhof mal zwei Stunden mit mir selbst brainstorme, weiß ich oft gar nicht, ob das jetzt noch Entspannung oder doch schon wieder Arbeit ist.

t3n Magazin: Der Erfolg konnte deinem Antrieb also nichts anhaben?

Florian Gschwandtner: Nein, absolut null.

t3n Magazin: Würdest du noch mal gründen?

Florian Gschwandtner: Ja, jede Minute. Immer wieder.

t3n Magazin: Schon eine Idee im Hinterkopf?

Florian Gschwandtner: Ich habe viele Ideen. Immerhin bin ich nebenbei ja auch als Business Angel unterwegs und investiere hier und da mal was. Mit einem Freund habe ich da zum Beispiel etwas zusammengesponnen. Es geht um GPS-Tracking für Hunde und Katzen.

t3n Magazin: Das ist doch ein Scherz?

Florian Gschwandtner: Überhaupt nicht. Die Firma heißt Tractive. Mit dem Gründer habe ich zusammen studiert, danach ist er im Silicon Valley bei Microsoft und Amazon gelandet. Irgendwann habe ich ihn dann überzeugt, wieder nach Österreich zu kommen und ein eigenes Startup zu gründen. Die Firma hat mittlerweile 30 Mitarbeiter. Das Business funktioniert gut.

t3n Magazin: Wer würde denn so etwas kaufen wollen?

Florian Gschwandtner: Du wirst lachen. Kürzlich wurde Whistle, einer der größten Mitbewerber aus den USA, vom Unternehmen hinter der Futtermarke Pedigree gekauft. Für 117 Millionen US-Dollar! Unterschätze also niemals den Haustiermarkt. Das ist der einzige krisenresistente Markt, den es auf der Welt gibt.

t3n Magazin: Was ist dir als Investor wichtig?

Florian Gschwandtner: Ich bin ja kein Investor im klassischen Sinne, mit Runtastic und Adidas habe ich immerhin schon genug zu tun. Aber ich unterstütze gerne junge Menschen dabei, ihre Ideen zu verwirklichen, wenn sie motiviert sind. Ich möchte besonders der österreichischen Startup-Szene was zurückgeben.

t3n Magazin: Hast Du noch einen Tipp für Gründer?

Florian Gschwandtner: Achtet auf das Gründerteam! Ideal ist die Kombination aus einem Produktmenschen mit Führungsqualitäten und einem Techniker, der sich mit Software auskennt. Außerdem ist es für die Entwicklung extrem hilfreich, schon von Anfang an ein richtiges Geschäftsmodell auf den Weg zu bringen. Mit Runtastic haben wir außer ein paar staatlichen Förderungen keinen einzigen Euro von Investoren aufgenommen und waren trotzdem schnell profitabel. Ich sage immer: Erfolgreiche Unternehmen müssen von Anfang an Geld verdienen.

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